Full text: Lübeckische Anzeigen 1912 (1912)

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Bestel geld 8,30 Mart. Eingeluummern 10 Vls. Ga be i 
— — — Beilagen: Vaterstãdtische Blãtter. — Der Familienfreund. 
Amtsblatt der freien und hansestadt Cũbed 62. Jahrgang Nachrichten sür das Herzogtum Lauenburg, die 
Beiblatt: Gesetz⸗ und Verordnungsblatt gũrstentũmer Ratzeburg, Lũbecl und das angren⸗ 
e p ν-—- — ⏑ öú/ú’s zende meclenburgische und holsteinische Geblet. 
Druct und Verlag: Geiroder Bearkhers G.em. b. B. in 2Dabed7faus Göniastr. 46). Fern sprecher 9000 u. 9001. 
Ausgabe M. Große Ausgabe) Donnerstag, den 17. Oktober 1912. Abend⸗Blatt Ur. 528. 
7.4. vh senes vanen ve T — pr e 
3 eines Vaters der neuen Fraktion an, die man als die Linke verstärkt worden, denn bereits im Mai verlautete aus der 
Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt. des Herrenhauses bezeichnen kann, während die schlesischen Umgebung des Grafen Berchtold, daß dieser die Situation 
e eeUEuI. —e— — Feudalen mit geringen Ausnahmen Gatzfeldt, Carolath usw) und die Vorgänge in den Ballanstaaten als äußerst kritisch 
ec beltigen Nummer 8 Siten 1 ur Rehen halten und nun shr stimmen Linowatn hat inn benate ne e n e eee e ehe 
Nichtamtlicher Teil. Herrenhause wiederholt das Wort ergriffen und sich dabei als Die jetzt bewilligten Militärkredite sind demnach nur die 
Mann von freier Denkungsart gezeigt, wodurch er bei seinen Fosae einer geschidten Ausnutzung der augenblicklichen Lage 
tkatholischen Glaubensgenossen auf der Rechten Anstoß erregte. durch den Kriegsminister. Angesichts der Vorgänge am Balkan 
Weiteres über den neuen deutschen Auch bei anderen Anlässen hat er dem Zentrum nicht zu Munde war es ihm verhältnismäßig lescht, einen Teil jener Summen 
geredet, im Gegenteil aus seiner Abneigung gegen den politischen zu erhalten, die er und alle Nnhänger der Großmachtstellung 
Botschafter in London. Katholizismus nie ein Sehl gemacht. Er folgte danit den der Monarchie als das allernotwendigste für die Ausgestaltung 
Als durch das unerwartete Hinscheiden des Frhrn. von Spuren seines Vaters, der als Reichstagsabgeordneter sich der unserer Wehrmacht erkannt haben. 
Marschall der Londoner Botschafterposten frei geworden war, Reichspartei zugesellt hatte mit dem Herzog Viltor v. Ratibor, Von den 205 Millionen sind u. a. bestimmt: 85 fuür 
begann in der Presse das übliche Hin- und Serraten, wer dem Grafen Frankenberg und anderen schlesischen katholischen artilleristische Zwede, darunter für Gebirgskanonen, Zugautos 
wohl zum Nachfolger erkoren werde. Aber das Verfahren Adligen. usw, ungefähr 30 für fortifikatorische Arbeiten, 10 für Kriegs- 
wurde bald eingestellt, weil man sich sagte, daß es ziemlich Fürst Lichnowsky, der jetzige Botschafter, blieb auch in flugapparate und für aviatische Zwecke überhaupt. Aus den 
gleichaültig sei auf wen die Wahl fallen werde. Mit Mar— seiner Vereinsamung in Oberschlesien in ununterbrochener Ver— Anschaffungen für die Marine im Betrage von 80 Mill. sind 
schall war unser fähigster Diplomat dahingegangen und aus binduna mit den Berliner politischen Kresien und insbesondere zu erwähnen: zwei Donaumonitore, zwei Patrouillenboote, sechs 
der Reihe der uns noch verbliebenen Diplomaten vermochte mit dem Auswärtigen Amte. Er hatte oft Bundesratsbevoll— Hochseetorpedoboote, zwei Unterseeboote und ein stählernes 
keiner bisher sich durch seine Leistungen herauszuheben und mächtigte und Mitglieder des Alswärtigen Amtes auf seinen Schwimmdock von 40000 Tonnen Hebekraft, das um den 
das allgemeine Interesse zu fessen. Im allgemeinen nahm Gütern als Jagdgäste. Andererseits war der Fürst auch außer— vorausgesehenen Preis von 83 Millionen jedoch nur im Aus- 
man an, daß auf den Botschafterposten ein Wedsel statt— halb der Tagungen des Serrenhauses manche Woche in Berlin. land zu beschaffen ist. 
