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auch in Abteilung 1 vor allem nur deshalb,
weil einerseits bei einer Steuergrenze von
.# 2000 auch Sozialdemokraten in Abteilung I
gewählt werden könnten und andererseits bei Zu-
sammenfassung aller Wähler mit Einkommen über
„ 2000 in eine Klasse die verhältnismäßig
kleine, aber besonders wichtige und am sstärksten
besteuerte Gruppe von Großkaufleuten, Großindu-
striellen usw. gegenüber dem Mittelstand gänzlich ohn-
mächtig sein würde. Bei Erhöhung der Steuer-
grenze und Einfügung einer dritten Klasse für
die Höchstbesteuerten fallen diese Bedenken fort.
Selbstverständlich beanspruchen alle vorstehenden,
teilweise nur angedeuteten Erwägungen nicht für
sich, daß sie im Rahmen dieser Ausführungen
als voll überzeugend nachgewiesen sind; sie sollen
lediglich immer wieder die Notwendigkeit der Nach-
prüfung des Berichtes der Bürgerausschußkom-
mission an der Hand des nachträglich ausge-
gebenen Hamburger Senatsantrages dartun. Eine
Einigung darüber, welche der größeren und kleineren
Mittel einzeln oder in Verbindung miteinander die
richtigsten und daher anzuwenden sind, wird sich
jetzt erzielen lassen, nachdem die verschiedenen Kom-
missionsberichte und die Hamburger Vorlage die
mannigfachen Wahlsysteme behandelt haben und nun-
mehr ein Vergleich möglich ist. i
Nur zwei Einwendungen sollen zum Schluß noch
berührt werden. | ö
]. Man sage nicht: die Sache eilt so, daß zu
einer nochmaligen Vorberatung desselben Stoffes
keine Zeit mehr ist, nachdem bereits zwei Kom-
missionen getagt haben. Eine der allerwichtigsten
Vorlagen, die wohl für lange Zeit die geseggebenden
Körperschaften Lübecks beschäftigen wird, aus dem
Gesichtspunkt der Eile abtun zu wollen, würde an
sich außerordentlich stußsig machen. Damit ist doch
die Pflicht nicht beseitigt, um die ein einzelner nie
herumkommen könnte, nämlich eine zwar etwas un-
bequem spät, aber doch noch gerade rechtzeitig ein-
gegangene Vorlage zu prüfen, die jetzt allen Um-
fanges vorliegt und die für die zu leistende Arbeit
von der allergrößten Wichtigkeit ist. Zeit genug ist
aber auch noch vorhanden. Schon der Hinweis
genügt, daß die Bürgerausschußkommisssion in der
Frist von reichlich einem Monat das seinen Mit-
gliedern neue System der Verhältniswahl studiert,
an statistischen Berechnungen erprobt und eingehend
darüber schriftlich Bericht erstattet hat. Bei der jetzt
notwendigen Nachprüfung dagegen handelt es sich
in erster Linie nur um die Nachprüfung eines ein-
zigen Geseßentwurfes nebst Begründung über eine
jeyt bekannte Materie. Dabei werden der Inhalt
und selbst die technische Fassung des Hamburger
Entwurfes bei Billigung in weitgehendem Maße
für uns zu verwenden sein.
II. Der Haupteinwand gegen die Einführung
der Verhältniswahlen war bisher der, daß das System
zu kompliziert, umständlich und unverständlich sei.
Der Bericht der gemeinsamen Kommission des Senats
und der Bürgerschaft vom 4. Februar 1905 bemerkt
noch wörtlich: „Man einigte sich doch schließlich in
der Überzeugung, daß die Einrichtung der Verhältnis.
wahlen gegenwärtig noch zu wenig erprobt sei und
daß gerade unsere Verfassungsverhältnisse ein Er-
perimentieren auf diesem Gebiete nicht gestatten.“
Der eingangs erwähnte Aufsat ,„Verhältniswahlen“
spricht diesem lezten Einwand zwar die Berechtigung
nicht ab, betont aber, daß die technischen Schwierig-
keiten sich überwinden lassen. Nun aber höre man
über diesen Punkt den Hamburger Senatsantrag,
dessen eigene Worte besser wirken als alles andere.
Seite 20022 in der Begründung heißt es:
„Gegen das System der Verhältniswahl ist das
Bedenken erhoben, daß es für die große Masse der
Wähler schwer verständlich sei und deshalb trog
seiner theoretischen Vorzüge sich zur praktischen Ver
wendung nicht eigne. Die bislang damit, wenn
auch auf anderen Gebieten, gemachten Erfahrungen
haben das Gegenteil bewiesen. Der Grund
gedanke der Verhältniswahl, die zu vergebenden
Mandate auf die verschiedenen in den Wahlkamps
eingetretenen Parteien im Verhältnisse der von jeder
Partei aufgebrachten, also auf die Kandidaten dert
Partei zusammen entfallenen Stimmen zu verteilen,
ist klar und durchsichtig. Auch für den einzelnen
Wähler ist die Entschließung, welchen Personen er
seine Stimme zuwenden will, bei der Verhältnis
wahl ebenso einfach wie bei jedem anderen Wahl
system. Jede in den Wahlkampf eintretende Partet,
mag sie durch gemeinsame wirtschaftliche, politisch
oder sonstige Interessen zusammengefaßt sein, stellt
wie bei jeder anderen Wahl so auch hier ihr
Kandidatenliste auf, und jeder Wähler entscheide!
sich für diejenigen Bewerber, die ihm die geeignetsten
Vertreter zu sein scheinen, wobei es ganz dem freien Er
messen des Wählers überlassen ist, durch welche Gesicht
punkte er sich bei der Auswahl leiten läßt, ob ihw
insbesondere die Persönlichkeit oder die Parteistellung
eines Bewerbers wichtiger erscheint. In dem einzigen
Falle, in dem die Verhältniswahl bislang in Hatt
burg praktisch erprobt ist, bei den Wahlen der Bet
sißer des Kaufmannsgerichts, haben sich der Aus
führung keinerlei Schwierigkeiten entgegengestell
Bei politischen Wahlen, bei denen naturgemäß be!
Zusammenschluß der einzelnen Parteien von vet!
herein ein noch festerer ist, sind solche noch wenig?
zu erwarten. Der zwischen der Mehrheitswahl und