Militärmission nach Konstantinopel zu erhalten. Die türkische
Regierung wird zur Verstärkung der englischen Marinemission
weitere 28 englische Offiziere erbitten und der Chef der eng⸗
lischen Mission wird zum offiziellen Rat der Admiralität ernannt
verden, während ein französischer General mit der vollkommenen
Reorganisation der Gendarmerie beauftragt werden soll. Der
heneral soll bei der Durchführung seiner Aufgabe von 42
ranzösischen Offizieren unterstützt werden. die in nächster Zeit
sach der Türkei abreisen werden. — Die Pforte ha. Mächten
—
rung des Gleichgewichtes am Goldenen Horn nicht eintreten wird.
Neue Kämupfe in China.
PO. London, 11. Dez. Wie der Daily Telegraph aus
geking meldet, erhält sich dort hartnäckig das Gerücht, daß
Heneral Tschang Hsun sich offen gegen die Regierung empört
zat und zwar wegen Streitigkeiten, die zwischen ihm und dem
Heneral Seng Kao Achang ausgebrochen sind. General Seng
dao Tschang hatte dem aufständischen General den Befehl er⸗
leilt, einen Teil seiner Truppen zu entlassen. Dieser weigerte
ich jedoch, der Aufforderung nachzukommen und nahm eine
eindselige Haltung gegen die Pekinger Regierung ein, worauf
ziese ihrerseits Maßnahmen zur Unterwerfung Achang Hsuns
getroffen hat. Die Regierung hat 20 000 Mann gegen den
aufrührerischen General entsandt. Zwischen den Gegnern soll
s bereits zu einem Gefecht in der Umgebung von Nanking
jekommen sein. Einzelheiten über diesen Kampf stehen noch
rus, doch heißt es, daß die Verluste auf beiden Seiten sehr
Hedeutend sein sollen. Die Erregung in Peking ist sehr grob
ind allgemein wird angenommen, daß man am Vorabend
roher Ereignisse steht.
Der mexrikanische Bürgerkrieg.
W. Newyhork, 11. Dez. Nach einer Depesche aus Mexiko
vltet seit gestern nachmittag ein erbitterter Kampf vor
Dampieco, dem Hafen für die Oelfelder.
Hamburg, 11. Dez. Der Senat hat Serrn Senatssekretär
Ernst Friedrich Emil Ludwig auf den 1. Januar 1914 zum
Senatssyndikus, den Oberregierungsrat bei der Finanz⸗
zeputation Herrn Johann Daniel Krönig, J. U. Dr. auf den
. Jamar 1914 zum Senatssekretär erwählt.
WV. Berlin, 11. Dez. Die fozialdemokratische
Fraktion wird in der metlenburgischen Verfas—
ungsfrage eine Interpellation einbringen. Die Fraktion
vählte an Stelle Bebels Scheidemann als ihren Vor⸗
sitßenden.
W. Berlin, 11. Dez. Die im Frähijahr in Angriff ge⸗
iommene Denkschrift über Bauschwindel, die die Stellung⸗
iahme zur Frage ermöglichen foll, ob der zweite Teil des Ge⸗
etzes über Sicherung von Bauforderungen einzuführen ist, soll
aach der Post im wesentlichen fertiggestellt sein.
W. Straßburg, 11. Dez. Wie das Wolffbureau erfährt.
übergab das Generalkommando den Artikel des Journal d'Al⸗
ace⸗Lorraine vom 5. November, worin der Redakteur Markus
Allard, mit richtigen Namen Eugen Jung, aus Schiltigheim, die
alsche Anschuldigung erhob, er sei von einem Offizier vor dem
Broglielasino beleidigt und geschlagen worden, der Staats⸗
anwaltschaft.
W. Sehsingfots, 11. Des. Der Oberschulrat beantwortete
den ihm von dem Senat gegebenen Auftrag, einen Entwurf
ur Vermehrung der Unterrichtsstunden in russischer
Sprache für die Mittelschulen Finnlands auszu—
irbeiten, mit der Erklärung, er sei außerstande, die Lehrpläne
rgendwie abzuändern, mache jedoch den Vorschlag, den acht
Tlassen der Mittelschulen zur Verstärkung des russischen Unter—
ichts eine neunte hinzuzufügen.
