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Wohen enal (Wochentags morgens und 5292 3 Anzeigenpreis Ausgabe 4 und B) sür die
abenos, Sonntags morgens) erscheinend. Bezugs⸗ 2 d *7 5 Zeile 2 Pfg. Kleine Anzeigen Arbeitsmarkt usw.)
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Beilagen: Vaterstãdtische Blätter. — Der Familienfreund.
Amisblatt der freien und Hansestadt Lübed 162. Jahrgang Nachrichten für das Herzogtum Lauenburg, die
Beiblatt: Gesetz und Verordnungsblatt tee nee e e gürstentümer Ratzeburg, Lübec und das angren⸗
22 vor Jahre ab, befindet si
— s pp—p—— zende mecdlenburgische und holsteinische Gebiet.
DMruc und Verlaa: Gebrüder Borsens G.m. b. S. in Lũubed. — Geschãtsstelle Bdret haus Gõniastt. 46) ernvrecher 0 u. 00
Ausgabe . Giose Ausgabe) Dienstag, den 9. Januar 1912. abend⸗Blatt Ur. U.
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3 Arbeiterkolonien, um dem Schlimmsten abzuhelfen. Die Ge— Volkes Wir haben in Deutschland ungefähr 500 Quadrat-
Erstes B latt. hierzu 2. Blatt. werkvereine und Verbände richteten Arbeitslosenunterstützungen meilen Moor⸗ und Oedland. Auf diesen ließen sich 70000
— — — ein und zahlen jährlich ungefähr 20 Millivnen an stellen- bãuerliche Familien ansiedeln und viele Tausende Seimstätten
Umfang der heutigen Nummer 6 Seiten. lose Mitglieder aus. In besonders bösen Zeiten bieten die Groß— für Arbeiter Sandwerker, Beamte, Gewerbetreibende, vor allem
— — —222o — —— städte Notstandsarbeiten an. Und in den Armenlasten der für Gärtner errichten. Die Fleischnot, die Lebensmittelteuerung
Nichtamtlicher Ceil. Städte ist vor allem die Arbeitslosensürsorge versteckt. Berlin würden erheblich sinken. Die vielen Millionen, die für Obst
A.. allein gibt jährlich 22 Millionen an Almosen her. Ein be— und nn ins Ausland gehen, r n nte Teil bß
3 3 trächtlicher Teil ist indirekte Arbeitslosenfürsorge. Denn die deutschen Volle erhalten bleiben. Vor allem die riesige
Was sagen unsere Lũhbecker Genossen über a des Arbeitslosen muß von der Armenpflege unter— Summen, die für Arbeitslosenunterstützung werden
ünm; 3 halten werden. Eine Schätzung aller in Betracht kommenden önnten zum Nutzen aller produktiv angelegt werden. Di
solgende günstige cösung de * Problems h ergibt, daß in Deutschland jährlich mindestens eine Arbeitslofen, soweit sie Arbeit suchen, brauchten dann nicht
der Arbeitslosigkeit 7 Milliarde zur Unterstützung an Arbeitslose und ihre An— zu verkommen, die Behörden, Vereine und Privatpersonen
gehörige gezahlt wird. Eine riesige Summe, die vollswirt- würden von der lästigen Almosengeberei befreit und dem Deut⸗
euen Jan. schafklich durchaus unrichtig ausgegeben wird. Für eine Lei— schen Reiche Lann im Frieden eine neue blühende Provinz er—
Unsere Lübecker Genossen haben wiederholt den stung wird keine Gegenleistung verlangt. Das aber muß das obert werden. Und das alles ohne erhebliche Kosten, denn
bürgerlichen Kandidaten Herrn Klein angezapft, sich klipp Ziel jeder guten Wirtschaft sein: große Mittel nicht nutzlos, das kultivierte Oedland lohnt die hineingestedten Kosten reichlich
und klar für die Arbeitslosenversicherung auszu— nicht unproduktiv auszugeben. Tie Folge ist sonst stets eine durch den entstehenden Mehrwert.
