Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

V Ein Zusanimezischluhh der Fischer an der Küste Schleswig⸗ 
solsteins, des Fürstentums Lübeck und der freien HSansestadt 
dübeck unter Führung des Zentralfischerei-Vereins für Schles⸗ 
vig-Holstein bezwedt eine, wie bereits mitgeteilt, am kom— 
nenden Sonnabend hier stattsindende Versammlung von Ab— 
seordneten der Fischervereinigungen in den genannten Ge— 
zieten. Es soll eine wirksamere Vertretung der wirtschaft⸗ 
schen Interessen der Fischer auf dem Gebiete der Gesetzgebung 
owie gemeinsame und einheitliche Maßnahmen zur Hebung 
der Plattfischbestände und anderer Fischarten in der Ostsee, 
Regelung der Fangzeiten, Einführung von Schonzeiten oder 
Schonrevieren u. a. m. angestrebt werden. Es wird auch 
»ersucht werden, mit den bereits in Meclenburg bestehenden 
Fischerorganisationen sowie den gleichen an der vommerschen 
Istseeküste in Verbindung zu treten. 
Internationale Ballonfahrt. Am Mittwoch, Donners⸗ 
ag und Freitag, den 1. 2. und 3. März, finden in den Morgen⸗ 
tunden internationale wissenschaftliche Ballonaufstiege statt. Es 
keigen Drachen, bemannte oder unbemannte Ballons in den 
neisten Hauptstädten Europas auf. Der Finder eines jeden 
anbemannten Ballons erhält eine Belohnung, wenn er der jeden 
Ballon beigegebenen Instruktion gemäß den Ballon und die 
Instrumente sorgfältig birgt und an die angegebene Adresse 
ofort telegraphisch Nachricht sendet. 
-0⸗ Gefundenes Diebesgut. Am Montag, 27. Febr. 
wurden hinter dem früheren, zum alten Bahnhof gehörigen 
zollschuppen unter einer Bretterbude folgende, zweifellos aus 
inent Diebstahl herrührende Gegenstände gefunden: 24 um den 
zals zu tragende Damen⸗Uhrketten aus gelbem Metall, an⸗ 
cheinend Dubleegold, 20 ebensolche Damen-Halsketten und 8 
Kettenarmbänder aus weißem Metall. Sämtliche Ketten sind 
neu und befinden sich aeif einem Karton, der die Aufschrift 
Nouveaute“ trägt. Die Gegenstände befinden sich im Bureau 
»er Kriminalpolizei, Schüsselbuden 161J. 
—o- Delfässer gestohlen. In der Nacht zum Sonnabend, 
25. Febr. sind von einem an der Falkenstraße belegenen Lager⸗ 
latze 10 leere alte Oelfässer abhanden gekommen und vermut— 
ich gestohlen worden., 
J20-2 Abhanden gekommen und vermutlich gestohlen ist 
im Sonntag, 26. Febr. in der Zeit von 10 bis 11 Uhr vormittags 
ius dem Umkleideraum auf dem Sportplatze des Lübecker Boll⸗ 
pielklubs eine Nickel-Herren-Kemontoiruhr. Die Uhr trägt die 
Fabriknummer 54504 und die Marke „Venus“. An der Uhr 
zesand sich eine einfache Nickesfette mit Anbhänalel 
»Schlutup, 28. Febr. Die Montage der ge— 
bdaltigen Masten, die die Stromträger der Lübecer 
leberlandzentrale nach Mecklenburg über den Travelauf 
wischen Herren wyk und Schlutup führen sollen, wurde 
u diesen Tagen beendet. Die Ueberführung geschieht in einer 
höhe von zirka 63 m, so daß die Masten der Schiffe die 
Kabellinie ohne Gefahr passieren können. Die Höhe der aus 
veitmaschigem, eisernem Gitterwerk hergestellten Masten beträgt 
aiber 65 m und ihre Verankerung dringt 10 bis 12 m in den 
Erdboden. Schon in nächster Zeit werden die angeschlossenen 
mecklenburgischen Gebiete auf diesen Wege — die weitere 
Leitung führt durch den ganzen nördlichen Teil des Fürstentunis 
Rakßeburg — mit elektrischem Strom versehen werden 
oSe 
Schlees wig⸗ Holstein. 
