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Beilagen: Vaterstenische Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübeck —161. Jahrgang Nachtichten für das Herzogtum Lauenburg, die
heiblatt: Gesetz· und Vekordnungsblatt BeR ee Fürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
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EEEE —S ic , zende mecllenburgische und holsteinische Gebiet.
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Morgen⸗Blatt Nr. 104.
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Politische Wochenschau.
Lübeck 26. Februar.
Nachdem die Presse 14 Tage lang die Frage erörtert hat,
»b der Kaiser nach Rom gehen werde, um seine Glück—
vünsche zur stalienischen Nationalfeier auszusprechen,
rfährt die Oeffentlichkeit jetzt, daß Kronprinz Wilhelm und
eine Gemahlin sich zu diesem Zwecke nach der italienischen
zauptstadt begeben würden. Die Köln. Vollsztg. druckt die
Neldung ohne Kommentar ab, versieht sie jedoch mit der
zpitzmarke: „Der Ausweg“. — Damit ist von seiten des
zentrums eingeräumt, daß auch die Kronprinzenreise nicht als
sprünglich und natürlich erscheint. Der festliche Anlaß nun,
owie die Rüstigkeit des Kaisers, seine Vorliebe für politisch
wedvolle Reisen, dazu seine Frühjahrsaufenthalt auf
dorfut — alle. diese Momente hätten eigentlich
einen Besuch in Rom zu etwas Selbstverständlichem machen
nüssen. Wenn aber trotzdem der Besuch unterble'bt, so kann
»er Eindrudci, dies geschehe aus Rücksicht auf den in Vatikan
ind Zentrum verkörperten Klerikalismus, beim besten Willen
nicht unterdrückt werden.
Der Antrag des Grafen Mirbach im Herrenhause, der
non der Regierung eine amtliche Verteidigung der Reichs—
inanzreform forderte, konnte das Bedürfnis nach amtlicher
krleichterung der konservativen Wahlgeschäfte in noch naiderer
zjorm kaum zum Ausdruck bringen. Offenbar ist nun die
zdegierung zur Befriedigung dieses Bedürfnisses nicht bereit
ewesen, denn der Antrag wurde wieder zurückgezogen. Die
andwirtschaftliche Woche hat neben der gewohnten
cũlle landwirtschaftlich⸗ technischer Verhandlungen, die den ge—
daltigen Kreis der von der modernen Landwirtschaft zu leisten⸗
en Aufgaben veranschaulichen, die Generalversammlung des
zundes der Landwirte gebracht. Die Prophezeiungen
»er Bundesführer, der von ihnen abgelehnte Zolltarif müsse
en Ruin der Landwirtschaft zur Folge haben, sind von der
Virklichkeit in so erfreulicher Weise widerlegt worden, daß
nan die Bemuhungen, die Haltung des Bundes in Vergessen—
eit zu bringen, angesichts der Reichssstagswahlen doppelt be—
reift. Die Fortsetzung der Etatsdebatte in Abgeordneten-
ause führte zu bemerkenswerten Erklärungen des Essenbahn⸗
ninisters über die preußisch hessische Eisenbahngeme'nschaft. Die
zaltlosigkeit der hessischen Klagen trat dabei in das hellste
ticht. Die viel umstrittene Rechtsfrage über den Verkauf de—
bempelhofer Feldes ist jetzt im Haushaltsausschuß det
deichsstages zugunsten der Regierung entschieden worden.
die einstimmige Annahme der nationalliberalen Resolution,
s möge baldigst ein Gesetzentwurf über die Einnahmen und
Ausgaben des Reiches und Über den Rechnungshof vorgelegt
derden, trägt hoffentlich zur grundsätzlichen Regelung einer
Materie bei, deren Natur leicht unliebsame Konflikte zwischen
segierung und Reichstag zeitigen kann. Im Plenum des
keichstages wurde die Militärvorlage gegen die sozial—
demokratischen Stimmen angenommen. NMus der Rede des
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hrer Unterhaltung liegt. Aus deutschem Stamme ist sie
entsprossen, deutsch ist ihre Erscheinung, deutsch ihr Wesen,
und diese Eigenschaften werden sich in Berlin bald Boden
und Geltung verschaffen.“
Nachdem ein glückliches Jahr der Brautzeit verflossen
var, fand am 27. Februar 1881 die Vermäh—
ungsfeier des prinzlichen Paares statt. Zwei
kage vorher sagte die Braut in einer ernsten Abschieds—⸗
eier den schönen Gefilden Niederschlesiens, der idyllischen
kuhe von Schloß Primkenau, wo sie ihre Mädchenzeit
erbracht hatte, Lebewohl. Ihre Fahrt nach Berlin
lich elnem Triumphzuge, allerorten wurden ihr
egeisterte Huldigungen dargebracht, und dieser Jubel hallte
sort bei dem feierlichen Einzug, den sie am 26. Febr.