finden würde, dab also ein bereits amtierender Botschafter Daneben hat slich der Fürst neuerdings auch als Schriftsteller Gewiß werden diese Anschaffungen unserer Armee und 
nach London geschidt wüurde betätigt und sich wiederholt mit bemerkenswerten Beiträgen Marine sehr zugute kommen, und auch unsere Verbündeten, 
Das ist nicht geschehen, und das ist aut so. Im Interesse in angesehenen Zeitschriften mit Wärme für eine deutsch-eng— in erster Linie das Deutsche Reich werden aus den großen 
der Stetigkeit der auswärtigen Politik soll man einen Wechsel lische Verständigung ausgesprochen. Vielleicht iind gerade diese Opfern, die die Monarchie durch Votierung dieser Kredite auf 
in unserer Auslandsvertretung möglichst vermeiden. So bleibt Beiträge der Anlaß für Herrn v. Bethmann gewesen, den sich genommen hat, Nutzen ziehen Von den sofort zur Ver— 
also Graf Bernstorff in Washinaton Baron v. Schoen in Fürsten Lichnowsky dem Kaiser als den geeignetsten Nachfolger wendung gelangenden 816 Millionen entfallen auf Oesterreich 
Paris und Graf Pourtales in Petersburg. Nach London Marschalls für den Londoner Botschafterposten vorauschlagen. 51.9 auf Unaarn 29.7 Millionen 
kommt zur allgemeinen Ueberraschung Fürst Lichnowskiy, der 
mit dem Exzellenztitel vor einigen Jahren aus dem Aus— 5 
e ee le nee ee e ee Die österreichisch ungarischen Rüstungskredite. Was der gefangene Kommandant von dDetschitsch 
Guler zurüdgezogen hatten Fürst Achnowsky ist aus der Quslandsbrief unseres Rorrespondenten. erzählt. 
militärischen Laufbahn hervorgegangen. Er diente im Pots— Wien, 15. Ott. Der im montenegrinischen Hauptquartier in Podgoritza wei⸗ 
damer Leibgardehusarenregiment, der ursprünglichen Lieb— Die österreichische und die ungarische Delegation haben lende italienische Kriegskorrespondent Gino Berry berichtet im 
lingstruppe des Kaisers und schied als Rittmeister aus dem heute mit großer Einmütigkeit und nach verhältnismäßig kurzer Corriere della Sera von einer interessanten Unterhaltung mit 
Heere, um zur Diplomatie überzutreten. Soviel wir wissen, Debatte 205 Millionen Kronen als außerordentliche Ausgabe dem kriegsgefangenen türkischen Major, der sich nach verzwei— 
ist er im Ausland nie beschäftigt gewesen, jedenfalls nicht in für Amee- und Marinezwede bewilligt. felter Gegenwehr auf dem Berge Desschitsch der montenegrinischen 
einer selbständigen diplomatischen Stellung. Im Auswär— Welchen Sinn haben aber die eben bewilligten Militär— Uebermacht ergeben mußte. Er wohnt in Podgoriha im Sotel 
tigen Amt zu Berlin ist er der Personalienabteilung zuge— kredite mit Rücksicht auf die augenblickliche politische Lage, Eurove und wird kaum überwacht, da er sein Ehrenwort ge— 
teilt worden und hat darin bis zu seinem Ausscheiden gewirkt. im SHinblick auf den drohenden Krieg? Unwillkürlich muß geben hat, das Sotel nicht zu verlassen. Alle treten dem 
Welche Gründe ihn vor einigen Jahren zum Verlassen des man denken, daß es Mobilisierungskredite unter anderem Namen unglücslichen Offizier, dessen schlanke, vornehme Erscheinung die 
Auswärtigen Amts bestimmten, darüber ist nichts bekannt ge— gewesen sind. Aber für eine Mobilisierung sind diese Iumpigen“ Bliche auf sich zieht, mit achtungsvoller Freundlichkeit ent— 
worden. Vielleicht war ihm die Bearbeitung von Personal— Millionen viel zu wenig; für einen wirklichen Krieg bedeuten gegen; aber wenn ein Montenegriner mit einem höflichen Wort 
fragen zu langweilig und genügte seinem Streben nicht. Dar— sie fast nichts. Man muß also diese zwar sehr naheliegende an ihn herantritt, kann er nur mit einem ernsten militärischen 
aus mag ein Konflikt entstanden sein, aus dem der Fürst die Auffassung zurückweisen, zumal tatsächlich und entgegen allen Gruße antworten, da er nicht montenegrinisch spricht. Er sitzt 
Konsequenzen zog. Sicher war damals seine Befähigung für Gerüchten, wie ich aus bester Quelle erfahre, an eine Mobil— bei Tisch stets alleine, die beiden Plätze neben ihm bleiben leer, 
unseren schwierigsten Botschafterposten noch nicht erkannt. So machung auch nur einiger Korps in Oesterreich-Ungarn vorläufig am Sonntag leistete der Italiener dem einsamen Kriegsgefan. 