Neumünster, 28. Febr. Butterauktionen der 
ßezirkts-Meiereiverbände. Im Bahnhofshotel fand 
»ie gut besuchte gemeinsame Versammlung der Bezirks-Meierei— 
»erbände für Schleswig-Holstein in Angelegenheit der Butter— 
ruktionen in Hamburg statt. Nach einigen geschäftlichen Mit— 
eilungen und Kommissionswahlen berichtete Oekonomierat Bier— 
aatzki in einem Vortrag über die Berechtigung der Landwirte 
zur Mitwirkung bei der Preisfestsetzung für landwirtschaftliche 
Produkte. In der Aussprache äußerten sämtliche Redner ihre 
zöllige Uebereinstimmung mit den Ausführungen des Vor— 
ragenden, die zu einem weiteren und allgemeineren Zusammen⸗ 
schluh der Produzenten aufforderten. Aus dem Geschäftsbericht 
ist zu erwähnen, daß die Beschickung 1910 19204 Fässer, der 
ilmsatz etwa 2 400 000 Mubetrug; die Zabl der Einsendungen 
detrug 5478. e v 
Rendsburg, 28. Febr. Aus den Verhandlungen 
des Obermeistertages für den Bezirk der Handwerks— 
ammer Altona, der unter sehr lebhafter Beteiligung und in 
Anwesenheit des Staatskommissars Geheimrat Neumann in 
Schleswig am Sonntag hier stattfand, dürfte die Besprechung 
aͤber den Vortrag „Erörterung der Stellung des Baugewerks- 
neisters gegenüber dem Scharwerker nach Inkrafttreten des 
neuen Gesetzes über den Befähigungsnachweis“ von besonderem 
Interesse sein. Der Vortrag wurde wie folgt begründet: 
Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes ist absolut keine Ab—⸗ 
silfe des gröhßten Mißstandes im Baugewerbe, nämlich des 
Pfuschertums, geschaffen. Es ist heute jeder Geselle so gut 
wie vorher berechtigt, wenn die Bauunterlagen gemacht sind, 
die Ausführung eines jeden Neubaues für sich zu übernehmen. 
Daß ein solcher Unternehmer billiger arbeitet, wie ein reelles 
Baugeschäft, liegt klar auf der Hand, denn in der Regel 
arbeitet der Scharwerker selber mit und begnügt sich so mit 
einem geringen Nutzen. Außerdem wird auch dann noch ent—⸗ 
prechend minderwertige Arbeit geliefert. Es wird diese Gesetzes⸗ 
orlage aber nicht nur von Privatleuten ausgenutzt, sondern 
ogar Behörden beteiligen sich daran, und zwar in erster 
dinie. Hervorgehoben wurde insbesondere, daß die Baustelle 
der Landwirtschaftskammer eine das Handwerk schädigende Tätig⸗ 
eit entwickele, während sie den Landwirten keinen Nutzen 
»ringt. Es sei ferner bekannt, daß die Eisenbahnbetriebs⸗ 
inspektionen sich vielfach des Scharwerkertums bedienen, um das 
Meistergeld zu sparen. Hier müsse die Königl Regierung 
einschreiten und dem Bauhandwerk helfen. 
Gtoßherzogtum Oldenburg, Fürstentum Lübed. 
Ahrensbök, 28. Febr. In Kanonsachen wird der 
Ahrensböker Nachrichten mitgeteilt: Nachdem es der Verwaltungs- 
uusschuh des Landtages abgelehnt hat, der Regierung das 
Beitreiben von Kanon, Erbpacht usw. zu verbieten, wenn 
Biderspruch erhoben ist, sind jetzt dem Landtag zwei Petitionen 
zugestellt. Der Erbpächter Ernst Drückhammer in Spechserholz 
zittet den Landtag, ein Wiederaufnahmeverfahren in seiner 
rüheren Strafsache bei der Staatsanwaltschaft in Lübeck 
)urchzusetzen, weil die Anklage, die seinerzeit der Erste Staats— 
anwalt Dr. Benda vertrat, nach seiner Ansicht auf falscher 
rundlage aufgebaut ist. Die zweite Petition von den 
Zrüdern Ernst und Hans Drückhammer befaßt sich mit einer 
nderen Sache. Die Petenten sehen in den fortgesetzten 
hafän dungen und Pfandandrohungen ein Vergehen gegen den 
339 des Str⸗GeBMNdtiaung und Bedrobung seitens ein« 
zeamten) und haben infolgedessen den Regterungsassessor Haß⸗ 
amp, der solche Handlungen verfügt, bei der Staatsanwalt⸗ 
haft wegen Verletzung des vorstehenden Paragraphen zur 
lnzeige gebracht. Der Erste Staatsanwalt Dr. Benda hat es 
bgelehnt, gegen den Genannten ein Strafverfahren einzuleiten. 
