Full text: Lübeckische Anzeigen 1913 (1913)

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Dier stag, den 16. Dezember 1913. 
Tagesbericht. 
Lüabeck, 16. Dezember. 
Das wenig weihnachtliche Wetter ließ es nicht unangemessen 
zricheinen, noch vor dem Feste einige Angelegenheiten zu er⸗ 
edigen Ueber die wichtigste freilich lagerte sich das Gehennnis 
er nichtöffentlichen Sikung. Man munkelt allerlei. aber, das 
Nunkeln ist ja frei. Zu Beginn der Sißung gah der, Wort— 
uͤhrer bekannt, daß Dr. Eschenburg darun däte, ihn aus 
gesundheitsrückfichten vom Ante, eines 1. Stellvertreters, des 
Wortführers zu entlasten. Ein diesbezüglicher Antrag soll die 
Zürgerschaft in ihrer nächsten Sitzung beschäftigen. Nach Vor⸗ 
nahme der Wahl von Kommissionen und weiterer Bekanntgabe 
des Einligufs gab der ständige Senatskommissar Dekrete des 
Zenales bekannt, aus denen hervorgehohen sei, daßz der olden⸗ 
durgiiche Landtäg dem, abgeänderten Vertrage über das, ge— 
meinschaftliche Landgericht mit dem Fürstentum Lübech ehen, 
aus zugestimmt hat und daß der Senat in Angelegenheit 
er, Anbauabgabe für Küchniß das Finanzdepartement ange- 
viesen hat, gegebenenfalls Stundungen eintreten zu lafssen. Im 
Zusammenhange hiermit wurde der Antrag Hend in unverän 
derter Forman den Senat verwiesen. Der Antrag sautet:; 
Die Bürgerschaft erfucht den Senat um Repision des Gesetzes 
vom 18, Sttober 1900, betreffend Anbauabgabe von den Grunde 
üden im Ansiedelungsgebiet von Küdniß.“ Bei Eintritt in 
die Tagesordnung, wurde, wie schon angedeutet, die Oeffent- 
ichkeit ausgeschlossen. Nach Wiedexrherstellung derselben ge— 
angte der Senatsantrag auf Nachbewilligungen auf budget- 
näßige Ausgaben im Rechnungsjahre 1912 zur Verhandlung. 
kinige neugierige Blicke der wieder zugelassenen Oeffentlich- 
eit“ wanderten zu der im Bürgerschaftssaale aufgestellten Tafel, 
auf der einige Pläne von Travemünde und dem Präwals 
hingen und ein verständnisinniges Aha! dokumentierte. daß 
nan Bescheid wußte. Dann lauschte man recht bitteren Klagen, 
ie pon der Gefährdung des Budgetrechtes der Bürgerschaft 
prachen, da gewisse, Üeberschreibungen nicht genügend begründet 
ien und namentlich da, die Feuerlöschbehörde die Ersparnisse 
zerschiedener Titel zur Anschaffung eines Personenautomobils 
benutzt hatte. In gleichem Zusammenhange fragte man, wie 
Ss mit dem Verantwortlichkeilsgesetze des Senates stände, das 
herselbe bei Bewilligung, der Theatervorlage in Aussicht gestellt 
habe oder über dessen Nichteinbringung er doch eine Begrün- 
hung geben wollte. Das, Budgetrecht der Bürgerschaft. in 
khren; aber man machte hier doch aus einer Mücke einen 
Elefanten. Und noch dazu — wie wohl selien — aus einer 
zotwendigen Mücke. Es gibt Prinzipien, die aus sachlichen 
Gründen aufhören müssen, Prinzipien zu sein, sonst stellt sich 
der, unangenehme Beigeschmackk der Prinzipienreiterei ein. Zu— 
mal hier, wo auch formell die Maßnahme der Behörde, der 
notabens auch die bürgerlichen Deputierten zugestimmt haben, 
durchaus begründet erscheint. Der spröde Stoff der Frage 
der Etatsüberschreitungen sollte in der Budgetkommission auf 
aUl seine Kompliziertheit hin gründlich Fr werden, im 
übrigen sollte man, gerade der Feuerlöschbehörde hei den 
