3Z&
zur Wahl teilnehmen sollen, wesentlich vermehrt und
erweitert wird. Eine gleiche Zersplitterung der
Kräfte würde eintreten, wenn man die I. Abteilung
noch weiter gliedern wollte. Die Wahrnehmung be-
rechtigter Interessen wird dadurch nicht mehr gewähr-
leistet, wenn man Interessengruppen schafft. In dem-
selben Augenblicke, wo solches geschieht, werden die berech-
tigten Interessen nicht mehr von der Allgemeinheit ge-
tragen, sondern von der Interessengruppe. Man schafft
künstlich eine Teilung der Bürger, während man alle
Mittel anwenden sollte, die Bürger zusammenzu-
fassen, um zusammen zu arbeiten. Durch die Glie-
derung teilt man unzweifelhaft die Wähler in
mehrere Lager und verhindert den gegenseitigen Aus-
tausch ihrer Meinungen, den gegenseitigen Ausgleich
ihrer Interessen. Das muß unbedingt seinen Ein-
fluß auf die Bürgerschaft, ja auf das ganze öffent-
liche Leben unserer Stadt, ausüben. Mit einem
Schlage beseitigt man die Gleichheit der Bürger-
schaftsmitglieder, die Rücksichtnahme auf die gegen-
seitigen Interesssee. Wo man bisher gemeinsam
schlug, wird man in Zukunft gesondert marschieren.
Man zerstört mit Rürcksichtslosigkeit die Harmonie
der Bürgerschaft, die Frucht von mehr als 50 reich
gesegneten Jahren, man bricht die Kraft der Bürger-
schaft und des Bürgertums. Jeder Zusammenschluß
kräftigt, jede Zersplitterung lähmt. Denke man sich
nun einmal die Bürgerschaft hervorgegangen aus
1) den Notablen, 2) den Höchstbesteuerten, 3) der
Mittelpartei und 4) der Alrbeiterschaft, so wird
man die Zahl der Mandate für die Gruppe
1 und 2 schon aus dem Grunde nicht zu hoch
bemessen können, weil die Wählerzahl eine sehr
begrenzte ise. Die Mittelpartei wird daher die
stärkste und ausschlaggebende Partei. Wenn man
bedenkt, daß in dieser Gruppe sich nicht unschwer
alle unzufriedenen und radikalen Elemente Geltung
verschaffen können, so ist ohne weiteres ersichtlich,
daß man ohne Not eine Gefahr für unsern
Staat schafft. Diese ausschlaggebende Mitte wird
sowohl mit Rechts als Links die Mehrheit gewinnen,
und damit ist ohne weiteres die Rechte an die
Mitte ausgeliefert, weil sonst sehr leicht eine Ver-
bindung mit der Linken eintreten kann.
In ähnlicher Weise verheerend, aber noch viel
schlimmer würde die Einführung der Verhältniswahl
wirken. Sie bietet ja nicht nur großen Klassen und
Gruppen, sondern jeder kleinen Abteilung Gelegen-
heit sich zu sondern und ihre eigene Meinung
zur Geltung zu bkingen. Es ist doch wohl kaum
ernstlich daran zu denken, die Verhältniswahl nur
in der Abteilung II einzuführen. Dasselbe Recht,
was die Minderheit in der einen Abteilung erhält,
muß auch der Minderheit der anderen Abteilung
zuteil werden. Wenn nun auf 3000 Wähler
90 Mandate fallen, so würde schon eine Vereinigung
von 35 Bürgern mit Erfolg in den Kampf ziehen
können. Bei der Schwäche des Deutschtums für
Sondermeinungen würden wir also mit Leichtigkeit
50 und mehr Vereinigungen Gelegenheit schaffen,
gesondert zu raten, gesondert vorzuschlagen, gesondert
zu wählen. Es mag diese Annahme übertrieben
sein, aber so viel steht doch fest, daß wir mit sehr
viel mehr Strömungen bei der Wahl zu rechnen haben
als bisher. Würde dadurch ein lebhaftes, frisches poli-
tisches Leben erzielt, so könnte man sich wohl damit
zufriedengeben, aber das ist hier durchaus nicht der
Fall. Bei der Verhältniswahl hat ja keiner ein so
großes Interesse daran zu kämpfen, denn die Frucht
fällt ihm ohne weiteres in den Schoß, sobald sich
ein verhältnißmäßig kleiner Kreis von Freunden für
ihn interessiert. Jeder Vorstadtverein, jeder Gewerbe-
stand, jeder Turn-, Gesang- und Schützenverein kann
dann seine eigenen Vertreter in die Bürgerschaft
senden. Wo bleibt da das Zusammenarbeiten, wo bleibt
da der Austausch der Meinungen, der Ausgleich der
Interessen. Und ebenso wie man getrennt wählt
wird man inder Bürgerschaft getrennt marschieren. Jeder
muß dann schon besorgt sein, die Interessen seiner
Gruppe zu vertreten, weil ihm sonst sein Mandat
nach sechs Jahren verloren geht. Wie üppig werden
dann die Sonderinteressen wuchern.
Durch alle Vorschläge, seien es Klassenwahlen,
seien es Verhältniswahlen, zerklüften wir die bürger
lichen Parteien, jede Spaltung bedeutet abet
Schwächung, und jede Schwächung muß im Ar
gesichte der sozialistischen Gefahr vermieden werden.
Bisher haben wir eine kräftige Bürgerschaft
gehabt, nicht nur in sich geschlossen, sondern auch
in ihrer Bedeutung zu dem andern Staatskörpet,
dem Senate. Bisher ist es der Bürgerschaft möglich
gewesen, im allgemeinen Interesse ihre Ansichten
gegen diejenigen des Senates durchsetzen zu könnet
Sie konnte es, weil sie in sich geschlossen und ein!!
war. Würde sie es in Zukunft sein können b!
einer Zersplitterung in so und so viele Gruppen?
Man wird darauf mit „nein“ antworten müssen. Die
Bedeutung der Bürgerschaft wird schwinden. '
Ist es nun aber vom allgemeinen Standpunkte el!
Glück, daß mehr Abteilungen geschaffen werden ? Wit
sind nicht der Ansicht, daß dadurch die maßgebenden I"
teressen besser vertreten werden als bisher. Besst
sind dieselben aufgehoben, wenn sie von der. All
(§vcinheit getragen werden, als von der speziellen
yr es aber auch vom allgemeinen Standpunkte füt
jes Star Gli erstes]!
U
&
Y
U
ti
J
|
h
II
P.
De
r?