da nun der Regierungsassessor sein Vorgehen nicht mit Ge— 
etzen begründen kann, halten die beiden Petenten sein Ver—⸗ 
alten auch nicht für ein Regierungsgeschäft resp. Hoheitsrecht, 
velches gesetzlich begründet ist und für welches ihm der Schutz 
ls Beamter zusteht. Das Petitum hat folgenden Wortlaut: 
Hoher Landtag wolle Sorge dafür tragen, daß das be— 
echtigte Verlangen der Petenten, den Assessor Haßkamp wegen 
einer Handlungsweise den ordentlichen Gerichten zuzustellen, 
licht durch das Betreiben des Ersten Staatsanwalts Dr Benda 
erhindert wird“ 
Lauenburg. 
Mölln, 28. Febr. Der Frühling kündigt sein Nahen 
in. Ein Naturfreund beobachtete am Drüsensee außer größeren 
Zcharen von Staren auch mehrere Kiebitze. 
Großzherzogtümer Medlenburg. 
Rostock, 28. Febr. In den Ruhestand tritt zum 
. April Senator Röper auf seinen Antrag wegen seiner ge— 
chwächten Gesundheit. Er hat dem Ratskollegium seit 1882, 
ilso seit nahezu 29 Jahren. als nichtrechtsgelehrtes Mitglied 
angehört. 
88 Grevesmühlen, 28. Febr. Die Schützenzunft 
vählte zum Zunftdeputierten Kaufmann Karstadt und zu 
Deputierten bei der Totenbeliebung Gastwirt Schleutz und Mehl⸗ 
ändler Püstow. Beschlossen wurde, daß statt der bisherigen 
»Gewinne an der Königsscheibe von jetzt an 15 Gewinne 
ein sollen. Die Ehrenmitglieder (augenblidlich fünf) sollen 
ont Beitrag befreit sein. Der Schützenball wird am 5. März 
kattfinden. — Der Männergesangverein feierte sein 
Pintervergnügen durch Gesangvorträge, theatralische Auf⸗ 
ührungen mit nachfolgendem Ball. — Der Bürgerverein 
Heranstaltete eine Nachfeier des Karnevals in Form eines 
Kostümfestes. 
Grevesmühlen, 28. Febt. Für die am 13. März 
reginnende 1.ordentliche Schwurgerichtsperiode 
eurden u. a. als Geschworene von hier ausgelost: Hußfeldt 
ind Pferdehändler Warncke. 
Neustrelitz, 28. Febt. Das Kaiserpaar wird An⸗ 
ang Mai vor der Reise nach ECngland dem großherzoglichen 
zofe einen Besuch abstatten 
Vermischtes. 
Die Ehescheidung der Baronin Vaughan, der ehemaligen 
Geliebten König Leopolds von Belgien, die schon 
vor einiger Zeit angekündigt wurde, soll jetzt wirklich durch— 
eführt werden. Aus Paris wird gemeldet: Die Baronin 
zaughan, die am 18. August 1910 ihren Haushofmeister 
Rurieux geheiratet hatte, erschien am vorigen Dienstag mit 
zrem Gatten nach eingeleiteter Scheidungsklage zum ersten 
zersöhnungsversuch, der natürlich erfolglos verlief, vor dem 
zräsidenten des Seinetribunals. Man glaubt, der Scheidungs⸗ 
rozetßz werde sehr kurze Zeit in Anspruch nehmen und Frau 
Baughan⸗-Durieux habe bereits andere Heiratsabsichten. 