uun einmal bestehenden Verhältnissen keine formelln, Fußan⸗ 
geln 8 Die sachlichen Gründe müssen hier im Vor— 
dergrunde stehen und Jicht formelle Erwägungen. Das vom 
Senatstische geprägte Wort, daß die Behörde formell befugt, 
achlich aber verpflichtet war, bedarf eigentlich keiner weiteren 
Anterstreichung. Dem, Antrage wurde nach längerer Dehatte 
nit Zweidrittelmehrheit zugestimmt. Die Anträge auf Nach-— 
»ewilsigungen 5 die Betriebskosten der Seilanstalt Strecknitz 
auf die Betriebskosten des Allgemeinen Krankenhauses und auf 
die Ausoaben der Oberschulbehörde im Rechnungsjahre 1912 
wpurden ebenso wie der Erlaß eines zweiten Nachtrages zum 
Gerichtsschreibergesetze ohne Debatte mit Zweidrittelmehrheit,an⸗ 
zenommen. Bei Beratung des Antrages auf, Beschaffung, eines 
gierten Kanalschlepppampfers wurde empfohlen, sowohl den 
Dampfer als auch das Motorboot der Struckfähre mit 
Spritzen zu versehen. Von Senatsseite wurde mitgeteilt, daß 
nan in Erwägung über die Beschaffung eines eigenen Lösch- 
bootes stehe. Ein Antrag, der den Senat zu weiteren Er— 
wägungen ühber den Spritzeneinbau veranlassen soll, wurde 
ebenso wie, der Senatsanttag mit Zweidrittelmehrheit ange- 
iommen. Daß wir in der Weihnachtszeit leben, dokumentierte 
die Beratung des Antrages auf Aufhebung der Wegegemeinden 
Fnetersdorf, Siems und Genin. Es wurde von verschiedenen 
Rednern ein langer Wunschzettel, der z. T. vielleicht sehr be— 
rechtiat war, überreicht; die einzelnen Gadcshe hatten mit dem 
Antrage nur das gemein, daß sie sich um Verstaatlichungen 
oder Verbesserungen von Wegen drehten, so daß der Wort— 
führer darauf, hinweisen mußte, daß man nicht bei der Bud— 
zetheratung sei. Der Antras wurde hierauf ebenso wie der 
nächstfolgende auf Versetzung der Stellen der technischen Se— 
tretäre der Baudeputgtion in die Klasse AX des Beamtenhbe— 
oldungsetats mit Iweidrtiesenchrhest angenommen. Der nächste 
und letzte Punkt, der den Bericht der Kommission zur Prüfung 
des Sengtsdekretes vom 2. November 1910, betreffend Heran— 
ziehung hiesiger Privatarchitekten zur Mitarbeit an den städti— 
schen Bauaufgaben vorsah, wurde von der Tagesordnung ab— 
gesetzt, da man den „Neuen“ Gelegenheit geben will, sich erst 
ꝛinmal, in die Materie zu vertiefen. Hierauf wurde die Sitzung 
jeschlossen. 
—XX 
der Weihnachtsmann. 
dübeder humoristische Weihnachtsspaziergänge 
von Direktor ESrnst Albert. 
Ich wollte mir nur eine kleine Zwischenfrage erlauben. 
Ist denn eigentlich Weihnachten? Es muh doch wohl, denn ich 
gehe ja spazieren und beobachte die Gefschäfte Lübecks Aber 
nach dem Wetter (eigentlich ist es gar kein Wetter) zu urteilen, 
ist April. Sollte uns der Weihnachtsmann in den April schicken 
wollen? Das lassen wir uns aber nicht gefallen! Wir freuen 
uns nun erst recht auf Weihnachten und kaufen noch mehr ein, 
außerdem bekommen wir von übermorgen ab das herrlichste 
Weihnachkswetter, denn ich sehe, wie unser Ehepaar bei J. F. B. 
Grube ein Paar Schlittschuhe für den kleinen Heini kauft, 
daniit er Schlittschuh laufen kann, und Kinder haben immer Glücdk. 
— »So, liebes Weibchen, hier will ich dir aber mal wirklich 
draktische Sachen zeigen. Sieh mal hier: Johns Volldampf- 
Waschmaschinen! Ach. du glaubst, es ist nur eine Waschmaschine? 