W'. Madrid, 11. Dez. Die Spanisch-Amerikanische
Bank ist gestern auf Gerüchte über einen Krach von einer un⸗
gzeheuren Menschenmenge gestürmt worden. 15 bis 20
Millionen Pesetas sind im Laufe des Tages zurückgezahlt
worden.
W. Petersburg, 10. Dez. Der Ausschuß der Reichsduma
ür Reform des Polizeiwefens nahm einstimmig den
ersten Antrag des Berichterstatters an, durch welchen die Gen⸗
darmeriekorps von der Untersuchung politischer Delikte ent—⸗
zunden und die Untersuchungsrichter allein mit der Vorunter⸗
uchung bei politischen Delikten beauftragt werden.
W. Charkow, 11. Dez. Der Kongreß der Vertreter der
Montanindustrie stellte fest, daß 19183 die Ausfuhr an
Produkten der Montanindustrie 1850 900 000 Pud erreichte, ein
Pehr von 181 390 000 Pud gegenüber dem Jahre 10912.
W. Konstantinopel, 11. Dez. Von zuständiger Stelle wird
z»em Wiener k. k. Tel-Korr.“Bur. mit Ermächtigung des Groß—
vesirs die Meldung eines Wiener Blattes von einer angeblichen
Oemission des Großwesirs kategorisch in Abrede gestellt. Der
Hroßwesir habe sich lediglich gestern wegen einer Erkältung nicht
auf die Pforte begeben.
Edbeben in der Schweiz.
PC. Genf, 11. Dez. Gestern nachmittag wurden in Mon⸗
treux zwei Erdstöße verspürt, die unter der Bevöllerung große
tzestürzung hervorgetrufen haben. Die Erdstöße waren von einem
Feräusch, das den Eindrudk einer fernen Erplosion hervorrief,
zegleitet. Die Bewohner eilten erschredt auf die Straßen, be—
»uhigten sich aber bald wieder, als keine weiteren Beben statt⸗
anden. Die Straßenbahnen blieben bei Eintritt des ersten
krdstoßes mit einem harten Ruck stehen; mehrere Vassagiere
erlifsten hierdurch Verletzungen.
W. Samburg, 11. Dez. Das Luftschiff „Sachsen“
ist heute früh kurz vor 10 Tbehr zu seiner ersten Uebungsfahrt
nach seiner Ankunft in Hamburg in der Richtung nach Quickbborn
ufgestiegen.
W. Bremen, 11. Dez. Zu der Meldung aus Baltimore be—
reffend die Bestrafung des Kapitäns des Lloyddampfers
Frankfurt“ wegen Verstobes gegen die Vorschriften für die
‚rahtlose Telegraphie teilt der Norddeutsche Llond mit: Der
Ddampfer „Frankfurt“ hat vorschriftsmähig zwei Funken⸗
elegraphisten. Infolge Erkrankung des ersten Offiziers ver⸗
wandte Kapitän Könnemann mit Rüdsicht auf die schwierigen
Zchiffahrtsverhältnisse auf dem Delaware und in der Chesapeak⸗
zucht bei Nacht und Nebel den Telefunkenoffizier im Interesse
er Sicherheit des Schiffes auf der Brücke. Währenddessen
tand der erste Telegraphist zur Bedienung der drahtlosen Sta⸗
ion zur Verfügung.
W. Bremerhaven, 11. Dez. Der Geestemunder
danpfer Flifabetß Rigmers“‘, der bei BHelgoland
nanövrierunsähig krieb, ist im Tau der Schlepper „Roland“
nd „Enak“ in Cuxhaven angekommen und auf der
lltenbrucher Rede vor Anker gegangen. Außer dem Verlust
er drei Schraubenflügel hat der Dampfer keinen Schaden er—
itten. „Elisabeth Rickmers“ war auf der Reise von Hamburg
iach Amsterdam.
W. Berlin, 11. Dez. Der fiamesische Generalkonsul Frei—
jerr v. M., der aus Aegypten hier eingetroffen ist, muhte im
LBirchow-Krankenhaus Aufnahme suchen, weil er an den
—„Ichwarzen Pocken erkrankt ist. Es sind die denkbar
rößten Vorsichtsmaßregeln getroffen worden, um die Krank—⸗
eit auf die Person des Freiherrn v. M. zu beschränken. Die
Familie befindet sich ebenfalls in dem genannten Krankenhaus.
ks ist keines der Mitglieder der Familie bis jetzt erkrankt.
