hnit dem herzoglichen Staatsministerum zu beraten. Um Von—
nerstag traf, auch der braunschweigische Bevollmächtigte beim
Bundesrat. Geheimer Legationsrat Boden, hier ein und nahm
an den Konferenzen teil. Sie führten zu dem Ergebnis, beim
Bundesrat den Antrag auf Aufhebung des Bundes⸗
ratsbeschlusses vom 28, Febr. 1907 zu stellen. Ge⸗
heimer Legationsrat Boden hat diesen Antrag gestern dem Ban⸗
desrat überreicht.
Die Richtigkeit dieser Einzelheiten wird dem Berl. Lokal
Anzeiger an gut unterrichteter Stelle allerdings bestritten.
Es ist nicht anzunehmen, daß für die Lösung der in Braun—
schweig vermulete Weg beschritten werden wird, ebensowentg
entspricht die dvon, anderer Seite verbreitete Meldung den
Talsachen, daß Prinz Ernst August dem Kaiser eine neue Er⸗
klärung abgegeben habe. In Wirklichkeit werden die bekannten,
vor wenigen, Tagen inhaltlich genau umschriebenen Versiche-
rungen des Prinzen nach wie vor als ausreichend anerkannt.
W. Braumfchweig, 11. Okt. Das Wolffsche Bureau wird
ermächtigt, die Meldung der Braunschweiger Neuesten Nachrichiea
über die endgültige Bestimmung, betreffend die Aufhebung
des Bundestarsbeschlusses vom 28. Februar 1007 und be—
tretfend den Zeitpunkt des Einzuges des herzoalichen Paacres in
Braunfchweig zu dementieren.
Das Arteil im Leipziger Spiouageprozeß.
W. Leipzia, 11. Oklt. Im Spionageprozeß Kreut⸗
ner und Genossen wurde heute mittag um 12 Uhr das Urteil
verkündet. Es erhielten: Kreutner vier Jahre Zuchthaus, sechs
Jahre Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht, Dringen⸗
berg vier Jahre sechs Monate Zuchthaus, insgesamt zehn Jahre
Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht, Schäfers ein Jahr
sechs Monate Zuchthaus, vPrei Jahre Ehrverlust, Sylvestre de
Sacy ein Jahr Gefängnis. Die Angeklagten sind der ihnen
im Eröffnungsbeschluß zur Laft gelegten Vergehen für schuldig
befunden. Kreutner sollte von Dringenberg und Schäfers bei
Krupp gestohlene Zeichnungen verkaufen, insbesondere nach
Frankreich. Sacy sollte ihm auf der Reise nach Frankreich
als Dolmetscher dienen und wußte, daß es sich um militärische
Geheimnisse handelte. Ehe Kreutner und Sacy ihre auf den
20. April festgesetzte Abreise antreten konnten. wurden sie ver—
haffef
Das Fazit der Reisfe Poincarés.
PC. Paris, 11. Okt. Die Pariser Presse fährt fort, die
Zusammenkunft Poincarés mit König Alfons als ein politi—
scches Ereignis allerersten Ranges zu kommentieren, obwohl nack
dem Wortlaut der Toaste und allen Aeußerungen der ver—
antwortlichen Persönlichkeiten nicht das geringste posi—
tive Ergebnis erzielt worden ist. In endlosen über—
schwenglichen Leitartikeln klingt lauter Jubel über die end—
güttige Schaffung der Ouadruple-Entente cordiale. Der Ma—
tin schreibt: „Die Reise Poincarés ist der Markstein für den
Beginn der französisch-spanischen oder richtiger englisch-französisch
spanischen Entente cordiale.“ Aehnlich heißt es in der Petif
Republique: „Der Tag von Cortagena wird in der Ge—
schichte rot unterstrichen werden als Geburtstag der Quadruple—
Entente, die ein neues ausschlaggebendes Element fütr die Auf—
rechterbaltung des Friedens in Europa bildet.“ — Nur einige
Blätter bewabren in dem Freudentaumel die Gelassenheit und
sehen die Tatsachen wirklich, das heißt in weniger rosigem Lichte.
