Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Deutscher Keichstag. 
131. Sitzung. 
Berlin, den 8. Maärz. 
Ain Bundesratstisch: Kriegsminister v. Heeringen. 
Die ee etie wird “beim Kavpilel 
Militärwerkstätten fortgesetzt. J 
Abg. Wirtsch. n Unbeschränkte Koalitions— 
kreiheit kann den Arbeitern der 3 Betriebe kaum zuge⸗ 
ege werden. Die staatlichen Werkstätten sind ein Teil der Landes⸗ 
Ferteidigung. Auch die Erfahrungen, in Frankreich und anderen 
Staaten ermutigen nicht dazu, unbeschränkte Koglitionsfreiheit pu 
nugestehen. Auf der anderen Seite sollten Organisationen geschafsen 
verden, die guf dem Boden der Staatsordnung stehen, um auf diese 
Weise die Wunsche der Arbeiter keunen zu lernen und ne zu 
foͤrdern. Hierfür, wie für das Pensionskassenwesen, kann die Eisen— 
— 
Altersversorgung gewährt. Der Baugenossenschaft, die für die 
Spandauer Milstärärbeiter Wohnungen schaffen wi sollte dle Ver⸗ 
waͤltung durch Hergabe von Baegelände zu Hilfe kommen. De 
etr Resolution, die nur Firmen mit Vertragstarifen 
ei Lieferungen berücksichtigen will, lehnen wir ab, —88— nicht feste 
— zwischen allen Ressorts nach dieser Richtung g 
troffen sind.“ Die ruen über die Firma Krupp und die 
Stadt Essen, mit denen der Abgeordnete Hue beim Marineetat die 
analoge Refolution begründete, waren durchaus unberechtigt und ich 
weise sie daher zurück. 
Abg. Frhr. v. Gamp (Reichspartei): Kein anderes Parlamen 
vertrödelt wie wirx die Zeit mit solchen Lumpereien. Auch ich 
meine, unsere Militärbetriebe sollten das leisten, was anständige 
Privatunternehmer ihren Beschäftigten bieten. Weiter sollen 
e aber auch nicht gehen. Die Arbeiterausschüsse wollen wir bei⸗ 
behalten; dann sollen sich aber andere Organisationen von den 
den Arbeiterausschüssen obliegenden Aufgaben fernhalten. Es 
wäre am besten, wenn die Resolution zurückgezogen würde. Wie 
für die Arbeiter, muß auch für die kleinen und mittleren Beam— 
ten hinsichtlich der Wohnungsfürsorge etwas geschehen. Dabei 
müssen die Wohnungen moͤglichst zweckmäßig und weniger 
uxuriös ausgestattet werden. 
Abg. Dr. Becker-Köln enen Unsere Resolutionen ent— 
sprechen den im Landtag von den Freisinnigen gestellten Forde— 
rungen. Uns wirft Prof. Dr. Votthoff vor, staatsfeindlicher zu 
—7 als die Sozialdemokraten. Mag sich seine Partei hüten vor 
den roten Freunden, die im nächsten Reichssstag ihre Plätze einneh— 
nen werden. Den Spandauer Arbeitern sollte eine Tenerungszulage 
Iart werden, wie überhaupt die Wünsche dieser königstreuen, 
raven Arbeiter und Beomten möglichst wohlwollend aufgenom⸗ 
men werden müssen. 
Abg. Zubeil (Soz.): Herr v. Gamp hält die Besyrechung 
der Arbeitérverhältnisse für Lumpereien. Er will wohl immer 
aur Militärvorlagen und Flottenbauten bewilligen. In den 
Militärbetrieben ist keineswegs alles in Ordnung. In Siegburg 
war es Jahre hindurch möglich, infolge der schlamperiren Auf⸗ 
sichtsführung des Offiziers Unterschlagungen zu begehen. In 
den Spandauer Betrieben lassen die Zohnverhältnisse viel zu 
wünschen übrig. Vor allen Dingen müßte eine, einheitliche Lohn⸗ 
stala eingefichrt werden. Bei einem Streit in der Verlirer All⸗ 
gemeinen Elcektrizitätsgesellschaft hat die Betxiebsverwaltung 200 
sine Arbeiter indirekt veraulgssen wollen, Streikdienst zu 
eisten. Dazu sollte sich eine Behörde nicht hergeben. In die 
wirtschaftlichen Kämpfe hat sie sich nicht einzumischen. 