on Schloß Bellevue aus in Berlin hielt. Prinz Wilhelm
atte es sich nicht nehmen lassen, an diesem Einzugstage
eine zum Ehrenwachdienst bestimmte Kompagnie selbst zu
ühren. Frühmorgens übte er im Lustgarten von Potsdam
soch einmal mit seinen Leuten den Dienst, führte sie dann
elbst nach Berlin und rückte mit ihnen gegen eineinhalb
shr in den Schloßhof ein, um seine Braut mit dem
degen an der Spitze seiner Kompagnie zu grüßen. Abends
bar die festlich geschmückts Hauptstadt durch eine herrliche
Illumination in ein Lichtmeer gehüllt. Am Sonntag, dem
7. Febr. sand die Trauung in der Kapelle des kal. Schlosses
tatt. Als allgemeinen Kirchengesang für die Zeremonie
‚atte sich die Braut ihr Lieblingslied „Jesu geh voran
iuf der Lebensbahn!“ gewünscht. Als man sie darauf
ufmerksam machte, daß aber die zweite Strophe des Liedes:
Solls uns hart ergehn“ wohl nicht zu ihrer freudigen
ztimmung passen würde und deshalb ausgelassen werden
önne, erwiderte sie: „Nein, der Vers soll gleichwohl ge⸗
aungen werden; denn ich glaube durchaus nicht, daß ich in
neinem neuen Stande immer auf Rosen wandeln werde.
och ich habe den Trost, Prinz Wilhelm denkt wie ich
nnd ich wie er. Wir haben uns vorgenommen, alles
emeinsam zu tragen, und so soll auch das Schwere leichten
perden.“ C.
QRusoc
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Erstes Blatt. hierzu 2. u. 3. Blatt
iowie „Vaterstädtische Blätter“ Nr. 9.
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Umfang der heutigen Nummer 12 Seiten.
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Nichtamtlicher Teil.
die Vertretung von Gewerbe, Handel
und Industrie in den Parlamenten.
O0 Lübech, 26. Febr.
Eine zeitgemäße Betrachtung zu der jezigen Tagung des
Hansabundes.)
Gerade im Hinblick auf die Reichstagswahlen und im An⸗
schluß an die momentane glänzende Tagung des Hansabundes
gewinnt die Frage der Vertretung von Gewerbe, Handel und
Industrie in den Parlamenten wieder erhöhte Bedeutung, denn
heute umsassen Gewerbe, Handel und Industrie von der gesamten
Bevölkerung des Deutschen Reiches mehr als zwei Dritteile,
der überwiegende Teil der Steuern wird von diesen Berufs—
zrruppen aufgebracht. Ihr immer noch steigender Wert und ihre
ungeheure Wichtigkeit für das Erwerbsleben des deutschen Volkes
vird wohl von niemand mehr bestritten werden. Dennoch sind
Gewerbe, Handel und Industrie weder in den Kreistagen und
Kreisausschüssen, wie die Untersuchung des deutschen Handels—
tages beweist, noch in den deutschen Parlamenten so ver—
kreten, wie es ihrer Bedeutung zukommt.
Oer Einfluß nun, den diese Berufsklassen heute auf die
Vesetzgebung des Deutschen Reiches und seiner Einzellstaaten
zesitzen, entspricht in keiner Weise ihrer Stellung im allgemeinen
Erwerbsleben.
Der Deutsche Reichstag zählt unter seinen 397 Mit—
Riedern ungefähr 55, die Gewerbe, Handel, Industrie und
sßandwerk angehören. Ein halbes Tutzend davon gehört der
Großindustrie an. Die gleiche Anzahl ungefähr sind Fabrik—
besitzer, waͤhrend das Handwerk durch ein Dutzend Mitglieder
vertreten ist. Sonstige Gewerbetreibende finden wir in gleicher
Anzahl. Bankdirektoren sind zurzeit nur 3 Mitglieder des
Deutschen Reichstages, während Kaufleute und sonstige kaufmän—
nische Angestellte etwas mehr als ein Dutzend ihrem Stande An—
gehörender in den Deutschen Reichsstag entsandt haben. Hierzu
kommen eine Anzahl von Parteisekretären, Gewerkschafts⸗ und
Arbeitersekretären, Verbandsbeamten und Sindici, sowie Ge—
nossenschaftsbeamten, die aber nur in beschränktem Maße als
Vertreter von gewerblichen und industriellen Kreisen ange—
sehen werden können..
Noch viel ungünstiger liegen die Verhältnisse im preußi⸗-
chen Herrenhaus. Unter den 327 Mitgliedern, welche
dieses Haus vor kurzem hatte, sind nur 3 Vertreter der Bank—
welt und 8 Industrielle resp. Kaufleute, zu denen vor einiger
Rb noch ein Vertreter des Handwerks, der Vorsitzende der
Wie Kaiser Wilhelm II. freite.
(GZur Wiederlehr des morgenden 30. Hochzeitstages des
Kaiferpaares.)
