Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

inter Zuzietung von Vertrelern des deuischen Seefischeres- 
»ereins eine Beraiung darüber stattgefunden, wie das 
Sturmwarnungswesen zur Sicherung der Hochseefischerei ver— 
zessert werden könne. Die Beratung hat zu dem Ergebnis 
geführt. daß solche Verbesserungen nur möglich sind durch 
Verwendung der drahtlosen Telegraphie. Die Reichsverwaltung 
hat demgemäß beschlossen, denienigen Reedereien und Eignern 
oon Seefischereifahrzeugen, die sich bereit erklären, ihre Fahr⸗ 
zeuge mit Funkentelegraphenapparaten auszurüsten, nach Maß— 
dabe der vorhandenen Mittel eine namhafte Beihilfe aus 
Reichsmitteln unter der Bedingung zu gewähren, daß die den 
Fahrzeugen auf funkentelegraphischem Wege zugehenden Sturm⸗ 
rarnungen von ihnen auf optischem Wege an die übrigen in 
Zicht befindlichen Fischereifahrzeuge weitergegeben werden. 
Erleichterung der Zollrevision des Reisegepäls. Der San⸗ 
relsvertragsverein hat in zwei Eingaben 
in das Reichseisenbahnamt darum gebeten, eine Ver⸗ 
zinfachung und Erleichterung der Gepäck— 
evision einzuleiten, und zwar hauptsächlich in dem Sinne, 
datßz für das große Gepäck die Möglichkeit geschaffen wird, es 
uuf durchgehende Gepäckscheine bis zu den hauptsächlichsten 
kisenbahnknotenpunkten des anderen Landes aufzugeben und 
erst dann die Gepäckrevision vorzunehmen, wo meist ohnehin 
Aufenthalt, Umsteigen oder Zugwechsel eintritt, das Hand⸗ 
zepäck aber grundsätzlich in den Bahnabteilen 
elbst revidieren zu lassen. — Dem Vernehmen nach 
jaben zwischen den Vertretern Deutschlands und Oesterreich⸗ 
AUngarns bereits Erörterungen hierüber stattgefunden, und es 
ist zu hoffen, daß bei den Enm 16. Mai in Bern be— 
rinnenden Verhandlungen über das internationale 
lebereinkommen im Eisenbahnfrachtverkehr diese Erleichte⸗ 
rungen zur Erörterung und dvielleicht schon zur 
Durchführung gelangen. 
Eine Verlrumdung Bennigsens. Wir lesen in der Natlib. 
Lorresp.: „Der Staatsminister Hreiherr v. Hammerstein hat 
iach übereinstimmenden Zeitungsmeldungen in einer in Bad— 
vergen gehalten Rede gegen den ver torbenen Führer unserer Par⸗ 
ei, Rudolf von Bennigsen, den Vorwurf erhoben, daß 
r seine amtliche Stellung dazu benutzte, das ihm unterstellte 
Bbeamtenheer für seine Partei dienstbar zu machen. Dieser Vor⸗ 
vurf, der allem widerspricht, was bisher über Rudolf von Ben⸗ 
rigsens amtliche Tätigkeit bekannt war, hat den Vorsitzenden 
ʒes geschäftsführenden Ausschusses unserer Partei veranlaßt, sich 
osort schriftlich an Freiherrn v. Hammerstein mit der Bitte zu 
venden, ihm zu bestätigen, ob die fragliche Aeußerung wirklich 
jefallen sei und ihm eventuell mitzuteilen, auf welche Tatsachen 
ie sich eventuell stütze. Staatsminister v. Hammerstein hat dem 
Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses darauf schrift⸗ 
iich eine Unterredung behufs Aufklärung des Sachverhalts in 
Aussicht gestellt. Sobald diese Unterredung stattgefunden hat, 
verden wir aluf die Angelegenheit zurückkommen.“ 
Landesverband der bayerischen Presse. Unter großer Teil⸗ 
tahme wurde in München am Sonntag der Landesver⸗ 
sand der bayerischen Presse gegründet. Nach ein—⸗ 
immiger Annahme der Satzungen wurde Chefredakteur Dr. 
Nohr zum ersten und Chefredakteur Adolf Müller zum zweiten 
dorsitzenden und Chefredakteur Scharre, Chefredakteur Oster⸗ 
juber und Redakteur Hilger zu itellvertretenden Vorsihenden 
sewählt 
Srantkreich. 