Nein, die ist „Mädchen für alles“. Du kannst sie zum Waschen, 
Kochen, Plätten, Bettfedernreinigen, Futlerdämpfen gebrauchen, 
und den Dedel davon sogar als Spülgefäß, Fuß— und KRinder⸗ 
Badewanne. Auch mit Kraftbetrieb gibt es diese Zeit und Geid 
ersparenden Maschinen, dann werden sie aber „Elektrische Wasch- 
srau“ genannt. Und die herrlichen Badeeinrichtungen, die du 
hier siehst. Sogar ein Schwitzbad im Hause kannst du hier 
aufen. Slaub im Hause kann es gar nicht mehr geben, denn der 
Entstauber Baby-Daisy saugt alles auf, da ist ein Elefantenrüssel 
ine Zigarre dagegen, die keine Luft hat. Ein Mädchen 
jenügt zur Bedienung des Apparates, und die Anschaffung 
ines Daisy⸗-Staubsaugers ist die beste Lösung der Dienstboten⸗ 
rage. Kücheneinrichtungen gibt es hier von 50 Mian bis 600 M, 
ie ersteren haben 52. die letzteren 280 Gegenstände. Am 
Rettungsboot und Lotse des Dampfers „Narvit 
bei Emden angetrieben. 
Aus Emden ging uns gestern abend zu später Stunde 
olgende telegraphische Nachricht zu: 
Emden, 15. Dez. Nach hierher gelangten Nachrichten 
vurde heute der Lotse Ravenberg des Dampfers „Narvilk“ 
us dem hiesigen Hafen mit einem Rettungsgürtel von dem 
rinienschiff Kheinland“ aufgefischt und nach dem inneren 
zafen gebracht. Bei der Ansegelungstonne Hübertsgat in 
er West-Ems liegt ein eisernes Schiff kieloben, von dem 
nan vermutet, daß es der Dampfer „Narvik“ ist, da nicht 
llzu weit davon ein Boot mit der Aufschrift „Narvik“ ge— 
ehen ward, in dem die Leiche eines Matrosen lag. Von 
»em Schicksal der Mannschaft, etwa 30 Mann, ist noch 
aichts bekannt. 
Dem ist folgendes hinzuzufügen: Nach einem uns von der 
neederei der Firma L. Possehl K Co. zur Veröffentlichung über—⸗ 
jebenen „Seebericht“ ist der Dampfer „Narvik“, unter Führung 
on Kapitän Hollwedel am 14. Dezember von Emden nach 
zerrenwyk (zum Lübecker Hochofenwerk) mit Kohlen beladen 
bgegangen. 
Das Schiff wurde am Montag früh 5 Uhr in Bruns— 
üttelkoog am Kaiser-Wilhelm-Kanal erwartet, ist dort aber 
icht eingetroffen. 
Der Dampfer „Narvik“ ist Eigentum der hiesigen Firma 
z. Possehl KCo.; er war für die Erzfahrt von Narvik speziell 
on der Germaniawerft Friedr. Krupp A.“G. in Kiel im 
jahre 1905 erbaut und machte am 4. August 1908 seine erste 
zahrt nach Travemünde. Die Ladefähigkeit des Schiffes be— 
rug 6250 Tons, die Größe 104,62 m. — Bei der hiesigen 
zdeederei fehlte bis zum Abend ebenfalls die Bestätigung, das 
as kieloben treibende Schiff tatsächlich der Dampfer „Narvik“ 
jt. Es bleibt daher noch die Hoffnung, daß der Dampfer 
hei dem herrschenden Sturm in die Nordsee verschlagen ist. 