Generalmajor Wandel: Der Abg. Böhle hat gestern behaup⸗ 
let, die Arbeiter anunsexren dechnischen Instituten 
wären sozialdemokratischer Gesinnung, und das wuͤrde bei den 
nächsten Reichstagswahlen zum Ausdruck kommen. Ich bin 
iberzeugt, daß unsere Arbeiter mit diesem Urteil nicht einver⸗ 
tanden sind. (Sehr richtig! rechts.) Die Löhne in Straßburg 
sind Ende 1910 geregelt. Nach den angestellten Ermitteluüngen 
ergab fich als Düurchfchnittslohnsatz 3,83 24. Wir geben 8.40 4 
s Anfangslohn für alle Arbeiter. Ueber die Wegegelder für die 
Außenarbeit können erxhebliche Unklarheiten 3 bestehen, da 
erst vor kurzer Zeit Direktiven gegeben ind. Daß die Achniter 
unserer Werkstätten verschieden behandelt werden, ist erklaͤrlich 
denn sie bilden entsprechend ihrem Visdumasgange zwei ver 
Derene eeere Die Heeresverwaltung Legt den größten 
Lert auf die Mitarbeit der Arbeiterausschüsse (Abg. Severing: 
Als Sprecher der Verwaltung!) Nein, als Soe der Arbeiter⸗ 
schaft! Sie waren auch zugezogen zur Kommission für Unter⸗ 
suchung der Spandauer Wohnunqgsverhältnisse. 
Entgegen der Ansicht des dortigen Magistrats sind wir dazu ge⸗ 
kommen, den Mangel an passenden Wohnungen als bestehend 
anzuerkennen. (Hört, hört! rechts.) Gelder können wir dazu 
nicht auswerfen. Der Fonds liegt beim Reichsamt des Inpe 
Ueber den Siegburger Unterschlagungsfall liegt mir Material 
nicht vor. Von dem Streikbeider Allg. rigit di 
BHesellschaft war uns nichts bekannt, daß dort gestreift wurde. 
Wir verfuhren demnach nach der Bestimmung für gekündiate Ar⸗ 
beiter nach Möglichkeit zu sorgen. 
Abg. Sommer (F. Vpt.); Den Feuerwerks- und 
Zeugoffizieren, sollte ein vesseres Avancement geschaffen 
verden, sodaß sie nach etwa 15jähriger Dienstzeit Hauptleute sind. 
—8X sind die Höchstgehälter für sie geradezu illusorisch. Hier zu 
paren, ist Sparsamkeit am unrechten Ort. Auf jeden Fall sind 
diese Offiziere obne sachliche und — — Bprechtigung gegen⸗ 
iber den Frontoffizieren stark benachteiliat. sie sind die Stief— 
inder der Armee. 
Generalmajor Wandel: Wir müssen bei Festsetzung der Ge⸗ 
hälter mit den Verhältnissen rechnen, auch sind diese Gehälter 
jetzt ganz exheblich erhöht worden. Hie Feuerwerksoffiziere sind 
li ein tüchtiges Korps, werden aber auch nicht als Stiefkinder 
der Armee behandelt. Ungünstig ist allerbings das Zahlenver⸗ 
— 
haben tatsächlich von letzteren zu wenig. Wir legen neuerdings 
mehr Gewicht auf Felddienstfähigkeit, sodaß damit ein hesseres 
ee ermöglicht wäre. 
Abg. Schwarze⸗Lippstadt (Ztr); Unsere Resolu— 
onen sind keineswegs inhaltlos. Allerdings so weitgehend wie 
ozialdemokratische utopische Forderungen sind sie nicht. Die 
Sozialdemokraten bewilligen keinen Groschen, verlangen aber, daß 
Ale Parteien ihren Anrcgungen zustimmen. (Sehr guth) Die 
Verhaͤltnisse der Arbeiter in den militärischen Inftituten liegen 
naturgemäß gauz anders als in den Privatbetrieben. Rücksichten 
auf die Autorxität der Vorgesetzten sfind unbedingt aufrecht zu er— 
halten. Den Handwerkern und Arbeitern in den technischen Be— 
trieben muß ein Recht auf Altersversorgung eingeräumt werden. 