)b der Generalkonsul sich die Ansteckung in Aegypten oder
interwegs während der Ueberfahrt zugezogen hat, ist nicht
rufgeklärt.
DT. Berlin, 11. Dez. Gestern abend wurde ein überaus
reister Ueberfall auf eine Lumpenhändlerin ver—
bt. In der Bergstraße 3 bewohnt die Lumpenhändlerin Er⸗
Ardt einen alten Schuppen, in dem fsich auch ihr Geschäfts—
erkehr abwickelt. Zu ihren geschäftlichen Arbeiten bediente sie
ich der Hilfe eines Althändlers Pietsche. Gestern abend bemerkte
nuin die Frau, wie ihre Hilfskraft sich in verdächtiger Weise
im fie zu schaffen machte. Plötzlich blies Pietsche die Lampe aus und
türzte sich in der Dunkelheit auf die 60iährige Frau, die er zu
vürgen versuchte. Frau Erhardt rief um Hilfe, worauf Haus⸗
ewohner herbeieilten und die Frau befreiten. Pietsche wurde
n Haft genommen.
PO. Marfeille, 11. Dez. Der italienische Dampfer „Ami—
izio“ ist bei Farakan aufgelaufen, an derselben Stelle, an der
or 10 Jahren der Dampfer „Rossie“ auflief. Es herrscht an
Jer ganzen Küste dichter Nebel, durch den die Strandung des
dampfers hervorgerufen worden ist.
W. Kahserlichte Marine. Eingetroffen: „Seeagdler“
in 8. Dez. in Lindi, Cormoran“ am 10. Dez. in Guam (Ma⸗
iannen), „Kaiserin“ am 7. Dez. in Kiel, „König Albert“ am
. Dez. in Wilhelmshaven, Reichspostdampfer „Rhenania“ mit
eni Ablösungstransport für Möwe“ am 8. Dez. in Dares⸗
alam. Reichspostdampfer, Rhenania“ hat mit der von „Möõwe“
bgelösten Besatzung die Heimreise angetreten. In Zangibat
vird dieser Transport auf den Reichspostdampfer „Adolf Woer⸗
nann“ eingeschifft — In See gegangen: „Strakburg“ am
3. Dez. von Kiel, die detachierte Division Kaiser“, „Ksnis
Albert“ und „Straßburg“ am 9. Dez. von Wilhelmshaven. —
Frivatpakete: An die Besatzungen des Gouvernements
diautschou und der Schiffe in Ostasien, sowie an die Angehörigen
„es ostasiatischen Marinedetachecnents können zu den belannten
Bersendungsbedingungen Privatpakete kostenfrei verschick
verden, wenn sie porto- und bestellgeldfrei bis spätestens 5. Jan.
914 bei der Speditionsfirma Matthias Rohde & Co. Ham⸗
rurg, Sandtorkai 35, eintreffen. Für Verpadungs⸗ und Lade⸗
ebühr sind 30 Pfg. bei der annehmenden Postanstalt zu ent—
ichten. Die Beförderung der Pakete soll mit dem am 12. Jan.
914 von Hamburg abgehenden Ablösungsdampfer „Patricia“
folgen, der fahrplanmähig am 17. Februar in Hongkong und
im 21. Februar in Tiingtau eintrifft
— — ———
Deutscher Reichstag.
Sitzung vom 11. Dezember 19135.
Am Bundesratstische: Dr. Delbrück, v. Jagow, Kraetke,
Dr. Lisco Kühn, v. Falkenhayn sowie zahlreiche andere Be⸗
ollmächtigte und Kommissare. F
Der Platz des Abg. und zweiten Vizepräsidenten Dove
Fortschr. Vpt.) der heute sein oo Lebensjahr vollendet, ist
Nit einem prächtigen Rosenarrangement geschmückt.
Präsident Dr. Kaempf eröffnete die Sißzung uͤm 1124 Uhr.
