44 88 4 86* — 4 —RG44 — 24 —E2
6— ——. — ⁊
4 X
Ausgabe A. Sonntaq. den 14. Dezember 1913.
65
Morqen⸗Blatt Ur. 632.
Cagesbericht.
0 l
Luabed, 14. Dezember.
SLicht und Wahrheit auf stenographischem Gebiete. Aus
dem Vortrage, den Herr Handelslehrer Koetzsch, Hamburg.
über dieses Thema Donnerstag abend im Restaurant „Zu den
drei Ringen“ vor einer gut besuchten Versammlung der hiesigen
Stenographenvereine hielt, geben wir folgendes wieder: Die
Vermutung, daß bei den alten Griechen eine Stenographie vor⸗
handen gewesen sein muß, hat ihre Bestätigung gefunden durch
einen im Jahre 1884 auf der Alropolis in Athen gemachten
Inschriftenfund. Auf einer Marmortafel befinden sich steno⸗
zraphische Schriftbilder, die Prof. Köhler, Athen, in die Mitte
des vierten vorchristlichen Jahrhunderts setzt. Man gelangte zur
Legung einer verhältnismähig einfachen Kurzschrift. Weite Ver⸗
hreitung hat diese Kurzschrift scheinbar nicht gefunden. Die Wur⸗
eln einer theoretisch begründeten und praktisch erprobten Schnell⸗
schrift sind auf römischem Boden zu suchen. Hier gebührt das
Verdienst, eine Stenographie erfunden zu haben, einem Manne
ramens Marcus Tullius Tiro. Dieser vereinfachte die schon vor
hym im Gebrauch gewesenen vulgarischen Noten, schuf so nach
und nach 13 000 verschiedene Schriftbilder, mittels welcher er
n der Lage war, die Reden seines Herrn, des Redners Cicero,
owie Reden berühmter Staatsmänner wortgetreu aufzuzeichnen.
Die tironischen Noten gelangten im römischen Reiche zu großem
Ansehen. Kaiser Augustus ließ sie in den Rang der nütz⸗
ichen Künste erheben. Annähernd 3000 Schulen bildeten sich
damals im römischen Reiche, die die tironischen Noten lehrten.
Nach Verfall des römischen Reiches gingen auch die tironischen
Noten zurück. Das ganze Mittelalter hindurch wußte man von der
Stenographie soviel wie gar nichts. Erst in England machte sich
nläßlich der Konstitution des englischen Volkes auch das Be—
ȟrfnis nach einer Stenographie geltend. Man baute hier auf
»en tironischen Noten auf, schuf also zunächst nur für Wörter
id Silben Schriftbilder; später ging man dazu über, für die
Alphabetbuchstaben stenographische Schriftzeichen zu schaffen und
jat schließlich in dem heutigen Pitmanschen Stenographie—
ystem die Einheitsstenographie für England verkörpert. Man
overfuchte auch, die englische Stenographie auf andere Sprachen zu
ibertragen, unter anderem auch aufs Deutsche. Es seien hier
zesonders die Mosengeil und Horstigschen Uebertragungen auf
oie deutsche Sprache erwähnt. Man hatte aber in Deutsch-
sand mit diesen Uebertragungen nicht den gewünschten Erfolg,
weil die Charakteristik der deutschen Schrift den von den bis—
herigen Stenographiesystemen angewandten geometrischen Zeichen
nicht entsprach, Gabelsberger lam 1807 zuerst auf den Ge—
danken, eine Schnellschrift zu ergründen, die aus Teilzügen der
deutschen Schrift besteht. Ueber 400 Systeme und Syitemchen
ind seit Gabelsbergers Erfindung entstanden und zum Teil
vieder verschwunden. An der Spitze stehen gegenwärtig die
heiden Systeme Stolze-Schrey und Gabelsberger. Der Redner
childerte in ausführlicher Weise durch Darstellungen an Tafeln
den Systemaufbau der beiden Stenographiesysteme, wies durch
Vergleichungen auf verschiedene Fehler hin und gab zum Schluß
der Hoffnung Ausdruck, daß möglichst bald die sür Deutsch—
and ersehnte Einheitsstenographie geschaffen werden möge durch
zemeinsame Arbeit beider Schulen, insbesondere durch Aufklä—
ungen die bisher bestandene irrtümliche Meinung bezüglich
krlernbarkeit und Leistungsfähigleit zu zerstreuen. Der Redner
xntete lebhaften Beifall.
