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ÇααÔαααö!
Ausce
Großke Ansgabey Sonnabend, den 25. Februar 1911.
Morgen⸗Blatt Ur. 102.
Erstes Blatt. hi⸗ Nigtt
und die Feuilletonbeil anh.
Amfanag der heutiger
nichtaritlicher Teit,.
lUleber die Ursachen des Krieges 1870/ 71.
Enteressante Beiträge aus den Briefen ves Fürsten Karl
Anton von Hohenzollern.)
B. Lübed, 25. Febr.
In einem im Märzheft der Deutschen Revue veröffent⸗
üchten Artikel von K. Th. Ziegler sind einige Stellen aus den
Briefen des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern recht
bemerkenswert, weil sie ein besonderes Licht auf die Ursachen
werfen, die schließlich zu dem Kriege 1870/71 geführt haben.
In ihnen schreibt Karl Anton am 16. Juli 1870 seiner Stief-
nutter, der Fürstin Katharina, nachdem er am 12. die Verzicht⸗
eistung des Erbprinzen Leopold auf den spanischen Thron dem
König Wilhelm, dem Marschall Prim und dem spanischen Bot—
chafter in Paris mitgeteilt hatte:
„Seit zehn Tagen bin ich an den Schreibtisch gefesselt,
weil eine Veranlassung, welche die spätere Geschichtsschrei⸗
bung glänzend aufklären wird, zu einem Kriegsvor—
wand seitens Frankreichs herangewachsen ist. Nicht
die spanische Thronfolge, sondern ganz andere Veranlassungen
sind Ursache des binnen kürzester Zeit entbrennenden Krieges
— die nächste wohl die Unsicherheit der dynastischen
Existenz Napoleons, welthe ihn zwingt, alles auf eine
Karte zu setzen. Wir akzeptfüeren freudigst und mit
bollstem Gottvertrauen den Krieg; denn wir führen ihn für
eine gerechte Sache gegen einen Uebermut sondergleichen.“
Am 29. August 1870 kommt er dann nochmals auf die
zriegsursache mit folgenden Worten zurück: .
„Die Spamische Frage war ein leerer Vorwand,
und Frankreich wollte den Krieg.. . . Ich konnte von der
—
teilung machen, weil sie, zweimal schon entschieden abgelehnt,
erst binnen kürzester Zeit Konsistenz anzunehmen begann —
weit davon aber entfernt, zur Wahrheit zu werden.... Die
pätere Geschichtsschreibung wird uns dereinst glänzend recht—
fertigen Und von unseren Häuptern den Verdacht ziehen, als
hätten ungemessene Ambitinn und Drang nach Köniaskronen
uns beherrschk
Jdie AKbrüstungsfrage in der französischen
Kammer.
W. Paris, 24. Febr. Nachdem die Kammer die Sitzung,
hdie anläßlich des Todes des Kriegsministers aufgehoben war,
vieder aufgenommen hatte, suhr sie in der Beratung des
hesetzentwurfes betreffend den Bau zweier Panzerschiffe fort.
der Marineminister gab bekannt, daß der Marinepräfekt ihw
elegraphisch mitgeteilt habe, daß alle Schiffsmodelle von
Vichtigkeit, die zum Bau des „Jean Bart“ gedient hätten,
ür zukünftige Schiffsbauten aufbewahrt worden seien. Geifall.)
Ddarauf wurde die Generaldislussion geschlossen und der An⸗
rag Sembat erörtert, den Bau der beiden Panzer zu ver—
chieben, bis die internationalen Besprechungen über die Ein⸗
chränkung der Rüstungen, die Frankreich anzuregen haben würde,
eendet seien. Pichon wies den Antrag Sembat zurück und
rklärte, die Regierung würde sich mit sich selbst in Wider—⸗
pruch setzen, wenn sie der Verzögerung der dringenden Schiffs—
auten zustimmen würde, die schon zu lange aufgeschoben
eien. Der Antrag Sembat' könne unter den gegenwärtigen
Imständen zu keinem befriedigenden Resultat führen, sei sogar
ugenblicklich sehr gefährlich. Denn, während man hier distu—
tiere, würden die Mächte, die vor Frankreich schon einen be—
rächtlichen Vorsprung voraus hätten, diesen Vorsprung noch
ergrößern und Frankreich noch mehr ins Hintertreffen bringen.