lprechen. Wir sind überzeugt, dah ihnen dabei mehr daran traurige und zwedlose. Siehe das betrübende Ende so vieler In England hat der Minister Lloyd George den Gedanken
lag, Agitationsstoff gegen die bürgerliche Kandidatur zu be— Arbeilsloser als Asylbrüder, Schnapssäufer, Verbrecher und aufsgegriffen und schon zu einem Gesetz verdichtet. In Deutsch—
commen, als eine glatte Zusicherung in bezug auf die Förderung Verzweifelter. sand wäre zu wünschen, daß bei dieser die Landwirtschaft,
bieser Idee. Wissen sie doch am besten selbst, daß der deutsche Für die Unterstützung sollte also Arbeit verlangt Industrie Handel und Arbeiterschaft gleichmähig angehenden
Städtetag sich gegen dieses Projelt ausgesprochen werden. Oder vielmehr: es sollte Arbeit geboten werden, die Und wichtigen Angelegenhait die Behörden jede bureaufratische
hat, und dahß die kurzen Erfahrüngen einzelner Städte wie Straß- gut und ortsuüblich entlohnt wird. Ist es nun möglich, soviel Bedenklichkeit aufgeben und der guten Sache etwas Geld bereit—
burg und Köln keneswegs ein abschließendes günstiges Urteil Arbeit, ja überhaupt Arbeit für die MWbeitslosen zu beschaffen, stellen. die gute Aussichten bietet, dem Gemeinwohl tausend—
zulassen. Soffentlich haben sie sich auch das interessante phne anderen die Arbeit fortzunehmen sache Zinsen zu bringen.
sozialdemotratische Charlottenburger Eeper Ja. der Verein für soßiale innere Kolonisation Deutsch— An der leilwesen Arbeitswilligkeit und Fähigkteit der
riment gemertt das dort schließlich zur Ablehnung des lands E. B. der auf Vorschläge oes Herrn v. Kaphengst-Kohlow Arbeilslosen darf jedenfalls nicht gezweifelt werden. Daos
aldemoratischen Antrages auf Einsührung der städtischen uind des Schriflstellers Hans Ostwad begründet worden ist, Komileemitolied De. Christopp, Sannover, beschäftigt seit
Arbeitslosenversicherung fuhrte. Zeigte es doch, däß es der hat einen richtigen Weg zur Sosung des schwierigen Problems Monaten in Eschede 30 bis 40 Mann bei der Urbarmachung
dortigen Sozialdemokratie vor allem darauf gefunden. Er beschäftigt die Arbeitslosen bei der Urbarmachung bon 100 Morgen Moor, die er im Auftrage des Besitzers
ankam, auf diesem Gebiete den herrshenden bon Moor⸗ und Oedlad lulliviert. Die Leistungen der Leute, unter denen Maler,
Einfluß au berommen, wober s den burarrlih So löst er mehrere Fragen der modernen Volkswirtschaft Handschuhmacher und andere lädtische Gewerbe zu sinden
Kreisen mit groker Bereitwilligkeit und mit in einer Tätigkeit: Anslattl des verderblichen und erniedrigenden seien. sind zufriedenstellend Sie verdienen im Alkord 38 bis
dem arbten Entgegenkommen das Zugeständ— Amosens git e n beahle ben. Den bisher ungenußt i die Sunde
nis machten, den Sauptanteilder swat daliegenden Boden verwandelt ec in Kullurland, das reiche Die Wissenschaft und auch die Praktiker haben den
rin gen zu n Wir gehen uuf die u a Erträge abwirft. Und er schafft für geeignete Arbeitslose“ Wert des Unternehmens erkannt, dem Komitee für Durch—
lich gewesene Paral ele gar nicht näher n um den serren Genvsu. sowohl wie für ortsansässige Arbeiter, Gärtner, Gewerbe— führung der Pläne gehören an u. a.: Exz. Ministerial—
die schon jetzt mehr als nötig über unsere Zeitung empört sind, reibende und Landwirte neue Heimslätten und Erwerbsgelegen— direktor Dr. Thiel, Professor Schmoller, Professor Tade,
n nicht zu nahe zu treten. Wir hoffen und erwarten sogar jeiten. In seiner Kulturarbeitsstätte Reppen, die er nur mit Professor Schnoor, Professor Ad. Wagner, Professor Som—
