Full text: Lübeckische Anzeigen 1913 (1913)

zier die so lange ersehnte Freibeit im harten Kampfe des 
Leibes und der Seele wiedergewannen, um wieder ein einzig 
healt von Bruͤdern zu werden. Hier, unter dem Tonner der 
nee snde das deutsche Voltebewußtsein, und das deutsche 
a bon neuem geboren worden, die hohen Güter, auf 
Rnen sich spater ais sicheren Grundsteinen das neue deutsche 
Reld besorunden tonnte Tie Befrefungstriege begannen die 
daden zu muüßfen. sagt Wildeim der Grohe, die heute die deut⸗ 
en Snme se langer und desto inniger verbinden. Tem 
Werden des deutschen Reiches ging ein Werden des deutschen 
Volles voraus und hier in die Geburtsstätte, heute der Ge— 
vurtstag! 
Huubert Jahre sind ins Meer der Vergang enhert dahin⸗ 
geflossen. vieses ins Meer der Vergessenheit gesenkt worden, 
doch das Andenken an die Leipziger Schlacht und an die Hel— 
den der Befresungskriege blieb bestehen. In den Herzen des 
Volles erwiichs 35 ein douerndes Tenkmal. ein lebendiges 
Weenng dentscher Dantbarieit. Deutschland vergißt deine Hel⸗ 
den nicht. 
Aber was in der Seele sorglam geborgen liegt, verlangt 
iach einem gewaltigen, sichtbaren Wahrzeichen. Einmal muß 
es urkräftig zum Ausdruck, zur Gestaltung gelangen, und sollte 
inhunder: Jahre währen. KRie slirbt ein großer gienschlicher 
Gedanke! Wohlan! Hier steht der zu Stein gewordene Wille 
des Volles das sichtbare Zeichen der Tankbarkeit gegen Gott 
und unsere Seldenväter. für unsere Freiheit und unser nationales 
Sein! Fe Zeiten gewaltiges Zeichen! — den gefallenen 
Heiden ein Ehrenmal dem deutschen Volke ein Ruhe 
es mgh — kommenden Geschlechtern ein Mahnzeichen!SRz 
hoch und hehr, wie die Taten der Mütter und Vater, die Gut 
und Blut einsetzten für die Rettung des Vaterlandes! 
Am Sclachtenbild verkörpert Michael die siegreiche Erhebung 
des deutschen Volkes. 
Stumm ttrauern in der Krypta die in Stein gemeihelten 
Krieger um die im Kampfe gefallenen Helden und halten die 
Tolenwachht. Im Ruh m'e smai. offenbaren sinnbildliche Ge- 
stalten, die hehren Eigenschaften des deutschen Volkes, die Zur 
aep Erhebung und zum, Siege fuührten: Opferwilligkeit. 
Tapferkeit, Glaubensstärke und deutsche Volkskraft. Hoch darũber 
wölbt sich das Mahnzeichen Jut, den 12. Riesengestalten, 
huter der Freiheit und Stützen des Reiches zugleich. So hat das 
ʒeutsche Voll sein Tenkmal für die Befreiung aus groker Not sich 
ielbst zur Ehre errichtet. 
Nicht nur zur bloßen Feier einer slüchtigen Stunde der Er 
nnerung sind wir hier, versammelt: Nein!, Ties Denkmal sol 
des deutschen Volkes Ju belfelerfat fein, berufen, durd 
Jahrhunderte forswitkend. deuffchem Sinn und Geiste zu dienen. 
Was iit alle äußere Verherrsichung, wenn nicht aus dem An— 
denken an der Baäter Taten immer wieder neue Begeisteruns 
in den Enkeln erwacht?! 
Was einst Erust Moritz Arndt sagte, muß Wahrheit 
für alle Zukunft bleiben: Das Völkerschlachtdenkmal muß die 
Jxminsul des deutschen Volkes sein, wohin es am 18. Okt. 
jedes Jabres seine Schritte und seine Gedanken lenkt. daß 
alle daran erinnert, werden. daß sie Brüder eines Stammes 
und einer Liebe sind und daß sie hinfort deutsche Liebe 
und Treue nächst Gott als das Heiligste und Höchste u achten 
und zu lieben haben. 