Abg. Hue ESoz.); Unsere Resolntion, bei Heeresliefe— 
ungen nur solche Firmen zu berücksichtigen, die in ihren Ar— 
hbeitsbedingungen die gesetzlichen Vorschriften einhalten und die 
Tarifverträge herücksichtigen und die Arbeiterausschüsse bei Fest— 
etzung der Arbeitsbedingungen anzuhören, stimmt fast Ann 
lautend mit unserer zum Marineetat eingebrachten Resolution 
iberein. Um auf die damals gemachten Ausführungen nochmals 
inzugehen, ist festzuhalten, daß bei Krupp und anderen derartigen 
Firmen die Akkordsätze herabgesetzt sind. Das Koalitions- 
recht muß uneiugeschränkt aufrechterhalten werden. Die Christ⸗ 
lichnationalen haben die unbegrenzte Koalitionsfreiheit bisher 
niemals verlaugt, dabei hören sich die Reden des Abg. Behrens 
draußen im Laude ganz anders an, als hier angesichts der Hexren 
von der hohen Regigrung. Draußen sind's Brandreden, da kling! 
die Königstreue anders!, Die vielen Millionen, die wir für die 
Heereszwecke gusgeben, sollten auch den Arbeitern zugute kom⸗— 
men, statt dessen sind z. B. die Wohnungsverhältnisse der Ar— 
beiter, völlig unzureicherd. Der Reduer geht sodann auf die 
wirtschaftliche Lage der Arbeiter bei der Firma Krupp ein, wird 
wWer schließlich vom Präsidenten wiederholt ermahut, beim 
Thema zu bleiben. Unsere Resolution, fährt Huc fort, ist nötig, 
im in dieser Beziehung Wandel zu schaffen, ihr Kern, — ——— 
ichtigung der Arbeiterforderungen bei Wergehung von Arboiten,. 
ist durchaus gesund. J 
. Abg. Mommsen (F. Vpt.): Daß das Zeutrum staatsfeind- 
licher sei als die Sozialdemokratie, ist die persönliche Ansicht des 
eep Potthoff (Hört, hört),. der sich viele Staatsbürger au— 
chließen. Ich würde dieses Wort einer politischen Partei, welche 
es auch sei, gegenüber vermeiden. Für das ganze liberale Bür— 
ßertam bedeutet. bei der heutigen politischen Situation das Zen— 
im die allerschwerste Gefahr. (Lachen im Ztr.) Der Kampf 
egen das Zentrumrist eine der Hauptaufgaben 
xGegenwart,., Wir führen ihn mit besonderer Freude und 
sei den naächsten Wahlen werden wir es Ihnen beweisen. (Lachen.) 
Ron Rüu Duiea mit deun GSoriosFMomoetrafton ist uns nichts bee 
rannt. (Präsideut: Bitte zur Sache zu sprechen)) Ich muß 
die gegen uns erhobenen Auschuldigungen zurückweisen können. 
die für Spandau gewährten Zulagen sollten auch den Danziger 
AÄrbeitern gewährt werden, die unter besonders schwierigen 
Steuerverhältnissen leben. Bedenklich ist ein jüngst veröffent⸗ 
— 
nach Arbeitsversäumnisse für Ausüübung von Wahlen usw. nur 
bergütet werden können, wenn vorher Ürlaub eiungeholt und die 
dazu notwendige Zeit vorher vereinbart worden ist. 
Abg. Dr. Witl Straßburg (Zentr.): Die — hn verhält— 
nisse in den Militärbetrieben sind revistonsbedürstig. Auf die 
Freundschaft des Abg. Moinmsen verzichtet das Zentrum mit Ver— 
nügen. 