suchte sich der verhältnismäbig junge Fürst, der heute erst das nicht gedacht wird. Alerdings finden gewisse Truppen— genen bei der Tafel Gesellschaft. „Ich fragte ihn,“ so berichtel 
52. Lebensjahr vollendet hat, auf anderen politischen Schau— verschiebungen statt, wie dies wegen der Balkanwirren anders Berry, „ob er wüßte, daß Roghane in die HSände der Montene-⸗ 
plätzen umzutun und zur Geltung zu bringen. Eine Gelegenheit nicht möglich ist. Uebrigens bilden sie nur das Ende schon griner gesallen sei und er antwortete: „Nichts weiß ich,.“ 
dazu bot ihm das preußische Herrenhaus, dem er als erbliches seit längerer Zeit im Zug gewesener Transferierungen. Unfere und bat um Nachricht. „Die Eroberung des Forts und die 
Mitglied angehört. Er schloß sich bier getreu dem Beispiel südlichen und öästlichen Grenzwachen sind schon seit Monaten Ueberagabe der anderen ist durch die Eroberung von Detschitsch 
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erste, beste Stüch das ihm in die Hände kommt, und züchtigt solch einen Prozeß durchkauen. In Amerika drüben wäre diese 
Die Dollarprinzessin. den Beleidioen Sache in nnfgehn Vinen oberflahch abaetan worden Auf 
n aus der Gegenwart Höchst eigentümlich ist es, daß der Verletzte die von ihm eine Hand voll Recht oder Unrecht mehr kommt es dort dabei 
von Karl Döring. getane Aeußerung erst auf mein eindringliches Verhalten hin nicht an. Doch jetzt komm schnell in eine Droschke, Daisy 
Schluß) Machdhrud verboten.) zugegeben hat. Bedenken Sie den Gemütszustand meines verzehrt sich sicher vor Ungeduld und Angst.“ 
Ein derartiger Alt der Selbsthilfe wnn aber n ien Klienten bei der Verübung der Tat! Vater und Mutter kurz In wenigen Minuten langten Leide im Hotel an, wo 
geordneten Rechtsstaat auf keinen Zall geduldet werden und vorher gesorben seine Zaufbahn jan unterbrochen. Durch Dain sie mit Unruhe erwartete. Mit Freude bemerlte sie 
ungeahndet bleiben. Wohin sollte es führen, wenn die Justn en antihen Zufall aelinat es nun die Unschuld des Ver- sein strahlendes Gesicht 
als strafender und rähender Fanor volg ausgshalte ps schiedenen nachzuweisen und sein Andenken zu rehabilitieren. Nun, lieber Kurt?? 
Wir würden den Zeiten des brutalsten ind mitlelalterlichsten 3 — Vur nisnert en een 
Faustrechts entgegengehen, wenn diese Prerie allemein lichen Toten von neuem mit Schinitz zu bewerfen. Der Sie warf sich lautauffauchzend in seine Armte 
Geltung gelänge. Straferschwerend fur den Macklagten in Angenaate hatte ig da ein schlechter Sohn sein müssen, wenn Ninfhundert Mart· sagte Bradbury lchelnd einhun dert. 
auherdem noch seine hohere atademische Bildunge Er hane er nicht dem Beleidiger eine exemplarische Strafe angedeihen fünfundzwanzig Dollars! Drüben wäre er nicht so billig 
aus seinen philosophischen Sludien zunachst lernen mussen vaß ließ. Ich bitte, meinen Klienten zu einer Geldstrafe zu ver⸗ davongekommen! 