Eingedenk dieser Mahnung weihe ich dieses Denkmal den 
Manen der großen Zeit. daß die Vaäter in den Söhnen leben! 
Und so legen wir als treue Söhne des Vaterlandes heute 
am Hundertiahrestage der Völkerschlacht im Geiste der Väter 
iufs neue das heilige Gelöbnis ab: Treu und fest zu sein im 
Flauben an den allmächtigen Gott, treu. und fest zu sein in der 
diebe zum angestammten Fürstenhause, zum Kaiser und zum 
Feich. ge derhelfe uns der Goll. der mit unseren Vältern 
mar! AUnlten 
Die Erwiderung des Königs von Sochen. 
Darauf erhob sich nach ungeheurem Jubel der Festteilnehmer 
der König von Sachsen und ivrach in tiefer Beweaung die 
folgenden Worte; 
Die von Tohber patriotischer Begeisterung getragenen Worte 
die Sie, Herr Thiene, in Vertretung des Deutschen Patrioten— 
bundes soeben an mich gerichtet hbaben. haben uns Deutsche 
lief bewegt. Sie unterstützen den gewaltigen Eindruck des 
machugen Denkmals, das durch die freie Opferbereitschaft deut⸗ 
scher Männer hier ertichtet worden ist als ein Zeichen deutscher 
Kraẽt und Einigkeit. Wie dieses Denkmal uns exrinnert an Blutige 
Kämpfe und an den Heldentod vieler braver Soldaten, die vor 
100 Jahren auf diesein Schlachtfeld fielen, wie es uns weiter 
mahnt an Gottes gnädige und wunderbare Führung, der unserem 
Volke, nach langem Ringen und Sehnen eine herrliche Einheit 
schuf, so möge es nach weiteren 100 ja nach 1000 Jahren noch 
fpäteren Geschlechtern von dem heutigen Tage Kunde geben, 
udne es ihnen erzählen. wie in dieser Stunde Deutsche und 
Rufsen. Oesterreicher, Ungarn und Schweden ihre Knie beugen 
bor Gott. dem alssrächtigen Lenfer der Weltgeschichte, und zu 
ihm beten. daß er uns den Frieden erhalte zum Wohle underes 
demnschen Volfes zum, Wohle auch der Staafen und Fürsten, die 
mir die große Freude bereitel haben, meiner Einladung zu folgen, 
und bei diesem Feste durch Miittglieder ihres Haufes und durch 
Abordnungen ihrer tapferen Heere vertreten sind. 
In diesem Sinne beglückwünsche ich den Deutschen Vatrioten⸗ 
bund zu dem wohlgelungenen Werke und nehme das Denkmal unter 
neinen königlichen Schutz. 
Auf die Rede des Sachsenkönigs erklang der allgemeine Ge— 
sang Nun danket alfe Gott“. Es nahten die Stafettenläufer, 
welchen die ersten Urkunden ühberbrachten, und dann be— 
fichtjgte der Kaiser mit den Fürsten das Denk 
mal. Er betrat quch das Innere der Ruhmeshalle und die 
pbere VPlattform, Pit dieser feietlichen Besichtigung erreichte 
die Weihe des Denkmals ihren Abschluß. 
Nach der Besichtigung verließen die Fürsten, und Gäste 
unter dem von ferne herüberklingenden Salut der Geschütze 
das Denkmal. Sie schritten unter Führung des Kaisers um 
den Teich. während die Menge mit unsagbarer Begeisterung 
Deutschland Deutschland über alles, über alles in der 
Welt“ anftimmse, und bestiegen dann die Wagen, um nach 
denmt Schwarzenberg-Denktmal zu fahren. 
