445 ö erhandl. d. Bürgerschaft am 18. Septbr. 1905.
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sie diese Macht ausnützen, um ihre eigenen Sonder-
interessen aufs rücksichtsloseste geltend zu machen.
Ic spreche dabei nicht von den Herren, die hier in
der Bürgerschaft sizen, die sind verhältnismäßig
harmlos. (Große Heiterkeit.) Sie laufen eben mit,
wenn sie auch schließlich nicht ganz ohne Schuld
sind, denn da heißt es: „Sage mir, mit wem du
umgehst, und ich will dir sagen, wer du bist,“ oder:
„Mitgefangen, mitgehangen." Aber die Hauptschuld
tragen diese Herren nicht. Die Hauptschuldigen an
der ganzen agrarischen Bewegung und dem, was
damit verbunden ist, sind die Großgrundbesiter in
Ostelbien, die Grafen und Barone, die an der Spitze
stehen. Es gibt ein Wort, das vornehme Herren
sehr oft im Munde zu führen pflegen: Noblesse
oblige, auf deutsch: Adel verpflichtet; wer adlig ist,
hat Pflichten zu erfüllen. Heute sehen wir aber
die Grafen und Barone, die sogenannten Edelsten
der Nation, an der Spitze der Lebensmittelverteurer.
Ihnen verdanken wir es, daß die notwendigsten
Lebensmittel von Jahr zu Jahr teurer geworden
sind (sehr richtig), ihnen verdanken wir es, daß vor
alen Dingen die jetzt vorhandene Fleischteuerung
entstanden ist. Nun haben die Herren freilich ein
Flugblatt verschickt, wahrscheinlich an alle Herren
der Bürgerschaft. Sie haben dies augenscheinlich
versandt, um sich etwas weiß zu waschen. Unter-
jeichnet ist es vom Bunde der Landwirte. Es sind
in dem Flugblatte eine Menge Zahlen aufgeführt.
Ih bin nicht in der Lage gewesen, von gestern bis
heute alle diese Zahlen zu kontrollieren. Charakte-
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Herren mit allen Vröglichen Zahlen und Gründen
beweisen. In derselben Weise kann auch alles andere
behauptet und nachgewiesen werden. Daß eine
Eperrung der Grenze tatsächlich besteht, hat bisher
jeder angenommen. Die Herren vom Bunde der
Landwirte sagen aber, eine Sperrung bestehe nicht.
Ih will die Debatte nicht aufhalten, indem ich den
Herren hier ihr ganzes Sündenregister vorhalte, ob-
wohl es eigentlich nicht oft genug geschehen kann.
Ich will nicht sprechen von ihrem Vorgehen in bezug
auf die Margarine und das Saccharin; verschiedenes
Wer können sie selbst nicht leugnen. Sie sind schuld
daran, daß z. B. Corned-Beek und Würste von
ußen nicht mehr eingeführt werden dürfen. Die
Einfuhr dieser billigen Nahrungsmittel haben sie
kinfach verboten. Ihnen allein verdanken wir die
Iölle von M 15 auf sonstiges Fleisch, den Zoll
bon M 17 auf Schweinefleisch, das Fleisch des
armen Mannes. Die Herren können nicht leugnen,
daß wir es ihnen verdanken, daß der Import der
Schweine aus Dänemark nicht mehr vorgenommen
werden kann, sie können nicht leugnen, daß wir
ihnen das Impfen des importierten Schlachtviehes
verdanken, obgleich das Vieh dadurch wahrscheinlich
nicht gesunder wird, ferner, daß sie mit aller Macht
sich der Öffnung der Grenzen widersetzen, heute, wo
die Fleischteuerung besteht, vor allen Dingen aber
nicht, daß wir ihnen die Erhöhung der Zölle ver-
danken, die im nächsten Jahre eintreten wird und
bei welchen vielen wahrscheinlich noch die Augen
übergehen werden. Der Minister hat selbst gesagt,
daß das, was jetzt geschehe, noch gar nichts sei;
es werde im nächsten Jahre noch schlimmer werden;
warum schreie man also jett schon! Die Deutschen
sind ein geduldiges Volk. Aber alles hat sein Ende,
auch die deutsche Geduld. Wenn Sie heute in die
Zeitungen hineinsehen, können Sie in jeder Nummer
Berichte über Resolutionen finden, welche die Be-
seitigung der Fleischteuerung fordern, nicht allein
von Volksversammlungen, sondern auch von sstädtischen
Vertretungen, von Magistraten und Stadtverord-
netenversammlungen. Es ist dies eben eine Frage,
die uns alle angeht, die für jeden von uns fühlbar
ist. Fühlbar ist sie aber namentlich für die große
Masse unserer Bevölkerung, und es ist nichts mehr
geeignet als gerade die Fleischteuerung, eine tief-
gehende und berechtigte Mißstimmung und Unzu-
friedenheit hervorzurufen. Nichts ist geeigneter als
gerade die Fleischteuerung, die Masse in die Arme
der Sozialdemokratie hineinzutreiben. Die Sozial-
demokratie benutzt natürlich diese Gelegenheit mit
Freuden, um ihre eigenen selbstsüchtigen Klasssen-
interessen ihrerseits damit zu fördern, ebensogut wie
die Großgrundbesitzer die Gelegenheit benuzen, um
mit Hülfe der kleinen Bauern ihre eigenen Interessen
zu fördern. Der Reichskanzler Caprivi sagte einmal,
er sähe jedes Gesetz, das vorgelegt würde, daraufhin
an, wie es auf die Sozialdemokratie wirken würde.
Der Reichskanzler Caprivi hat dem Ansturm der
Agrarier weichen müssen, denn er hat die in ihren
Augen als Verbrechen erscheinende Tat begangen,
den russischen Handelsvertrag abzuschließen, durch den
die Zölle auf Vieh und Korn heruntergeseßt wurden.
Seitdem sind die Herren wieder oben auf, und
gerade ihrer Politik ist es zu verdanken, wenn wir
eine rapide Zunahme der Sozialdemokratie sehen,
auch in unserer Stadt, so daß wir uns bekanntlich
genötigt gesehen haben, um uns im eigenen Hause
zu schützen, unser Wahlrecht zu ändern. Wenn wir
dabei nicht das Richtige getroffen haben wegen der
Kürze der Zeit, so ist hieran mittelbar die Sozial.
demokratie und weiterhin mittelbar auch die agrarische
Partei Schuld. Ich frage nun, können wir es unter