Full text: Lübeckische Anzeigen 1912 (1912)

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Wsgenich 13nal (Wochentags norgens und ve 23 usgabe A und d) se die 
abends Sonntags mnorgens) erscheinend. Bezugs Zeu. Vis Aleine Angeigen Arbeitsmarlt usw 
preis fũr das Vierteljahr 3,30 Warl einschließlich n — ——— Pfg. ĩũr Auswãrtige 20 Pfg. . Geschãftl. Mit· 
ringgeld in Lubed. Durch die Post bezogen ohne 4 iinngen I A.d. Zelle. Tabellen⸗ u. schwleriger 
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a2AAœ— Beilagen: Vaterstãdtische Blãtter. — Der Familienfreund. — 
Amtsblatt der freien und hansestadt Lübed 162. Jahrgang Nachrichten für das Herzogtum Lauenburg. die 
Beiblatt: Gesetz und Verordnungsblatt t —— gũrsteniũmer Ratzeburg, Lübed und das angren⸗ 
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22 — —— —ppp ———— zende medlenburgische und holsteinische Gebiet. 
Orugd und Verlas: Bebruder Borthers Eem. b. S. in Lübed. — Geschärte veu⸗ Adret haus (Koniastt. . eruorecer son u. Qu. 
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Ausgabe M. Giote Ansgabe) Donnerstag, den 18. April 1912. abend⸗Blatt Ur. 195. 
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jor; ee domnen wenn man sich über das Mittel nicht vorwärts zu kommen, indessen die „Titanic“ etwa eilen 
Erstes Blatt. hierʒu 2. Blatt — — Un ven tönnen. von der Stelle des Zusammenstoßes abirrte. n ; 
— Mi nem Wort: wer wahrhaft national denkt und die hatten laum Zeit, Mäntel oder Deden über die Nachtgewände 
Umfang der heutigen unme 6 Selten. nationale Sicherung nach außen über alle persönlichen Sonder— u berfen. und ltlen fürchterlich unter der groben 
wünsche stellt, der muß sich dagegen wehren, daß der Dedungs— Kälte. 
nichtamtlicher Ceil. frage eine übermähige Bedeukung eb sann3 Das Unglũch — eine Folge der Relordwut. 
sie zuerst behandelt wird, selhst auf die Gefahr hin da Selbst Beamte der White Star Line können den Kapitän 
Erst Wehrvorlagen, dann Deckungsfrage! unter den Trümmern der Dedunesvorlage uch die et der untergegangenen „Titanic“ nicht von dem Verdachte frei⸗ 
Von unserem parlamenlkarischen Mitarbeiter.) vorlagen begraben werden. Wir wollen nicht nene Steuern sprechen, alles riskiert zu haben, um einen neuen Schnelligkeits- 
ehnirnluris oder Verausgabung von Einnahmen um jeden Preis, sondern t * e der 
ĩ 2 letord zu erzielen. Die Sachverständigen sind sich einig dar 
Berlin, 18. April. wir wollen unsere Wehr zu Lande und zu Wasser verstärken. ba daß ie itanie“ mit fur tbarer Wucht, wie sie nur 
Im Reichstag redet man in diesen Tagen laut und von Erst weil dies Geld kostet, denken wir auch daran, es irgend— er rlvanpi widelt werden donnte, auf den Eisberg 
der Tribüne herunter über den Etat des Reichseisenbahnamtes wie aufzubringen. Also muß die Losung lauten: Zuerst destoten sein mutß; denn sonst hätte das stark gebaute Schiff 
und über das entschwundene Glüd einer Reichseisenbahn. Das die Wehrvorlagen, dann die Deckungsfrage! ichl so schwere Zeschadioungen erleiden können. Wenn schon die 
Thema des Tages aber ist in Wandelhallen und Sprechzimmern m— — pahien ie se bein. in bem Cisfeid un sehr lang 
ah ie ee Wehrvorlage und Dedungsvorlage Die Var Zum Untergang der Citanie. sam vorwärts kommt, um wie viel mehr war der „Titanic“ 
td li uber den Wea, den sie hen mellen zumeist Nach einem Telegramm der „Carpathia“ wird dieselbe Vorsicht gebolen deren Offiziere und Mannschaften mit dem 
wohl noch nicht einig. Nur viel laht sich bis jetzt frit heute nachmittag in Rewyork ankommen. Die Administration ungelenkten Riesenschiffnoh unvertraut waren— 
Vuß man vielfuch hottt die Irage aug nehen det der Zollbchörde in Washington ist ersucht worden, alle Re— Direktor Heineken vom Lloyd über das Uuglück. 