Flottenprojekte. Wie der frühere Deputierte Bos in der 
Fachzeitschrift La Vie maritime berichtet, hat sich der Höhere 
Marinerat dafür ausgesprochen, daß die Geschwader aus 
icht Einheiten zu bestehen haben. Ferner seien für die in Zu—⸗ 
unft zu erbauenden Panzerschiffe 3Z40 mm⸗Geschütze in Aussicht 
enommen, doch werde bereits an eine Vergrößerung des Ka⸗ 
ibers gedacht, und der Generalinspekteur der Marineartillerie 
ei bereits mit der Prüfung der Pläne zu einem 350- oder 360 mm- 
Heschütz beschäftigtf. 
Nußland. 
Eürung im Ardebilbezirt. Wie die Petersb. Tol.Ag. 
rus der persischen Stadt Astara meldet, gärt es in letzter 
zeit wieder im Ardebilbezirk, besonders beim Stamme 
zer Gjalyschen. Am 11. d. M. stiehen in der Umgegend von 
Astara russische Kosaken mit 200 Gialyschen, die große Verluste 
erxlitten zusammen; ein Russe fiel, zwei andere, darunter ein 
Dffizier, wurden verwundet. Aus der Umgegend von Ar— 
»ebil wird auch das Wiedererscheinen von Schachsewenen⸗ 
»anden gemeldet. Die russische Abteilung in Ardebil ent⸗ 
endet e ine Strafexpedition gegen die Gialyschenbanden. 
heer und Flotte. 
WV. Berlin, 13. Febr. „Neckar“ mit dem Ablösungstrans⸗ 
zort für das Kiautschougebiet und Flußknbt. „Tsingtau“ ist 
uuß der Ausreise am 12. Febr. in Schanghai eingetroffen und 
zat an demselben Tage die Reife nach Tsingtau sortgesetzt. 
Tiger“ ist am 12. Febr. in Canton eingetroffen und verläßt 
»en Hafen am 13. Februar. 
W. Kiel, 13. Febr. Die Aufklärungsschiffe der 
zochseeflotte sind heute morgen zu einer mehrtägigen 
Tebungsfabrt nach der Nordsee ausgelaufen. 
— MWMWWggt— — M——k—cct2ee 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
W. Berlin. 18. Febr. Der Kaiser nahm heute den Vor⸗ 
rag des Reichskanzlers entgegen. 
W. Berlin. 13. Febtr. Prinz und Prinzesfin Sein— 
ich haben heute mittag Berlin verlassen. 
Wie. Berlin, 13. Febr. Aus Deutsch-Südwest- 
prika wird amtlich gemeldet, daß nach Mitteilung der eng⸗ 
ischen Grenzpolizei ein Teil der Simon Kopper⸗Leute 
hbei Pella und Ramansdrift die deutsche Grenze zu über- 
schreiten sucht. Der Polizeiposten von Ramasdrift hörte 
am Abendd es 7. Februar Gewehrfeuer. Da auch auf deutschem 
Gebiete eine bewaffnete Bande fergestellt und sämtliche Einge⸗ 
borenen und Viehwächter in der Gegend des Steinkopf ver⸗ 
ichwunden waren, wurde das Kommando des Südbezirks ange— 
xiesen, die Bande energisch zu verfolgen und die Bondels zu 
aiberwachen. Eine Verbindung zwischen den Simon Kopper⸗ 
Leuten und den Bondels bei Steinkopf scheint nicht ausge⸗ 
chlossen. 
Wt. Berlin, 13. Febr. Wie der Germanig aus Rom ge⸗ 
neidet wird, richtete der Kardinal⸗Staatssekretär im Namen 
es Papstes an den Kardinal-Fürstbischof Ko p p⸗Breslau 
in Schreiben, in dem er die von den Professoren der theologischen 
Jakurtät in Breslau abgegebene Crllärung billigt und deren Ge⸗ 
jorsam gegen die päpstlichen Weisungen lobte. 
Wt. Berlin, 13. Febr. Der Redalteur der Wahrheit, 
Weber, wurde wegen des Artikeis, Harden und seine Freunde 
noralisch geohrfeigt“, auf Grund dessen der Verleger des Han⸗ 
noverschen Couriers Dr. Jänicke, eine Beleidigungsklage gegen 
hu erhoben hatte, vom Schöffengericht zu 900 MuGeldstrafe 
erurteilt. 