Beifall) Pichon erinnerte daran, daß ähnliche Vorschläge
chon seit 1899 vergeblich erörtert worden seien. Die Propa—
anda für das internationale Schiedsgericht könne im Lande
ortgesetzt werden. Man möge doch sehen, was England und
die Vereinigten Staaten getan haben! Präsident Taft habe
a dem Augenblick, wo der Schiedsverlkrag mit England vorge—
chlagen wurde, die Notwendigkeit betont, die Marine zu ver⸗
tärken. Auch für Frankreich liege die Hauptgarantie des
zriedens in der Stärle der Marine und des Heeres. Geifall.)
dichts würde gefährlicher sein für Frankreich, als wenn es
ich schwäche in dem Augenblick, wo sich andere Mächte stärkten.
das würde weder klug noch weise sein. Er beantrage, den
Antrag Sembat abzulehnen. (Lebhafter Beifall im Zentrum
uind auf der Linken.) Sembat verteidigte seinen Antrag und
warf Pichon vor, er messe den Haager Konferenzen zu wenig
Wichtigkeit bei. Pichon erwiderte, niemand wisse den Wert
zer Haager Konferenzen mehr zu schätzen, wünsche ihren Ar—
eiten mehr Erfolg als er. Geifall.) Der erite Teil des
Intrags Sembat, wonach die Kammer die Regierung auf—
ordern soll, mit auswärtigen Mächten, namentlich England
uind Deutschland Besprechungen über oleicheciie Beschtänkung
—
der Rüstung herbeizuführen, wird von Pichon bekämpft mit
der Begründung, ein so gefaßter Antrag würde eine Gefahr
für das Land darstellen. Nachdem Pichon die Vertrauensfrage
gestellt, wurde der erste Teil mit 3582 Stimmen gegen 189
S„timmen abgelehnt. Eine Abstimmung über den zweiten
Tdeil des Antrages war überflüssig. Charles Dumont stellte
»arauf einen Antrag, worin die Regierung ersucht wird, mit
illen Kräften bei befreundeten und verbündeten Mächten dahin
u wirken, daß auf der nächsten Haager Friedenskonfereng
ie Frage der gleichzeitigen Beschränkung der Rüstungen auf
zsie Tagesordnung gesetzt wird. Pichon erklärte, die Re—
zjierung verhalte sich diesem Antrage gegenüber durchaus nicht
iblehnend. Die nur den französischen Delegierten der Haager
Friedenskonferenz erteilten Weisungen bestätigen, daß die Re—
zierung ihnen freie Hand in der Wahl des Zeitpunktes lasse.
Daraus wurde der Antrag Dumont mit 447 Stimmen gegen 56
Stimmen angenommen. Fortsetzung der Debatte morgen
Inland und Ausland.
Deutisches Reich.
W. Der Reichstag nahm den Paragraphen 1 der Vorlage
zetreffend die Friedenspräsenzstärke mit 247 gegen 63, bei
11 Stimmenenthaltungen an. Nunmehr ist die ganze Vorlage
n der zweiten Lesung angenommen.
W. In der Budgetkommissison des Reichstages erklärte
jer Kriegsminister nochmals, daß der Vertrag mit Tempelhof
ber den Verkauf einzelner Teile des Tempelhofer Feldes rechts⸗
räftig abgeschlossen sei. Ein Rücktritt wäre nicht mehr mög—
ich. Solle eine Verständigung noch nachträglich herbeigejführt
werden, müsse die Anregung lierzu von Tempelhof ausgehen—
Die Militärverwaltung könne die Snitiative hierzu, ohne einen
Vertrauensbruch gegen Tempelhof, und ohne Bedrohung der
iskalischen Interessen nicht ergreifen. Aus dem gleichen Grunde
nüsse er den ihm von Berlin gemachten Vorschlag, Berlin irgend—
xie an der Verwertung des Feldes zu beteiligen, ablehnen, um
o mehr, als eine Eingemeindung des Feldes als Voraussetzung
esetzt sei. Hier müsse jede Bemühung der Regierung vergeblich
dleiben, da alle maßgebenden Faktoren, die Gemeinde, der Kreis,
»ie Provinz und der Landtaa sich entschieden dagegen aus—
prachen.
Das Arbeitsprogramm des preußischen Abgeordnetenhaußes.
