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Der Vortragende gab zuerst in kurzen, klaren
Worten einen Lebensabriß des verewigten Afrikaners,
als dessen Hauptverdienst die Niederwerfung des ge-
fährlichen Araberaufstandes und seine für uns vor-
bildliche Behandlung der Neger hingestellt wurden,
und schilderte dann genau und ungemein anschaulich
Land und Leute unserer ostafrikanischen Kolonie.
Nach seinen Darlegungen hat das Land in physikalischer
Beziehung manche Vorzüge, doch ist es in hohem
Grade bedauerlich, daß die vorhandenen Flüsse nicht
schiffbar sind und auch kaum jemals schiffbar gemacht
werden können. Die Bevölkerung des Landes weist
an Fremden außer den Europäern, die unter dem
Einflusse der Tropensonne immer bleicher und häß-
licher werden, noch die Araber und Inder auf, die
meist Großkaufleute oder Zwischenhändler sind. Die
Masse der Bevölkerung bilden die etwa sieben Millionen
zählenden Bantuneger. Ihre Charaktere, ihre Sprache,
ihre Sitten und Gebräuche wurden von dem Vor-
tragenden ausführlich behandelt, wobei er sehr häufig
zur Erläuterung des Gesagten auf seine eigenen Er-
lebnisse und Erfahrungen zurückgriff. Über den wirt-
schaftlichen Wert unserer Kolonie äußerte sich Herr
von Liebert sehr günstig. Er ist der Ansicht, daß
sich das Land für den Anbau von Baumwolle und
Gummibäumen zur Gewinnung von Kautschuk ganz
besonders eignet, und verspricht sich aus diesen Boden-
erzeugnissen für die Zukunft sich immer mehr steigernde
Erträge. Nachdrücklichst aber betonte er, daß die
wirtschaftliche Erschließung des Landes von dem Bau
von Eisenbahnen abhängig sei. Eine nördliche, 150 km
lange Bahn sei ja glücklich im Laufe von zwölf
Jahren fertiggesteltt und auch eine mittlere Linie von
Bagamoya aus in Angriff genommen, durchaus er-
forderlich sei aber noch eine dritte, südliche, die die
Küste mit dem Nyassasee verbinde. Zum Schluß kam
der Redner auf den jetzigen Aufstand in Ostafrika zu
sprechen, der nach seiner Meinung bald niederge-
schlagen sein wird, da es den Eingeborenen an guten
Waffen fehlt.
Nach dem Vortrage fand zu Ehren des Herrn
von Liebert im Bildersaale der Gesellschaft zur Be-
förderung gemeinnütziger Tätigkeit ein einfaches Abend-
essen statt, in dessen Verlaufe noch manches kernige
deutsche Wort gesprochen wurde. Groß war der Ein-
druck, den der Gast durch den Vortrag Dahnscher
Balladen erzielte. Als Mitternacht vorüber war,
gedachte man auch in Rede und Deklamation des be-
ginnenden 90. Geburtstages unseres heimischen Dichters
Emanuel Geibel. – Bemerkt sei noch, daß die Samm-
lung für das Wißmann-Denkmal die stattliche Summe
von M 300 ergeben hat.
[. Abend der Literarischen Gesellschaft zu Lübet
am Freitag den 20. Oktober.
Maria Pospischil vom Stadttheater in Hamburg
las Maeterlinc „Der Tod des Tintagiles“ und den
vierten Akt aus ,Alladine und Palomidas.“ Die
Wirkung war eine ersschütternde und tiefgehende. Be-
sonders, als die Künstlerin den „Tod des Tintagiles"
las. In eindrucksvoller Lebendigkeit ließ sie das
Drama ersstehen, diesen furchtbaren, hoffnungslosen
Kampf gegen die unerbittliche grauenvolle Macht, die
erbarmungslos ihr Opfer hinunterschlingt. Die Macht
des Unsichtbaren, des Unergründlichen, des absolut
Kalten und Dunklen, des Unabwendbaren ist es, die
Maeterlinck im „Tod des Tintagiles“ zum Ausdrut
bringen will. Er schildert sie in der beklemmenden
Angst des Tintagiles und seiner Schwestern, in den
verzweifelten Kampfe, den die Schwestern um ihren
geliebten Bruder führen, und in dem geheimnisvoll
furchtbaren Dunkel, das zuletzt Tintagiles verschlingt
und erwürgt. Der Tod, der Unentrinnbare in der
Gestalt des Grausens.
Frau Pospischil brachte das alles zum ent
sprechendsten Ausdruck. Ihr schön klingendes Organ
verdeutlichte alles, die immer wachsende Angst, den
grauenvollen Aufschrei des Entsezens, das verzweifelt
Weinen und Bitten, rasend wütenden Troß und
müde Resignation. Der Akt aus „Alladine und
Palomidas“ wurde von ihr gleichfalls vortrefflich z!
Gehör gebracht. Er gibt uns eine Liebesszene von
traumhafter Zartheit. Die Worte klingen aus der
Chaos zweier Seelen heraus, die der Überschwang
ursprünglichsten Gefühles einander suchen und finden
läßt und die sich aus dem Dunkel ein ureigenté,
leuchtendes Paradies erstehen . .lassen. Sie scheuen
zurück vor der gemeinen Deutlichkeit der Dinge und
flüchten vor ihr, als ihrem verhaßten Feinde, |"
den Tod.
Zum Schlusse trug die Künstlerin mit meiste
hafter Nuancierung verschiedene „Gedichte in Prosa
von Turgenjeff vor.
Dem Vorstande der Literarischen Gesellschaft 9°
bührt für diesen Abend der wärmste, innigste Int
A. Jorns.
[..;
Theater und Musik.
Stadthallentheater. Der Troubadour. Oper vol
Verdi. (17. Oktober.) t
Uns über die leider recht mangelhaft verb!!! j.
Erstaufführung von Verdis „Troubadour“ vj! in
bührender Deutlichkeit auszusprechen, scheint n
gleichzeitigem Interesse von Publikum und Ir!
zu liegen. Als Ganzes mußten wir die Vorst paß
ablehnen, so sehr wir auch anerkennen wollen,
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