DTas einzige positide Ergebnis der Reise Poincarés ist die
Feststellung des friedlichen Nebeneinanderarbeitens beider Länder.
eine Tarsache die in Wirklichkeit seit langem besteht und dieser
Bestätizung nicht einmal mehr bedürfte. Seien wir uns darüber
klar, daß wir im Augenblicke nicht mehr zu verlangen haben und
auch nicht mehr erreichen werden. — In unterrichteten politi
schen Kreisen ist man sich auch darüber völlig im Klaren, und
weiß sehr wohl, daß selbst die hochtönendsten Phrasen über den
wahren Tatbestand nicht hinwegtäuschen können.“ Man weiß die
zuten Beziebungen Frankreichs zu seinem Nachbarlande wohl
zu würdigen, aber man weiß auch, daß sie durch die Reise
Poincarés weder herzlicher noch besser geworden sind.
W. Varis, 11. Oftt. Ueber die Bedeutungder Reise
des Prösidenten Poincaré erklärte Minister Prchon
in Cartogena einem Berichterstatter: Die Madrider Reise des
Praͤsfidenten, welche sich an die Londoner anschloß, und die
von König Georg veranlaßte Entsendung eines Kriegsschiffes
nach Cartagena sind neue Beweise für die engen
Freundschafubeziehungen, welche sich in den gleicher
friediertigen Absichten Englands, Spaniens und Frankreichs ver—⸗
einigen. Der allgemeine Friede Europas kann daraus gewiß
mur Nutzen ziehen. Was die besonderen Interessen Frankreichs
anlangt, so sind sie zu offenkundig mit dieser Politik verknüpft,
als daß es notwendig wäre, dies eigens hervorzuheben.
Verftärsung der Ttuppen an der französischen Gremnze.
FC. Paris, 11. Oft. Die an der französischen Ostgrenze
ftehenden Truppen sollen eine bedeutende Verstär
kung erfahbren. Nach einer Meldung des Ereelsfior sollen
sie um vier neue Zuabenbatgillone und 31 Jäderkompaganien
herstärkt werden.
110 mexitkaniche Abgeordnete verhaftet.
W. Rewnork. 11. Okt. Einem Telegramm aus Mexike
Aufolge sind 110 Abgeordnete, die eine Resolution unter—
zeichnet hatten, in der sie erllärten, sie würden, alls das Ver—
schninden von Abgeordneten kein Ende nähmen, die Kammer
auflösen und ihre Sitzungen irgendwo anders abhalten, de
haftet und gefangen gesetzt. Die Annahme per Rolunon
wöor im Zusammenhong mit dem Verschwinden des Senaenrs
Dominguez, der kürzlich eine Rede gehalfen donte
er Huerta gnariff. erfolat
Mexiko,. 121. Olt. Nach den jetzt octz genden, amtliche:
und pripaten Nachrichten sind in Torreon Orutschhewedor
umgekommen, noch verletzt worden. Tinige befinden
dich auf den Weqe nach Montery, sie sind in Sicherheit
vpr
Vom Ballan.
W. „Fudapest, 11. Olt. Der Pester Lloyd veröffentlicht
inen. Wiener Kommentar, zu der Aeußerung des serbischen
Mnisterpräsidenten Vasitsch, daß Sexpbien bei den Grobe
mächten auf Ertangungeiner strategischssicheren
Grenze gegenüber, Albanien bestehen werde. Der
Llond sogt' hierzu, Pasitsch habe wohl nur pro foro interno
zur Beruhigung der öffentlichen Meinung gefprochen, die durch
die abanessche Aufrubrbewmequna in begreifliche Aufreaung
vert mrnorden soi
v
Gerichts voltzieher im Kriegsministerium.
m11. Olt. Einen fur ein Ministerium etwas felt⸗
esuch erhielt gestern das italienische Kriegsminifterium.
2rdo Ministeriume skatte ine-un nc 3
ichtsoeschluß gegen die Behörde erwirkt, da eine Summe an
hn nicht zur bestimmten Zeit gezahlt worden war und einen
ßerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragt. Da der
Triegsminister nicht anwesend war, verweigerten die Minitteriai⸗
deamten dem, Gerichtsvollzieher das Recht, pfandbace Stuge mif
seinem Siegel zu versehen. Der Beamte drohte mit der Polizen
und erst nach langen Verhandlungen gesong »5. ihn mn 24
Stunden au vertrñiten.
Eine Brandlatastrophe auf hoher See.
