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Ruinen von Mitla in Mexiko. In gewohnter
[lebendiger Weise wurden diese hochinteressanten
Stätten geschildert und zugleich der Versuch gemacht,
sich in jene längst entschwundenen Zeiten zurückzu-
verseßen, als noch der Kultus ausgeübt und das
Leben hier flutete, welches die kulturbringenden (?)
Spanier so grausam vernichteten. Herr Rösing gab,
unterstißzt durch zahlreiche, ältere Photographien,
aus seinen eigenen langjährigen Erinnerungen Er-
läuterungen und Ergänzungen mannigfacher Art.
Mit dem Wunsche eines frohen Weihnachtsfestes und
einem: Glück auf! für das neue Jahr schloß der
Vorsitzende diese letzte diesjährige Versammlung.
Rückblick und Ausblick am 1. Januar 1905.
An wichtigen Zeitabschnitten im Leben machen wir
wohl einen Augenblick Halt, um den Blick rückwärts
auf die Vergangenheit sowie forschend in die Zu-
kunft zu lenken. Wir lassen an uns vorüberziehen
die Begebenheiten und Erlebnisse des hinter uns
liegenden Zeitabschnittes, und in unserem Gedächtnis
erwacht, was uns die Zeit Gutes und Schlechtes
gebracht hat, was Erfreuliches und an Beschwerden
wir erlebten, was uns gelungen ist und was zu er-
reichen wir nicht die Kraft und das Glück hatten.
Solch ein wichtiger Zeitabschnitt ist für unser Ge-
meinwesen, für unsere Vaterstadt die Jahreswende.
So mag mit diesen Zeilen versucht werden, in
kurzen Umrissen ein Bild der Ereignisse des letzten
Jahres zu geben, und daran anknüpfend. die Aus-
sichten, welche uns die nächste Zukunft bietet, die
pr welche sich mit derselben verbinden, zu
betrachten.
Das Jahr 1904 ist für unser deutsches Vater-
land in wirtschaftlicher Beziehung als ein erfreu-
liches zu bezeichnen. Der starke Druck, welcher das
ganze Erwerbsleben in den lezten Jahren niederhielt,
hat mehr und mehr nachgelassen. Kann man auch
von einem großen Aufschwunge des geschäftlichen
Lebens noch nicht reden, so ist doch auf den ver-
schiedensten Gebieten ein wesentlicher Fortschritt zu
verzeichnen. Dieses gilt vornehmlich von den
leiliungsfähigsten Industrie.:Zentren; überall ist eine
verstärkte Nachfrage festzustellen, dem die JIndustrie
in vorsichtiger Weise entspricht. Das ist um so
erfreulicher in einer Zeit, welche in der Weltpolitik
manche Störungen gebracht hat. Weder die ost-
asiatischen Wirren noch die kriegerischen Unruhen, in
welche wir selbst im Süden Afrikas verwickelt sind,
haben einen wesentlichen Einfluß auf die Entwickelung
der Geschäfte ausgeübt. Auch die Unsicherheit,
welche während des größten Teiles des Jahres über
unseren Handelsverhältnissen zu dem Auslande schwebte,
hat eine nennenswerte Störung nicht hervorgerufen.
Wenn man sich jedoch die Frage vorlegt, ob
Lübeck an diesen besseren Verhältnissen unseres
weiteren Vaterlandes hat teilnehmen können, so
muß die Frage leider verneint werden. Der Wassser-
mangel im ganzen Elbgebiet hat den Verkehr auf
der Wassserstraße nach dem Binnenlande teilweise ganz
aufgehoben, teilweise hat die Aufrechterhaltung be-
stehender Verbindungen nur mit großen Opfern
möglich gemacht werden können. Durch diese Unter-
brechung des Verkehrs sind Schädigungen des Ge-
schäftes eingetreten, welche nur durch verdoppelte,
rastlose Arbeit in längerer Zeit wieder eingeholt
werden können. Die Eisenbahn hat allerdings unter
diesen Verhältnissen günstiger abgeschnitten, aber es
hat sich doch bei dieser Gelegenheit gezeigt, daß sie
nicht in der Lage ist, für Wasserstraßen vollen Er-
saß zu schaffen. Die günstigen Ergebnisse des
Eisenbahnbetriebes sind ja auch vorwiegend auf die
Zunahme des Personenverkehrs in den letzten Jahren
zurückzuführen. Es mag anerkannt werden, daß die
Verwaltung den gesteigerten Anforderungen in dieser
Beziehung in letter Zeit mehr Rechnung getragen
hat, indem Zugvermehrungen und Zugverbesserungen
vorgenommen sind, auch das Betriebsmaterial ver-
vollkommnet ist. Immerhin könnte in dieser Beziehung
noch sehr viel mehr geleistet werden. Es mag nur
daran erinnert werden, daß die Rückfahrkarten
Hamburg-Lübeck auch heute noch eine Gültigkeits-
dauer von nur drei Tagen haben. Das muß aller-
dings als sehr rückständig bezeichnet werden. Die
Arbeiten für den Neubau unseres Bahnhofes gehen
sehr langsam vorwärts. Das mag damit zusammen-
hängen, daß der Erwerb der erforderlichen Grund.
stücke längere Zeit in Anspruch genommen hat und
daß dabei viele Enteignungen nötig geworden sind.
Befremdlich ist es allerdings, daß von seiten der
Eisenbahn nicht rechtzeitig die erforderlichen Grund-
flächen freihändig erworben sind.
. Als erfreulich kann es verzeichnet werden, daß
die langjährigen Bemühungen für eine Schienen-
verbindung zwischen Lübeck und Segeberg jetzt von
Erfolg gekrönt zu sein scheinen. Nachdem der
preußische Verkehrsminister seine Zustimmung gegeben
hat, werden jetzt die Vorarbeiten erledigt. In den
von der Bahn berührten Ortschaften bringt man
dem Unternehmen das größte Interesse und tatsäch-
liche Unterstüzung entgegen. Wird so einerseits für
bessere Landverbindungen Sorge getragen, so sind
andrerseits die Arbeiten für eine verbesserte See-
verbindung nahezu vollendet. Jm Mai 1905 soll
die in Aussicht genommene volle Wassertiefe zwischen
Travemünde und Lübeck hergestellt sein. Hand in
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