AWha. Hoch (Soz.): Die Arbeitshedingungen in den F 
nauer P dupeeereer sind völlig unzukträglich. Besonders 
verwerflich ist das dort gebräuchliche Abzugssystem. 
Abg. Giesberts (Zentr.): Dor Kriegsminifter mag die Akkord— 
1bzüge bei Krupp untersuchen und uns mitteilen, in welchem 
Umfang sie stattgefunden haben, und, welche Gründe dafür maßgebend 
gewesen sind. Wir sind stets für die volle Koalitionsfrei— 
eit eingetreten, eingeschränkt werden darf sie nur, wenn Interessen 
Zes öffentlichen Rechts in Frage, stehen. So hat der christlich— 
nationale Arbeiterverband es klar ausgesprochen. (Vizepräsiden! 
Schultz: Das gehört nicht zum Thema.) Ich konstatiere, daß ich 
nicht ausreichend zum Wort komme, während die Sozialdemokraten 
ausführlich darguf eingehen konnten. 
Vizepräs. Schultz: Ich verbitte mir diese Kritik der Präjsidial— 
geschäfte, hier wird nach gleichem Maß perfahren. (Gr. Unruhe, Abg. 
Schirmer (Zentr.) ruft: Giesbert hat kaum fünf Minuten ge⸗ 
sprochen, Hue uüber eine halbe Stunde! Bewegung) (locke.) Ich 
oerbitte mir auch diese Kritik! 
Abg. Keil (Soz.): Man hat fast vergessen, daß es noch einen 
selbständigen Etat des Württembergischen Kontingente 
mit einem Militärbebollmächtigten und sogar einem Kriegsministen 
zibt. Da man von letzterem nichts hört, könnte man sein Gehalt er⸗ 
paren. (Vizepräs. Schulz: Das ist eine ganz ungehörige Bemer- 
ungl) Die Sache steht doch im Zusammenhang mit der Resolution. 
Vizepräs. Schultz: mit welcher? Unruhe links.) Von welcher soll 
venn die Rede sein? Natürlich von unserer! 
Vizepräs. Schultz: Das ist wieder eine ganz ungehörige Bemer⸗— 
kung. Wenn ich drei Resolutionen vor mir habe, kann ich nicht wissen, 
von welcher die Rede ist. (Unruhe links.) 
Abg. Keil (fährt fort)!: Die Einrichtung der Kud wigsbur— 
ger Werkstätten müßte wesentlich billiger sein. In der Werk— 
jtättenordnung steht tatsächlich, daß sozialdemokratische und staats— 
feindliche Bestrebungen nicht gefördert werden sollen. Diese Bestim— 
nung wollen wir in unserer Resolution treffen. Den Arbeitern muß 
eine Einwirkung auf diese Statuten gestattet werden. Sozialdemo— 
kratische Agitatoren will man nicht beschäftigen — es wird die Zeil 
kommen, wo sich auch die Heeresverwaltung dazu verstehen wird, daß 
ihre Arbeiter sich zur Sozialdemokratie offen beklennen, wenn auch 
dem Kriegsminister die Haare zu Berge stehen. (Der Kriegs⸗ 
minister verneigt sich und fährt mit der Hand über seinen —— 
Kopf. Große Heiterkeit.), Im Süden, namentlich in Württemberg, 
—DDD 
nüssen. Die Mitwirkung der Arbeiterausschüsse ist bei 
seugestaltung der Arbeitsverhältnisse und dergoichen notwendig. Der 
ortsübliche e soll nur der Bemessung der eer 
zu Grunde gelegt werden, nicht aber den —— Arbeitslöhnen. 
Bei uns ist man an die hochfahrende Behandlung der Arbeiter nicht 
gewöhnt und wir verlangen jedenfallz, daß bei Regelung der Arbeits- 
3 auch die Arbeiterausschüsse gehört werden. (Bravo! bei 
en Soz. 
Württemb. Bundesratsbey. General v. Dorrer: Besondere 
Arbeitsbedingungen bestehen in den württembergischen Betrieben 
nicht. Einzelfälle hätten mir vorher mitgeteilt werden müssen, so 
aun ich natürlich nicht darauf eingehen. Die Wünsche der Arbeiter⸗ 
ausschüsse werden geprüft, und wenn fie berechtigt find. wird ihnen 
Rechnung getragen. 