Leipzig aber darf sich für einige Stunden als die Residenz 
Deuffchiands. als Heini aller, deutschen Bundesfürsten fühlen 
inde das Wunder erleben, auf einen Tag eine internationale 
Weltssadt zu sein. Es hatte sich prächtig dazu geschmückt 
ind machte mit seinem großzügigen, edlen Festschmuck auf alle 
Fäste einen würdigen, ja imposanten Eindruck. 
die Feler am Schwarzenberg⸗Denkmal. 
Nach der Feier am Völkerschlachtdenkmal begab sich zu⸗ 
nächst der Erzherzog Franz Fer dinand zum Schwarzenberg⸗Denk⸗ 
nal. wo sich hereits dig gesamten österreichischen Generale und 
Offiziere, sowie eine Musikkapelle des Infanterie-Regiments 
Nr. 37 und eine Abordnung des Schwarzenberg⸗Ulanen⸗Regi⸗ 
ments eingefunden hatten. Kurz darauf erschienen der Kaiser 
mit dem König von Sachsen sowie die ürigen Bundes; 
ür sten. Die Familze Schwarzenberg war durch fünf 
Mitglieder vertreten. Der junge 
Fürst zu Schwarzenberg 
ielt darauf eine Ansprache: 
Euere, Kaiserliche und Königliche Majestät ünd Kaiserliche 
und Konigliche Hoheit geruhen, den ehrfurchtsvollen Dank 
unfserer Familie fuͤr die Ehrung unseres Vorfahren, des Feld⸗ 
marfschalls Kark zu Schwarzenberg, entgegenzunehmen, nach- 
dem u Gottes 8 meinent Vater nicht beschieden war, 
es zu tun. Ich danke den Vertretern der einstens koalierten 
Armeen namens unser aller tiefinnigst für die Anerkenmung 
der Verdienste ihres Führers in den schweren, sorgenvollen 
Zeiten, Verdienste, die der Geschichte angehören und der Ver— 
senheit niemals anheimfallen können. Wir ehren in dessen 
flrenge Pflichterfüllung gegenüber dem Monarchen 
und dem Vaterlande. Unlösbar niit dessen Andenken ver⸗ 
bleibt uns die Erinnerung aller jener Helden, die alles freudig 
aufgeopfert hahen, um dem Rufe ihrer Herrscher zu folgen, 
das Vaterland frei von jeden zu machen. Der Glanz 
der diese Zeit wngibt, im Beisoicle der Selbstaufopferung 
eines jeden Cinzelnen und im Kampfe für monarchisches Recht 
und freies Volkstum erblaht nie, er sichert vergangenen Ge— 
netgtionen unpergänglichen Ruhni und den logmenden Au— 
weisung des einzigartigen Weges patriotischen Wirkens. In 
Resem Glanze leben Krieger und Fuhrer weiter, aere pereunius 
Was vergangen, kehrt nicht wieder; gber ging es leudtend 
eder, leuchtets iange noch zurück.“ In diesen Worten des 
Ddichters ehren wir die damalige Zeit und alle Teilnehmer 
hren Fürst und Volk und fassen die Kraft zur Erfüllung 
der eigelten Pflicht. Genehnigen Euere Haisertichen und König- 
lichen Majestäten nochmals den tiefsten Dank unserer Familie 
der die Ehrung eine unvergeßliche. mit goldenen Letftern in 
deren Geschichte zu verzeichnende Erinnerung hleibt. Ewige 
Ehre den Toten! 
Nach der Rede legte eerge Franzg Ferdinand 
einen Kranz nieder, während die sik die österreichische Na⸗ 
lonalhymne spielte. Auch der Kaifer Keß, einen Kranz am 
dentmal niederlegen. Darauf wurden dem Kaifer die Mitgliede 
der Familie Schwarzenberg vorgeltellt, mit denen er sich kurze 
Zeit unterhielt. Dann begrüßte der Kaiser die Generale der 
oͤsserreichischen Armee. Damit war die Feier beendet. Die 
Monarchen begaben sich sodann zur russischen Kirche. 
In der russischen Gedächtnis kirche. 
