Full text: Lübeckische Anzeigen 1913 (1913)

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Wöchentlich 13mal (Wochentags morgens und 
abendos, Sonntags morgens) erscheinend. Bezugs⸗ 
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eilungen 1Mk. d. Zeile. Tabellen⸗ u. schwieriger 
Satz den Anforderungen entsprechend höher. o o 
Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund. 
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübecdk 163. Jahrgang Nachrichten für das herzogtum Tauendurg, die 
ßeiblatt: Gesetz⸗ und Verordnungsblatt BEBeen ar Fürstentümer Ratzeburg, Luübeck und das angren⸗ 
77 Zigen, vom Grundungs· Jahre 1761 (6. Marʒ) ab, befindet sich nd dlenb e und h it ini 6 ebiet. 
bavανν— ¶αν ασαιασαιεσεσοσενανοσασεοινο a uti des veriager so τ blιιιXÂ. b. zende mecllenburgi ch olsteinische 
Drud und Verlaa: Gebruder Borchere Gam. b. S. mLübec. — Geschäftsstelle Adit αεν n tr. 46). Fernspre cher 000 u. 900o21. 
Abend⸗Blatt Ur. 656. 
und Heizer haben ihren bestimmten Platz. und wer sonst noch 
hinzukommt. weiß nicht recht, wohin er sich stellen soll. Doch 
nan fühlt sich auf der Lokomotive noch ganz anders ver- 
zunden mit der Kraft, als im jagenden Auto. Im Auts 
ähßt die Leichtigleit des Vorwärtskommens, die Empfindung 
niner mächtigen Gewalt nicht so wach werden, wie auf der 
ausschnaubenden Maschine. 
Etwa auf halbem Wege, zwischen Topra Kaleh und 
Alexandrette, stößt die Bahn, die bisher im Binnenlande ge— 
aufen ist, ans Meer. Bis dahin war die Bahnstrecke fertig; 
aun mußte ich meine Lokomotive verlassen und ein von meinem 
„orsorglichen Gastgeber, dem bayerischen Ingenieur, bestellter 
Landauer nahm mich auf. Jetzt folgte eine herrliche Fahrt 
am Meere entlang. Links der Amanus, ein Ausläufer des 
Taurus, beinahe bis an die See herantretend. tief zerfrucht 
zurch geheimnisvolle, vom Meer ins Innere führende Täler. 
Am Meere viele Ortschaften, still versunken in unendliche Haine 
von Orangen. Und schließlich die See im glänzenden Mittags— 
chimmer, nur in zwei Farben, blaugrün und gold, erstrahlend. 
Dies ist das Land der Orangen, sie haben Wärme und Meer— 
nuft, wie in Sizilien und Südspanien, und immer wird die 
Wärme durch die Meerluft gemildert. Das ist ihr eigent— 
iches Klima, und so wird denn diese heute so versteckte Küste 
zald zu einem Hauptausfuhrgebiet der Orangen werden. Man 
adet sie direkt in kleine Segelschiffe, die sie nach den größeren 
leinasiatischen oder syrischen Häfen bringen, wo sie umge— 
aden und meist nach Rußland transportiert werden. 
Bei Pajas findet sich das Schönste der Fahrt: ein großer, 
erfallener türkischer Han, ein Mittelding aus Kaserne, Festung 
ind Karawanserei, der unmittelbar am Meere liegt. In der rie⸗ 
igen Anlage gibt es Höfe, um die halb offene Gewölbe laufen, 
dreurtngen ähnlich, und Moscheen mit verwinkelten Balu— 
traden. Ein seltsam phantastischer Eindruck! Ueber eine Zug 
rüde gehe ich zu einer Art Fort, dessen Mauern ins Meet 
zineinragen. Und dlam gehe ich, überall photographierendi 
vieder zurück und komme in ausgemauerte Höhlen, die von 
inzähligen Fledermäusen bevölkert find. Wilde Hunde streifen 
zerum und über das ganae graue Gemäuer rankt sich üppiastes 
ßrün. 
Am Nachmittag bin ich in Mexandrette. Wieder genieße ich 
die Gastfreundschaft eines Ingenieurs, diesmal des ausführen- 
en Oberingenieurs der Alexandretter Linie. Er wohnt dicht am 
Meere in einem weitläufigen Haus, das italienischen Charakter 
rãgt. Ueberhaupt fällt die italienische Bauart vieler Häuser 
»er Stadt stark in die Augen, ein Rest der alten genuesischen 
Besiedlung dieser Küsten. Auch Mersina, das ich später kennen 
ernen sollte, hat deutlich ein italienisches Gepräge. Bis vor 
kurzer Zeit hatten die Italiener im Süden Anatoliens noch viel 
zu sagen. Italienische Firmen beherrschten den Markt und es 
wurde viel italienisch gesprochen. Dies hat seit dem italienisch- 
ürklischen Krieg mit einem Schlage aufgehört. Zwar sind auch 
ietzt noch große itolienische Exnorthüufer vorhanden, aber die 
— 
die Kunstreiterin der ihren Ohren märchenhaft klingenden Erzäh— 
iung der Leidensgefährtin. 