W. Wien. 13. Febr. Zu der Meldung hiesiger Blätter, 
aß zwei Anarchisten, um ein Attentat zu verüben, 
iach Rom reisen wollten, stellen Berichte aus Innsbruck fest, 
A ßder Gärtner Dolezal aus Mähren, der angab, durch Los be⸗ 
timmt zu sein, jemand umzubringen, mit einer in Meran nach 
som gelösten Fahrkarte nach Riva reiste, wo er verhaftet 
vurde. Von der angeblichen Verhaftung eines Komplizen ist 
richts bekannt. 
W. Budapest, 13. Febt. Das Abgeordnetenhaus 
rledigte die Generaldebatte über die Bankvorlage. 
W. Budapeft, 13. Febr. Hier erschien eine bosnische 
eputation, die bei den gemeinsamen Ministern und bei 
en Mitgliedern der ungarischen und österreichischen Regierung 
hre Wünsche betreffend der bosnischen Zollangelegenheiten und 
isenbahnen aussprach. 
W. Paris, 13. Febr. Gegenüber dem halbamtlichen De— 
nenti wird von einzelnen Blättern die Meldung aufrecht er—⸗ 
zalten, mehrere Panzerschiffe, besonders „Demokratie“ 
ind „Justice“, hätten bei den Schießversuchen auf der Rhede 
rson Toulon mit 30,5 Zentimeter⸗-Geschützen Beschädi⸗ 
zungen erlitten, deren Reparatur etwa acht Tage dauerte. 
W. London, 13. Febr. Das Reutersche Bureau meldet 
ius Bata via: Der Sultan von Riouw und sein Sohn 
irbeiten insgehein gegen die holländische Regie— 
ung und weigerten sich, die holländische Flagge zu hissen. Da 
viederholte Mahnungen nichts fruchteten, entsandte die hol⸗ 
ändische Regierung zwei Kriegsschiffe mit Truppen nach Niouw, 
ie den Sultan entthronten und nach Singapore brachten. In 
RKiouw wurde eine holländische Verwaltung eingerichtet. Es 
in alles ruhig. 
W. Petersburg. 18. Febr. Die bereits gemeldete 8u⸗ 
rückziehung der russischen Truppen aus Kaswin wird 
runmehr amtlich bekannt gegeben. 
Innsbruck, 13. Febr. In Bozen er würgte eine Hand⸗ 
verkerfrau in einem Anfall von religiösen Wahnsinn 
ihren fünfjährigen Sohn. 
die Pest in Ostasien. 
—W. Berlin, 13. Febr. Nach den letzten amtlichen Tele— 
rammen des Gouvernements Kiautschou aus Tsingtau ist das 
zchutzgebiet pestfrei. Aus Tschifu waren nach Tsingtau zwei—⸗ 
zundert, aqaus der Provinz Schantung 250 Todesfälle gemel— 
„et. Die letzte Angabe stammt von im Innern der Provinz leben⸗ 
»en Europäern. Die militärische Abgrenzung des Stadtgebiets 
ind die Ueberwachung der Schutzgebietsgrenze seitens der chinesi— 
chen Landbevölkerung unter Leitung des deutschen Bezirksamts 
atte die erhoffte Wirkung. Zur wirksamen Aufrechterhal⸗ 
ung der militärischen Absperrung, die an die Besatzung große 
AInforderungen stellt, bleiben von den Offizieren und Mann— 
chaften, die am 22. Februar mit dem Dampfer „Nectar“ die 
zeimreise antreten sollten, zwei Offiziere und 288 Mann in 
dsingtau zurüd, um nicht zu sehr auf die neu herausgekommene 
unge Maunschaft, die sich erst eingewöhnen soll, angewiesen 
u sein. Beim ostasiatischen Marinedetachement in Peking findet 
in Personalwechsel vorläufig nicht statt. Bei diesem Marine— 
eil sind Pestfälle nicht vorgekommen. 
Wt. Petersburg, 13. Febr. Wie der medizinische General⸗ 
nspekteur in Wladiwostok meldet, sind bisher im Küsten⸗ 
jebiet keine Erkrankungen an Vest festgestellt. In den Stationen 
bogganitschnaja, Nicholsk und Ussuri sind Krankenhäuser und an 
»en belebten Fahrstraßen ärztliche Beobachtungsstationen ein⸗ 
erichtet worden, so in Chuntschun und Poltasman. Zur Zeit 
er Eröffnung der großen Schiffahrt wird die ärztliche Be— 
bachtungschation in Wladiwostok erweitert werden. Es ist 
eabsichtigt, die koreanische Vorstadt vor Wladiwostok, welche 
rus einer Anzahl eng zusammengedrängter und dicht be— 
vohnter Baulichkeiten besteht, nieder zu legen, und die Be—⸗ 
ölkerung an einer anderen Stelle wieder anzusiedeln. Zur 
chleunigen Feststellung des ersten pestverdächtigen Falles ist 
in umfassender saniiärer Kundschafterdienst organisiert wor— 
„en. In Ckarbin sind gestern 19 Todesfälle an Pest zu ver—⸗ 
eichnen gewesen. 