s Neue Form bder Lotterielose. Die soeben ausgegebenen
dose für die 4. preufßisch-süddeutsche (230. königlich preußische)
tlassenlotterie, deren erste Ziehung am 12. Jan. 1914 beginnt,
Jaben bezüglich der Einachtel-Los-Abschnitte eine vollständig
andere Form. Die früheren Lose hatten eine Länge von
l102, em und waren 8 em breit. Von nun an weisen die
Lose dieselbe Länge auf, haben aber nur eine Breite von
554 em, sind also um 254 em schmäler. Auf diesen schmäleren
Losen mußte der Aufdruck in kleinerer Schrift hergestellt werden.
die Neuerung soll deshalb geschehen sein, weil die ursprüng—
ich auf großen Bogen hergestellten Lose sich bei diesem Format
jandlicher zerschneiden lassen. Die U. Kos-Abschnitte haben die
rühere Gröse heholfen
—C
Ausgabe neuer Sundertmarkscheine. Den aus allen
-Zchichten der Bevölkerung lebhaft geäußerten Wünschen nach
lenderung des jetzt zur Ausgabe gelangenden Hundertmark⸗
heines, steht das Reichsbankdirektorium durchaus nicht ableh—
jend gegenüber, so dah in absehbarer Zeit die Ausgabe neuer
undertmarkscheine erwartet werden kann. Die Wünsche nach
mem kleineren, handlicheren Format und nach einer kunstlerisch
efriedigenderen Ausgestaltung haben bei dem neuen in Aussich!
enommenen Entwurf eines Düsseldorfer Kunstlers Berücksichti—
ung gefunden. Schon heute aber steht fest, dah bei den neuen
doten auf jeden Fall das Wasserzeichen und die kräftige blaue
jarbe beibehalten werden soll, da diese eine Fälschung fast zur
snmöglichkeit machen. Ob das Format des neuen Scheines dem
es alten entsprechen wird, steht noch dahin, da die Reichsbank
var keine üblen Erfahrungen mit dem alten Format gemacht
at, im gewöhnlichen Verkehr aber die Banknoten sich als recht
mständlich erwiesen haben. Was den Zeitpunkt der Ausgabe
er neuen Scheine betrifft, so dürfte bei der langwierigen tech
ischen Herstellung ihr Auftreten im Verkehr noch etwas auf
h warten lassen. — Auch eine Aenderung der Reichs—
assenscheine im Werte von zehn Mark wird in Betracht
ezogen, doch haben die Erwägungen über die Ausgabe eines
euen Typs für die Zehnmarkscheine noch keinerlei feste Formen
ngenommen. Auch bei ihnen würde im Falle einer Aenderung
as alte Wasserzeichen unbedingt mit übernommen werden. Die
lusgabe etwaiger neuer Zehnmarkscheine wird aus dem Grunde
hon zunächst zurückgestellt, da der Reichskriegsschatz zu seiner
uffüllung erst jetzt wieder hundert Millionen Mark Zehnmark—
heine benötigt, deren Herstellung bereits begonnen hat. Zudem
aben die früheren Klagen aus den Kreisen des Publikums und
er Handelswelt über die Unzweckmäßigkeit des Zehnmark⸗
cheines ein Ende genommen, seitdem sie aus festerem und halt⸗
arerem Papier als zuvor hergestellt werden.