Damit schließt die Debatte. Persönlich bemerkt 
Abg. Giesberts: Den ganzen Nachmittag ist über die Essener 
Wohnungsverhältnisse gesprochen worden. Nachdem Abg. —* 
Stunde gesprochen hatte, hätte mir im Interesse der —* Essen 
And im Interesse der Mehrheit das Wort gelassen werden müssen 
Damit will ich nicht sagen, daß der Präsident illoyal gehandelt 
b man sollte sich aber über die Geschäfte im Präsidium ver⸗ 
ändigen. 
Vizepräsident Schultz: Bei einer derartig ausgedehnten De—⸗ 
batte ist es nicht möglich, immerfort zur Sache zu rufen. Es ist 
ein Unterschied, ob ein Redner eine Frage streift oder . ein⸗ 
erörtert. M Stunde hat Herr Hue überhaupt nicht ge⸗ 
prochen. 
Die Zentrumsresolutionen werden angenom—⸗ 
men, die Resolution der Sozialdemokraten wird abgelehnt. 
Bei den Ausgaben für Festungen, Ingenieur⸗, 
Pionier- und Verkehrswesen bemängelt 
Abg. Carstens (Frs. Vpt.), daß die AUutomobilfabriken 
die sogenannten Subventionswagen an die Militär—⸗ 
verwaltung pro Stück um 5000 M teurer als an das Vublikum 
verkaufen. 
Genexaglmaior, Wandel; Jede Fabrik, die sich für die Her⸗ 
tellung solcher kriegggemäßer Automobile meldet und geeignete 
Modelle stellt, wird zu den Submissionen zugelassen. Es kommen 
ür diese Lieferungen jetzt 30 Fabriken in Betracht. Die Ver⸗ 
valtung hat sich bemüht, einen Einheitspreis für diese 
Mutomobile festzusetzen. Es ist immer zu bedenken, daß sie auch 
ür den Kriegsfall benutzt werden können. Auch ist, daran festzu⸗ 
salten, daß nicht die Fabriken, sondern die Käufer die Sub⸗ 
jention erhalten. 
Schließlich wird das Kapitel bewilligt, ebenso der Rest der 
dauernden Ausgaben. Dazu wird eine Resolution F5 
mer (Zentr.) angenommen, die Versorgung der invpali en 
Arbeiter sowie der Witwen und Waisen der in Militärbe— 
rrieben beschäftigten Arbeiter in die Wege zu leiten. 
Es folgen die Einmaligen Ausgaben. Auf, An 
reaungen der Abgg. Hug (Zentr.) und Haußmann (Frs. Vp.) 
hinsichtlich des neuen Schiekplatzes des 14. Armee⸗ 
korps erklärt 
Generalmaior Staabs: Die Verwaltung sucht derartige Plätze 
mit größter Sorgfalt aus mit genauer Berücksichtigung aller In⸗ 
teressen. Es wird B. verlangt, daß Infanterie und Kavallerie 
dort gleichzeitig üben können und den Truppen durch lange 
Märsche nicht unnötige Anstrengungen zugemutet werden. Von 
diesen Gesichtspunkten haben wir auch den Schießplatz von 
Stetten ausgesucht, er vird auch allen Anforderungen ganz vor⸗— 
üglich gerecht (Hört! hört! rechts). Er liegt günstig an einem 
hange nach, Süden, gegen, Nord und Norwest 53— Wind ge⸗ 
chützt. Natürlich bedarf ein so boch liegender Platz besonderer 
anitärer Fürsorge für die Mannschaften. Die besonderen 
Wünsche werden wir genau prüfen. Die Verwaltung wird die 
»ewilligten Mittel so schnell wie möglich an die Einwohner von 
Stetten auszahlen und ihnen auch hinsichtlich der Pachtverträge 
uisw. nach Möglichkeit entgegenkommen. 