Der Eindecker im Karnevalsgetriebe. Nizza, 24. Febr. 
Un der gestrigen Blumenschlacht auf der Promenade des 
Inglais beteiligte sich auch Legagneux im Blériot-Ein— 
ecker. Als das Karnevalstreiben am lustigsten tobte, er— 
hien der mit Mimosen und Veilchen geschmückte Eindecker mit 
autem Propellersurren über der Promenade. Jubelnd wur— 
en ihm Blumen entgegengeworfen; doch der große Vogel 
dar zu hoch, als daß ihn diese hätten erreichen können. 
ber Legagneux streute von seinem luftigen Sitz Rosen und 
hJeilchen auf die Mengé herab, die eifrig bestrebt war, duftende 
ßrühße des Fliegers als Andenken an den denkwürdigen Kar— 
sevalstag zu erhalten. 
Ein türkischer Passagierdampfer gesunlen. Nach einer in 
donstantinopel verbreiteten, jedoch noch unbestätigten 
Neldung, ist der mit Passagieren nach Medina auf der 
jahrt befindliche türkishe Dampfer „ßurricett“, mit 800 
zersonen an Bord, in Brand geraten und gesunken. 
luf dem Schiff befanden sich 600 Mekkapilger. Ein großer 
Teil der Passagiere ist ertrunken. 
Doppel⸗Selbstmord im Eisenbahnzuge. Als der von 
deipzig kommende Personenzug Sonnabend — mittag auf 
em Chemnitzer Hauptbahnhof eintraf, fand man in einem 
Ibteil zweiter Klasse die Leichen eines alten Herrn und e ines 
ungen Mädchens. Das Paar war in Wittgensdorf einge—⸗ 
iegen und hatte sich während der Fahrt mit Blausäure 
„ergiftet. Die Toten wurden nach dem Chemnitzer Kranken⸗ 
aus gebracht. Es handelt fich um ein Liebespaar, und zwar 
im den 60 Jahre alten Zollbeamten B. aus Riga und um 
ine 23jährige Näherin aus Leisnig i. Sa. In einem hinter— 
assenen, an die Polizei gerichteten Briefe bitten sie, in 
hemnitz verbrannt zu werden. Als Grund der Tat geben 
ie Schwermut über eine unheilbare Krankheit an. 
Ein dreister Juwelendiebstahl ist Freitas in Petersburg 
usgeführt worden. Im Palais der Gräfin Karlow, der 
iorganatischen Gemahlin des verstorbenen Herzogs Georg von 
Nechlenburg-⸗Strelitz, wurde eine große Menge von Diamanten 
ind Perlen gestohlen. Die Diebin, ein junges Mädchen, ging, 
hne daß sie jemand anhielt, in Abwesenheit der Gräfin 
n deren Wohnräumen umher und suchte sich die Schmuck⸗ 
achen zusammen. Bisher hat man von der Diebin noch 
eine Spur. 
Der Mordprozeß Feldmeyher vor dem Münchener Schwur⸗ 
ericht. Tie Verteidiger plädierten, wie aus München gemeldet 
rird, auf Verneinung der auf Mord lautenden Schuldfragen 
ind auf Bejahung der Frage auf Bandenraub, bei dem 
in Mensch getötet worden ist. Danach lautete auch der nach 
inftündiger Beratung verkündete Wahrspruch der Geschworenen. 
dem Antrage des Staatsanwalts entsprechend wurden Ulrisch 
ind Aschberger zur höchst zulässigen Strafe, nämlich zu 
ebenslänglichem Zuchthaus, sowie Karoline Ul—⸗ 
ich zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt. 
Die Verteidiger haftten vergehens um eine mildere Strafe 
ebeten. 
Juwelendiebstahl an Bord eines Amerita⸗Dampfers. Aus 
Lewyork wird dem B. T. gemeldet: Auf dem Dampfer 
Amerika“ der Hamburg⸗Amerika Linie, der Sonntag abend 
ier eintraf, wurde ein Juwelendiebstahl von einer halben 
Million Mark verübt. Frau Malwin Drumond, früher 
Narshal Field, aus Chicago trug am Sonnabend ein kostbares 
zerlenkollier und andere Schmuchstücke bei dem Kapitänsdiner. 