SSeimstätten für den Mittelstand. Mit Anfang des
lseuen Jahres wird der am Donnerstag, dem 11. Dez. ge⸗
ründete Verein Eigenheim seine Tätigkeit aufnehmen
ind durch öffentliche Bekanntmachung zum Beitritt auffordern.
zein Zweck ist, die Bewohner unserer Stadt mit dem Gedanken an
ie Erwerbung eines eigenen kleinen, ländlichen Besitztums
ertraut zu machen und die Gründung einer Genossenschaft in
ꝛe Wege zu leiten, die durch Rat und Beschaffung der be—
ötigten Kapitalien ihren Mitgliedern zur Erlangaung eines
igenheims an die Hand gehen soll.
W. Der Veririeb der Generalstabekarten ist durch Verein⸗
arung der Heeresverwaltung und des Vorstandes des Börsen⸗
ereins deutscher Buchhändler in Leipzig neugeregelt worden.
)anach schließzt sich die seit dem 1. April 1913 bestehende
tartenvertriebsstelle der preußsschen Landesaufnahme an die
zuchhändlerorganisation an und unterhält bei einer Leipziger
tommissionsbuchhandlung eine Auslieferungslage sür den Absatz
er für den Buchhandel bestimmten Karten. Der Buchhandel
rhält als Vertriebsspesen einen Rabatt von 25 00 des Laden⸗
reises der Karten.
Die Beförderungsverhältnisse der höheren Postbeamten,
eie nach einer dem diesjährigen Postetat beigefügten befonderen
)denkschrift sich fortgesetzt verschlechtert haben, sollen durch
infetzen von je 125 Vizedirektorstellen in den Etat für die
dechnungsiahre 1914, 1915, 1916 und 10917 die notwendige
Berbesserung erfahren. Für 1914 finden sich diese Stellen schon
m Etat. Von 1918 an wird, so heißt es, damit begonnen werden
önnen, die mit höheren Beamten besetzten Stellen für Orts—
aufsichtsbeamte durch Stellen für mittlere Beamte zu erletzen.
Eine Million Rentenempfänger. Laut Mitteilung des
keichsamts des Innern werden am 1. Januar- 1914 voraus-
ichtlih 105 S153 Renten, und zwar 970 136 Invali den⸗
enten und 86017 Altersrenten laufen. Damit - ist
eie Million überschritten. Der Zugang im Jahre 1913 ist auf
25 000 Invaliden⸗ und 12800 Altersrenten zu schätzen. Der
zuschuß. den das Reich leistet, wird 1914 55510279 Mebe⸗
ragen. Auch die Zahl der Unterstützungsstellen bei der Hinter⸗
zliebenenversicherung ist stark gestiegen. Voraussichtlich werden
Aam 1 Janugr 2970 Mitwenrenten laufen Dazu kommen
— ——
32 440 Waifenrenten. Der Zuschuß des Reiches beträgt
2135500 M. Insgesamt hat das Reich zu den Reinbei—
rägen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufbringen, noch
59 062 000 Mebeizusteuern.
Die Sandelsgärtner Hamburgs, Lübeds und Schleswig⸗
dolsteins hielten in Neumünster unter Leitung des Pro—
inzialvorsitzenden H. Lund (Hamburg) im Hotel Kaiserhof
ine Versammlung ab. Es handelte sich im wesentlichen um
ie Erledigung von Berufsfragen. In den Vorstand wurden
ewühlt: H. Lund (Hamburg), M. Sye (Kiel), Vorreyer (Ham⸗
urg) und Bertrgim (Klein⸗Flottbel)y. Zu Ausschußmitgliedern
ourden bestimmt: H. Lund (Samburg), 8. Stod (PRinneberq)
ind M. Schetelig (Lübech).