Luftschiffahrt. 
W. Jena, 13. Febr. Für den Ueberlandflug Goth«a 
—Weimar — Erfurt — Gotha wurde folgendes festge— 
kellt: Veranstalter ist die Flugplatz-Gesellschaft Johannisthal. 
deilnehmer sind Jeannin, Thelen und Poulin. Am 26. Febr.⸗ 
achmittags: Flug von der Luftschiffhalle Gotha nach Weimar, 
weiter Tag: Weimar—Erfurt, dritter Tag: Erfurt —Gotha. 
Folgende Mittel sind zur Verfügung gestellt: 2800 Mevom 
Hroßherzog von Sachsen-Weimar, 2000 Muvon der Stadt 
Weimar, 3000 Muvon der Firma Karl Zeiss-Jena, 12500 M 
on der Stadt Gotha, 6000 Muvon der Stadt Erfurt. 
Deutscher Reichstag. 
W. Verlin, 13. Februar. 
Am Bundesratstisch: v. Tirpiz, Kommissare; in der Hof—⸗ 
soge der Chef des Marinekabinetts v. Müller. 
Ausf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Marine⸗- 
ktats, des Etats für Kiautschou und des ostasiatischen Marine— 
»etachements. Mit Kapitel 45, TAitel J, Gehalt des Staats- 
ekretärs, wird Kapitel 61, Titel 9, Zulagewesen, nach län— 
zerer Geschäftsordnungsdebatte rerbunden. 
Abg. Irhr. v. Thünefeld (Itr.) berichtet über die Kom— 
nrissionsverhandlungen. 
Abg. Erzberger (Z3tr.): Der Marine-Etat sür 1911 siellt 
men Höhepunkt in der Entwidlung unserer Flotte dar; er 
ringt den Abschlutz der im Marinegesetz vorgesehenen Neu⸗ 
auten. Im nächsten Jahre beginnt ein Abflauen, indem nur 
och Ersatzbauten gefordert werden. Dafür wird der innere 
dienst ausgestaltet werden müssen. Der außerordentliche Etat 
nit und damit das Anleihe-Bedürfnis. Im Jahre 1011 soll 
as letztere überhaupt nicht mehr vorhanden sein. Die Organi— 
ierungskosten werden seit 1900 aus laufenden Mitteln gededt, 
o daß der Wert unserer Schiffe die zu ihrem Bau aufgenom⸗ 
lenen Anleihen bei weitem übertrisft. Das ist bei leiner an— 
eren Flotte der Fall. Frankreich khat sich in letzter Zeit veran—⸗ 
aßt gesehen, unser Flottengesez geradezu zu kopieren. Die Elasti— 
ität unseres Gesetzes ist ein Vorteil, da wir dabei die kech— 
ischen Fortschritte mitnehmen können. Auf diese Weise ist er⸗ 
eicht worden, daß die Lasten für die Landesverteidigung auf den 
dopf der Bevölkerung bei uns geringer sind als in England und 
Frankreich. Bei der Marine mus man feststellen, daß sie mit 
den für sie ausgeworfenen Mitteln außerordentlich günstig gewirt⸗ 
chaftet hat. Sie hat verhältnismäßig mehr Schiffe gelchaffen 
Us irgend eine Macht. 
Abg. Dröscher (kons.): Der vorliegende Etat ist unter 
dem Zwang der Sparsamkeit aufgestellt, die die finanzielle 
Lags des Reiches erfordert. Unsere Flottenpolitik, wie fi 
zas Flottengesetz widerspieglt, ist trotz aller Kritik als —— 
rnerlannt worden. Die Durchführung der Reform in —9 
Verwaltung der Werften erkennen wird an. r 
Nach längeren Ausführungen des Staatssekretärs von 
Tirpitz, auf die Abg. Ledebour erwidert, erfolgt Ver 
agung auf Dienstag 1 Ubr 
duntes Allerlei. 