Das Saus sebte die Generaldiskugsion dea —
Prichshaushaltsetats iür 1914
iort. F
olbg. Dr. Ricklin (Els.): Was der Kriegsminister gestern
gier ausgefuüͤhrt hat, waren nichts als Selbstverständlich⸗
ienEr hat es verftanden, immer an der eigentlichen
Frage vorbeizureden. Graf Wesiarp hat von einer fortgeseg⸗
en Beschimpfung der Offiziere seitens der Zaberner Bevöl⸗
erung gesprochen. Er hat aber auch nicht den Schatten eines
deweises dafür beibringen können. Andauernde Unruhe,
hlocke des Präsidenten). Wäre das Militär am 28. Nodem⸗
ser nicht so vorgegangen, dann wäre es nicht zu den Unruhen
ckommen. Ich begreife übrigens nicht, warum man den
aatssekretär Zorn von Bulach gerade besonders angreift.
r ist wahrhaftig in der ganzen Sache am unschuldigsten.
Lir werden unfere Regierung im Landtage fragen: Was
sasi Du in dieser ganzen Sache getan? Wenn die Antwort
icht befriedigend ausfällt, wird ein Strafgericht über
insere Regierung abgehalten werden. In französischer Zeit
jalten wir viel mehr politische Freiheit; jetzt befinden wir
ins iatfachlich in einer unwürdigen staatsrechtlichen Aus⸗
ahmestellung. Die scharfmacherischen Töne des Grafen
Ddeftarp find nicht geeignet, uns besonders aufzuregen. Mit
inem Himmeldonnerwetter“, ist bei uns nichts anzufangen.
Isaß⸗Lothringen wird es niemals vergessen, mit welcher
inmüligkeit die große Mehrheit des Reichstages in dieser
Vweren Stunde auf seine Seite getreten ist (Beifall bei den
xis), und, wenn wir auch zum großen Teil das Vertrauen
ur Regierung verloren haben, so haben wir umsomehr
ertrauen gewonnen zum deutschen Volk.
Beifall).
Abg. Hoch SZox Das Mißbilligungsvotum bedeutet die
gernrteilung der Offizierswirtschaft. Als die Etatsberatung
usgesetzt wuͤrde, weil der Reichskanzler nach Donaueschingen
cfohlen war, glaubte man, daß der Reichskanzler nach seiner
fückktehr mitteilen würde, wie die Sache erledigt werden
olle. Er hielt es aber garnicht für nötig, dem Reichstag
jne Mitleilung darüber zu machen. Für ihn schien die Sache
rledigt. Aber für das Volk ist sie nicht erledigt. Der Reichs⸗
anzler hat erklärt, es gibt keine Nebenregierung. Das
vollen wir ihm glauben, es gab nur eine Regierung, aber die
bar er nicht. (Zustimmung bei den Soz.). In der Tat aber
zibt es eine Nebenregierung— die derartige Zusammenstöße,
hie sie in Zabern stattfanden, heraufheschwören will. Wir
dissen ja, daß der erste Reichskanzler des Deutschen Reiches
eshalb gestiirzt worden ist, weil er einer derartigen Politik
ie Hand bieten wollte. Diese Kreise liegen auf der Lauer
zegen das Reichstagswahlrecht, gegen das Koalitions- und
Streikrecht der Arbeiter. Es ist in Preußen gar kein Wun—⸗
ser, wenn das Volk, wenn die Arbeiter unterdrückt werden;
aben wir doch gestern den Typus des preußischen Landrats
nit seiner Himmeldonnerwetterpolitik“ hier ganz unver—
alscht genießen können. Wie kann ein solcher Beamter das
Jolk, den Arbeiter gerecht beurteilen? Den Vorteil von der
beraus reichen Ernte dieses Jahres hat nur das Groß—
apital, haben die Reichen, den Nachteil haben die kleinen
Ldeuie, die Arbeiter. Der uns zugegangene Etat ift ein Kul-
turdorument ganz außerordentlicher Art. 354 Wiilliarden
wverden allein für den Militaärismus ausgegeben. Für die
Arbeiter hat man fast nichts übrig. Was man ihnen gibt, ist
nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auf internationalen
donferenzen vertreten unsere Regierungsvertreter öfter
Arbeiterforderungen. Auf Geheiß des Zentralverbandes
deutscher Industrieller muß sie aber die Regierung später
Wlehnen. Wir werden mit jeder Regierung und Partei zu
ammenarbeiten, die wirklich etwas Gutes für das Volk tun.
Dagegen lehnen wir es ab, bei einem parlamentarischen Re—
zime in die Regierung einzutreten und dort als Minister
Ihre Geschäfte zu besorgen. (Lebhafter Beifall bei den Soz.).