„Sie kommen mir vor wie eine verzauberte Prinzessin,“ 
neint sie bewundernd. „Was werden Sie nun tun, wenn Sie 
zon hier entlassen werden?“ 
Ein tiefer Seufzer entringt sich Miriams Brusfst. 
„Ach Blanche, daran mag ich noch gar nicht denlken! 
Wenn ich Maruschka nicht wiederfinde und sie mich doch noch 
nach Marseille zu den guten Schwestern des Klosters Sacré 
Foeur“ bringt ,— — w 
Die kleine Kunstreiterin entgegnet nichts. Aber als sie so 
veit ist, daß sie einen Brief schreiben kann, bittet sie um 
bapier und Bleifeder und kritzelt einen ganzen Bogen voll. Als 
Miriam sie fragt. für wen das lange Geschreibsel bestimmt 
ist, macht sie ein geheimnisvolles Gesicht. Dann malt sie mit 
zrohzen. ungelenken Schriftzügen die Adresse. 
Schwester Benedetta. Kloster .Sacré Coeur“, Marseille.“ 
18. 
Nach außen hin trägt Fürst Wladimir Orloff noch immer die 
alatte. weltmãnnische Maske zur Schau. 
Niemand weiß, wie Se. Hurchlaucht oft bis tief in die Nacht 
zinein vor dem Toilettenspiegel sitzt und jede Miene seines 
hesichts studiert; wie er jedes Fältchen sorgsam glättet unß 
eden erschlafften Muskel so lange bearbeitet. bis er die 
zewohnte Elastizität wiedergewonnen hat. — 
Und. wenn dann die lächelnde Außenseite wieder da ist — 
o nigt Se. Durchlaucht bekriedigt seinem Spiegelbilde zu. 
„Nur immer die Maske huͤbsch vorhalten! Niemals sein 
dahres Gesicht zeigen! Das ist ein Geheimnis der meisten Men— 
hen. die auf der Höhe des Lebens daherwandeln!“ — 
So lautet der Wablspruch Sr. Durchlaucht des Fürsten Wla- 
imir Orloff. 
Seit einiger Zeit freilich wird es ihm schwer. seinem Wabhl⸗ 
pruch treu zu bleiben. 
Das plötzliche Verschwinden des jungen Geschöpfes, das er 
noch vor kurzem mit der ganzen Glut seines ungezügelten Tem⸗ 
eraments zu lieben glaubte, beunruhigt ihn weit weniger, als 
)as Verschwinden Maruschkas. Zuerst meinte er, Maruschka werde 
niach der kleinen Villa hinter der Rosenhecke zurückkehren. Als 
edoch Taa auf Taa vergeht und der alte Iwan guf jede Froge 
J33 — 
Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt. — 
—— — — —EMASSwüü»«»«e2e«e2e2 “—————— 
Umfaug der heutigen Nimmer 6 Seiten. 
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Nichtamtlicher TeiiliiI. 
Streifzüge durch die neue Cürkei. 
VIII. 
Alexandrette. 
Von Dr. Adolf Grabowskn. 
Vor einigen Wochen ist die Bahnstrece Topra Kaleh— 
Alexandrette eröffnet worden. Damit ist der Hafen 
Alexandrette, der nach unserer Absicht einmal der erste Hafen 
im östlichen Mittelmeer werden soll, durch eine Zweiglinie an 
die Bagdadbahn angeschlossen worden, eine der wichtigsten 
Ftappen im Bau der Bahn. Als ich vor wenigen Monaten 
nach Alexandrette fuhr, mußte ich die Hälfte der Strecke Topra 
Kaleh—Alexandrette noch auf der Lokomotive, die andere Hälfte 
su Wagen zurücklegen. Von Adana der Hauptstadt Ziliziens, 
war ich mit der Bagdadbahn bis Topra Kaleh gefahren — 
durch unabsehbare Baumwollfelder, die, denkt man, unter einer 
lastenden Fiebersonne verdorren müßten. Diese Gluthitze aber 
ist der Baumwolle zum Ausreifen gerade recht; fie braucht zwar 
in der ersten Zeit ihres Wachstums etwas Regenfrische, doch 
nachher muß es heiß sein und kein Tropfen darf mehr fallen. 