dal sie mit der solgenden Zuschrift — — einmar Hilfe der besonders sogial fühlenden Stadt Charlottenburg bart, die Minister von Berlepsch, von Bodmann, von Mayer,
unsere Auffassung tellen werden. Velonders t selt und wohlhabender Berliner errichten konnte, beschäftigt er die Bürgermeister Dominicus (Schöneberg), Wallraff GKöln),
gestellt ist. daß nicht Fleischvergiftung, sondern der Fusel die inen groben Trupp grohsadtischer Urbeusloser. Sie erhalten dr. Reide Balin, Abgeordnete aus allen Parleien, der
Ursache der Vergiftung im Berliner Afnl war werden sie nit einen Tagelohn von 2—8 M, werden gegen 1 Metäglich gut Präsident des Deutschen Arbeiterverbandes für die Landwirt—
unehrlicher Herr Ledebour selbst und seine Genossen und reichlich verpflegt, nicht in Kasernen- oder Kantinenmanier, schaft Conze, mehrere Direktoren deutscher Versicherungs-
Reichstage sein, und anerklennen mit allen übrigen Parteien sondern auf gut bürgerliche Weise und sollen auch Gelegenheit Anstalten und viele Volksfreunde und Praktiker aus allen
des Reichstages, daß das folgende Projekt praltisch zur Fortbildung und zur eventuellen Rügkehr in ihren früheren Kreisen. Im Reichstag erklärten alle Parteien,
durchführbar und empfehlenswert äst. Und wenn Beruf finden. Ist das Land urbar gemacht, wird aus einem auch die Sozialdemotraten, ihre Sympathiemit
sie noch ein übriges tun wollen, so zahlen sie sogar einen kleinen Teil eine kleine Gartenstadt für Einheimische oder geeignete den Plänendes Vereins fürsoziale innere Kolo—
an aus ihrer Gewerkschaftskasse an die am Ende ange— „Kulturarbeiter“ errichtet, auf bem anderen Teil wird eine nisation und erkannten an, daß seine Tätigkeit die
führte Adresse. Dann lesten lie wirllich einmal praktische Mit grohe Spargel- und Obstplantage angelegt. wichtigste soziale Arbeit der Gegenwart sei. So ist nur zu
arbeit und schimpfen nicht mehr. sondern sie slimmen au, wir Der Ban der Mbelersellen die Bahäftigung der Arbeits— wünschen dab recht viele Vollfreunde seine Wirksamten
wollen nicht sagen, sie loben, denn das können sie nur schwersten losen und die Urbarmachung des Bodens bringt besonders durch Beitritt zum Verein unterstützen, dessen Geschäftsstelle
Serzens. dem Orte Nutzen, in dem eine solche Kulturarbeitsstätte er— sich Zehlendorf, Karlstraße 28, befindet, und daß nicht
In der uns zugegangenen Zuschrift selbst heißt es richtet wird. Viele Handwerker und Gewerbetreibende können Mißgunst und Böswilligkeit seine segensreichen Absichten stören
über die Beseitigung der Arbeitslosigkeit: beschäftigt werden und Verdienst finden bi der sich allgemein und so verschulden, daß England uns shließlich auf diesem
„Das Problem der Arbeitslosigleit und seiner traurigen Folgen, hebenden Geschäftslage und der Wertsteigerung des ehemals wichtigen Felde gesunder vollswirtschaftlicher Ar beit über—
des großstädtischen Asylelends, beschäftigt die Wissenschaftler, unfruchtbaren Bodens. flũgelt.“
die Politiker und vor allem die mitfühlenden Vollsfreunde Im großen gesehen aber bedeutet diese wichtige soziale — —
schon seit Jahrzehnten. Vastor Bodelschwinah gründete die Tat einen ungeh uren Kulturfortshett deos gesemten deu schen
— ——2 IrAIS
Sulamith Plötzlich zuckt sie zusammen. Oder war nicht sie es, die, von jenem Shuß getroffen, zu
Sie hört Sidi Assads zornige Stimme. Und dazwischen die Boden sank? War es vielleicht er selbst, der verwegene
Ein Roman n moeernen Tunis. weiche, flehende des Beduinenmãdchens. Beutejäger? ...
Von Erich Friesen. Immer erregter werden die Stimmen, immer lauter. Nichts gewahrt Sulamiths Auge von all den Bildern
(28. Fortsetzung.) Machdrudh verboten.) Zrht in eun 0 voll Leben und Kolorit rinasum.