Abg. Erzberger (Ztr.): Der Reichskanzler sprach von dem
ogenannten Mißbilligungsvotum, von Meinungsverschie-
oenheiten, die zum Bestandteil des politischen Lebens ge⸗
Jören. Davor behüte uns der Himmel, daß solche Meinungs⸗
derschiedenheiten zum Bestandteil des Reichssstages gehören.
Braf Westarp ist sogar soweit gegangen, zu sagen, manche
von den Reden, die in der vorigen Woche gehalten worden
vären, würden wohl heute nicht mehr gehalten werden, es
jei nur Strohfeuer gewesen. Soweit er damit anspielen
vollte auf die geradezu meisterhaften Darlegungen des
— DO—
raktion und die Zentrumspartei im ganzen Deutschen Reiche
noch einig und geschlossen hinter den Ausführungen des Abg.
jehrenbach stehen. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum.)
der Abg. Graf Westarp hat sich bei seinen Argumenten auf
den Staatsrechtlehrer Ihering bezogen. In dessem Buche
Der Kampf ums Recht“ heißt es, daß zu derselben Zeit, da
Bürger und Bauern Gegenstand der absolutistischen Willkür
waren, Elsaß⸗Lothringen. für das deutsche Volt verloren
—5— (Große Unruhe links; Zwischenrufe des Abg. Lede⸗
our; Vizepräsident Dr. Paasche: Ich bitte, die Zwischenrufe
zu unterlassen. Abg. Ledebour ruft ironisch: Sie fördern die
Beschäfte! Vizepräsident Dr. Paasche: Einen solchen Ton
und eine solche Kritik meiner Amtsführung verbitte ich
mir!) Wenn der Reichskanzler seine Demission nicht ein⸗
reicht, so liegt das in seinem Ermessen, aber der Reichstag
kann daraus Konsequenzen ziehen. Fürst Bülow
leistete dem Vaterlande eins seiner her—
porragendsten Verdienste,als er exklärte,
daß er nicht im Amte bleiben wollte, wenn
zie Nationalliberalen nicht für die Reichsfinanzreform von
1909 stimmen wollten. (Widerspruch bei den Nationallibe⸗
ralen; lebhafte Zurufe des Abg. Gröber an die Natl.)
Vom Reichsschatzsekretär hätten wir erwartet, daß er, uns
sagte, worin die Sparsamkeit, für die er so warm eintrat, sich
zeigen solle. Der Wehrbeitrag ist der große Reservefonds
zür das Heer bis zum Jahre 1916. Der neue Etat hält in
den Einnahmen nicht das, was versprochen worden war. Die
überschüsse sind im Abnehmen begriffen. Wir wünschen
deshalb die Schaffung eines Ausgleichsfonds für das
Reichsschatzamt. Der Kriegsminister hat zugesagt, modernen
Anregungen gern Folge geben zu wollen. Vielleicht geht er
da auf den Vorschlag ein, den unmoralischen und unsittlichen
Duellzwang zu beseitigen. Hier würde ein Wort des obersten
Kriegsherrn genügen.
Braunschweigischer Bundesratsbevollmächtigter Wickl.
Beh. Legationsrat Boden: Ich danke dem Reichstag für die
außerordentlich sympathische Weise, mit der er die Lösung
der braunschweigischen Frage hingenommen hat, wie es ins
besondere von den Herren Spahn, Wiemer und Bassermann
ausgedrückt worden ist. Braunschweig hat, ein Fürstenhaus,
dessen Loyalität unter allen Umständen feststeht. (Lebhafte
Zustimmung.) Die Verantwortung dafür nehmen wir gerne
quf, uns in der überzeugung, daß die endgültige Lösung dem
Vohle unseres Landes wie des Reiches entsprochen hat.
Lebhafter Beifall).
. Abg. Haußmann (Fortschr. Vpt.): Der Reichstag muß sich
mehr mit den Fragen der auswärtigen Politik beschäftigen.
Er sollte sich überlegen, ob er nicht eine besondere Kom⸗
mifsion einsetzen sollte, welche die auswärtige Politik ständig
im Auge behielte. Es scheint jetzt der Augenblick für eine
Innäherung zwischen Deutschland und Frankreich gekommen
zu sein. Auf beiden Seiten mehren sich die Stimmen,
welche dieses Ziel anstreben. Noch wichtiger, für uns ist aber
eine Verständigung mit England, und wir sollten uns nicht
gegen die Vorschläge hezüglich einer Pause in der Flotten⸗
bermehrung sträuben. Ich möchte den Kriegsminister fragen,
ob den elsässischen Soldaten der Weihnachtsurlaub erst ver⸗
sagt und später erst durch Eingreifen einer höheren Stelle
wieder bewilligt worden ist. Auch möchte ich wissen, ob die
Absicht besteht, Zabern die Garnison zu entziehen, oder nur
einen Regimentswechsel zu erlassen.