Sie legte alles in eine Lade ihrer Luxuskabine. Sonntag 
riüüh waren die Juwelen spurlos verschwunden. Troß sofortiger 
lelegraphischer Verständigung von Detektiven, die bei der An— 
unft in Newyork eine sorgfältige Untersuchung des Schiffes 
ornahmen. wurde von den Dieben keine Spur gefunden. 
das Perlenhalsband besteht aus 283 kostbaren schwarzen und 
weißen Perlen. Die Zollbeamten nahmen eine besonder— 
orgfältige Revision des Gepäcks der Reisenden vor, die jedoch 
leichfalls resultatlos verlief. Die Direktion der Hamburg⸗ 
merika Linie ist der Ansicht, daß sie nicht verpflichtet ist, 
cchadenersatz zu leisten, da die Juwelen nicht im Sicherheits- 
resor deponiert worden waren, und sie nur für deponierte 
zachen die Verantwortung übernimmt. Fuür die Wieder—⸗ 
rlangung der gestohlenen Juwelen ist eine Belohnung von 
000 Dollars ausgesetzt. Die Polizei glaubt, daß der Diebstahl 
zon professionellen Dieben ausgeführt worden ist, die sich zu 
diesemn Zwechke auf dem Dampfer eingeschifft hatten. 
nge. Visitenkarten sür Hunde — die allerleüte Modetorheit. 
Paris ist die Stadt, wo die Schgßhunde, diese kleinen Luxus— 
iere, die man im Muff unterbringen kann, das glücdlichste Da— 
ein führen. Jede elegante Frau — der ganzen und der halben 
Welt — muß solch ein Tierchen ihr eigen nennen und verwöhnt 
s über alle Maßen. Es gibt in Paris Läden, wo alles zu 
aufsen ist, was man braucht, um diese Hündchen auszustaffieren, 
decken und Velze, Häubchen und Gummischuhe und Halsbänder 
ius Silber und Gold. Daß an dem Mantel des Hmdchens eine 
Tasche sein muß, in der sich ein mit Monogramm versehenes 
duch befindet, um das Näschen des Lieblings zu putzen, ist 
elbstverständlich. Neu aber ist, daß das Hündchen auch — 
bisitenkarten haben soll. Es muß sogar zwei Sorten von 
Bisitenkarten haben. Auf der einen steht der Name, unter 
em das Tierchen bei seiner Geburt in die Stammrolle ein— 
zetragen wurde, samt den Namen jse ner Eltern, also ein Auszug 
ms seinem Pedigree. Auf der anderen dagegen ist der Kosename 
imgegeben, mit dem „Frauchen“ ihn zu rufen pflegt, und 
Frauchens“ Name und Adresse. Wenn Madame in einem 
efreundeten Hause einen Besuch aëstattet und niemand antrifft, 
äht sie ihre Visitenkarte dort. Desgleichen tut das Hündchen, 
orausgesetzt, dah sich in jenem Hause ein anderes Hündchen be— 
indet. Worauf dann besagte Dame des Hauses mit ihrem 
Zündchen den Besuch erwidert und ebenfalls ihre und ihres 
zündchens Karten abgibt. Man könnte freilich daraus fol— 
jern, daß der alte gallische Esprit bei den Französinnen von heute 
twas ins Wanken geraten zu sein scheint. Wenn man unhöflich 
ein mollte.... 
Neueite Vachrichten und Telegramme. 
W. Berlin, 28. Febr. Für die Reichztagsstichwahl im Wahl⸗ 
kreise Kempten-Immenstadt ist der 7. März bestimmt. 
W. Berlin, 28. Febr. Wie das Tageblatt meldet, begibt 
ich der amerikanische Botschafter Tt. Hill am 11. März nach 
ewyork; er will auf der Columbia-Universität acht Vorlesun— 
jen über Rechtsfragen halten. 
W. Verlin, 28. Febr. Das neue Militärluftschiff 
Me4“ wird seine Probefahrten voraussichtlich im Laufe 
ieser Woche beginnen. Es hat zwei Gondeln und fann 
wanzig Personen fassen.. 