. Straftlammer J. Sitzung vom 12. Dez. Wegen
Betruges wurde der Kaufmann Henry M. von hier vom
„iefigen Schöffengerichte am 5. Juni d. J. zu 1 Monat Ge—
ängnis und 600 MuGeldstrafe event. noch 50 Tagen Gefängnis
zerurteilt. Ende 1012 erwarb der Angeklagte von einer Stutt⸗
zarter Bank mehrere hundert ottomanische 400,Fr.⸗Lose in der
Weise. daß er sie bei der Bank zu ihrem vollen Werte (der⸗
eit etwa 1800 Fr. das Stuch gegen Zinsen usw. belieh. Im
stovember 1012 verschidte er dann an mehrere 1000 Per⸗
onen Prospelte und Bestellscheine. Viele, namentlich in Suda
»eutschland wohnende Personen ließen sich verleiten. den Be—
tellschein und mit ihm gleichzeitig 3,220 Mudem Angeklagten
u übersenden. Die Besteller glaubten, dadurch ein Türkenlos
u erwerben, während in Wirklichkeit die monatlich zu zahlenden
3,20 Menur für Banktzinsen, Verwaltung, Porto und Listen ge-
echnet werden sollten. Aus dem Prospekt ging nicht hervor,
aß nach Erzielung eines Treffers von dem Losbesteller nach⸗
rägiich der Kaufpreis vom Gewinn abgezogen würde, auch
nicht. daß die Besteller unter Umständen bis 1975 warten
nüssen, bis ihr Los mit einem Treffer gezogen wird; ferner
uicht, dak die türkische Regierung von den 400-Frs.⸗Treffern
20 60 * 160 Frs. abzieht, so daß der Käufer unter Berüd-
ichtigung dieses Abzuges und nach Abzug des Kaufpreises für
as Los nicht etwa 400, sondern nur etwa 50 Irs. erhalten
„ürde. Gegen das schöffengerichtliche Urteil hat der Ange⸗
lagte Berufung erhoben. Er behauptet, und diese Behauptung
vird durch einen Zeugen bewiesen, daß er bei dem ganzen
Handel nur Mittelsperson gewesen ist. Auf Veranlassung eines
dosehändlers im Braunschweigischen erhielt der Angeklagte Pro⸗
pekte und Bestellscheine fein einkuviertiert und mit Adressen
ꝛersehen kistenweise zugeschict. Der Angeklagte hatte nichts
veiter zu tun, als die Sendungen mit Briefmarken zu ver—
ehen und dann zur Post zu geben. Von dem Inhalt der
inzelnen Schriftstücke will er gar keine Kenntnis gehabt haben.
rür seine Tätigkeit erhielt der Angeklagte monatlich 160 M.
der Angeklagte wird heute freigesprochen. Zwar sei es sehr
vahrscheinlich daß er von dem Inhalt Kenntnis gehabt habe,
iber zu beweisen sei das nicht. — Wegen Diebstahls
vird gegen den Uhrmacher Friedrich B. verhandelt. Er soll
iach der Anklage in den Jahren 1010 bis 1913 fortgesetzt
Zoch⸗ und Leuchtgas der Stadtgemeinde Lübeck weggenommen
aben. In seiner Küche soll er an der Gasleitung derartige
Borrichtungen getroffen haben, daß er sowohl zu Koch als
iuch zu Leuchtzweden Gas beziehen konnte, ohne daß das
ßas durch den Gasmesser ging. Ja, er soll das Gas auch
ioch benutzt haben. nachdem ihm der Gasmesser fortgenommen
var. Vom Schöffengericht wurde der Angeklagte mangels hin—
eichenden Beweises freigesprochen. Auf von der Staats-
mwaltschaft eingelegte Berufung wird der Angeklagte heute
dem Antrage des Staatsanwalts entsprechend zu einer Ge—
fängnisstrafe von drei Wochen verurteilt.
Nordweststurm. Die Deutsche Seewarte in Hamburg
meldete gestern abend: Gefahr stürmischer Böen noch nicht vor⸗
über. Sianal umändern in Nordweststurm.
b. Neue altuelle Bilder im Schaufenster der Lübeckischen An⸗
eigen;: 1. Der Bürgerkrieg in Bexiko. — 2. Zur Versetzung
»es, 99. Infanterieregiments aus Zabern. — 3. 8ochzeit im
PWeihen Hause. — 4. Zur Demission des französischen Mini—
teriums Barthou. — 5. Herbstgewitter in Rottweil in Thüringen.