7s ist beabsichtigt, nach Erledigung des Eisenbahnetats die Etats⸗
eratungen fortzusetzen mit den Etats der Zölle, der Steuern,
der Seehandlung und des Handelsetats. Man hofft, diese Ma—
terie bis zum 28. V. Miuerledigen zu können. Am 1. März
wie er andeutet, mit einer Frau, die er liebte. Um diesen
Jugendstreich, den er bedauere, vor sich selbst zu rechtfertigen,
ei er eine Zeitlang Antimilitarist geworden und habe gegen
)en Militärdienst geschrieben. Dies sei lächerlich und kindisch
jewesen und von ihm bald überwunden worden. Als er 1900
iach dem Amnestieerlaß zurückgekehrt war, habe er dienen
vollen, sei aber als untauglich entlassen worden. Seit
zieser Zeit habe er ruhig als Schriftsteller gelebt. Er über—
asse allen anständigen Leuten die Beurteilung einer Agitation,.
die zu solchen Mitteln griffe.
Kleine Mitteilungen. Der Kaiser hat Prof. Richard
rriese, den Berliner Tiermaler, beauftragt, sür Ro—
ninten, das ostpreußische Jagdschloß des Monarchen, das
sroße Standbild eines Hirsches zu schaffen. — Einer der
Führer der amerikanischen Malerei, Winstow Homer, be
sing Freitag seinen 75. Geburtstag. — Der Münchener
zJorträtmaler Franz Sales Pernat ist im Alter von
37 Jahren gestorben. — Der Landschaftsmaler August
Wondra ist in Darmstadt, 54 Jahre alt, gestorben. —
bei der Wiederkehr des fünfjährigen Todestages Fritz
ßtavenhagens (0. Mai cr.) soll ein schlichtes Graba
entkmal auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg er—⸗
ichtet werden, für dessen lünstlerische Ausgestaltung der
damburger Bildhauer H. Haas sorgt. — Die 79. große
Kunstausstellung des Kunstvereins Hannover wird am 24.
Febr. eröffnet.
Ein Denkmal sür Verdi. Dem Komponisten Giuseppe
Verdi soll auf dem Pincio in Rom ein Denkmal er—
richtet werden. Die Grundsteinlegung findet bei Gelegenheit
des diesjährigen internationalen Musiker-Kongresses statt,
während die Enthüllung erst 1913 zum hundertijiährigen
Beburtstage des Meisters erfolgen wird.
Die Eröffnung des Röntgenmußeums in Berlin ist für die
ßelegenheit des siebenten Kongresses der Deut—
schen Röntgengesellschaft in Aussicht genommen,
der am 22. und 23. April dieses Jahres im Berliner
dangenbedhause tagt. Am Abend des 22. April finden
Demonstrationsvorträge statt. Mit dem Kongreß wird dies⸗
mal eine Nusstellung von Proiektionsdiavositionen verbunden
ein.
Beim Wettbewerbb um ein König-Albert-Denkmal für
Bautzen i. S. gingen 69 Entwürfe ein. Es wurden
drei gleiche erste Preise verteilt an: Bildhauer Born
Dresden), Bildhauer Walter Hauschildt Gerlin), Bildhauer
Irof. Georg Wrba (Dresden). Es handelte sich um ein
Randdenkmal an einem alten Turm
Theater, Kunst und Wissenschaft.
** Felix Weingartner, der ehemalige Direktor der Wiener
Hhofoper, wird den ihm vom Direktor des Hamburger Stadt—⸗
theaters Hans Loewenfeld gemachten Antrag, als J, leiten⸗
der Kapellmeister ab 1912 wahrscheinlich annehmen. Loewen⸗
feld bewilligte Weingartner eine sehr hohe Gage und so viel
Urlaub, um seinen Wiener Verpflichtungen nachzukommen.
Loewenfeld hat auch Lucille Marcell, jener Sängerin, die,
schon seit Jahr und Tag Weingartner auf seinen Konzertreisen
begleitet und überall dessen Lieder singt, einen Antrag für
Hamburg gemacht. Falls Weingartner nach Hamburg geht,
so kommt auch Lucille Marcell 1912 nach dort. Weingartner
vurde 1863 in Zara in Dalmatien geboren, ging 1881, um
Philosophie zu studieren, nach Leipzig, widmete sich aber bald
ganz der Musik. 1883 ging er zu Liszt nach Weimar, wo auch
eine erste Oper „Sakuntala“ herauskam. 1884 wurde er
Theaterkapellmeister in Königsberg, 1888 in Danzig, 1887 in
ßamburg, von 1889—91 war er Hofkapellmeister in Mann—
zeim, von 1891 -1898 Hofkapellmeister in Berlin. 1898 sie⸗
delte er nach München über als Dirigent der Kainz-Konzerte.
1908 wurde er Nachfolger Mablers als Direktor der Wiener
hofoper.
