wie Marschall Blücher Leipzig allein
erobern wollte. 7
Zur Erinnerung an den 16. und 17. Oktober 18113.
Skizze von Paul Burg.
Den Anfang, Mitt' und Eude, Herrgott, zumn Besten wende!“
dans David Ludwig von Vorck faltete die sehnigen Hände um
den Degengriff und stieß sein stolzes Schwert auf den Estrich, daß
die Scheiben klirrten im Schkeuditzer Ratsstüblein. Draußen schrien
die Trompeten in die nebelnasse Oktobernacht, und es war ein un—
blässiges Rossetrappeln, Marschschritt und Wagenrollen auf dem
zolprigen Marktpflaster.
Die Tür ging auf. Ein Feldkornett stapfte ins niedrige Zimmer
mnd schrie gegen die schwärzliche Täfelung:
„Befehl vom Obergeneral: Die Armee bricht gen Leipzig auf
md kampiert auf dem Marsche!“
Der sich bei Tauroggen selbst bezwang und sein Vaterland
durch die mutigste Untreue gegen ein totes Wort rettete, General
horck, schüttelte wild seine grauen Locken.
„Brav, mein Jung'! Wo ist der Marschall Blücher zur Stund'?“
„Noch halb im Hallschen Quartier. Groß⸗Kugel heißt das Nest;
das Korps Sachen verzieht noch im Anmarsch. General Langeron
ist schon zur Linken der Leipziger Straße auf dem Trabe.“
„Brab, mein Jung'.“ *1
Und die Regimenter der schlesischen Landwehr, Preußen, Russen,
Braunschweiger quollen aus der Stadt hinaus in die dunkle Nacht.
Schon nach einer Vierielstunde gebot der General halt und Nachtrast.
Die Feuer schwelten müd in den dichten Nebel. Spät rang
sich ein fahles Morgendämmern aus dem brodelnden Dunst, und
nber der weiten Aue stieg ein trüber Tag berauf.
Mit dem Schlage acht vom Schkeuditzer Turm war der Marschall
zur Stelle, ritt die Fronten hin und zerrte wild an seinent borstigen
—Schnauzbart.
„Kinder, nu' los! Wenn erst die Diplomaten um Leipzig ver⸗
ammelt sind, — Kinder, vorwärts! Oder soll der Napolium auf
Euch warten? Vorwärts, wackere Landwehr!“
Und „Vorwärts, Marschall Vorwärts!“ scholl's aus den Reihen.
Sie drängten voraus und kamen in Marsch, zogen die Straße mit
chnellem Tritt über Hügel und Höhen, hoch über den kahlen Wiesen
ind starrenden Wäldern der Aue.
Der Tag ward selbst um Mittag nicht heller. Aber durch die
dicke, nebelblasse Luft drang ein Dröhnen und Donnern fernher
unter dem wolkentiefen Himmel: Kanonenschlag aus dem Leipziger Gau.
Marschall Blücher lauschte auf den fernen Klang, und ein
deuchten und Lodern kam über sein rauhes, rotes Reitergesicht.
„Kinder, sie schießen schon! Kommt, lommt, — es geht los!
Vorwärts!“ Er sprengte voraus, riß sie alle mit, es war ein wildes
Jagen hügelab bis auf die Lützschenaer Flur, voran Oberst Katze⸗
ers leichte Reiterei, mit dem Major von Hiller und dem Major
p»on Sohr, Jäger und braunschweigsche Husaren, hinterdrein im
angen breiten Zuge die stolzen Brigaden Horn und Hünerbein,
Steinmetz, Prinz von Mecklenburg, Rosse und Wagen, schwere Kanonen.
Sie stellten sich zu breiter Linie aus. Stafetten flogen her und
hin. Der Marschall mit seinen leuchtenden Blicken hielt alle zwanzig⸗
tausend Herzen in seiner festen Hand.
„Eacken soll anrücken, hinter die Fronten! Langron mag Linden⸗
tal lassen und Wieder — wie heißt das verdammte Dorf! — Hüner⸗
bein mehr an die Elster ran.
Stellt das Geschüß da auf die Höhen! Wassiltschikopf? Daß
r mich breit in die Lücke da geht. *.
Kinder, der Marmont, der alte Kanonenrachen, schmeißt Euch
in Bombengranatenwetter an den Hals.
Wie heißt das Nest da?“
Möckern, General Blücher.“
„Möckern, das soll er nich kriegen, der Bursche. Entweder uns
s's oder in die Luft geschmissen, in Grund getrampelt. Los,
dinder, los!“
Trompeten schmetterten. Menschenmauern rückten gegen Menschen⸗
mauern, bis sie das Weiß im Auge sich ersahen, schossen, fielen,
achen, sprengten, zwanzigtausend gegen zwanzigtausend.