Die Budgetkommission beantragt zum Titel! Ergänzung für 
Feldartilleriezwecke eine Resolution, daß die Privatindustrie siei 
Vaffen- und Munitionslieferungen in erhöhtem 
Maße herangezogen wird. Die Resolution wird nach kurzer De— 
hatte angenommen. 
Württemb. General v. Torrer: Ich war vorhin bei Begiun 
der Rede des Abg. Keit nicht zugegen, weil er erst auf die 
Rednerliste gesetzt worden, war, und ersehe daher aus dem Steno⸗ 
gramm, daß er sich Ausfälle gegen das württembergische Kriegs— 
ministerium erlaubt hat, die allerdingas der Präsident als ganz 
ungehörig gerüggt hat. Der Abg. Keit hat damit nur gezeigt, daß 
er geureigt ist, sich über verfassungsmäßige Grundlagen leicht hin— 
vegzuüfchen. Ich weise seine Anariffe aufs Allerentschiedenste 
zurück. 
Die einmaligen Ausgaben werden bewilliat: es folgen die 
außerordenthichen Ausgaben, J 
Abg. Trimborn (Zentr.) erfucht, der Bitte der Stadt Köln 
tattzugeben, daß Luftschiffen künftig in besonderen Fällen 
erlaubt werden möga, die Stadt zu besuchen, also auch in die Nähe 
der dortigen Festungsanlagen zu kommen. 
Generalmajor Wandel sagt Berücksichtigung zu. 
Nach persönlichen Bemerkungen vertagt das Haus die Weiter⸗ 
boeratung auf Dieustag 2 Uhr: aukerdem Postetat. 
XMut 6 V 
PreubBischer Landtag. 
Abgeordnetenhaus. 
(40. Sitzung.) 
WW Berlin, den 3. März 
ieree Veach Marz. 
räsident v. Kröcher eröffnet die Sitzung n 1 
15 Denen sland d tzung um I1 Ut— 
Erster Gegenstand der Tagesordnuug ist die erste Berat; 
des Gesetzentwurfs, betr. die Erweiterung des —— 
kre 
bg. Malkowitz (kons.): Im Interesse der weiteren baulich 
Entwicklung Stettins stehen wir der Vorlage freundlich en 
iber. Wir beantragen Ueberweisung der Vorlage an die Ge— 
meindekommission und hoffen, daß durch sie die Juteressen Stet— 
tins, das sich zu einer der schönsten norddeutschen Städte zu ent⸗ 
wickeln beginnt, gefördert werden. 
Abg. Lippmann (Vpt.); Dem Antrag auf Ueberweisung an 
die Kommission schließen wir uns an. Die hier in Frage kom— 
menden insewemdamgen liegen nicht nur im Interesse Stettins, 
sondern auch der kleineren Gemeinden und Kolonien in der 
333 der Wendi suß 
a rzen Ausführungen der Abgg. Stenger (nl.), und 
Ziethen (ft.) wird der Gesetzentwurf an die Gemeindekom⸗— 
mission verwiesen. 
Hierauf wird die zweite Beratung des Etats beim 
Etat ber Bauverwaltung 
fortgesetzt. 
Die Abgg. Dr. Gaigalat (GHosp. d. Kons.) und Schwabach 
(nl.) wünschen einen Brückenühergang über die Ruß. 
Unterstaatssekretär Frhr. Coels v. d. Brügghen sagt Er⸗ 
füllung des Antrags zu, wenn die lokalen Instanzen zu Bei⸗ 
trägen sich bereit erklären. 
Abg. Dr. Röchling (nl.) empfiehlt, den Fischern eine Ent⸗ 
schädigung zu gewähren für die Schädigungen, die ihnen durch 
Wasserbauten in Fiddichow an der unteren Oder erwachsen sind. 