Nach der Feier am Schwarzenbergdenkmal nahmen der Kaiser 
und die Bundesfürsten sowie die fürstlichen Gäste aus Anlaß des 
Namenstages des russischen Großfürsten⸗Thronfolgers in der russi⸗ 
schen Gedächtnissirche an einem Gottesdienst teil und begaben sich 
on dort aus, überall von einer umübersehbaren Menschenmenge 
begrüht, nach dem neuen Rathause. 
Im neuen Rathaus 
wurden die Fürsten von dem Oberbürgermeister Dr. 
das imposante Treppenhaus hinaufgeleitet und in der Wande 
halle, die mit Damen der Stadit —* war, von, dem Ober⸗ 
bürgermeister feierlich begrüht, der hierauf eine Ansprache hielt. 
Obetbuüͤrgermeister Dr. Dittrich: 
Im Namen der hier persammelten een Körperschaften 
»anke, ich Ew, Königlichen Majestät ehrerbietigst, daß Ew 
Majestät zur heutigen denkwürdigen Feier Se. Maijestät den 
Zaiser eingeladen und hierher geleitet haben. Wir bitten 
Ew, Königliche und Kaiserliche Majestäten, unseren freudigster 
Wil.kommensgruß beim Eintritt in unser Rathaus entgegen 
lehmen zu wollen, ist es doch das erstemal, daß ein 
deuticher Karser das Leipziger Rathaus bee 
trift. Leipzig hat im Laufe der Jahrhunderte schwere Zeiten 
durchlebt, wiederholt sind seine Bürger durch Krieg und Kriegs⸗ 
not hart bedrängt und bis zum Aeußersten 33 gewesen. 
Aus eigener Kraft haben sie unter Gottes Hilfe zuch die jahr⸗ 
zehntelang auf ihnen lastenden Folgen der gewaltigen Völker⸗ 
schlacht ĩ berwunden. Und heute darf sich unsere Stadt unter dem 
Schuße Ew. Majestät gedeihlicher Entwickelung erfreuen. In 
Alem Wandel der Zeiten ist lebendig geblieben die Treue 
zum angestammten eedhn und die Liebe zum Vater— 
ande, me erfoschen aber guch seit den Tagen der Völkerschlacht 
die Sehnsucht nach Einigung der deutschen Stämme. Um 
so tiefer empfunden wird von unserer national gesinnten Bür 
jerschaft die Freude, daß die Stadt Leipzia Ew. Königlich⸗ 
ind Kaiserliche Majestäten mit den verbündeten Fürsten und 
ven hohen Gästen Ew. Königlichen Majestät an diesem be— 
deufungspollen Gedenktage in ihrem Rathause begrüßen darf. 
Unser Dank und unser Willkommensgruß kann nur Ausdrud 
finden in dem Gesübde: Allzeit treu bereit für des Reiches 
Herrlichkeit? Gott segne, Gytt schütze Ew. Königliche und 
Kaiserliche Majestäten und unser gesamtes deutsches Vollk. 
Der Kaiser und der Zönigzvon Sachen verneigten 
ich nach der Rede gegen die Herren der Stadt, die um den Bür— 
Jermeisser Aufstellung genommen hatten, und schritten dann in 
zen Festsaal des Rathauses, wo gegen 2 Uhr ein Frühstüd 
egann, das vom Rat der Stadt gegeben wurde. Es wurde 
in einzelnen Tischen gehpeist. An der Haupttafel saß der Kaiser, 
ieben dem König von Sachsen, links von ihm Großfürst Kyrilk, 
echts vom Kaiser Erzherrog Franz Ferdinand, Prinzregent Lud⸗ 
vig von Bayern, Prinz Wilhelm von Schweden. Nach beiden 
Seiten schlossen sich die deutschen Bundesfürsten und die Ver— 
sreter der freien Städte an. Gegenüber den Majestäten saß 
der Oberbürgermeister Dr. Dittrich. Unter anderem hatten hier 
ruch Platz gefunden: der Reichskanzler, der Vräsident des Pa— 
riotenbundes und die Spitzen der fremden Militärdeputationen. 