Künstlernachr ichten. Man meldet aus München den Ab⸗
schluß eines Caruso⸗-Gastspiels für Ende Sept. an der
Hofoper. Die Honorarforderung für ein zweitägiges Gast⸗
spiel wurde von 20000 auf 25 000 Muerhöht. — Direktor
Runge vom Berliner Friedrich-Wilhelmstädtischen Schauspiel⸗
hause wurde von Direktor Volkmer ab 1912 als Oberregisseur
sür das Frankfurter Schauspielhaus verpflichtet. — Anna
Judic, die bekannte Pariser Soubrette, ist m Paris schwer
erkrankt. Die Künstlerin leidet an Atemnot mit heftigen
Erstickungsanfällen. — Ernst v. Possarts Gastspiel in Boston
muhßte des außerordentlichen Erfolges wegen um eine Woche
verlängert werden. — Kammersängerin Frida Hempel
vom Berliner kal. Opernhaus, die zurzeit einige Konzerte
n Nen absolviert, hatte dort einen aukergewöhnlich starken
krfolg.
Die Baureuther Festspiele werden dieses Mal das Wieder⸗
auftreten eines Künstlers bringen, der von dieser hehren Kunst⸗
taͤtte seinen Ruhmesweg nahm und ihr seit Jahren sern⸗
zeblieben ist. van Dyd wird in den diesjährigen Feit-
pielen den „Parsifal“ singen.
Eine halbe Million Gage. Der russische Sänger Chal⸗
apin wird in der nächsten Spielzeit in fünf Monaten
erziamal in Europa singen und erhält hierfur
von einem Konsortium eine halbe Million, die höchste Gage,
die ein Sänger je erreichte.
Ure und Erstaufsührungen. Im Breslauer Thalia—
heater errang die Uraufführung des Volksstüchs: „Bei
hampels“ des schlesischen Schriftstellers Julius Fischer—
Hesellhofen einen freundlichen Erfolg. — „Die Wahr⸗—
beitssucher“, das Schauspiel von Heinrich Ilgenitein,
das soeben éeinen großen Erfolg in Amerika hatte, wurde
für das Bremer Stadttheater erworben. — In Memel
'and am Stadttheater die Uraufführung der dreiaktigen
Tragödie „H ypatia“ von , Franz Herwey eine freund—
iche Aufnahme. — Jungmanns Schauspiel „Die Wahl“
rzielte bei der Uraufführung im Boch umer neuen Stadt⸗
heater einen starken Erfolg. — Donnerstag fand im
Neslobintheater zu Petersburg die Erstaufführung von
ßortis neuestem Stüd „Wassa Shielesnowa“ statt,
die einen ziemlichen Mißerfolg hatte.
Leo Falls Operette: „Der sidele Vauer“ hatte in
Rewyork einen Riesenerfolg, den größten des dorti—⸗
sen Deutschen Theaters seit Jahren.
Neue Oper. Der bekannte norwegische Komponist Christian
Zinding arbeitet zurzeit an einer neuen Oper, „Das
zeilige Gebirge“. Der Text rührt von der Berliner Schrist⸗
tellerin Dora Duncker her. Die Handluna lvielt unter
Mönchen.
„Wie man in der Vorjtadt liebt“ betitelt sich eine Oper
in sechs Bildern, die Gustave Charpentier, der Komponist
»er „Louise“, soeben fertiggestellt hat. Ein Bild der neuen
Iper schildert einen „Streik in der Vorstadt“. ein anderes
in „Kabarett“.
„Alt⸗Heidelberg“ aus politischen Gründen verboten! Das
illbekannte Schauspiel „Alt⸗Heidelberg“ ist jetzt von einem
Polizeiverbot heimgesucht worden, und zwar in Prag.
Dort sollte das von Angelo Neumann ost ausgeführte
Werk jetzt auch in tschechischer Sprache in Szene gehen.
Die Prager Polizei hat die Vorstellung aber untersagt,
veil sie fürchtet, daß deutsche Couleurstudenten auf einer
ischechischen Bühne das Publikum zu Ausschreitungen hin—⸗
teißen könnten. Uns will scheinen, daß die Behörde mit
dieser Versügung das Nipeau der schechischen Theater⸗
besucher zwar tief, aber richtig einschäzt.
Zu den Pariser Theaterdemonstrationen. Bernstein gibt
in einem von den Zeitungen veröffentlichten Brief zu, daß er
nor dreizehn Jahren desertiert sei. Er habe sich vier
Monate vor Ablauf des Militärdienstes nach Belgien hegeben.