M. Liverpool, 11. Okt. Die Cunardlinie hat heute früh
um 6 Ahr 29 Min. ein drahtloses Telegramm von ihrem Sampfer
Carmania“ erhalten wonach, wie schon kurz gemeldet, der der
Uranium-Linie gehörige Dampfer „Volturno“, der auf
der Fahrt nach Newyork begriffen ist, am Morgen des 10. Okt.
um 98 Uhr 20 Min. morgens 48 Grad 25 Vin. nordlichet Breit⸗
und 834 Grad 33 Min. westlicher Länge in Brand geraten und
m Stich gelassen worden sei. Die Zahl der Personen, die durch
10 zur Hilfe geeilte Dampfer gerettet worden sind. beträne
Carmania“ 14 Personen,, La Tourgine 40. „Minneapolis“
30, „Kappahannod“ 19, Cʒar 102, „Narragansett“ 29, „Aevo—
man“ 59. Kroonstabte 0, Großert Kurfurst 105 und Senyd⸗
itz“ 36. im ganzen 521 Personen. Unwoillstaͤndige Listen der Ge
retteten befinden sich an Bord der Carmanias und werden
yon , Queenstown abgesandt werden. Der Proviammeister der
Volturno“ nennt folgende Zahlen der an Bord befindlichen
bersönen: 24 Passagiere J. Klasse, 520 Passagiere 3. Klasse
ind 983 Mann Besatzung, insgesamt 657 Personen. Bon dem
dampfer „Kroonstadi“ wurden aufgenommen' der Kapitän, der
rste. der zweite, der dritte und der fünfte Ingenieur und
wer Telegraphisien. An Bord des „Narragansett“ befinden
ich die Bäcker und der Steward der 3. Klaffe, an Borde des
Czar“ der Proviantmeister und der Arzt, an Bord des „Großer
durfürst“ 19 Personen, deren Namen noch nicht befannt sind
W. London. 11. Okt. Die Evening News berichten aus
bauard: Als der Dampfer Carmanig“ den dihtlofe
Hilferuf vom, Volturno“ empfing, setzte er sich mit Bolldampf
in Bewegung. WMiit Einstellung von“ mehr Heizern machte er
20 Knoten gegen einen rasenden Sturm. Er erreichte den „Vol⸗
urno“ am Mittag und fand ihn im Vorderteif in heftigen
Flammen. Das hrennende Schiff rolste heftig. Beim Versuch
echs Boote zu Wasser zu bringen kamen' jedoch nur zwe
pom Schiffe frei, während die übrigen vier durch furchtbare
Seen an dem Schiff zerschmettert wurden, wobei alle In
assen ertranken. Tie Carmania?“ versuchte vergebens,
in Boot zum „Volturno“ zu entsenden und manövrierte inner—
alb 100 Fuß von dem brennenden Schiff. Man sah die Passa—
ziere eng auf dem Sinterteildes Schiffes zu—
ammengedrängit, während die Besatzung versuchte, die
x5lammen zu bekämpfen. Acht große Schiffe erschienen im Laufe
es Nachmittags. Als gegen Abend der Sturm sich gelegt hatte,
curden von dallen Sciffen Boote ausgesetzt, die aber den
Volturno“ nicht erreichen konnten. Als die Nacht hereinbrach,
rachte die „Carmania“ von ihrem Scheinwerfer Gebrauch, um
ie mit den Wellen kämpfenden Schwimmer und Boole aufzu—
inden. Um 9 Uhr brachen die Flammen mittschiffs durch;
eine Explosionserfolgte, worauf das Schiff dem Un—
tergang geweiht war. Es wird eine anschauliche Darstellung
don dem Schauspiel gegeben, wie der „Volturno“ von mächtigen
Tampfern im Kreise umgeben ist, auf denen Tausende von
Bassagieren sich auf Deck befinden, denen es infolge der hohen
See unmsglich war, Hilfe zu beringen. Bei Tagesanbruch
Swamm der,„Volturnos noch und feine Pafsagiere waren nod
nmer auf dem Hinterdeck zusammengedrängt. Der Seegang
zatte wesentlich abgenommen, Eine Flottille von Boosen un
dab nun das Heck des „Volturno“ und bedgann das Rettungs⸗
nori.