rledigunz des Budgets noch vor Pfingsten zu lösen. glemenfs wegzulassen, um die Ausschiffung der Ueberlebenden Bremen, 17. April. Diretlor Seineken vom Nordd 
Die Absicht ist ohne Zweifel eine löbliche. Aber BSoff— zu beschleunigen. Damit ist denn auch jeßt endlich die Möglich— Llon sen fich e Unsal der Tianie⸗ ie soian 
nungen sind mitunter trügerisch und parlamentarische Hoff— leit gegeben, nähere Einzelheiten über die Katastrophe zu er— n nhete inelheen üna er llanic u tennen 
nungen nod mehr. fahren. Bis zum gegenwärtigen Augenblick liegen über den e ; 5 see shuer ich i rten 
Zu der Reihstas die Sptsache, nãmlich die Wehr— Augenblick des Zusammen toßes iber de Usache zu bilden. Ich zann nur annehmen, daß eine 
votlagen innerhalb der fünf Wochen. die uns uoch von folgende Nachrichten vor: Als die Titanic“ gegen den Eis— Berteltung von auhßerordentlichen Umständer 
Pfingsten trennen, hinter sich bringen tönte teht außer berg stieß fuhr sie mit einer Geshwindigkleit von 18 porgelegen haben muß, um das durch eine Kollision mit einen 
e ut v ee ee en erterunnen n Kasten Durch den Zusammenstoß wurden die Deds zer— ihere bder durch Sineinfahren in einen solchen schwer ge— 
n 7 n e truümmert die Seitenwände rissen und der Bug sosfene Schiff zum Sinken zu bringen, da ein solh ne 
nn a t g b des Schiffes wurde bis zur Mitte zersplittert deines Schiff, auch wenn zwei lenachbarte Abteilungen voll 
hegen eeeee en d ausezlrq Der oberste Teil des Decds und einige Reltungsboote Wisser lamen shwinn thig eibt Es heint bis jett 
von un g9 hlãäg e —— wurdeg eertrümmert. Die Stüce fielen auf das gange nur festzustehen, daß der Dampfer mnut dem Bug zuerst in die 
daß man so die Frage d Rüstunasverstärkung eigentlich Ded. Obsleich der Riesendampfer it dem Bug gegen den Eis— Tiefe gegangen ist Der Führer des Schiffes war mir 
als über jeder Debatte erhahen behandelt, ist an sich ja berg rannte, hob sich der Bus einige Meter hoh aus dem persönlich als ein durchaus erfahrener, porfichtliger Na— 
nicht unerfreulich Es beweist, daß man grundsätzlich dagegen Wasser, das Schiff legte sih sarf auf die Seite und bigateur bekannt. Der Da nyser war genau auf der 
nrgendwo viel einguwenden hat. Und dort, wo man grund— drohte umzufallen Beim Hinauf und Hinabgleiten rom Eis— zwischen den transatlantischen Linien vereinbarten Route. 
sãtzlich gegen jede Militãrfor der g ist, bei der Sozialdemokratie, berg lösten sich zahlreichhe Bodenplatten von der ein berehn ler Versuch 
lann man sich mindestens nicht der Einsicht verschließen, daß Siffeanite bie zum Buͤg, und die Shottenfülltensich 
die dorderungen keineswegs übermäßige, sondern nur der Dfortmit Wasser dDie Pumpen waren, troßdem sie Berlin, 1 April Wie der Zeutlchen Zarresponden 
Steigerung der Bevölkerungssfer angemessen sind, ja, daß mit Sochdruck arbeiteten, mahtlos. Sofort hbegann der qus Samburs telegraphiert ird rit wan au nlaß des 
n n eenn eeen iee une nn ede rdee n se ett n en e der lanie in unnttben eperteen wn 
Bevölkerungsziffer nach Durchführung der Vorlagen immer achtig rollen. MAs es ins Wasser zurugglitt, fiel Eis Möalichleit der Einführung eines taglisven a 
noch günstiger sein wird, als selbst nach dem Gesetz vom im Gewihte von vielen Tausend Tonnen auf ferdienstes zwischen Europa und Newyortin beiden 
27. März 1911, das sie zu ergänzen bestimmt sind. bas Dea. Die Macht des Zusammenstoßes war so furcht— Richtungen. Das wũr de die Sicherheit der Weanfahrten n 
Die Selbstverständlichkeit aber, mit der die bürgerlichen bar. daß das Shhiff in allen Fugen zitterte. Alles, was auf hemeln begünstigen, da fortwährend andere Dampfer in un— 
Parteien bis zu einem gewissen Grade die Wehrvorlagen hin— dem Deck beweglich war, wurde Aabrochen. mittelbarer Nãhe wären. Generaldirettor Ballin verhandelt 
nehmen, läßt nun, wie gesagt, alle Parteien sich mit um Die denshen Stiffe ein, Fledrich Wilhelm“, „Prinz augenbliclich mit dem Norddeutschen Aoyd der White Star 
so größerem Eifer auf die Teckungsvorlagen stürzen. Weil Adalbert“ und „Amerika“ haben an ihre Direktionen nach Line der Cunard-Linie und den fraazösischen Linien, um ein ein⸗ 
es bei den Wehrvorlagen leine grundsätzlihhen Meinungs— Rewyork berichtet daß, als sie ouf der Stätte des Unglücks heitliches Vorgehen zu erreichen. 