Samburg — Fehmarn — Kopenhagen. Das Inter⸗ 
sse für die Herstellung einer neuen kurzen Ver— 
indung nach Kopenhagen über Lübeckk—,Fehmar.en 
it in Hamburg in der letzten Zeit stark gewachsen, seitdem auch 
ie Handels- und Industriekreise von West- und besonders Nord⸗ 
nestdeutschland ein so lebhaftes Interesse für die Herstellung 
iner solchen Linie bekunden. Gegen die Ausführung des 
zrojektes ist min in der letzten Zeit in der Provinz Schles⸗ 
ig-Holstein eine sehr scharfe Agitation eingeleitet wor⸗ 
en, die vor allem in Kiel ihren Sitz hat, das durch die Auf⸗ 
abe der bisherigen Verbindung Hamburg —Kiel — 
dorsör geschädigt zu werden fürchtet. Diese Kieler Agitation 
at vielfach einen starken persönlichen Charakter angenommen, 
jas von der anderen Seite glücklicherweise nicht erwidert 
zird. Tatsächlich wird die geplante Fehmarnbahn nur eine 
Vasserstrecke von zehn Seemeilen (18 km) erfordern, wäh— 
ind die über Kiel führende Linie Kiel—Korsör 73 Seemeilen 
135 km) Wasserfahrt, und auch die neuerdings angeregte 
inie Kiel—Rödby noch 51 Seeweilen (942 km) Wasserfahrt 
ufweist. In dieser Abkürzung der Wasserfahrt liegt der Haupt— 
orzug der neuen vor der bisherigen Route. Dadurch wird 
nuter allen Umständen eine sehr bedeutende Abkürzung—der 
-ahrt herbeigeführt. Von der Kieler Seite wird jetzt erklärt, 
alz es durch Verbesserungen der Route Kiel—Korsör möglich 
in werde, die bisher fast zehnstündige Dauer der Fahrt auf 
ne solche von sieben Stunden herabzusetzen. Aber auch wenn 
es möglich sein wird, so wird die neue Route mit ihrer 
ümnfssstündigen Fahrt von Hamburg nach Kopenhagen, und 
or allem der so kurzen Wasserfahrt, die die Linie fast zur 
einen Landroute macht, doch immer einen erheblichen Vore 
»rxung behalten. Es kommt hinzu, daß die Anfahrt für 
annover gar nicht einmal über Hamburg zu gehen braucht, 
ndern direkt von Lüneburg nach Lübedh geht. 
s ist bekannt, daß der preußische Minister der öffentlichen Ar— 
eiten bisher noch im Interesse der Provinz Schleswig-Holstein 
zegner des Fehmarnprojektes ist. Man ist aber fest 
avon überzeugt, daß sich binnen kurzem ein Umschwung voll—⸗ 
iehen muß. da so große Teile der preußischen Monarchie 
kt enerdiich ür die Fehmarnbahn eintretfen 
esten gefallen mir auch die Einkoch- und Fruchtsaftapparate, 
ind die Wein-, Obste, Eier-, Putz- und Fliegen-Schränke. Bei 
etzteren muß ich an Direktor Ernst Albert denken, wenn der die 
dühe da reinstellen könnte, dann käme keine Fliege dran und 
s gäbe die Seuche nicht mehr. Was kann hier der Landwirt, 
dorstmann und Handwerker nicht alles kaufen. Da gibt es für 
iese keinen Bedarfsgegenstand, der hier nicht wäre. Von der 
rößten Pumpe bis zur kleinsten Zwecke, vom 8-Haken bis zur 
RNahtflechthecke! Ganz famos sind aber die Aeroflaschen, im 
zonmmer kann man zwei Tage lang darin das Getränk kalt und 
n Winter heiß erhalten. Auch einen Ofen in der Tasche gibt 
s, da kann man sich immer die Hände dran wärmen, der nennt 
ch „Globus“. Ueber den Löffel kannst du jetzt auch nicht mehr 
albiert werden, denn es gibt Selbstraslierer, namentlich Gillette, 
enn ich den nicht hätte, dann würdest du mir nicht so gern 
ie Backen streicheln, liebes Weibchen. Du siehst alfo, hier 
t alles praktisch, fogar die Aus⸗- und Eingänge, denn 
u kannst durch vier Türen raus- und reingehen. Wenn die 
zeschäfts-Reisenden zur einen Tür rauskomplimentiert werden, 
zunnen sie zur anderen Tür wieder reinkommen.“ 
„Jetzt wollen wir aber zu unserem lieben Freund und 
zangesbruder J. A. C. Dettwann, Königstraße 84-86, 
enn der hat noch ein Haus dazu genommen, um sein Geschäft 
u vergrößern. Da hat er eine Werkstatt mit elektrischem Be— 
rieb eingerichtet, die einzig dasteht. Du wolltest mir doch 
inen neuen Operngucker kaufen, liebes Männchen, die gibt es 
1 bei Dettmann so vorzüglich.“ — „Gern, mein Schatz. Ich 
aufe dir aber lieber einen Operettengucker, denn du gest ja 
vch nur noch in die Operette. Sieh mal, dieser hier ist so 
harf, dah du dadurch die Augenwimpern der Künstler zählen 
annst. Alle Prismen findest du hier von den berühmten 
eiß⸗ und Leitz-Firmen, für Reise, Jagd, Marine, Militär, 
hermometer, Lupen und Mikroskope, mit letzteren kann man 
— 
Der Konig und die Königin bon Norwegen trafen 
Sonntag früh 7 Uhr mit dem Kölner Schnellzuge von London 
ruf dem Hauptbahnhof in Hamburg ein. Die Weiterfahrt 
sand um 9 Uhr 13 Min. über Lübeck— Warnemünde nach 
Kopenhagen statt. 
