Full text: Lübeckische Blätter. 1905 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1905 (47)

B 28 evangelischem und katholischem Christentum beobachtet werden kann, betreten wir, wenn wir von der kirch- [ichen Vereinstätigkeit reden. Wie oft um den Chor- abschluß unserer alten romanischen und gotischen Dome herum ein Kranz von kleineren Kapellen sich lagert, so lagert um die Arbeit der christlichen Kirche in der Gegenwart und zwar um die beider christ- licher Religionsgessellschaften ein Kranz freier christ- [licher Vereine; sie unterstützen die Arbeit der organi- sierten Kirchen, sie tragen hier evangelische, dort katholische Gesinnung und Weltanschauung in breiteste Volkskreise hinaus. Auf diesem Gebiet werden wir etwas länger verweilen müssen, weil gerade die Ver- gleichung römisch-katholischen und evangelischen Ver- einswesens überall helle Schlaglichter wirft auf die Beziehungen der Konfessionen zueinander und auf die kirchenpolitische Lage der Gegenwart. Namentlich die katholische Kirche Deutschlands hat „durch ein schlagfertiges Massenaufgebot und durch eine fast lückenlose Organisation des katholischen Volkes in kirchlich geleiteten Vereinen ihr stehendes Heer von Priestern und Orden zu ergänzen gewußt und damit einen großartigen Beweis der jugendlichen Elastizität ihres alten Körpers und ihrer Anpassungsfähigkeit an neue Verhältnisse gegeben." Wir werden aber bei der Besprechung dieses Punktes auch zugleich über unseren Landwehrgraben hinüberblicken müssen. Denn so wenig, wie unsere evangelisch-lutherische Landeskirche ihre Sondergebilde an kirchlichen Ver- einen hat, so steht noch viel weniger die römisch- katholische Gemeinde in Lübeck auf diesem Gebiet vereinzelt da; sie ist nur ein Glied der in ihren Vereinen unablässig tätigen und sich verjüngenden römisch-katholischen Weltkirche. : Das moderne katholische Vereinswesen hat seinen Ursprung in dem Sturmjahre 1848, in welchem in den meisten deutschen Staaten die gesetzlichen Hindernisse freier Vereinsbildung fielen. Damals wandelte der Domkapitular Lennig in Mainz das demokratische Schlagwort „Befreiung des Volkes von Bevormun- dung durch Staat und Kirche“ in die Losung „Ve- freinng der Kirche von Bevormundung durch den Staat“’ um und gründete einen Verein zum Schutze der religiösen Freiheit, welcher sich nach Pius IR. „Pius-Verein“ nannte. Die Veröffentlichung der Statuten dieses Vereins „gab das Signal zur Grün- dung von vielen hundert ähnlichen Vereinen,“ die sich auf einer Versammlung in Mainz im Oktober 1848 zu einem Zentralverein unter dem Namen „Katholischer Verein Deutschlands“ zusammenschlossen. Die Generalversammlungen dieses Vereins, seit 1872 als Generalversammlungen der Katholiken Deutsch- lands bezeichnet, sind nicht nur Paraden geworden, auf welchen der Öffentlichkeit alljährlich ein impo- nierender Eindruck von der glänzenden Größe des geeinten deutschen Katholizismus beigebracht werden joll, sondern auch Quellpunkte katholisch-kirchlichen Lebens, von welchen aus neue Aufgaben ins Auge gefaßt werden. Der deutsche Episkopat hat anfäng- lich der katholischen Vereinsbewegung ferngestanden. Die demokratische Haltung einzelner katholischer Ver eine ebensosehr, wie der starke national-deutsche Ein schlag in die ersten Gewebe des katholischen Vereins- wesens (das Verlangen nach nationalen Synoden, Döllingers Hoffnung auf eine deutsche kath. Kirche) scheinen ihm Bedenken verursacht zu haben. Aber jehr bald lernte doch auch der höhere deutsche Klerus die wachsende Bedeutung der katholischen Vereine und die Wichtigkeit der von ihm auf die Fahne gr schriebenen Aufgaben schätzen. Und schon im Jahr 1851 sprach der ultramontane Professor. der Rechts und Staatswissenschaften in Freiburg im Breisgat, Dr. von Buß, in einer Universitätsvorlesung Zwet und Ziel der katholischen Vereinstätigkeit deutlich aus: „Mit einem Netz von katholischen Vereinen werden wir den alt.protestantischen Herd in Preußen von Osten und Westen umklammern, durch möglich viele Klöster diesen Klammern Halt geben, so den Protestantismus erdrücken, die katholischen Provinzen, die der Kirche zum Hohn der Mark Brandenburg zugeteilt worden sind, befreien und die Hohenzollern unschädlich machen.“ Die katholischen Vereine lassen sich in vier groß (Gruppen gliedern: in Propagandavereine, charitative Vereine, Standesvereine und sogenannte from Vereine.*) Der an letter Stelle genannten frommen Ver eine ist auf seiten der römisch-katholischen Kirche eit! so unabsehbar große Zahl (von der Erzbruderjtef vom Gürtel des heiligen Franz von Assisi at tit zum Apostolat des Gebets, von der Erzbrudecsthtf unserer lieben Frau von der immerwährenden hit bis zum Gebetsverein vom heiligen und unbefle i Herzen Mariä zur Bekehrung der i:. k. selbst ihre Namen zu nennen Stunden er or ' würde. Doch können und müssen sie für den zue dieses Vortrages außer Betracht bleiben. Sie fi zwar für das innere Leben der katholischen tit für die gegenwärtige katholische Frömmigkeit hst charakteristisch; aber Beziehungen zur evangeli4., Frömmigkeit zeigen sie der Wahrnehmung "w Dagegen stehen die erstgenannten drei Gruppet, j wohl die Propagandavereine, als die charitativen "i die Standesvereine, vielfach in Wechselwirkung Lebensäußerungen der evangelischen Kirche. . *) Vgl. zum folgenden das „Protestantische Tejthentu on Hermens und Kohlschmidt, Leipzig 1905, Seite qui f Linie scheit gesell Kirck Völk sizen der . Ober zisku natic latei Volk mach Afri Kolc des Verte welc tätic tif stütz Sin in Ver die ten Län sorg in ven den Ver Gy M (16 Bo deu dar die hal dal ha! ge; Ne de: (E eir be be au ND
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