Und die Menschenmauern bröckelten und barsten, wankten,
wichen. Neue stürmten an und wuchsen auf, drangen in das bren⸗
nende, wimmernde Dorf hinein und fluteten wiederum zurück.
Regimenter wurden zerrieben, tapfere Brigaden zerrannen
inter dem furchtbaren Donner und Dampfen hüben und drüben
von den Hügelhöhen, wo die Eisermäuler Tod und Flammen spien.
Major Hiller, der Vortrab Katzeler, längst waren sie dahin.
Aber immer neue Sturmsäulen Marmonts rückten gegen die
Blücherschen heran. Und der Entsatz von den Höhen um Radefeld,
Langron und Sacken blieben noch immer aus.
Nun saßen sie im Dorfe, Horn und Hünerbein, hielten es mit
Löwenzähnen. Jedes Haus ward zur feuerspeienden Festung. Die
zreußischen Bataillone sanken hin wie die Garben im Schnitt, Reihe
für Reihe.
Genral Vorck raste über das feurige Blachfeld. „Attackieren!
Attackieren! Wo ist Sohr mit seinen Schwadronen?“
2 *
hundertjahrfeier des Tages der
*
Freitag, den 17. Oktober:
z332) Uhr abends: Antreten der Vereine auf dem Burafelde. Ver⸗
sammlung von:
vruppe 1 bei der Polizeiwache bis Hafenamt; Facelausgabestelle:
Polizeiwache,
bruppe 2 bei der Gertrudenstraße bis Hafenamt; Fackelausgabe⸗
stelle: im Vorgarten des Grundstücks Gertrudenstraße 52,
Iruppe 8 beim Gertrudenkirchhof bis Pockenhof; Jacdelausgabe⸗
stelle: Pockenhof,
zruppe 4 beim Podenhoj bis Jerusalemsberg: Fadelausgabe⸗
stelle: Pockenhof.
AUhr abends: Abmarsch des
fackelzuges.
ruphe 1: Landeskriegerverband Lübeck, Kriegersanitätskolonne
henossenschaft freiwilliger Krankenpfleger, Landesverein vom
soten Kreuz, Militäranwärterverein, Verein der Zollaufseher,
Assistenten und Sekretäre, Verein der unteren Post⸗ und Tele⸗
raphenbeanten, Verein Lübeckischer Bureaubeamten.
uppe 2: Lehrergesangberein, Vereinigte Männergesanavereine,
Lübecker Schützenverein, Lübedder Turnerschaft, Lübeder Turn⸗
erein „Gut Heil“, Männerturnverein, Lübecker Ballspielllub,
rbecker Ruderklub, Lübecker Rudergesellschaft von 1886,
vübecler Pfadfinderklorps, Union Blau⸗weiß⸗blan, Vereinigung
hemaliger v. Großheimscher Realschũler, Vereinigung ehemaliger
zchüler der Realschule zum Dom, Vereinigung früherer
dũbecker Waisenhauszöglinge, Navigationsschule, Gewerbeschule.
uppe 3: Traãgerkorporation, Bauhütte, Gewerlkverein, XXE
Bund der Maurer und Zimmerer, Verein der Maurer⸗ und
amunerpoliere, Baãckergesellen⸗Vrũderschaft
In einem Hohlweg unterhalb Wahrens, weit zurückgewonnen,
»nnoch hart vom feindlichen Feuer bestreut, hielt Friedrich von
ohr mühsam seine drei Schwadronen, brandenburgische Husaren,
raunschweigische Jäger, in Kolonne gedrängt:
HYorck brauste heran. „Wenn jetzt nicht Kavallerie noch was tut,
ajor, ist alles verloren, — lassen Sie einhauen!“
Herr Friedrich von Sohr wehrte still ab. „Sind zu schwach,
eine Reserven, — drei- Schwadrons ...“
„So halten Sie die Infanterie auf!“ raste General Vorck davon,
aß die grauen Locken hinter ihm herflogen und schickte seinen Adju—⸗
anten hinter die Schlacht, Sacken mit den Reserven zu holen.
Marschall Blücher hielt bei den Höhen und fluchte in den
danonenlärm.
„So ein Schuft von Schwed'! Hält' sich im Mausloch, bis wir
aputt sind. So ein Hundsfott, daß ihm Gottsbdonner — — —!“
Kratzte mit spritzeuder Feder einen wiitenden Brief an den
zriuzen Bernadotte von der Nordarmee weit hinten im Halleschen
md fluchte, wetterte in seinem Sattel, daß es wie Blitze unter dem
tarren Schnauzbart, aus den Funkelaugen hervorschoß.