0 Volkslonzert des Lübeder Lehrer⸗Gesangrereins. Wenn 
»er Lehrer⸗Gesangverein mit seinem vortrefflichen Stimmaterial 
neinem Konzert der Oeffentlichkeit gegenübertritt, so dürfen 
freunde eines schönen Männergesanges sicher sein, daß ihrer 
in genußreicher Abend wartet. Mit intensivem Fleiß arbeiten 
zier Dirigent und Chor am gemeinsamen Gelingen, wobei die 
wusikalische Schulung fast aller Mitglieder des Vereins eine 
hätzenswerte Unterstützung bildet. So ist es möglich, dau 
er Leiter, Herr Rudolf Hellmrich, sein Chorinstrument bis 
n alle Einzelheiten beherrscht und eine von Erfolg gekrönte, 
iusgeglichene Wiedergabe aller zum Vortrag gebrachten Chöre 
n den meisten Fällen die erfreuliche Folge ist. Auch in dem 
holkskonzert am Sonntag, das vor allem den breiteren Volks— 
hichten die Schätze unserer Männergesangliteratur vermitteln 
oll, wurde manches Gute und Schöne in ausgereifter Wieder⸗ 
abe dargeboten und mancher Wechsel der Klangfarben war von 
igenem Reiz. Ein immer geistooll belebter Vortrag, der dem 
Wesen des dichterischen Stoffes sowie der musikalischen Stim— 
nung jedes einzelnen Liedes gerecht wird, zeigt, wie ernst der 
chor es mit der Pflege des edlen Männergesanges nimmt. 
Besonders tritt auch stets, was in manchen Gesangvereinen zu 
hRünschen übrig läßt, die wirkungsvolle Gestaltung des in 
fzorte oder Diminuendo ausklingenden Schlußakkords hervor. 
das vorgestern hier und dort wahrnehmbare Hervortreten ein—⸗ 
elner Stimmen dürfte sich in Zukunft vermeiden lassen. Mit 
em „Volkslied“ von Wilh. Kienzl, das in schlichter Weise von 
der Entstehung des schönen deutschen Volksliedes erzählt, wurde 
»as Konzert, das den Saal des Kolosseums fast bis auf den 
etzten Platz gesfüllt hatte, stimmungsvoll eingeleitet. Von tiefer 
Virkung war der Pilgerchor aus „Tannhäuser“, der hier in 
einer ungetrübter Schönheit vorüberzog und das „Matrosen⸗ 
ed“ aus „Der fliegende Holländer“, das wiederholt werden 
rußte. Hegars Preischor vom 4. Kaiser-Wettsingen „18130 
ehn die Zeit des Befreiungskrieges lebendig werden und die 
Sorgsamkeit und Feinheit der Einstudiecrung in bestem Lichte 
rscheinen. Die am Schlusse gesungenen neckischen, von Schelmerei 
ind leisem Humor durchklungenen Volksweisen wurden vom 
hor mit feiner Schattierung und innerer Anteilnahme zu 
ßehör gebracht, so dah auch sie zum Teil auf den stürmischen 
zeifall des Publikums hin wiederholt werden mußten. Als Solist 
birkte Hert Max Menge aus Hamburg mit, der bereits 
viederholt in Lübeck donzertierte und dessen Leistungen auch schon 
es öfteren in diesen Blättern gewürdigt sind. Auch am Sonntag 
vielte er das schwierige Konzert D-Moll Op. 22 des polni'chen 
ziolinvirtuosen und Komponisten Wieniawski und des berühm— 
esten Violinspielers des 18. Jahrhunderts, G. Tartinis 
deufelstrillerSonate für Violine und Klavier, mit schönem 
z5rfolag. Die TeufelstrillerSonate soll ja bekanntlich 
adurch entstanden sein, da der Teufel dem großen 
ßeiger im Traum erschien und eine Sonate von 
punderbarer Schönheit spielte, von der Tarklini dann am 
zächsten Morgen einen Teil der bezaubernden Töne auf der 
heige festgehalten hat. In der Wiedergabe der kleineren 
dompositionen neuerer Meister entzückte Herr Menge durch die 
jeinheit seines Spiels und der Beifall des Publikums konnte 
richt eher beschwichtigt werden, bis auch er sich zu einer Zugabe 
»erstanden hatte. Herr Rudolf Hellmrich war ihm ein 
zewandter und feinfühliger Begleiter. 