V, Seeinen, 11. Okt. Vom Dampfer „ßFrotzer Kur—
ü rest“ des Norddeutschen Llohd ist folgendes drahtloses Tele—
romm von der Unfallstelle des Dampfers Voliuras einge
rofsen:
Donnerstag abend 8 Uhr. Empfingen Zilferufe vom
Dampfer „Vosturno““ 4 Uhr nachmittags. Auf 48,50 Grad
iordwestlicher Breite und 35,6 Grad weinlicher Länge wurde die
Volturna“ in brennendem Zustande gefundendDas Feuer
egann anscheinend durch eine Explosion im Vorderschiff. wo
ei verschiedene Passagiere und Wannschaften getstet wurden
1 Dampfer, besinden sich an der Unfallstelle. Es weht heftiger
Nordnordweststurm bei hoher See mit Dünung. ZweiBodtte
des „Großen Kurfürsten“ waren die ganze Macht von 9 Ukbn
ibends bis 324 Uhr früh unterwegs. Eine Annäheruig an
das Wrad ist fast unmöglich. Die Rettung ist nur ducch Veber-
ordlrringen möglich. Wir retteten noch weiter 68 Perfonen.
Die Vollurno“ sandte ein Boot mit fünf Personen, welches
8 Jommen wurde. Das Boot fank oleich darauf. Vom
DAken Kurfürst“ waren insgesamt 86 Passagiere, 2 Offiziere,
ꝛic Aaschirist und 16 Matrosen gerettet. Von allen Schiffen
zusammen gerettet wurden 523 Personen. Zirka 100 Personen
verden vermißzt. Die „Carmarnia“ und die Touraise“ suchten
die Unfallstelle ab nach zwei vollbesetzten Booten des vot
hurno“. Ersfoig unwahrscheinlich. Das Wrack der Voitueny“
bleibt für die Schiffahrt gefährlich. Die Schiffbrũchigen sin?
versorat und aut plaziert und haben die Reüe fort
qesekt.
i
Die Pest in Jolohama.
Tofio, 11. Okt. Bisher sind in Jokohama sieben Todes—
fälle an Pest festgestellt worden. Die Polizei hat 2000
Ratten vaernichtet, von denen viele infiziert waren. Umfassende
anitäre Naßnahmen sind ergriffen worden.
W. Kiel, 17. Okt. Das Schwurgericht verurteilte den
Arbeiter Voß wegen verfuchten Mordes und versuchten Tod—
chlages, begangen an seiner Frau und seinem Sohne zu 3 Zahren
Zuchthaus und 10 Jahren Ehrperlust.
WV. München, 11. Okt. Der Prinzregent richtete
an den bayerischen Gesandten Grafen, von uünd
zu Lerchenfeld in Berlin anläßlich seines siebzigsten
Heburtstages ein Handschreiben, in dem er ihm für die
treuen, unschätzbaren Dienste, die die Geschichte Bayerns déereinsi
ehrenpoll verzeichnet, herzlich und aufrichtig dankt. Es heißteu
a.: Ihr gleichzeitig auf die Pflege des Reichsgedankens wie
auf die Wahrung der Interessen des Heimatstaates bedachtes
Wirken gestaltete Ihre Tätigkeit als Mitglied des denschen
Bundesrates zu einer für das Reich und Banern in lelstenem
Grade ersprießlichen.
W. Haag, 11. Okt. Die Einsetzung eines Schie 554
zerichts zwischen Frankreich, England und Spanien einer⸗
eits und Vortugal andererseits, ist vorbereitet worden, das sich
nit der Frage der Konfiszierung von Eigentum
der zu den obengenanmten Staaten zugehörenden Kongre—
dationen, die seitens der vortuaiesischen Negierung er⸗
folgt ist, beschäftigen Joll.
W. Kiew, 11. Ott. Ritualmordprozeß. Der Staats⸗
anwalt fragte den Zeugen Schutzmann Leschtschenko, ob der
Umstand, daß er bei der Auffindung der Leiche aus der Jacke
des Getöteten einen Leinwandlappen herausgezogen und daun
vieder in die Tasche zurückgestekt habe, im Polizeiprotokoll
ufgenommen worden sei. Der Zeuge erinnerte sich nicht daran.
Dder Staatsanwalt bemerkt, der Lappen habe eine grohe Be—
veutung. Auf Antrag des Verteidigers Grusenbera wurden
dielo Marte NeAιJa α*
Buntes Allerlei.