Selbslbeherrschung und Mas ianna die dalpigenden des vn urteilen, da die Tat ja eine Sühne finden muß, ihm aber Einige Wochen später fand im Tom die TDrauung Kurt und 
osophen bilden und demgemah handen solen. h brau⸗ das Gefängnis zu ersparen.“ Daisys statt. Eine lange Reihe von Neugierigen bildete draußen 
trage, den Angeklagten zu einer Gefinganisstrafe von einem Nach Replik und Duplik des Staatsanwalts und des Ver⸗ Spalier, um das Dollarprinzehchen zu bewundern, das im 
Monat zu derineen« teidigers zog sich der Gerichtshaf zur Beratung zurüch. Kurt schweren Seidenkleide erschien und mit dem Myrtenkranz im 
Jetzt ergriff der Verteidiger das Wort: unterhielt sich in der Pause mit seinem Anwalt. reichen Goldbaar allerliebst aussah. Nach der Trauung folate 
Der Serr Staatsanwalt hat einen der Hauptmomente, „Seien Sie ganzg unbesorat,“ sagte dieser. die Richter —in exauisites Diner im lleinen Kreise an dem einige de 
die für eine viel geringere Bestrafung des Angeklagten sprechen, gehen zweifellos ganz beträchtlich unter den Antrag des Staats- malige Kommilitonen Kurts und mehrere Kollegen seines Ba 
völlig auherhalb des Bereihs seiner Benahungen galassen anwalts hinunter Wenn's schlunm wird, belommen Sie höch— ters teilnahmen. Reden wurden gehalten und auf das Wohl 
nämlich den stark entlastenden und in bohslen Grabe unn flens eine bie wei Wohen.“ des jungen Paares angestoßen. Kurt sah in das schimmernde 
dernden Umstand, daß mein Herr Klient eiwillig sein sicheres Nach einer Viertelstunde erschienen die Richter wieder und Licht der leltrishhen Flammen. Ihm schien, als bligten m 
Asyl in den Vereinigten Staaten verlassen und sich hier aus der Vorsitzende verkündete das Urteil. die Gesichter der Eltern von dort her an, — ni 4 
vr 28 —5 traurig und trüb, wie sie ihm früher in seinen Träumen 
freiem Antrieb der Behörde gestellt het. „Der Gerichtshof hat mildernde Umstände angenommen und icen sente Naslich lähelnd und in seliger Verklärung 
Diese Handlungsweise spricht ganz ungemein sür den Cha— die Tat als im höchsten Melt und nh boraufgegangener ercmnenen. ondern ac 
ralter meines Klienten. Mit einem Manne, der so handelt, schwerer Reizung durch die Gegenseite begangen betrachtet. In * 222 * 
dürfen die vom Serrn Staatsanwalt benebten Redewendungen Berüchsichtigung der ehrenhaften Gesinnung, die der Angeklagte Im Herbst desselben Jahres saßen drei Personen auf dem 
wie brutales Faushrecht nicht in Zusammenhang gebrach dir h aseine Selbststellung degeiat hat das Gericht beschlossen, Balkon einer hübschen lleinen Villa bei Königswinter, zwer 
werden. Der Angellagte hat nichts anderes getan, als was höchst⸗ von einer Gesängnisstrafe Abstand zu nehmen und den An— Herren, ein jüngerer und ein älterer, und eine Dame. Der 
wahrscheinlich Millionen Ehrenmänner außer ihm ebenfalls tun gellagten daher nur zu einer Geldstrafe von fünfhundert prächtige Augusttag war zu Ende gegangen und ein milder 
würden. In einem derartigen Augenblide der Entrüstung dentlt Mark vberurlein.“ Abend hereingebrochen. Der silberne Schein des Mondes ergof 
eand an ene sormelle afrechtliche Austragung der n ane freudig ubertashht auf den Richtet sich auf die leise platschernden Wellen des Rheins sen 
einem Verstorbenen zugefügten Beleidigung, um so mehr, als in „Sie können jeht dgehen Herr Wartenberg,“ sagte dieser Sterne standen am klaren Himmel und mischten ihr Licht mit 
n Publilums das Recht der Hinterbliebenen, rachelnd. den Fuann e ben die La tzündet 
n Beleidiger eines Verstorbenen zur Rechenschaft zu ziehen, 8 qia und sturzie hind Man hatte auf dem Balkon soeben die Lampe entzünde 
gang unbelannt ist. In einem solchen Moment kummert sich genun n re n nte 3 uu und die dort sitzenden Personen blicen hinaus auf den 
iemand um die Paragraphen des Reichsstrafgeseßbliches, son— Glüch gehabt, mein Junge,“ sagte er. „Man bekommt ordentlich Strom. —7 
bern der normale Mensch von Meisch und Bn erreift baß n esell be en e der ilet bian. Beute vor einem Jahr verlebten wir den leklen Wend
	        
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