— 6. Zur Reorganisation der fürkischen Armee.
Mo⸗itoror Tagechoricht eRheA 4
Hder Katalog einer Goethe-Sammlung.
nitgebest.“ Von Lieb und Leid kündet das Blatt, auf dem
Frau von Stein die erste Fassung des Goetheschen Liedes
in den Mond niedergeschrieben hat. Auf der Rüdseite steht
in kleines Gedicht von ihr, das thythmisch von gleichem Bau
vie das Mondlied ist und sich, als ein Nachklang dazu, deutlich
juf die Trennung von Goethe bezieht. Unter den Reliquien
us Gyethes Besitz ist ein Tuchbeutel interefsant, über den
in Zettel von der Hand des Sekretärs Kräuter unterrichtet:
Fin nun von Motten verwüsteter Beutel, den Goethe auf
einen Ausflügen und Reifen im Wagen neben sich hatte. Bei
Norgen⸗Partien enthielt er, in seinen vier Abteilungen, Goe—
hes Frühstück u. a. Auf dem Rückwege war er oft mit
sefundenen Steinen angefüllt.“ — Die Handzeichnungen
id Radierungen Goethes enthallen viele feine Blätter, so die
öchst charakteristische Bleistiftzeichuung „Luise von Göchhausen
m Pult, schreibend“. Sehr reichhaltig ist auch die Abteilung
voethe im Bilde. Hier finden sich Silhouetten, zwei Zeichnungen
zrellers „Goethe auf dem Totenbett“, das prachtvolle Bruch⸗
ück des Gipsabgusses vom Tonmodell der Trippel-Büste,
tlauers Goethe-Büste, Weissers imponierende Bülte, für
ie jich Schopenhauer erklärte, weil sie Gwethes Gesichts—
üge genau auf die Nachwelt überliefere, da sie auf Grund
et für den Phrenologen Gall abgenommenen Gesichtsmaske
ngefertigt worden ist. Erstaunlich großß ist das Material an
Rrudwerken, die Kippenberg in seiner Sammlung vereinigt
at. Da finden sich die Gesamtausgaben, einzelne Werke und
dachdruchke; Werke, an denen Goethe mitgearbeitet hat, Kom⸗
ositionen. Goethe gewidmete Bücher, Gedichte auf Goethe, seine
Berle im Urteil der Zeitgenossen, Quellenliteratur u. a. Die Ab—⸗
eilung Fa ust enthält die große Zahl von 972 Nummern;
VBertheér ist mit 266 Nummern vertreten. Die unmittel-
aren Lebensdokumente beginnen mit dem „Anhang zu
enen Wochentlichen Frankfurter Frag- und Anzeigungs-Nach—
ichten“ vom 2. Sept. 1749, worin als getauft aufgeführt ist,
r. Joh. Caspar Goethe, Ihro Röm. Kayserl. Majestät würtk⸗
cher Rath. einen Sohn Joh. Molffgand“ Ueber
m
ssßoethes Tod besitzt Kippenberg die großte vorhandene
Zammlung. Hier sehen wir u. a. die Anzeige von Goethe⸗
Tode. an Professor Dannecker in Stuttgart gerichtet. In
inem Brief Eckermanns an Staatsrat Schultz vom 24. Mär
1832 lesen wir folgenden Bericht: „Man hat den schönen Körper.
an dem gar kein Verfall zu spüren ist, in Eis gelegt, um ilhn
bis Montag nachmittags, wo er in der fürstlichen Gruft n ben dem
verstorbenen Großherzog beygesetzt werden soll, frisch zu erhalten.