Da gellte ein Trompetenstoß aus der Schlacht her: Die Sohr⸗
hen Schwadronen attackierten den Feind. — Hei, wie sie jagten,
ürniten windesschnell. Und sprangen ins Dorf, hieben die Gassen
lank, sammelten und setzten von neuem an. Hurra!
„Hinterdrein!““
Des alten Blüchers Rappe stieg hochauf. Der Säbel blitzte,
ind die Sonne, den ganzen Tag verborgen, kroch hervor aus Wolken⸗
unst und goldete das Schwert des Marschalls Vorwärts.
„Hinterdrein!“
Die Hufe griffen aus, die Mänuer fsaßten schnellen Schritt.
das ganze PYorcksche Korps, soweit es nicht zerschossen, auf den
'od blessiert zwischen den mörderischen Hügeln und Höhen lag,.
ing hinterdrein auf den Feind und gewann sich zum dritten Male
n diesem Tage das Dorf.
„Möckern. Wir haben's. Man soll die Fahnen und Kanonen
ihlen, die Ihr dem Marmont abgenommen hat, mitsamt Gefan⸗
enen.“
Marschall Blücher hielt zwischen den schwelenden Mauerhaufen
md zeigte mit triumphierendem Lachen auf einen französischen
sdler am Boden.
„Da, die Krähe hackt kein Auge mehr aus.“
Des Marschalls Adjutant Oberst Graf von der Golz ritt zur
»acht auf seinem Schimmel nach Liebertwolkwitz hinaus, die Kunde
yn der Möckernschen Viktoria vor dem Höchstkommandierenden
er verhündeten Armeen Fürsten Karl von Schwarzenberg und die
Nonarchen zu bringen: 43 Kanonen, Munition in Massen, zwei—
ausend Gefangene sind unser.
Aber auf der Wahlstatt von Möckern lagen auch 172 Offiziere,
arunter 13 Kommandeure der schlesischen Armee als Tote, und
ber 5000 Unteroffiziete und Soldaten wimmerten mit blutenden
zunden in die Nacht um Wasser und Wundarzt. So schlug der
ste Blücher die erste und blutigste Schlacht um Leipzig gegen
dapoleon. Und er gab auch dann, nach seinem entschiedenen Siege
tioch nicht Ruhe, wetterte gegen den säumigen Bernadotte, der
ndlich, langsam im Schneceenschritt näherkam. Warf sich am frühe«
eiligen Sonntagmorgen, wo alle Kanonen und Flintenläufe in und
im Leipzig zur Ehre des hinmlischen Herrn schwiegen, auf die
barthe, Leipzig, das er von Norden berannt hatte, auch von der
nderen Seite zu stürmen.
Sie taten ihm den Willen nicht und gingen in keine Schlacht —
die Franzosen.
Der Marschall grollte fürwahr mit seinem Herrgott selber.
„Weißt, daß ich keinen so halte wie dich, allen Respekt. Aber
ätst besser, gib' uns Zeit heut', den Kujon zu massakrieren, und
ei's an deinem heiligen Sonntag. Herrgott im Himmel.“
Mit verhängtem Zügel gingen die Russen hinter der fliehenden
Division Arrighi drein.
Das gefiel dem alten Haudegen. Er lachte auf seinem Pferd
aß ihm 'die Flanken zitterten.
„Seht den Wassiltschikoff! Alle Orden auf einmal, die er hat,
oll't ihm des Kaisers Alexanders Majestät hergeben. Da, guckt, sie
ind 'rein in das Dorf.“
Und die Russen kamen mit reicher Beute, Kanonen und Ge—
angenen zurück.
„Das Pack hat keinen Schneid!“ zeigte der General auf die
liehenden Franzosen. Dann ging's unter Sonntagsglockengeläute
egen die Polen Dombrowskis:
„Haut das verfluchte Pack zusammen, daß kein Lappen heil bleibe “
Blücher setzte den Divisonen Sackens voraus.
Polen hielt stand. Die Regimenter bissen sich fest, wogten hin und her
Das gefiel dem alten Blücher, und er zog Vorckschen Ersatz
eran.
Der Abend dämmerte. Da flohen die Polen ins Rosental, durch
die Wälder bis Pfaffendorf hinaus.
Und Blücher trieb dicht an Leipzig heran, hielt bei der Parthe
ind setzte an zum Sprunge über das Flüßchen.
Hinein in die Stadt!