Die liberale Fraktion der Charlottenburger 
S5Stadtverordnetenversammlung, die über eine ab— 
olute Mehrheit verfügt, hat beschlossen, die vom Regierungs⸗ 
präsidenten für alle Städte um Gros-Berlin angeregte Erhöhung 
der Einkommensteuer von 100 auf 110 Prozent abzulehnen. 
Gegen die vom Berliner Magistrat beabsichtigte Aufhebung 
der Jahrmärkte erhoben die Händlervereinigungen Protest. 
Zu Ostern veranstaltet das königliche Prinz-Heinrich- 
vßymnasium wiederum eine Schüberfahrt nach Rom. 
W. Köln, 28. Febr. Die Provinzialverwaltung 
will einen größeren Komplex von Oedländereien in 
»er Umgebung von Malmedy-Montjoi durch Gefangene der 
Brovinzialarbeitsanstalt kultivieren lassen. 
W. Washington, 28. Febr. Konteradmiral Hugo Osterhaus 
vurde als Nachfolger des Konteradmirals Schroeder zum Ober⸗ 
ommandanten der atlantischen Flotte ernannt. 
W. Berlin, 28. Febr. Durch den Zusammenstoß zweier 
deerzüge der Untergrundbahn mußte der Betrich auf der 
Strecke Wilhelmsplatz-Spittelmarkt für eine halbe Stunde 
sjänzlich eingestellt werden. 
W. Berlin, 28. Febr. Das Hochwasser ist in den 
wäukischen Flüsfen in diesem Jahre früh einge— 
reten. Allenthalben sind die tiefgelegenen Wiesen weit— 
in überschwemmt. 
W. Bochum, 28. Febr. Der nach Unterschlagung von 
7800 Meflüchtig gewordene Postassistent Middeldorf 
zat sich selbst gestellt. Von dem veruntreuten Gelde 
zat er bei seiner Flucht etwa 5000 Miin seiner Wohnung 
urückgelassen. Er besaß bei seiner Verhaftung noch 902 M. 
W. München, 28. Febr. Der Ueberführung der 
deiche Uhdes zur Feuerbestattung nach Ulm ging eine 
veihevolle Trauerseier in der Balle des alten nördlichen 
Friedhofes voraus. 
W. Nürnberg, 28. Febr. Eine Bäuerin, die kürzlich 
vegen Milchpanscherei zu hundert Mark Gelditrafe ver⸗ 
urteilt wurde, sprang mit ihren beiden Kindern, 
einem Säugling und einem vierjäürigen Mädchen, in die Peg⸗ 
nitz; alle drei ertranken. 
W. Arlberg, 28. Febr. Durch eine große Schneelawine 
wurde die Reichsstraßhe auf hundert Meter Länge verschüttet. 
W. Paris, 28. Febr. Gestern abend erneuerten sich die 
Rundgebungen vor dem Theatre francais“. Gegen 10 Uhr 
schien eine starke Truppe Demonstranten und versuchte, in 
das Theater zu dringen, von der Polizei wurde sie jedoch 
erstreut und verjagt. Nur einigen Demonstranten, darunter 
Pujo, gelang es, in das Theater hineinzukommen, wo sie 
iber verhaftet wurden. Ebenso wurden vier Personen, die 
während des eisten Aktes die Vorstellung störten, verhaftet. 
W. Paris, 28. Febr. Die Vorstellungen des Stückes 
Après moi“ wurden bis Donnerstag ausgesetzt, angeblich wegen 
Erkrankung von Madame Bartet, einer Darstellerin des 
Stückes. Durch die gestrigen Kundgebungen der „eamolots 
lu roi“ wurde die Vorstellung während der ganzen Dauer 
gestört. Die Ruhestörer wurden mit Vorlegeschlössern in der 
dogen eingeschlossen. Am lärmendsten waren die Kund⸗ 
gebungen vor dem Theater. Demonstranten versuchten, die 
verhafteten Kameraden zu befreien. Berittene Schutzleute er— 
möglichten nur mühsam den Verkehr. Sieben Nerbaftungen 
yurden qautfrechf erhalten
	        
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