Der Kriegsminister v. Falkenhayn verneint die Frage
des Abg. Haußmann betr. den Weihnachtsurlaub. Die Frage
zer Entziehung der Garnison zu erörtern, ergab sich noch
ein Anlaß. Die Angelegenheit ist noch in der Schwebe. Vor
der Klärung kann nichts darüber gesagt werden. Ich weise
die Bemerkung des Abg. Ricklin zurüch, daß die Jagdscheine im
Elsaß den Ausländern verweigert würden, weil die Offiziere
die Franzosen als Konkurrenten bei der Jaadverpachtung
betrachteten.
Abg. Oertel (konf.), Der Dreibund bewährte seine
getigen wenn sie auch Frankreich unangenehm war. Der
reundschaft zu Rußland und England freuen wir, uns und
aduch, daß die Beziehungen zu Frankreich korxrekt sind, Ueber
bie braunschweigische Frage werden wir im Landtage sprechen.
Unsere Haltung in der Zaberner Sache wird von gewissen
nationalsiberalen Kreisen geteilt, auch das Zentrum und
manche, die den Fraktionsstandpunkt nicht teilen, würden sich
freuen, wenn von der ganzen Sache keine dauernde Verstim⸗
mung zurücdbleibt.
Abg. Eraf von Westary (kon.): Ich beleidigte nicht die
Zaberner Bevolferung, ich sadelte die unreifen Burschen. Der
Wert des sogenannten Mißtrauensvotums wird von den ein⸗
selnen Parfeien verschieden heurteilt. Die Erfahrung lehrte,
daß man in den parlamentarisch regierten Ländern schlim—
ere Erfahrungen macht, als in den konstitutionellen Staaten.
Wir wollen das Koalisfionsrecht nicht antasten, halten aber
besonders das Arbeitswilligenschutzgesetz für nötig. Der
Reichskanzler wird sich unsern Dank und unser Vertrauen er⸗
verben, wenn er in der Schaffung eines Zusammenschlusses der
schaffenden Stände die Führerrolle übernimmt.
Abg. Paasche (natlib.): Ein Mißtrauensvotum in dem
Sinne, wie die Sozialdemokraten es wollen, beabfichtigen
wvir nicht. Aber die Art der Behandlung der Angelegenheit
durch den Reichskanzler, konnten wir nicht widerspruchslos
Fingehen lassen. Die militärische Selbsthilfe muß ausscheiden,
pir haben ein Volksheer. das dem Führer nur dang folgt,
wenn es Vertrauen zu seiner Tüchtigkeit hat. Lebh. Bravso)
Wir griffen nicht in ein schwebendes Verfahren ein, sondern
daben ein politisches Urteil ab. Wir machten nicht gegen
bie Rechte des Kaisers Front. wahren aber auch die Reschte
es Reichstages. Wir stimmen der Forderung betr. Beseiti⸗
zung des Duelizwanges zu. Brayo beim Zentrum.), Der
Zoldnialetat zeigt“ überall die gefunde Weiterentwidlung.
Die Frage, ob der Arbeitswilligenschutz ausreicht, muß unter
Wahrung ber Koalitionsfreiheit und unter Anlehnung an die
Ausnahmegesetze geprüft werden.
Darauf vertagt sich das Haus.
In einer persönlichen Bemerkung verbittet sich Ricklin
Elfasser) den Ton des Kriegsministers, der es, in den letzten
Tagen voch nicht gelernt hat. den Reichstag in Berlin von
dem Kasernenhof in Zabern zu unterscheiden. Geifall.)
Die nächste Sitzung findet am Freitag um 10 Uhr statt.
Auf dxr Tagesordnung stehen kurze Anfragen, kleine
Peragen. Frtehang der Eigatsbergtung und die Inter-
dellation der Sozialdemokraten detr. die Rüstungskommission.
èInnchAUNccXÑÑnMWhn steecheteanMpkM V òXòäOXxÑÊοαäà