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dem Zwischenhändler, d. h. dem Händler, der aufs
Land fährt und von den Bauern das Vieh aufkauft,
in die Schuhe zu schieben. Das ist aber eine voll-
ständig irrige Auffassung. Der Zwischenhändler über-
nimmt das ganze Risiko für den weiteren Verkauf,
das nebenbei bemerkt gar nicht so gering iste Wenn
der Landmann überzeugt wäre, mehr Geld machen
zu können, würde er schon den Händler ausschalten
und sein Vieh für eigene Rechnung nach den größeren
Viehmärkten schicken. Das geschieht aber nur ver-
schwindend wenig. Der weitaus größere Teil der
Viehbesitzer wird lieber an den Händler verkaufen,
denn dann erhalten die Landleute sofort ihr Geld
und haben nichts weiter zu riskieren. Von dem
Stall des Produzenten bis zur Küche des Konsu-
menten ist ein weiter Weg und recht oft tritt der
Fall ein, daß schon auf dem Transporte zum Schlacht-
hof ein Tier wertloser wird, als es im Momente
des Einkaufs war. Es ist ferner gesagt worden,
daß laut Statistik eine zu große Differenz bestehe
zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen. Ich bestreite
das ganz entschieden. Diese Statistik kenne ich auch,
sie ist allerdings mangelhaft. Ob meine Erfahrung
und meine Aufzeichnung richtiger ist, wage ich aus
Bescheidenheit nicht mit aller Bestimmtheit zu be-
haupten. Ich kann nur sagen, was ich von meinen
Kollegen überall im großen deutschen Vaterlande
persönlich gehört habe, von Leuten, die vollständig
glaubwürdig sind. Die haben mir gesagt, daß gerade
in den letzten Jahren ein großer Teil der Händler,
die direkt von Bauern einkauften, zugrunde gegangen
ist, weil die Leute nicht haben bestehen können. Der
Landmann, und wer will es ihm verdenken, will
kolossale Preise für das Vieh haben, so kolossale,
daß sie ohne Verlust zu erleiden nicht zu bezahlen
sind. Der Händler aber ist gezwungen, um seine
Kunden in der Stadt zu befriedigen, die großen
Preise auszugeben. Ferner ist mir gesagt worden,
und man liest es ja auch häufig in den Zeitungen,
daß in Berlin zurzeit schon eine große Zahl von
Fleischerläden leer stehen. Daß diese Geschäftsinhaber
nur durch besondere Unglücksfälle alle zur Aufgabe
ihres Geschäftes gezwungen waren, wird wohl keiner
zu behaupten wagen.
Ich will Sie nicht zu lange aufhalten. Ich
möchte Ihnen empfehlen, und ich tue das mit gutem
Gewissen, den Antrag von Professor Dr. Baethcke
zu unterstüzen. Die Körperschaft, die darüber zu
entscheiden hat, ist ja der Bundesrat. Hier darf ich
einflechten, daß in der vorigen Woche fünf meiner
Kollegen, die an der Spitze des Fleischerverbandes
stehen, bei dem Herrn Minister v. Podbielski gewesen
sind. Der Herr hat ihnen die allerbesten Ver.
sprechungen gemacht. Wir sind nun nicht so gewaltig
leichtgläubig, aber es ist das erste Mal, daß der
Herr Minister nach meiner Auffassung mit Leuten
wirklich ernst über die Fleischteuerung gesprochen hat.
Den Eindruck haben wenigstens meine fünf Kollegen
gehabt, und diese Männer besitzen mein volles Ver-
trauen. Ich bin überzeugt, die Zeit wird kommen,
daß wir billigere Preise erhalten, aber die Beit
dürfen wir uns nicht lang werden lassen. Deshalb
sage ich, die Grenzen offen, selbst wenn das Vieh
dort zurzeit auch ziemlich teuer ist. Erwarten darf
man nun nicht, daß selbst nach Öffnung der Grenzen
der Viehmarkt sofort überschwemmt würde, denn auch
der Herr Minister so wenig wie der Hohe Bundesrat
kann Schweine aus der Erde stampfen. Zum Misten
der Tiere gehört eben eine angemessene Zeit. Aber
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dann werden wir sehen, was sie zu leisten vermögen.
Der Fleischgenuß darf unter keinen Umständen ein-
geschränkt werden, wenn wir einen guten Nähr- und
Wehrstand behalten wollen. (Lebhaftes Bravo.)
Senator Dr. Fehling: Ich möchte nur die
kurze Bemerkung machen, daß diese Angelegenheit
natürlich auch Gegenstand ernstlicher Aufmerksamkeit
des Senates gewesen ist und daß es für iht
von großem Interesse sein wird, die Stellung-
nahme der Bürgerschaft zu dieser Frage zu erfahren.
(Bravo.)
Bei der nun folgenden Abstimmung wird det
Antrag Dr. Baethcke zur näheren Erwägung an det
Bürgerausschuß verwiesen.
Der dreizehnte Senatsantrag wird ohne Debatle
angenommen.
Der Wortführer teilt mit, daß von dem Vor
stande des Vereins der freisinnigen Volkspartei und
von P. Pape ihm Eingaben, enthaltend Resolutionet
betreffend Maßregeln zur Beseitigung der bestehendet
Fleischteuerung, zugegangen seien.
Auf unterstützten Antrag werden die Eingabet
verlesen.
Wortführer Stiller: Ich frage, ob die Bürger
schaft wünscht, daß diese beiden Resolutionen dett
Bürgerausschuß überwiesen werden ? + Es wird keit
Antrag gestellt, damit ist die Sache erledigt.
Als letzter Punkt steht auf der Tagesordnut]
die nochmalige Beratung des Antrages Dr. Wich
mann, betreffend Herstellung eines Krematoriums
auf dem neuen Vorwerker Kirchhofe.
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