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dem Allgemeinwohl zu dienen. Bei der Mehrheits-
wahl ist dies grundsätzlich anders, obgleich eine ein-
zige starke Partei das Szepter der Allinherrschaft
zu führen in der Lage ist! Der Aufsatz: „Die
Bürgerschaft“" führt aus: „Das Land wird immer
den meisten Vorteil haben, wenn es ein Parlament
hat mit einer starken führenden Partei." Das
kommt denn doch wohl stets auf das Wesen und die
Eigenschaften dieser starken führenden Partei an! Oder
ist es z. B. ein Vorteil, daß zurzeit im Reiche das
Zentrum Trumph ist. Die Angst des Abgeordneten
nach der langen Zeit von sechs Jahren sein Mandat
einzubüßen, das ist das eigentümliche der Wahlart
der Verhältniswahl, und diese Angst ist es, welche
die aufrechte Haltung des Abgeordneten verhindert ?
Das wäre freilich ein trauriges Wahlsystem, es
wären traurige Abgeordnete infolge dieser Wahlart.
Unmöglich kann dem so sein. Alle Bedenken in
dieser Hinsicht sind schlechterdings gleichbedeutend mit
dem Zweifel an der Qualifikation aller mittelst der
Verhältniswahl wählbaren Vertreter. Es ist die
Frage zu wiederholen: Werden nicht auch heute aus
möglichst allen Berufs- und Interessentenkreisen Kan-
didaten für die Wahlen präsentiert und gewählt, ,die
trotzdem dem allgemeinen Interesse das Sonderinter-
esse unterordnen, dabei aber begründete Interessen
U N erotss;
Worte des Aufsatzes: „Die Bürgerschaft.! Wohl
jeder Abgeordnete entstammt einem bestimmten Be-
rufs-, Interessen- oder Parteikreise, mag die Wahl.
art sein, wie sie wolle. Heute ist es so und in der
Zukunft wird es nicht anders sein. Selbstverständ-
lich ist damit aber nicht gesagt, daß er dann nicht
mehr das Gemeinwohl, vielmehr nur Sonderinter-
essen vertreten kann, wenn er in erster Linie mit
Hülfe und durch die Unterstützung von Berufs. oder
Parteigenossen gewählt ist. „Die Abgeordneten
z; zcüter. erger tu.ufrnt. fret
repräsentieren. Aber in Ausübung ihrer parla-
mentarischen Tätigkeit handeln sie durchaus unab-.
hängig. Sie sind nicht Vertreter ihrer Wähler,
sondern Vertreter des gesamten Volkes. Sie haben
nicht die Meinungen ihrer Wähler, sondern ihre
eigene Meinung zum Ausdruck zu bringen und sind
deshalb an Aufträgen und Instruktionen nicht ge-
bunden." Jede andere Auffassung eines Abgeord-
neten würde pflichtwidrig sein. Man erhalte und
bewahre unseren Bürgern den trefflichen Gemeinsinn
für das größere Ganze; dann werden diese Vorzüge
sich, wie bisher, auch in der Bürgervertretung wider-
spiegeln. Voraussezung dazu ist Zufriedenheit
der einzelnen Stände und Volksklassen mit unseren
innerstaatlichen Verhältnissen infolge möglicher Mit:
wirkung aller nationalgesinnter Bürger an der
Regierung durch ihre Vertreter in der Bürgerschaft.
Die verderbliche Sonderpolitik und Sonderwirtschaft
werden stets eine Folge des Mißvergnügens der-
jenigen sein, die sich aus berechtigten oder vermeint-
lich berechtigten Gründen in ihren sstaatsbürgerlichen
Befugnissen zurückgesetzt fühlen, aber nicht die Folge
einer bestimmten Wahlart als solchen, zumal wenn
diese Wahlart alle Interessen „verhältnismäßig“ zu
berücksichtigen bestrebt ist.
Zum Schluß ist noch auf einen anderen Punkt
hinzuweisen. Ganz außerordentlich beachtenswert
sind die Ausführungen des Aufsatzes: „Die Bürger.
schaft,“" es dürfe ein neues Wahlrecht für die Bürger-
schaft auf keinen Fall dahin führen, daß nunmehr
der Mittelstand die allein ausschlaggebende Partei
werde. Der Artikel stellt klar: „Wenn man bedenkt,
daß in dieser Gruppe sich unschwer alle unzufriedenen
und radikalen Elemente Geltung verschaffen können,
so ist ohne weiteres ersichtlich, daß man ohne Not
eine Gefahr für unseren Staat schafft. Diese aus-
schlaggebende Mitte wird sowohl mit Rechts als
Links die Mehrheit gewinnen, und damit ist ohne
weiteres die Rechte an die Mitte ausgeliefert, weil
sonst sehr leicht eine Verbindung mit der Linken
eintreten kann." Man braucht keineswegs davon
auszugehen, daß im Mittelstand gerade die radikalen
Elemente die Oberhand gewinnen könnten. Gatz
allgemein ist auszusprechen, daß auch dem Mittelstand,
ebenso wie der Rechten oder der Linken oder wie
überhaupt irgend einem einzelnen Stande, einer Gruppe
oder Partei eine allein entscheidende, überragende
Bedeutung nicht zukommt. Das wäre ebenso ut
begründet wie die Vorherrschast anderer Stände,
Gruppen oder Parteien. Es ist ohne Einschränkung
zu behaupten, daß bei der bisher vorgeschlagenen Zwet
teilung (Abteilung 1 und ITI) durch die Einführung
der Verhältniswahl diese Gefahr wächst. Auch det
Verfasser der früheren Artikel in diesen Blättern
über Verhältniswahlen hat darauf aufmerksam gr
macht, daß bei einer Zusammenfassung aller Wähler
mit Einkommen über / 2000 in eine Klasse dit
verhältnismäßig kleine, aber besonders wichtige und
am stärksten besteuerte Gruppe von Großkaufleutet.
Großindustriellen usw. dem Mittelstand gegenüber
gänzlich ohnmächtig sein würde. Das leuchtet ett
Bei einer Zweiteilung ist die Einführung
der Verhältniswahl in Abteilung I, so w'!
sie geplant ist, ausgeschlossen. Auch det
relativ kleine Kreis der Gelehrten, Rechtsanwälte
Ärzte und gewisser anderer Gruppen können hei
Beibehalt der vorgesehenen Zweiteilung mittelst dt!
Verhältniswahl nur durch die Begünstigung seitens
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