An das Frühstück schsloß sich Cercele in, der Wandelhalle. 
ddach dem Frühstück besichtigten“ die Fürstlichkeiten das neue 
Lathaus. Der Haiser begab sich darguf mit dem König von 
Sachsen in das königliche Palais, wo der Vaiser, Ab— 
leigequariier nahm. Vor dem Nalais erwies die Ehrens 
pompagnie des Regiments Nr. 179 die militärischen Ehren 
¶ * 
* 
Von unserem Leipziger Dr. St.-Mitarbeiter erhalten wir 
noch folgendes 
stimmungsbild des Wehe⸗iktes. 
Dr. St. Leipaig, 18. Okt. Ein herrlicher Spätherbsttag war 
der Feier der Weihe des Völkerschlachtdenkmals beschieden. Vom 
volkenlosen Himmel schien die Sonne hernieder, als vom srühen 
MNorgen an die unübersehbaren Mengen der Festteilnehmer durch 
ie gefchmückten Straßen hinauszogen. Der Platz vor dem 
denkmal bot einen unvergeßlich schönen Anblick. Rings um 
en Weiher am Sockel des Denkmals hatten die Korporationen 
zer deulschen Studenten Aufstellung genommen, neben ihnen 
00 Niutarvereine mit ihren zum Teil altehrwürdigen Fahnen 
ind vielen Veteranen und Kriegsteilnehmern in ihren Reihen 
ind guf den Wällen, die den Waher unmgeben, Hunderttaufende 
son Hienschen. Die zu beiden Seiten des Weihers errichteten 
kribunen waren dicht besetzt. 
Auf der Terrasse vor dem Standbild des heiligen Michaek 
ersammelten sich die Ehrengäste. Hier sah man in shren reichen 
Initormen die Generalfeldmarschälfle, die Generalobersten, Ad⸗ 
nirale, fommandierenden Generale. russische. schwedische und öiter⸗ 
eichische Offiziere. 2 
Kurz nach 11 Uhr erschien der Kaiser, begleitet von einer 
llanenes?orte. und empfangen von brausenden Hochrufen. Mil 
»em Kaiser kam der König Friedrich August von Sachfen. Im 
rkmpfangszelt wurden der Kaiser und der König von Sachsen 
son den versammelten Bundesfürsten begrütßzt. An der Spitze 
er Bundesfürsten schritt dann der Kaiser, unter jubelnden Hoch⸗ 
ufen und schmetternden Fanfaren von der oberen asen 
»es Dentmals die Mitteltreppe desselben hinauf, gefolgt von 
krzherzoe Franz Ferdinand von Oesterreich, Großfürst Kyrill 
‚on Rußland, Prinz Wilhelm von Schweden, dem Prinzregenten 
»on Bahern, dem König von Württemberg, den übrigen deut—⸗ 
schen Bundesfürsten sowie den Bürgermeistern der drei freien 
samesädte, unter ihnen Bürgermeister Dr. Efsben⸗ 
zurg in seiner neuen Amtztracht, ferner dem Reichs 
anzler, Staatssekreiär von Tirpitz und vielen anderen. Der 
Jaiser sah sehr ergst,aus; die Katestrophe des Ma— 
ineluftschiffes „L20 schien seine Festfreude p zu 
aben. Die Fürsten betraten nun das gegenüber dem „St 
Huchael“ errichtete Festzelt; der Kaiser stand in der Mitte 
ieben ibm der König von Sachsen. Alsdann ertönte das nmie⸗ 
derlandische Dankgebet über den weiten Platz und alse Fest— 
eilnebhmer stimmten ergriffen in die weiherolle Melodie ein. 
NRun betrat der Echöpfer des Völkerschlachtdenkmals, 
der heute zum Geheimen, Hofrat ernannte Klemens 
Thieme die Rednertribune und hielt die Weiherede. Als ei 
seendet hatte, erklangen brausende Hochrufe von allen Seiten, 
denso nach der dann folgenden Rede des Königs von Sachfen. 