Die 30. Wiederkehr des Hocheitstages unseres Kaiser—⸗
vpaares ruft jene jugendfrohen Glückstage im Leben des Kaisers
wieder in die Erinnerung, da er die junge Tochter des Herzogs
Friedrich von Schleswig-Holstein zum ersten Male sah, da
er sie lieben lernte und als Gemahlin heimführte. Als der
unge Prinz, der damals als Bonner Musensohn bereits dem
ꝛdlen Weidwerk leidenschaftlich huldigte, im Frühjahr 1879
zine Einladung vom Herzog Friedrich nach seinem Schloß Prim⸗
lenau in Schlesien zur Auerhahnjagd erhielt, da ahnte er
nicht, daß dieser Ausflug über das Glüd seines Lebens ent—
cheiden sollte. Romantisch war schon die erste Begegnung
jes Prinzen mit der jungen Auguste Viktoria, so recht ein stim⸗
nungsvoller Austakt zu einem Liebesroman. Wenn wir einer
krzählung glauben wollen, die bald nach dem Verlöbnis des
Brinzen auftauchte und die in Vers und Prosa des öfteren
viederholt worden ist, dann hat Prinz Wilhelm seine spätere
Braut, ohne sie zu kennen, im Schloßpark von Primkenau
uberrascht. Er war des Nachts angekommen und sogleich auf
die Auerhahnjagd gegangen, ohne der Familie des Schloß—
herrn vorgestellt zu werden. Als er am Morgen heimkehrt,
treift er allein durch den schönen Park, und entdedt im Gebüsch
eine Hängematte, in der ein junges Fräulein schlafend ruht.
deise schleicht er näher, und während er im Anblid der holden
Schläferin versunken ist, klingt unwillkürlich das Wort
Dornröschen“ von seinen Lippen. Die Schlummernde regt
eich, er fährt erschrocken zurück, und während er rasch davon⸗
eilt, bemerkt er, wie fie ihm tief errötend nachbliat. Kurze
Zeit darauf steht Prinz Wilhelm im Salon der Herzogin; rasch
vird das Töchterlein herbeigeholt, um dem hohen Gaste vor—
gestellt zu werden, und als sie nun hereintritt, ist es die
Schläserin von vorhin, der der Prinz nach der ersten Begrüßung
eise zuflüstert: „Ich durfte Sie ja schon bewundern, —
Dornröschen!“
Von dieser Jagdfahrt nahm Prinz Wilhelm Eindrüde
att fort, die sich in seiner Seele nicht mehr verwischen solltem.
Zunächst vertraute er sich seißen Eltern an, und nach ihnen er—
uhr zuerst von dem Herzenswunsch des Prinzen Fürst Bis—
narch, damit auch die hohe Politik sogleich iht für ein Ver—
öbnis so notwendiges Wörtlein mitsprechen könne. Der
Reichskanzler war mit dem Plane durchaus ein—⸗
verstanden und bewies sich als tatkräftiger Helfer, der
alle Hindernisse beiseite räumte. Als er der Braut bei der Ver⸗
obungsfeier seine Glüdwünsche darbrachte, durfte er „dem
reudigen Schlußakte eines konfliktreichen Dramas“ beiwohnen,
vie er sich selbst ausdrückte. Als bereits alle Verhandlungen
inter den Kulissen gepflogen waren, starb plötzlich am
4. Januar 1880 der Vater der Braut, und sein Tod ver⸗
ögerte das Verlöbnis des Paares, das erst am 14. Februar
880 in Gotha stattfand. Die öffentliche Verkündigung er—⸗
folgte mit Rücksicht auf die Trauer der Herzogsfamilie erst
im 2. Juni auf Schloß Babelsberg.
Ueber die Erscheinung und das Wesen der Braut teilt
zermann Jahnke in seinem Lebensbild Kaiser Wilhelms II. eine
Ztelle aus dem Briefe eines vertrauten Freundes der Fa—
nilie der Braut mit. „Sie ist gegenwärtig 22 Jahre alt,“
eiht es da, „aber ihre Jahre sind ihrem Aussehen voran—
eeilt. Man würde ihr höchstens achtzehn Jahre geben. Was
ur sie beim ersten Augenblick einnimmt, ist das gemütliche
eutsche Element, das sich in ihrer äußeren Erscheinung wie
m ihrem Wesen ausdrückt. Von Gestalt groß, schlank, hoch,
doll edlen Ebenmaßes, Hand und Fuß schön geformt, weiß
iie in ihrer Haltung wie in ihren Bewegungen Würde mit
Inmut zu vereinigen. Kann man auch nicht sagen, daß der
Schnitt der Züge und des Kopfes zu jener Art gehört, die beim
rsten Anblick dene Zuschauer auffällt, so wird man doch
nne werden, daß dieses ovale Gesicht mit den zarten blauen
Lugen, der liebliche Mund mit den schönen Zähnen, die Fuülle
londen Haars bei längerem Anschauen von Minute zu Minute
ewinnt und fesselt. Mit der Bildung ihres Herzens, die von
eligiösem Grunde ausging, verschwisterte sich dier ihres
weistes. Die Prinzessin spricht setr gut, weiß sehr viel.
Dahß sie nicht nur Angelerntes, sondern auch eigen Geistiges
u geben weiß. bavon aubt der Reiz Zeugnis, der in