Da scholl Trompetenton. Ein Oberst aus dem Hauptquartiet
er verbündeten Monarchen kam mit strikter Order des Höchstkomman⸗
ierenden Fürst Karl von Schwarzenberg an den Marschall Blücher:
das Ganze halt! Die allgemeine Schlacht gegen Napoleon ist auf
en morgigen Tag verschoben! —
„Pfui Deibel! Diplomaten und sonst was...“ spuckte Blücher
om Pferde herunter und machte fluchend Kehrt.
Major Rühle ritt neben ihm und wollte beschwichtigen.
Wir haben allerdings heut' als die einzigen ... Napoleon ...“
„Laßt mir den aus! Der ist kein altes Weib wie ihr allesamt.
derflucht nochmal. So hat mich der Herrgott mein Lebtag noch
einen Sonntag verdorben.“
Und der Marschall ritt ins Quartier, tat die härteste, schwierigste
lrbeit, die ihn ankommen konnte, schrieb Briefe — voll Zorn an den
iumigen, verdächtigen Schwedenktonprinzen im Landsberger Lager.
Goll Treue und Würde an sein liebes Weib.
Bis in die späte Nacht.
Rings um Leipzig loderten die Feuer, Lagerbrände, Häuserglost.
Ind die Heere, Verbündeten und Feinde träumten in letzter Rast
em großen Tag entgegen, der Sieg und Freiheit bringen sollte—
Die verbündeten Monarchen in Leipzig am 19. Oltober 1813.
zeiuschte Lithographie aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die sich im Hause Fleischhauerstraße 22 (früherer Besitzer C. Gablen) erhalten hat. Als
sext ist dem Bilde beigefügt:
Nach der glorreichen dreitägigen Schlacht am 16. bis 18. October, wurde Leipzig am 19. erstürmt. Die drei verbündeten Monarchen, an der Spitze ihrer
upfern Heere, zogen auf den großen Marlktplatz. wo die befreiten Einwohner Nun danket alle Gott, unter Glockengeläute und Thurmmusik, anstimmten.
der ehrwürdige General VBlücher der soviel zu diesen außerordentlichen Siegen beigetragen hatte. wurde vom König zum Marschal ernannt; vom Kaiser Franz
ber mit dem Großkreuz des Theresien⸗ und vom Kaiser Alexander mit dem des St. Georgen⸗Ordens decorixt
—
nn 2 * * *
Schlacht bei Leipzig am 17. und 18. Oktober 1013 zu Lübeck.
uruppe 43. Jünglings⸗ und Männerverein „Feierabend“, Reichs- mals und des Prahl⸗Denkmals, sowie der Gedenktafeln der ge⸗
berein, Nationalliberaler Verein, Verein der liberalen Volks- fallenen Hanseaten von 1813 in der Marienkirche.
artei, Konservativer Verein, Vereine des Deutschen Abends Pormittags von 1034 Uhr ab sind die Geschäftszimmer der Behörden
Alldeutscher Verband, Allgemeiner deutscher Sprachverein, geschlossen.
Fvangelischer Bund, Deutsche Kolonialgesellschaft, Ostmarken⸗ 11 Uhr vormnittags:
erein, Deutscher Verein für das nördliche Schleswig, Verein
ür das Deutschtum im Ausland, Flottenverein, Wehrverein,
steichsberband gegen die Sozialdemokratie, Verband deutsch⸗
ationaler Handlungsgehilfen, Concordia Kaufmännischer Ver⸗
ein, Katholischer Kaufmännischer Verein Lübech, Katholischer
oArbeiterverein „Constantia“, Deutscher Kellnerbund Bezirlks⸗
erein in Lübeck, Schüler des Katharinemums, des Johanneums,
der Realschule zum Dom, von Obersekunda aufwärts.
der Zug bewegt sich vom Burgfeld durch das Burgtor nach
dem Geibelplatz, Breite Straße, durch die Arkaden nach dem
Marktplatz, entlang Rathaus und Postgebäude, Holstenstraße,
rechts beim Holstentor vorbei und umschließt den Platz am
Bismarc⸗Dentual. Daselbst
Anunsprache.
Zzuvor: Gemeinschaftlicher Gesang: „Der Gott, der Eisen wachsen
ließ.“
Nach der Rede: Gemeinschaftlicher Gesang: „Deutschland, Deutsch⸗
land über alles.“
w⸗
Sonnabend, oͤen 18. Oktober:
dormitiags von 8 Uhr ab:
Gedenkfelern in den Schulen.
Der Unterricht ist an diesem Tage ausgesetzt.
zchmückung der Grãber und Denkmäler des Syndikus Dr. Curtius,
des Pastors Geibel, des Bismarck⸗Denkmals, des Arnim⸗Denk⸗