Dann intonierte die Fede den Choral ,Run danket alte 
5 bitt der auch vor hundert Jahren Aber das Schlachtfeld 
rflang. Bald ,e trafen die Eilbotenläufer der 
Deutschen Turnerschaft ein. Kömig Friedrich epee von Sachsen 
whm von ihnen die Urkunden entgegen und ließ sich die Eilboten- 
nfer von dem Vorsihenden der Deutschen Turnerschaft, Ger 
Ximnrat Dr. Götze, vorsiessen und unterhielt sich längere Zeit 
i hnen. Daraif machte der König den Kaiser mit dem 
Schöpfer des Dentmals, Geheimrat Thieme, bekannt. 
Sietauf vetließ der Kaiser das Zelt und stieg zur Krypta 
mpor. An dieser feierlichen Stätte sang der Leipsiger Mämer 
hor das Gradual von Krell, dem der Kaiser fichtlich bewegt 
Aunschte. Dann erläuterte Geheimrat Thieme dem Kaifer wäh 
rend eines Kundganges die Ansage, und den Bau des Dent 
ngis. VNuf der, oberen, Terrasse sprach der Zaiser, Geheimrat 
Thieme seine bosle Änerkennung über das wundervolle Denkmal 
ind den herrlichen Fernblid aus. Sodann verliesßen der Kaiser 
ind die Faritlichkeiten das Denkwal. während die Festwpersamm- 
ung das Lied Deutschland. Deutschland über alles“ jana. Nach- 
dem sich der Kgiser und der König von Sachsen von den Fürst 
ichteiten vergbschiedet hatten, bestiegen sie bereitstehende — 
mobile und fuhren zum Schwarzenberg⸗Denhnal. 
Die uberaus erhebende und weihevolle Feier der Enthullung 
bes Volterschlachtdenkmals wird allen. denen es vergönnt war 
hr beizuwohnen, für das ganze Leben eine unausloͤchssche Er. 
nerung bleiben. 
Telegramme des Rönigs von Sachfen. 
W. Leipzia, 18. Olt. Der König von Sahhsen richtete im 
Berlauf des rten Tages aus Anlaß der Jahrhundertfeien 
der Volkerschlacht ein Telegramm an den Kaiser von Oesterreich 
den Kaifer von Rußland und an den König von Schweden. 
das Telegramm an den Kaiser von Oesterreich lautet: 
Lin Seine Najessät den Kaiser von Oesterreich und 
König,von Ungarn! 
Im Verlauf der heutigen Feiern. deten eine der hohen 
Tapferleit des 7 mir teueren österreichisch⸗ungarischen 
deeres gilt, habe ich seines obersten Kriegsherrn in besonderer 
Verehrung gedacht. Indem ich mir, gestatte, diese Empfin- 
dungen Eurer laiserlich und königlich apostolischen Majestãt 
zum Ausdrud zu bringen, verbinde ich damit meinen aufrichtig- 
Dank für die mir so hochwilllommene Entfendung Seiner kanser⸗ 
chen umd königlichen Hoheit des Erzherzogs Franz Terdi— 
nd und zugleich meine 385 Wunsche füt das Wohl 
Furer Majestät und für den dauernden Ruhm der hier so 
orene dertretenen, dem deutschen Seere engverbündete 
sterreichischungarischen Armee. 
Friedrich August. 