sie enren gibt, will man um so grundsatzfester die anlangien, nichts mehr zu retten war. Nach den sonstigen Die amerikanische Wehe und die „Titanie“. 
mnuefran behandeln. Das ist an sich durchaus löblich. Berichlen muß der Zusammenstoß mitten in dichtem Eis— Die Mehrzahl der amerikanischen Zeitungen, die das Un 
Aber es muß schon jezt gewarnt werden, hinter dem Mittel felde erfolgt sein. Die mit Frauen und Kindern be— glüch besprechen, verlangh daß ein Gesetz erlassen wird, durch 
den Zwes nicht zu vergessen Sonst fönnte dieser sehr leicht iadenen Rettunasboote vermykten in dem Eise nicht das die aroben Schiffahrtsgeselsseasten aezwungen werden, eint 
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Ins Sonnenland. Nein, sie konnte ja doch nicht mitihr hühlen, nicht be— Sie hastete durch den Saal. Jente Lörnsen konnte ihr 
— s greifen, warum sie zitterte. laum folgen. 
Ein Schiffsroman vom Mittelmeer von Anny Wothe. Jetzt sah sie, wie ihr Mann einen Haufen Gold und Im Vestibül blieb die Legationstätin tief aufatmend stehen. 
1. Fortsetzung.) Scheine der Amerikanerin zuschob. War es nicht geradezu lächerlich? Was ging die Frau sie 
Copyright 1910 by Anny Mothe, Leiprig. Er bat sie augenscheinlich, für ihn zu setzen. Erst sträubte an, zu der Gül von Wernhagen sfreundlich tat? Hatte sie 
„Ja, wer Ihre Festigkeit hat, Fräulein Lörnsen, aber sich Miß Hampton, und dann verteilten ihre kleinen weißen denn überhaupt noch ein Recht an ihm? 
wir Frauen sind alle so wenig destählt für den Lebenskämpf. Hände mit den funkelnden Edelsteinen blitzschnell die Goldstücke Fort wollte sie, fort! Sie hatte vorhin ihren Mann 
Bei jedem Windhauch knicken wir disammen“ und Scheine auf die Zahlen der sechsunddreißig Felder. so flehentlich gebeten, die Reise aufzugeben und von hier die 
„Die Erkenninis daß es so ist, scheint nir schon ein großer Miß Hampton gewann, sie gewann immer wieder, und Rüdreise anzutreten, er hatte sie einfach ausgelacht. 
Schritt vorwärts zur Selbständigkeit im Handeln und Denken.“ Joriede sah die Augen der Amerikanerin und die ihres Mannes — Nein, von ihm durfte sie leine Silfe erwarten in ihrer Not. 