O.K. Der Reichtum der Kardinäle in der Renai 
eber den Reichtum der Kardinäle in der Renaissance — 
aulturhistoriler E. Rodocanachi in einem Aufsatz des Journal d 
Débats Mitteilungen. Ein Zeitgenosse, Cortese, schätzte die sennn 
enuen des Kardinal⸗Kollegiums auf 490 000 Dukaten, wobei * 
dukaten der Renaissance mit etwa 10 A angesetzt werden muß. 
Wahrheit waren aber die Einnahmen viel beträchtlicher. Der udide 
on Aragon bezog z. B. allein 24000 Dukaten, der Kardinal Louig 
on Bourbon 20 000, der Kardinal Grimmai 18 000 Dukaten. Der 
dieblingsneffe des Papstes Julius I., der Kardinal Galotto della 
stovere, bekam nach dem Tode des Kardinals Sforza das Kanzleramt, 
as 12 000 Dukaten brachte, so daß der 24jährige junge Mann, da 
chon über andere beträchtliche Einnahmen verfügte, über eine Rente 
von 40 000 bis 45 000 Dukaten verfügte. Außer ihren Einnahmen 
ils Kardinäle bezogen diese Kirchenfürsten auch noch zahlreiche andere 
gfründen; der Kardinal Sauli erhielt z. B. aus diesen Nebenpfründen 
3000 Dukaten, was ihn aber nicht hinderte, an einer Verschwörung 
jegen seinen Wohltäter, Leo XR., teilzunehmen. Die meisten Kardinäle 
zatten Schulden, wodurch sie aber ihre Einnahmen nur vermehrten. 
Gielfach bezahlten lie die Schulden nicht, wie der Kardinal Cesarini, 
er aus Rom flüchten mußte, um seinen Gläubigern zu entgehen, dafür 
ber bei seinem Tode über 835 000 Dukaten jährliches Einkommen 
erfügte gegenüber den 22000 Dulaten, die er zehn Jahre vorher 
ehabt. Andere ließen sich cuf ihre Einnahmen aus den Pfründen 
held vorstrecken. So lieh beispielsweise die Vank Grimoldi dem Kar⸗ 
inal Sanseverino 700 Dukaten monatlich, wofür er nur 200 Dukaten 
zinsen zu zahlen brauchte. Auch die Bank Palavicini in Genuag und 
ie deutsche Bank der Fugger, die eine Filiale in Rom hatte, streckten 
en Kardinälen beträchtliche Summen vor. Einige Kardinäle bildeten 
irelt miteinander Gesellschaften, um ihre Pfründen möglichst ge⸗ 
innbringend auszunutzen. Während viele Kirchenfürsten bei den 
zanken borgten, hatten andere bedeutende Depots bei ihnen angelegt. 