Das Telegramm an den, Kasser von, Rußland. ist in fran⸗ 
ssischher Eprame a bgefast und Jautet in deutscher Uebersetzung: 
Seine Maiestät. dem HSerrscher Ale eben 
iva dia 
Waãhrend der eeee des heutigen Tages haben sich 
neine Gedanken voll Hochachtung und aufrichtiger Freundschaft 
kuerer Majestät zugewandt, besonders in dem Augenblich da 
sch dem ersten Gotlesdienst in der russischen Kapelle habe bei- 
vpohnen können. Indem ich Eurer Maiestät gufrichtig danke 
r die Entfendung. Seiner kaiserlichen Hoheit des Groß⸗ 
ürsten Kyrul Wiadimirowitsch, den ich ebenso wie die glän— 
sende Vertretung der russischen Armee mit größtem, Ver 
nügen empfangen habe, bitte ich Gott, daß er alle die Gebete 
rhoren moöge, die an diefem neuen Ort der, Anbetung für 
das Glüd GTuerer kaiserlichen Maiestät und für den Ruhm 
Ihrer Armee, in deren Reihen mich aufzunehmen Euere Maie 
t ioeben die Gnade gehabi haben. gesprochen werden. 
Friedrich August. 
Das Teiegramm an den König von Sqweden lautet: 
Es Ist mir ein Bedürfnis, Euerer Majestät für die Ent⸗ 
endung Ihres Sohnes, Seiner koniglichen Hoheit des Prinzen 
Wiihennn, Herzogs von Södermanland, der an der Spitze 
vnhervorragender Vertreter der schwedischen Armee erschienen 
4. herzlichstt zu danken und Euerer Majestät zu sagen. dah 
h. wãhrend der heutigen glanzvollen Feier Euerer Majenat 
nit ganz nnder Socha tung und Freundschaft gedacht 
jabe. Auch bitte ich Euere Majestãt, meine innigsten Wünsche 
ür eine recht baldige Genefung und für Ihr fortdauerndes 
Flũd, ebenso wie für den hoöhen Ruhm der tapferen schwedischen 
Armee entgegenzunehmen 
Friedrich August 
W. Leipzig, 18. Okt. Der Kailser hat eine Anzahl von 
Tuszerch nungen verliehen; u. a. erhielt Professor Dr 
Brund Schmätz den Titel Geheimer Baurat, Professor Metz— 
er, den Roten Adlerorden vierter Klasse, Kammertat Clemens 
dhieme ebenfalls den Roten Adlevorden vierter Klasse, Ober— 
urgermeister Dr. Dittrach den Kronenorden zweiter Klasse, 
ber rufsische Generalftabschef Jilinski das Großkreuz des 
Roten Adlerordens 
W. Wien, 18. Olt. In der ganzen Monarchie wurde, wie 
in Deutschiand, der Gedächtnistag der Leipziger Schlacht fesli 
begangen. In, Prag, Brünn und Gratz fanden militärische Feiern 
und Feslgollesdienste statt. In Gratz gedachte der Landeshaupt- 
an in Landiage in einer erbebenden Rede des Tages und des 
ünteiles. den Oesterreichs Söhne an ihm gehahf haben. 
W. Stockholm, 18. Okt. Anläßlich der Jahrhundert 
eier der Echlacht bei Leipzig wurden in der Riddarho lms 
ir che am Sarkophage Karls XV. Johann Kränze nieder— 
elegi. Um I2i Uhbr tfraf Königin Vittoria ein, beglertel 
omn' Kronprinzregenten, dem Herzog, von Westgotland und dem 
derzog Rerike, Die Königin begab sich sofort in die Grab⸗ 
Apelle Bernaboties und legte gm Fußze, des Sarlophages 
daris XV. Sohann im Namen König Gustavs einen pracht— 
olien Lorbeerkranz mit weisen goldsignierten Bändern mit dem 
samenszuge des Königs nieder. Darauf legte der Herzog 
Nerile im Namen der Königin⸗Wifwe Sophie einen Kranz 
ieder, ebenfalis legte der Kronprinzregent im Namen der ũbrigen 
hitglieder des kToöniglichen, Sauses einen Kranz nieder, Dit 
Adnigin begrüte darauf die anwesenden Repräfentanten der 
»eutschen Gefeilschaft und unterhielt sich längere Zeit auf da⸗ 
erzlichste mit ihnen. Nachdem die Königin die Kirche ver— 
assen hatte, wurden Kränze niedergelegt vom schwedischen Heere, 
von der Generglifäät und von der Spea⸗Leibgarde, spwie von 
der Deutschen Gesellschaft in Stochholm ein Lorbeerkranz wit 
zandern in den deutschen Farben. Vor der Hirche batte id 
jne grohe Menschenmenge angesammelt. Seute abend wird 
ein größeres Fest gegeben, zu dem die Deutsche Gejsellschaft, 
ine große Anzahl Vertreter der deutschen Kolonie, im ganzen 
twa hundert Personen, eingeladen worden sind. Der Prẽi⸗ 
ber Geseisschaft. Burcharik. wird ein Hoch auf 8öria 
Fustav und Kaiser Wilhelen ausbringen. Die Festrede wird de 
deulssche Gesandte in Stockholm halten 
Der Ausklang der Lübecker Feier. 