C.K. Die Zucht des kostbarsten Pelztieres. Das gewalti
Steigen der Preise für die edleren Pelzsorten und die —*
Zefahr, bei der unaufhörlichen Jagd gerade die seltensten um
chönsten Pelztiere ausgerottet zu sehen, haben in Kanada und in den
Vereinigten Staaten in den letzten Jahren bekanntlich zu mannig
fachen Versuchen geführt, Edelfüchse zu hegen und zu züchten. Bo.
sonders der Schwarzfuchs, dieser kostbarste und zugleich empfind.
ichste Vertreter seiner Gattung, ist der Gegenstand sorgsamer Pfleg
jeworden. In der Natur macht der gegenwärtig in Kanada weilendo
Brofessor Trouessart einige interessante Angaben über die bisherigen
Erfolge dieser Experimente und über die beispiellos hohen Preise, di
erfolgreiche Züchter dabei erzielen können. Die ersten Fuchsfarme
vurden in der Gegend von Neufundland und von Maine angelegt
iber die Erfolge waren unbefriedigend, und um bittere Enttäuschun⸗
obereichert gab man hier mit der Zeit den Versuch auf. Im Gegen
satz dazu ergaben die Versuche der Züchtung dieser kostbarsten Pelz
tiere auf der Prinz⸗Ebduard⸗Insel an der kanadischen Küste
des Stillen Ozeans sehr gute Resultate, die sich in dem nun von den
Landwirtschaftskommissar veröffentlichten amtlichen Berichte spiegeln
Alljährlich veranstalten bdie Schwarzfuchszüchter große Versteigerungen
zu denen die Verkreter der größten Pelzhäuser Europas, vor allen
Deutschlands, Frankreichs und Rußlands, herbeieilen. Um die schöner
Felle entspinnen sich oft heiße Kämpfe, aber die stattlichen Summen
ie für sie angelegt werden, erscheinen fast bescheiden, gegenüber den
närchenhaften Preisen, die für lebende Schwarzfüchse bewillig
verden. 1912 wurde für ein Paar auf der Prinz Eduard⸗Insel ge—⸗
üchtete zweijährige Schwarzfüchse ein Vermögen von nicht wenige⸗
als A 104 000 angelegt; und für ein zweites Paar gleichaltrige
Tiere erzielte der Besitzer M 82 000. Die im leßzten Frühjahr ge
zorenen kleinen Füchse haben Preise erreicht, die zwischen 36 00
»emd M 40 000 schwanken, und in einem Falle hat ein Liebhaber
bereits A 32 000 für ein Fuchsbaby bezahlt, das erst geboren werden
joll; für die angelegte Summe genießt er das Vorrccht, unter den
von einer bestimmten Füchsin zur Welt gebrachten Kleinen das
Exemplar auszusuchen, das ihm am besten gefällt. Diese Ziffern
zeigen, welche gewaltige Gewinne die Züchter einheimsen, die ihre
ersten Exemplare im Walde fingen und kaum nennenswerte Ausgaben
haben, denn um eine Fuchsfarm zu errichten, brauchen nur ein paar
Schuppen gebaut und das Gelände umfriedigt zu werden. Die
Erfolge dieser Amateurzüchter haben jetzt dazu geführt, daß da⸗—
Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten dem Problen
der Züchtung der kostbarsten Pelztiere seine Aufmerlsamkeit zuwandt
und im Nationalpark in Washington Versuchsstationen errichten ließ
in denen sowohl Schwarzfüchse wie auch Hermeline gezüchtet werden
Die Züchtung der Moschustiere, deren Fell in der Pelzindustrie cim
so große Rolle spielt, hat so günstige Ergebnisse gezeitigt, daß an de
Ostgrenze von Maryland in den dortigen Sumpfgebieten im Lauf
der letzten zwei Jahre eine ganze Reihe von großen Farmen enr
standen, die sich nur mit der Zucht des Moschustieres beschäftigen
Die Statistik hat gezeigt, daß die Gewinne der Farmer auf diesem
jür die Landwirtschaft ohnehin unfruchtbarem Gebiete ungleich größer
sind, als die Erträanisse, die der fruchtbarste vollbebaute Boden des
Staates hringt.