Weil das Land Zilizien diese Forderungen der Baumwolle er— 
jullt, deshalb wird hier von Jahr zu Jahr der grünen Pflanze 
mehr Boden eingeräumt. Dazwischen sehe ich Mohnfelder, 
Felder mit Weizen, und weite Strecken, die mit Maulbeer— 
zäumen bepflanzt sind. 
Einige Stunden geht das so fort. Ich sitze im bequemen 
Toupé und werde schläfrig von dem ewigen Anblick der gleich⸗ 
näßigen, einförmigen Ebene. Da tauchen wieder Bergzüge auf. 
Mit leeren Kuppen ziehen sie sich hin durch die slache Gegend. 
Fine linde Nachmittagssonne spielt um die einsame Land— 
schaft. Es ist ein wenig kühler geworden und ich denke daran, 
daß nicht weit im Süden das Meer in abendlicher Frische sich 
dehnt. Und dann gibt es plötzlich Merkwürdiges zu sehen: 
alte Burgen mit zinnengekrönten Mauern, mit Türmen und 
Toren. Alte Burgen, denen man beim ersten Blick ansieht, 
dahß sie nicht türkischen Ursprungs sind. Ein Stüd christlichen 
Mittelalters im Morgenlande. Das Gedenken an die Kreuzzüge 
vird wach, an die Reiche der Kreuzzüge, an die nordische 
Romantik unter südlicher Sonne. Und das Problem der Kreuz— 
üge wird lebendig: wie es kommen konnte, daß ein Glaubens—⸗ 
turm durch die nordischen Länder tobt, also, daß Tausende und 
Abertaufende ins Unbekannte fortgerissen wurden. Wie haben 
ie sich wohl geschleppt, die schweren Reiter unter der brennen⸗ 
den Sonne, die damals wie jetzt diese Länder überfunkelte. 
Und wenn sie vor Müdigkeit zusammenbrachen, kamen di⸗ Ny— 
Irrlichter des Glücks. 
Ein Gesellschaftsroman von der Riviera. 
Von Erich Friesen. 
42. Forisetzung.) Machdruck verboten) 
Stodend, jedes Wort mühsam dem zerrissenen Herzen ab— 
ringend, belennt Madame Lolo der Tochter alles: daß sie sie 
vie ganzen Jahre daher getäuscht; daß sie keine Ahnung habe, 
wo das Kind sich aufhalte; daß sie es gleich nach feiner 
Feburt gegen eine eimmalige Abfindungssumme mit verschie— 
»enen Legitimationspapieren einer Artistin, die unter dem Namen 
Artemisia Barsescu in einem Moskauer Varieté auftrat, über—⸗ 
eben und seitdem nie wieder etwas von ihr gehört habe..... 
Bekennt, daß sie die für das Kind bestimmten Gelder für sich 
verwandt und, um dieselben auch fernerhin nicht zu verlieren, 
der Tochter jene falsche Adresse in Mentone angegeben habe — 
n der richtigen Voraussetzung, Irene würde sich von jenem 
Geschöpf derart abgestohen fühlen. daß sie ihren Vorsatz auf⸗ 
geben und die Angelegenheit, wie bisher, nun für alle Zeiten 
endgültie ihrer Mutter überlassen würde. 
Madame Lolo hat den Kopf ein wenig von den Kissen 
erhoben; ihre Rechte gestikuliert aufgeregt in der Luft herum; 
hre Angen blicken mit um Erbarmen flehendem Ausdruck zur 
Zimmerdede. 
Es ist, als ob die ehemalige Operettensängerin noch einmal 
ine Rolle spielte — die letzte in ihrem Leben — bevor die Seele 
ũr immer dem irdischen Körper entflieht. 
Oder lommt noch kurz vor dem Tode auch in dieser leicht⸗ 
lebigen Schauspielernatur durch all den Wust von Eitelkeit und 
Eaoismus eine Ahnung von dem Ernst des Lebens, von Pflicht⸗ 
gefühl und Reue zum Durchbruch? Jenes Aufflackern des gött. 
lichen Funlens, der in jedem Menschenherzen schlummert? .. 
Irtene denkt nicht weiter darüber nach. Zwar quoll zuerst 
bei jenen Bekenntnissen etwas wie Empörung in ihr auf. Doch 
bald verwandelt sich diese Empörung in Mitleiden. Tiefes Mit⸗ 
leiden mit der Charakterschwäche der Mutter, die schuld war an all 
den Irrungen ihres bewegten Lebens. 
Und noch ehe die Nacht mit ihren dunklen Schleiern sich 
rolhends herabsenkt auf das Svpieler-Eldorado Monte Carlo
	        
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