Die Festvorstellung im Stadtiheater 
ildete einen würdigen Abschlüß der Feierlichkeiten, die aus 
Anlaß der Jahrhundertfeier der Völkerschlacht bei Leipzig hien 
a Lubed am 17. und 18. Okt. veranstaltet wurden. Während 
sich bie Teilnehmer der Festvorstellung schon vor Beging der 
sebenten Abendftunde in dem festlich erleuchteten schön?a Hause 
der Begdergrube versammelten, wurde der Beginn der, Vor— 
ellung durch Fanfaren fünf Miniten vor 7 Uhr, pom Rallon 
s ftaͤdschen Saalbaues angezeigt, dem eine zahlreiche Men⸗ 
chemnenge auf der Strgße lauschte. Ein, glänzendes desellschaft⸗ 
iches Bud gewahrte der im hellsten, Glanze des elteischen 
Achles erftraͤhlende, bis auf, den letzten Platz gefüllte Zu— 
chauerraum. Die Senalsmiiglieder, die Bürgerschaftsmitglieder 
nit ihren Angehörigen die Spitzen der militärischen und der 
Zivilbehörden, hatten im J. Range Platz genommen, mährend 
Fie Beteranen von 1864/66 und 1870/71 mit ordengesbmüdter 
Brust das Parket. einnahmen, Eingeleitet wurde der Festaberd 
zurch Richard Wagners Kaisermarsch“, der von dem Orchester 
mier der Leitung des Herrn Kapellmeisters Dr. Harzem 
chwungdoll ausgeführt wurde. Dann folgte die Erstauffnhrugg 
on dem zurzeit ait fast ollen deutschen Bühnen gegebenen 
arsikalischen Schauspiel „Theodor Körner“ in einem 
zorspiel und zwei Aufzügen (5, Bilder? von, Alfred Za'ser. 
das stimmungsvolte. für einen solchen Gedenktag äußerst ge— 
ignete Mert fand unter der ausgezeichneten Leifuing von Hexpr 
zavpellmeister Dr. Hartzem eine treffliche, Wiederaabe. Die 
ndegie, des Serrn Oberregisseurs Bever hatte besonders an— 
jehende Bühnenbilder geschaffen, die dem Werke »inen giäu— 
enden Rahmen, verliehen. Aus der grohßen Zahl de; NRit 
virlenden sei für heute nur Herr, Josef Schäffe] hervor— 
ehoben, der die Titelpartie gesanglich und darstellecisch wi 
estem Gelingen, durchführte. Namentlich das von ibrn gç 
ungene mesodidse Lied, Für, die Freiheit, für die Ehe fü⸗ 
as deutiche Voterland fand begeisterten, Wiederhall in auß 
herzen der zahlreichen Hörer, Der Beifall, nach Aem J, Alf 
ind am Echlusse der Vorsteisung war, so stark. daß der au 
vesende Komponist vor der Ramype erscheinen konnte um den 
dank des Publikums entgegeneunebmen. In der 
jroßen Naufe fonzertierte das Orchester des Vereins der Min:t 
unde n Marmorfaat des tädtiscen Zoatbauez. n en 
zIh die Besucher an tieinen Tischen restauxierten., Diesgg, Pa 
Saal wie die Wandelhalle und das Foyer des Theoten
	        
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