m. Postkartenunkultur. Man mag die feinsten modernen Restau—
rants besuchen, die mit edler Ausstattung nicht sparen, die schönes
dolz, echte Wandstoffe, gutes Kristall, Silber, wertvolle Teppiche,
iederne Klubsessel, reichen Blumenschmuck und alles aufwenden, was
neue Innendekoration bietet und der Geschmack eines guten Publikum⸗
verlangt; man mag in ein gutes Café gehen, in Bürgerbräus und
gewöhnliche Kneipen — in einem Vunkte sind sie alle gleich, in der
Postkartenunkultur. Was da durch die ausbietenden Postkartemnänne
und ⸗»ꝛiungen geboten wird, spottet jeder Beschreibung. Hier hör!
plötzlich der Geschmack auf, die Macht, oder sagen wir, die Aufmerk
amkeit des Besitzers und Chefs hat ein Ende, und der gewöhnliche
Beschmack des Karten⸗Boys setzt ein. Und dieser rechnet mit den
olumpften Instinkten der Besucher. Es scheint in den Großstädten
eine besondere Fremdenpostkartenindustrie zu geben, die auf die
diummsten Provinzler berechnet ist, als ob in der Provinz nicht auch
geschmackvolle Menschen säßen. Man prüfe das Postkartengestell oder
albunn, das herumgetragen wird, einmal nach. Der Dackel mit dem
elastischen Schwanz, der Leutnant aus den Fliegenden des vorigen
Jahrhunderts in dämlichster Zeichnung und grellsten Farben, Maxr
und Moritz, die Frau in bder Badewanne, das Paar unter der Brause.
Wer nennt die Stoffe alle, die auf diesen Postkarten ihre Verherr
ichung finden? Städteansichten treten gerade in feinen Lokalen ganz
zurück, dafür werden ganze Reihen solcher Schlagkarten ausgeboten.
Und wenn man fragt, ob die Karten denn gekauft werden, heißt es,
siie gehen glänzend, und der Boy zeigt einem verschmitzt irgend eine
skarte, bei der durch Verschiebung ein fauler Scherz entsteht oder
ꝛtwas Unsittliches hervorkommt. Ob es nicht endlich auch zur Kultu
eines feinen Restaurants gehört, daß es, ebenso wie es die Boys guß
leidet und ihnen gute Manieren beibringt, auch ihre Karten auf den
Beschmack hin revidiert. Man kann nicht verlangen, daß sie Künstler⸗
Postkarten und andere wertvolle Kartendrucke führen, aber man kann
auf Beseitigung der lächerlichen Produkte bringen. die den Stand un
den Geschmack des Besuchers beleidigen.
A.B. Erbauliches von der russischen Post. Aus St. Peters
burg wird uns geschrieben: Die Frage, warum in Rußland so viel—
Briefe verloren gehen, hat dieser Tage eine höchst eigenartige, abe
cchlagende Beantwortung gefunden durch zwei Vorfälle, die sich ir
zwei ganz verschiedenen Teilen des weiten russischen Reiches ab
spielten. Erster Fall: Odessa. Eine Gruppe von Personen um
stand bort den Waggon des Kiewer Kurierzuges, in dem sich ein Post
kasten befindet. Die Tür bes Postkastens war geöffnet. Aus der
Offnung zum Einlegen der Briefe ragten Briefschaften hervor, als of
der Kasten vollgepfropft wäre. Der Gendarm rief den Postbeamten
herbei, und dieser nahm den Postkasten aus ber Nische heraus. Es
erwies sich folgendes: Der Postbeutel war keineswegs voll, sonderr
mr die Offnung war vollgestopft. Hinter dem Postkasten aber und
mter ihm lag eine Menge alter Briefe, die beim Einlegen
ieben den Postbeutel geraten waren, umd somit nicht an ihre Adresse
gelangen konnten. — Zweiter Fall: Riga. In der dortigen Eisen
bahnwerkstatt sollte der Postwagen Nr. 764 repariert werden. Als
man ben Diwan von ber Wand löste, fand man eine Menge ge—
zffneter Briefschaften, mnd zwar nicht nur an Privatpersonen adres⸗
ierte, sondern auch geheime Schreiben der Gendarmerie!
Die Briefschaften stammten aus dem Jahre 1911 umd der Wagen
war von da ab stets im Betriebe gewesen. — Rußland scheint danach
bas Nond hber Priefe zu sein. bdie ihn nicht erreichten“
—
Mas ιαα ιιν
EAM . ι —