— — Ein dumpfer, schwerer Fall ñß —— 55 ——
„Ach, hohe Herrin, — Sie wissen nicht — — ich liebe To des bleich will Sulamith zurückeilen Nur nach innen i1 ic gerichtet, und was sie da
a Sidi Assad so wahnsinnig ... mein Leben möchte ich sür Der Eunnqhe aber sie bei ve and und zieht sie mit erblin erfullt sie mit Grauen
ihn hergeben!.. Ich bin ihm hierher gesolgt, in seinen sansice 6 die zieht sie Und weiter und weiter irrt sie — —
en eppe hinab. d
Harem, weil ich nicht ohne ihn sein kann. . . Aber er Dies int bein Bii fr Sie. hohe Herrin. Verlassen Jetzt steht sie vor der den Moschee.
er denkt gar nicht mehr an die kleine Nerida, seit er die In Haus des Unglüds so rasch wie möglich! Sie haben In feierlicher Langsamleit ertönt von einem der hohen
schöne Sulamith lennen gelernt hat. Nur bei der stolzen sichts geh und mchls geseben dergessen Sie das nichn Minaretts die Stimme des Vorbeters, der betend die HSände
Palme weilen seine Gedanlen. Das arme kleine Blümchen has Sile auqh morgen fahren mögen!. ⸗ Osten hebt:
am Wese, so gern erfreuen möchte, wird achtlos Er bffnet die Saustür und schiebt sie auf die Straße. „Allah ist groß! Kommt zum Gebet!“
ie eh u e wirkt dn Und Sulamith tritt hinaus in die Nacht — ein mude ge⸗ Vor den Stufen der Moschee sindt Samith nieder. Was
urnn e elo hehtes, verzweifeltes Weib es sie daß es leine Kirche ist, sondern nur eine
Liebevoll faht Sulamith den reizenden Kopf des Be— Frousaun das Schidsal ihr kurzes Lebensglũd mit Moschee! Es ist ein Gotteshaus, ud zu ihrem Gott betet
buinenmädchens und slreicht beruhigend über das schwarze einen grauen Schleier nach dem anderen. 335127 sie, der allgegenwärtig ist·
asn dodeng Wird es das schwarze Bahrtuch ewigen Entsagens darüber Und die Mohammedaner. die sonst jeden Andersgläu—
widerrnstige pcengenirr. breiten? bigen voll fanatischem HSaß aus der Nähe ihres Heiliglums
„Ruhig, Kind! Ruhig!Sagtest du nicht, du könntest 18. jagen — sie wagen sich nicht heran an das schwergebeugte
ni en aus diesem elnn ve u ee ger vera: gte,
erida schnellt empor. Dann redct sie ihre zierliche Ge— icht! een n en 3
llalt auf den Zuhspihen big u Sulamihs Ohr. Am nachslen Morgen. nd i n en er e
„Mein Oheim ist Eunuche im Harem Sidi Assads —“ Es regnet. Der Himmel weint. Und mit ihm weinen nhen die ehe alt lachle
fiüstert sie hastig — „er wird mir helfen, Sie herauszu- Bãaume und Blumen. an ee ee 22 —
jassen — aus Debe zu der lleinen Nerida!“ Planlos irrie Eulamith die lehten Stunden in Tunis Zum erstenmal begreift sie s die guten Schwestern
Rasch öffnet sie die Tür, späht ängstlich nach allen Seiten umher. Was sie in dieser Nacht erlebt — es ist an Leid in der Klosterschule sie stets nergehens zu lehren versuchten:
und zieht dann Sulamith mit sich in die Halle. und Schrechen genug, um ein ganzes Menschenleben damit aus- Erziehung ist: Erziehung zum Schweigen. Selige Ruhe
Am anderen Ende des hellen Ganges taucht ein Mann auf. zufüllen. liegt über allem Vollendeten. Nur die schweigende Ueber⸗
Nur einen Blich wechselt er mit Nerida — dann winlt er Armin — tot! Und tot vielleicht auch das liebliche Be— windung des Lebens gibt dem Menschen die höchste Würde!“
schwelgend der hohen Frauengestalt, die opfenden Herzens duinenmädchen, das seine Hilfsbereitschaft und seine Leiden— Neu gestärkt erhebt sie sich von ihren Knien. Eine wunder-
mit ihm davoneilt schaft für jenen wilden Wenteurer mit dem Leben hühen mußte. lsame Ruhe ist über sie gelb nen.