In die Standesregister des Standesantisbezirks Lübcck J 
vurden vom 7. bis 13. Dez. 1913 eingetragen: 40 Geburten 
19 Knaben und 21 Mädchen), 17 Aufgebote, 6 Eheschließungen 
ind 29 Sterbefälle, darunter 10 Kinder unter 3 Jahren. 
DDer Bezirk Lübeck im Verein für Handlungs-Kommis 
son 1858 besichtigte am Mittwoch abend 954 Uhr die Dampf— 
»äckerei „Hansa“, J. C. D. Junge K Co. Die so überaus 
ahlreiche Beteiligung hat bewiesen, daß die Besichtigung 
rößerer Betriebe allseitigen Beifall findet. Mit großem 
Interesse folgten die Erschienenen den Ausführungen der Führer. 
luch wurden alle auf das Modernste und Praktischste einge— 
ichteten Maschinen porgeführ?‘ Sodann wurden alle in liebens— 
— 
den Wassertropfen als Karpfenfischteich sehen. Fernrohre — 
'o vorzüglich. Wenn Napoleon so eins gehabt hätte, würde er 
die Schlachl bei Leipzig nicht verloren haben, wie Heydeckers 
stapoleon im „Filmzauber“, als er mit seinem Fernrohr der 
dlerwin (Müllerstochter) zu tief in die Augen sah und dann 
ingen mußte: „Ach Kind, ich schlaf doch so schlecht.“ Mein 
zreund Dettimann stimmt gleich mit ein. Singe, wem Gesang 
segeben — dann hinterher einen Stonsdorfer. Prosit! 
Jetzt müssen wir aber noch zu Herm. Behn & Co., 
zreite Strake, gehen. Du weißt doch, ich muß die Braut— 
usstattung für meine Cousine mit aussuchen helfen. Ja, Behn! 
das ist ein altes, äußerst solides, vornehmes Geschäft, schon 
843 gegründet. Sieh nur die herriiche Schaufensterdekoration, 
ie kann nur ein Künstler wie Hasch fertig bringen. da muß ja 
eder drauf reinlkommen. Hier gibt es aber nicht nur Braut⸗ 
usstattungen, sondern gleich die Babyausstattung dazu, und 
uch Junggesellenausstatungen. Alles in unerre chter Vollendung. 
luch ein elegantes Probierzimmer ist da, wo man sich bis aufs 
»emd — es muß natürlich von Seide sein — alles an- und aus⸗ 
zrobieren kann. Ganze Tropenausrüstungen gibt es, natürlich 
chne Waffen, aber in der allerpraktischsten Form. Ach, diese 
undervollen Spitzen und Stores und Künstlervorhänge. Diese 
zettdecken mit Spachtelarbeit, die Dannen-Steppdecken in den 
errlichsten Steppmustern. Das eine Muster sieht so süß wie 
Riich⸗Schodolade aus! Dort, sieh nur den entzückenden Baby—⸗ 
chlafkorb, da muß ja Heinis Freund, der Klapperstorch, mit 
zreuden ein Baby reinlegen. Warum lachst du denn, liebes 
Nännchen?“ „Ich werde mir nachher einen kaufen!“ — Errötend 
chlägt sein Weibchen die Augen nieder und Herm. Behn lächelt 
— ja, wenn der Klapperstorch nicht ware und — der Weih— 
achtsmann! Unsere liebsten Märchengestalten, die uns die 
höne Kinderzeit hervorzaubern
	        
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