Abg. v. Pappenheim kons.!: Der Minister befindet sich hin⸗ 
sichtlich des Ausbaus der künstlichen Wasserstraßen in 
einer eigentümlichen Lage, weil durch den Ausbau der künstlichen 
Wasserstraßen die Eisenbahneinnahmen geschädigt werden. Wir 
haben früher bereits unsere Zustimmung zum Kanalgesetz dadon 
ibhängig gemacht, daß Abgaben auf künstlichen Wasserstraßen er— 
joben werden sollen. Es, ist bedauerlich. daß ein Mitalied des 
hauses Mißtrauen gegen die Staatsregierung zu erwecken gesucht 
ind das Ausland aufgefordert hat, den Vorschlägen der Regierung 
n dieser Richtung Widerstand zu leisten. Das ist ein einseitiger 
vormalismus, der geignet ist, unser Ansehen im Inland und Aus- 
and zu schädigen. Wir bitten um Apnghme unseres Antxags 
mit Rücksicht auf, die Tatfache. daß der preußische Staat 
nit erbeblichen Kosten die Fahrtiefe auf der Elbe und anderen 
atürlichen Wasserstraßen über das vertraglich abgemachte Ziel 
inaus unterhalten hat, bis zur Löfung der Frage der Erhebung 
er Schiffahrisabgaben die Fahrtiefe nur Rauf der vertraglichen 
Fiefe, zun erhalten Wir, bewilligen den Ausbau der Talsperren 
ür die Wefer. Bei den Talsperren muß auf die Nutzbarmachung 
er elektrischen Energie Bedacht genommen werden. Das Schlepp 
monopol muß, dazu dienen, die Wasserstraßenabgaben in sachge⸗ 
mäßem Verhaältnis zu den Eisenbahntarifen zu halten. Für eine 
bherlängerung des Rhein-Hannoverkanals sind wir unter keinen 
Imftänden zu haben. Der Ausbau der Wasserstraßen muß mit 
n Interessen der einzelnen Bundesstaaten im Einklang gehalten 
leiben. Bremens Entwicklung stehen wir ympathijsch gegenüber. 
ber bei einer Verbindung des Dortmund-Emskanals mit Bremen 
nüssen die preußischen Häfen vor ieder Schädiagunsg bewahrt 
ʒleiben. —Fo rechts.) 
Abg. Roeren Grg Seit 20 Jahren schwebt das Projekt der 
Zaar⸗ und Mosellanalisierung; die Verhältnisse sind geklärt, 
varum zoqert die Regierung mit der eenee Die Freunde 
er Kanalfierung baben auerdings den Ainschlußz versäumt bei 
er Jetzten Fapavorlage im Jahre 19058. Damals hatten sie ihre 
Zzustimmung davon abhängig machen sollen, daß das Projekt in 
e Vorlage hineingenommen würde. Die Freunde der Kanali⸗ 
ierung hätten Bedingung umso eher machen sollen, als sie 
damals das — ein an der Wage bildeten. Auf ein Entgegen⸗ 
vommen der Reglerung ist jetzt freilich nicht zu hoffen. 
Minister v. —— Die, Mehrheit des Hauses steht auf 
dem Standpunkt, daß die Einführung der Schiffabrts, 
Begabren' notwendig ist. Der Antrag Pappenheim, mit dessen 
Begründung wir dersaden sind, wird geprüft werden. Wer 
uß Verlaängerung des Rhein⸗Hannoverkanals sind keine Auf⸗ 
wendungen gemacht worden. Ein Schleppmonopolgesetz ist in 
Vorberesung Wegen der Verbindung des Dortmund-Emskanals 
mit Bremen schweben Verhandlungen mit Oldenburg. Eine 
folche Verbindung wird keineswegs auf Kosten der preußischen 
Interessen eee werden. Jusbesondere werden auch „die 
dmiexessen Emdens verücksichtigt werden. Der Abg. Dr. Pochling 
g in cines Verfammlung der Interessenten der Mosel⸗ un 
Saarkanalisierung ßesagt „Oesterreich und Holland werden sich 
n erxinnern haben, daß in Preußen der Eifenbahusiskus fiskalische 
iulcressen gegensber“den Interessen der Gerechtigkeit in den 
— —* Sie werden zu erwägen baben ob es des⸗ 
halb richtig erscheint, die ihnen vertragsmaͤßig zuge icherte Frei⸗ 
eit der, Schiffahrt aufzugeben für die Vorteile, die Preutzen 
hnen für die —— der Schiffahrisgbgaben in Aussicht 
feut, die vielleicht als blauer Dunst erfchelnen werden.“ Es 
ant aso die Latsache bestehen, daß ein nationaler Politiken 
n Rusland degemüber seine Fegierung kennzeichnet, als 
ine solche, der man kein Vertrauen entgegenbringen kanu. 