50 lieh der Kardinal Melchior de Cupis der Fugger-Bank 200 000 
dukaten zu 5 pZt.; als er starb, fand man in seinem Aermel „ein 
leines, fingerlanges Stũck Papier“. Papst Julius II. ließ die Fuggers 
ragen, was es mit diesem Papier auf sich hätte, und man antwortete 
hm, daß es 300000 Dukaten, 3 Millionen Mark, wert sei. Bel 
erselben Bank hatte der Kardinal Alexandrino 22 009, der Kardinal 
Zantorio 9664 Dukaten deponiert. Wie groß der Reichtum der 
denaissance · Kardinäle war, läßt sich auch aus den riesigen Strafsummen 
rmessen, die ihnen auferlegt wurden. Der Kardinal Riario, der an 
er Verschwörung gegen Leo X. teilgenommen hatte, mußte 150 000 
hukaten zahlen. Beim Sacco di Roma wurden mehrere Kardinäle 
acheinander von den Spaniern, Deutschen und Italienern um je 
00 O00 Dukaten gebrandschatzt. 
X. Das Katherinenkloster auf dem Sinai. Prini 
zohann Georg von Sachsen entwirft in der Internationalen Wochen⸗ 
hrift eine interessante Schilderung von dem Katherinenkloster auf dem 
Zinai, das er besucht hat. Das Kloster wurde vom Kaiser Juftinian 
rbaui, um den bis dahin einzeln lebenden Mönchen einen Shuks 
gegen die Überfälle räuberischer Stämme zu gewähren. Die Kirche 
iammt noch zu einem beträüchtlichen Teile aus dieser Zeit: die hinter 
er Apsis liegende Kapelle des brennenden Vornbusches ist sogar nodh 
in bis zwei Jahrbhunderte alter. Hier finden sich einige schöne, bishet 
joch nirgends veröffentlichte Mosaiken. Außer der Hauptkirche sind 
och in dem Kloster eine kleinere Kirche St. Stephan und sieben 
tapellen, in denen manch interessante Ikonen, Schnitzereien 
ind Mosailfußböden auffallen. Besonders fallen zwei Kunstwerke 
uf, ein katalanisches Bild des 15. Jahrhunderts, das im nördlichen 
Zeitenschiff der Kirche hängt, und ein Bronzekandelaber, der 1710 in 
dürnberg gegossen wurde. An der Spitze der Klostergemeinde steht 
in selbliändiger Erzbischof, der aber nur einmal im Jahre nach dem 
Zinal kommt und seit langem ständig in dem Kloster der Gemeinde 
n Kaito lebt. Der gegenwärtige Erzbischof ist ein Dr. phil. Gantab, 
en Prinz Johann Georg besucht hat, wobei sich herausstellte, daß sie 
eide zusammen in Leipzig zwei Semester lang Vorlesungen bei 
Brof. Wundt gehört hatten. Unter dem Namen Porphyrios II. be⸗ 
errscht er, von sämtlichen Mönchen schriftlich dazu erwählt, die Kloster⸗ 
emeinde des Basilianerordens, zu der auch das Kloster auf dem Sina 
ehört. Von den Mönchen des Sinaiklosters sind nur drei Priester 
ie übrigen sind Laienbrüder, die verschiedene Handwerke betreiben. 
znteressant ist das Verhältnis des Klosters zu den Beduinen auf der 
zʒalbinsel. Die Mitalieder des Diebelja⸗Stammes, waren ursprünglich 
zörige des Kloiters die von Justinian als Christen angeliedelt wurden 
ch aber dann frei gemacht haben und schon seit Jahrhunderten gand 
u Mohammedanern und Arabern geworden sind. Sie gehören abe 
ewissermaßen noch zum Kloster, das alle drei Scheichs des Stammes 
rnennt, baben dort freien Eintritt und stellen auch die Diener. Von 
en drei anderen Araberstämmen der Halbinsel wird nur ein Schei. 
om Kloster ernannt, und ihre Angehörigen dürfen das Kloster nich 
etrelen. Falls sie hereingelassen werden, so werden sie mit ver— 
undenen Augen durchgeführt. Das höchste Urteil in allen wichtigeren 
ztreiligkeiten der Beduinen steht dem Erzbischof zu, dessen Enischeidung 
ann von der türkischen Regierung pro forws beitätigt wird. 
Zu dem Zwischeendall bi einem Experimentalsorirag über 
zypnose, den, wie berichtet, der Berliner Hypnotiseur Dre 
»einrich Fulda in Wien hielt, geht noch dem B. L.A. fol⸗ 
gjende Mitteilung zu: Dr. Heinrich Fulda erklärt, daß die Er⸗ 
rankung der Dame mit der Hypnose nichts zu tun hat. Die 
Zaronesse sei sehr reizbar und habe einen hyjterischen Anfall 
ekommen, während er nur durch das Experiment der aufge⸗ 
‚obenen Hand eine Wachsuggestion hervorrufen wollte. Die 
ur Dienstag angekündigte zweite Vorlesung wird nicht statt⸗ 
inden, weil die Urania auf die üortsetzung der Vorträge ver— 
ichtet hat. Dagegen liegt kein polizeiliches Verbot vor, und 
Dr. Fulda wird die Einladungen, in privaten Kreisen seine Ex— 
verimente fortzusetzen, annehmen. 
— 
v. Der Silfsweichensteller Tampa, der im Januar in 
Zosonitza seinem Kollegen Diala die Hände auf den Rücen 
band, ihn dann ermordete und beraubte, wurde in Gleiwitz 
vom Schwurgericht zum Tode verurteilt. 
W. Der Juwelier Backe und die Inhaberin des Wein—⸗ 
restourants, Frau Klingerstein, fuhren Freitag abend von 
Frankfurt a. M. nach Cronberg. Dort erschoßß Badé 
zrau Klingerstein und dann sich selbst. 
W. Schwerin, 14. Febt. Beim Eislaufen auf 
em Luckowersee bei Siernberg ist der 10jährige Sohn eines 
Maurers ertrunken. Den herbeieilenden Technikern ge— 
ang die Rettung nicht, da sie selbst einbrachen und an die 
igene Rettung denken mußten.
	        
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