„Rien ne va plus,“ tönte es wieder gleichmähig durch den um die Wette glühen. Sie hatte sich gegen diese Reise gesträubt, weil irgend 
Saal, und dann wie ein leises Rauschen und Raunen, ein Ein hähßliches Licht lag in den beiden Augenpaaren, und etwas sie heimlich davor warnte, und dann, weil es einst 
unterdrücktes Flüstern. Gül von Wernhagen, der eine hohe ein häßliches Lächeln irrte um beider Mund. der Traum ihrer Jugend gewesen, einmal in das ferne Land 
Eumme auf Zero gesebn hatte gewonnen. nn en ihr Antlitz in zu ziehen mit einem, den sie nie hatte vergessen lönnen. 
elle Gln sieg in Imme in— Kommen Sie flüsterte sie ihrer Nachbarin zu. Die Luft Hier war die Grenze, bis zu welcher sie oft ihrem Gatten 
ein Funten an ee ist unerkräglich fast zum Ersticken.“ willig gefolagt war, aber weiter hinaus, dorthin, wo ihr 
lederte, die soeben das Vermögen überflogen, das dem Spieler Noch einmal wandte sie ihr Auge nach der anderen Seite, Traum aing hatte sie ulemals mit hm ziehen wollen und da 
in den Schoß gefallen. wo stand, sie sah, wie plötzlich nun wan e n enn zu über⸗ 
— ec — T ein jähes Erschreden sein Antlitz überflog. reden, mit ihm hinauszufliegen über die blauen Meere, den 
e he e , leine Miene Scine Algen wurden ftatr und proh, um dann wieder heiß goldenen Märchenländern zu, die sie in der Jugend mit einem 
en ich eines menn — und leidenschaftlich aufzuleuchten. anderen ersehnt. da lam die Vergangenheit mit ihren Er— 
Wenn er doch aufhören wollte. flüsterte Joriede, die Joriede verfolgte seinen Blich und gewahrte, daß dieser Blick innerungen, nein, die Vergangenheit selbst; er stand lebendig 
unwillturlich aufgestanden und wleder an den Spieltisch ge— einer Frau galt. vor ihr und forderte Rechte, vor denen ihr graute. 
uenn war. Jente Lörnsen zu. 3 Groß und schlan, mit flam nenden, schwarzen Augen in Wie im Traum wandelte sie an Jentes Seite durch die 
rern schüttelte den Kkooff einent zartrosigen Gesicht, das wundervolles Haar umbauschte, Anlagen dahin —4 
„Nein sehen Sie nur, er länt die ganze Summe auf sland nur wenige Schtikte von Gül entfernt eine Frau und Hier und da streifte ein lächelnder Blick die elegante, schöne 
r e r fah ihm leise grühend ins Gesicht. Frau, die an der Seite der „Wollrödigen“, von ihr sorglich 
n ja rief fast laut. Ehn leid bon korallenroter Gase umfloh die weiche gra⸗ gesübrt. die Palmen⸗ Aleen durchwandelte. e ee un. 
illige Blice richteten sich auf sie. Auch Güls Augen ziöse Gestalt. Golddurchwirkte dustige Spißen verhüllten die Joriede sah nicht. was um sie her vorging sie hlte 
treffen sie finster, fast drohend. herrliche Brust, den ede shonen Hals und die feingliedrigen weiben nur, es war ein kräftiger Arm, auf den sie sich stützte, und sie 
Und dann rollte wieder die lleine Kugel. Hastig sprang Arme, von denen sie die langen Handschuhe abgestreift Nammerte sich daran, als hinge alles geil der Welt von diesen 
sie ihren Lauf. halle, die sie jeht nachläffig einem Herrn an ihrer Seite blonden, erwachsenen Mädchen ab, über welches sie gesterr 
Mit blassen Augen sah Joriede, wie die Sarken des Crou— eichte. noch ebenso mitleldig und spöttish gelacht hatte wie die 
piers die Riesensumme, die Gül vorhin gewonnen, zu sich Ein Riesenhut von korallenrotem Stroh mit einer Flut anderen, die Jente Lörnsen nicht lannten. 
herüber zog. bon Mohnblumen in der gleichen Jarbe beschattete das reiz— *2 
„Warum erregen Sie sich so?“ flüsterte ihr Jente zu. den oolle, pikante Gesicht. „Das ist wirklich eine Uebercaschung, gnädiges Fräulein,“ 
Baron selbst berührt das ja gar nicht. Warum wollen wir Feindselig sah Joriede in das Antliß der schönen Frau, begrüßte Gül von Wernhagen, vom Spieltisch zurücktretend, die 
uns ängstigen? die jeßt auf Gül zutrat und ihm beide Hände entgegenstreckte. „Korallenrote“, nochnals die zarten Sände an seine Lippen 
Einen fast eindseligen Blick warf jeßt die iunge Frau Und er kühte diese Hände ein- zweimaͤl. ziehend, „ich preise den Zufall!“ 
auj das ernste Mädchen Joriede hätte ausschreien mögen. Schenken Sie sich doch bitte die Redensarten, bester Bac
	        
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