Zeine Angelegenheiten sind alle in großer Ordnung hinter⸗
afsen .. Seinen Faust hat er glücklicherweise vorigen Sommer
sanz beendigt, so daß an diesem unsterblichen Werk nichts Lückern⸗
aftes geblieben ist. .“ Schöne Erinnerungen enthält die Ab-
eilung Goethes Familie, Handschriften des Ururgroß⸗
»aters, Großvaters, der Eltern, der Gattin, des Sohnes und
»er Enkel. In der Abteilung Goethekreis begegnet uns
ine Fülle berühmter und bekannter Namen. Herder schließt
inen Brief an Frau v. Stein mit den Worten „Gute Nacht,
iebe goldene gütige Frau“, Schopenhauer macht zu Goethes
WVerken scharfe Randbemerkungen, Freiligrat hemöchte gern
Justos des Goethehauses werden. Edermann ist mit 136
summern vertreten. Darunter befindet sich solgender, falhsi—
nilierter Brief Zelters an ihn vom 15. August 1829 aus
zerlin: „Wenn ich so frei bin, üeber Freund, den Ueberbringer
ieses. Dr. jur. Edward Simson aus Königsberg i. Pr.,
zhnen zu empfehlen, so ist der 18jährige Jüngling mir von einem
lten wvürdigen Freunde dazu empfohlen, um ihm einen guten
Tdag in Weimar zu bevorworten. Er hat einen Brief von
mir an unsern alten Meister... Mögen Sie nun dem
artigen Jünglinge um meinetwillen Liebes erzeigen...“ So
vurde der junge Eduard Simson, der spätere Präsident des
deutschen Reichsstages und des Reichsgerichts, in Weimar ein—
jeführt; Goethe bereitete ihm bekanntlich eine sehr herzliche
Aufnahme.
Leipzia. Dr. L. Stettenheim
Aus Leipzig wird uns geschrieben: In diesen Tagen er—
icheint im Inselverlag der Katalog der Sammlung
dippenberg. Es ist dies die Goethe-Sammlung des Ver—
agsbuchhändlers Dr. Anton Kippenberga in Leipzig, die nach
Anlage und Umfang als Privatsammlung wohl einzig dasteht.
sdoch nie hat ein Sammler den Umkreis der Goetheschen Welt
o weit umschrieben, wie es hier geschehen ist. Der Katalog
»nthält über 5400 Nummern mit 68 Lichtdrudtafeln und
Falsimiles. Der Preis des auch für Bibliophilen sehr inter⸗
ssanten Bandes beträgt 50 M. Die Sammlung ist in die Ab—
eilungen Goethe, Faust, Werther, Goethes Familie, Goethes
Freis, das weimarische Fürstenhaus und Alt-Weimar gruppiert
ind enthält eine fast unübersehbare Masse von Handschriften,
Büchern, Bildern, Stichen, Medaillen und Plaketten. Die vor—
refflich ausgeführten Lichtdruͤcktafeln geben fast ausschließlich
roch niemals veröffentlichte Bildnisse, Handzeichnungen, Hand⸗
chriften, Plastiken und seltene Drucke wieder, wie die Sammlung
berhaupt eine Fülle noch ungedruckter Handschriften und un⸗
belannter Druckssachen enthält. Gleich die erste Nummer des
Kataloges führt uns in die Frühzeit der Goetheschen Dichtung
urüch. Es ist die Niederschrift einer Ueberfetzung aus
fsian. die ein Geschenk an Friederike Brion war und
äter überarbeitet im „Werther“ Aufnahme gefunden hat. Aus
dem zu der Sammlung gehörenden BrockenFremden—
puch ist die faksimilierte Seite wiedergegeben, die Goethes
Fintrag vom 11. Sept: 1784 enthält: Quis coelum posset
nisi coeli munere nosse Et reperire Deum nisi qui pars ipse
Deorum est.“ (Wer kann den Himmel erklennen, wenn nicht durch
sᷣnade des Himmels, und wer Gott finden, der nicht selbst ein
keil Gottes ist. In einem ungedruckten Brief Go ethes an
einen Sohn ldaus Jena, 29. Juni 1816, bittet er, ihm durch
e Voit zu senden: „das Manußfkript meiner Ital. Reise...
Du findest sie in Mutters Schreibtisch. . . . Auch wünche,
ak Du dem Kutscher, welcher dieses überbringt, ein Baar Sliefe