Vegen die Kanalisierung der Mosel und Saar haben auch die 
heren Minifter Budde und v. Rheinbaben Stellung genommen. 
ich muß es ablehnen, daß die Regierung eine in dieser Richtung 
Lachte Zufage nicht erfuͤllt hat. Bereits heute vollzieht sich eine 
Pwanderumg aus dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet geg 
Luxemburg und Lothringen. Diese Abwanderung würde dur 
e dfel und SaarKanglisierung nur noch verstärkt werden. 
die Steunng ber Kegierung in dieser Frage itt bestimmt worden 
duürch die Abwögung der garößeren und ——rren Interessen. 
Beifall rechts.) 
Abg. Dr. Röchling (nl.): Der Abg. v. Pappenbeim hat g 
als Zeusor aufgefpielt, indem er Ausführungen, die ich außerhal 
hes Haufes hemacht habe, kritisiert hat. Für alles, was ich sage, 
sch mir meinen Waählern verantwortlich. Wir valten es dl 
in oecdmaßig, wenn der Staat das schwerfällige Schiffahrts- 
esen in die Hand nimmt. Deshalb befürworten wir den freien 
Weisbewerb auf den Kanaͤlen. Das Schiffahrtsabgaben-Gesetz ist 
scht geeignet, das Vertrauen zur Regierung zu erhöhen. Die 
Saner⸗und Mosel⸗Kanalisierung ist eins der rentabelsten Proiekte, 
e in Dentfchland ausgeführt werden können. Man führt uun die 
Futeressen des niederrheinisch-westfälischen Industriegebiets ins 
desde das durch diefe Kangsisierung geschädigt werden würde. 
Zede großze wirtschaftliche Maßregel bringt, aber wirtschaftliche 
erfchiebungen unn fich. Es ist ein Widerspruch in sich, unser 
nserfsrahengeseß auszubauen und an einer so wichtigen Auf⸗ 
sabe, wie der Mosel⸗ und Saar Kanglisieruna, vorüberzugehen. 
Beifall links.) 
Minister v. Breitenbach: Die Mosel- und Saar-Kanali⸗ 
ierung hätte weitere Kreise für die übrigen Produktiousnebiete 
jezogen. Den dadurch verursachten Ausfall an Eisenbahu⸗Ein⸗ 
ijahmen hat der Vorredner auch nicht bedacht. Partikularistische 
ẽrwägunhen spielen bei unserem Vorgehen nicht mit. 
Abg. Frhr. v. Zedlitz frk.): In der Frage der Saar- und 
Moselkanglisierung steijrns wir auf Seiten der Regierung. Aller— 
dings dürfen wir die Frage nicht aus dem Auge verlieren. Wenn 
ie Ien gekommen ist, so werden wir ihr näher treten missen. 
Wir ind für den Autrag Pappenheim; wir machen den weiteren 
Ausbau der Wasserstraßen abhängig vou der Erhebung der Schiff⸗ 
ahrtsabaaben. Diescnigen, die eine kraftvolle Wasserstraßeuvoli— 
ik wollen, müssen dafür eintreten, daß die Kosten der Regutierung 
der Ströme durch die Schiftaurt«abafnhen aedeckt werden Boiral 
erchts) 
olbga. Waldstein (Vp.): Wir baben Bedenken gcgen den 
Antrag Pappenheim. Die Konservativen wollen Schiffahrtsabe 
Jaben bhne Rückficht daranf, ob es der Schiffahrt aut oder schlecht 
geht. Die Saar⸗- und Mosel-Kanglisierung wollen auch wir, ob⸗ 
vohl wir uns bewußt sind, daß sie vor der Hand nur ein frommer 
Wumnsch bleiben wird. In Oesterreich und Holland wird unsere 
Iklion bpinsichtlich der Einführung der Schiiiabhrtsabgaben zuw
	        
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