Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

wer dadurch zum; Tummelplatz für die amerikanischen Werte. 
Jer Hinweis, die Lebensmitteltenerung mache die Kavpitalsaulage 
n höher verzinzuchen auslaändischen BVapieren notwendig, trifft 
uch· zu, denn wir haben hochvorzinsliche Papiere in Deutschland 
henfolls in Hüsle und, Fülle, Die Papiere der Milwautkee- und 
zer St. Loͤuis-Eisenbahn hätten auf Grund der deseßlichen Vor— 
hriften für die Zulassungsstelle vom deutschen Martt ausge⸗— 
hlcssen werden Fkönnen. Die Schaffung einer Zentral⸗ 
zülassungs-Behörde würde uns sympathisch sein. Eine 
—6 
diese Interpellation dürfte genügen. Wandel au schaffen. Bei⸗— 
all im Zentrum.) F 
Abag. Dr. Frank-Mannheim (Soz.): Die Interpellanten 
ufen ins Land: Kapitalisten Deutschlands wahrt Eure heilig⸗ 
ten Büter Hu verwerfen ist es, wenn bei Besprechung wirt— 
chaftlicher Franen versucht wird, die Sache so darzustellen, aus 
venn sich nationale Ueberzeugung und Betätigung und inter-, 
antinationale Gesinnung gegenüberständen. In diefer chauvi— 
nistischen Blechmusik sind, viele falsche Töne enthalten. Das Ka⸗ 
aital ist eben vaterlandslos und die Interpellanten selbst haben 
edenfalls ihr Kapital auch nicht gusschließlich in Reichsanleihen 
angelegt. Die Anlegung inländischer Gelder im Auslande ist 
atürliche Begleiterscheinung der kapitalistischen Entwicklung uund 
beweist die Entwicklung Deutschlands zum Industriestaat. Eine 
Aktion zugunsten der deutschen Industrie hat diese Interpellation 
uͤcht veranlatzt, es handelt sich vielmehr um eine Förderung 
er, Spetulgtionspapiere. Die Sache läuft auf einẽ 
lenderung des Börsengefetzes hinaus, und es ist unschön, daf 
die Konservativen so bald nach der Block Ehescheidung von den 
diberaler die Verlobungsgeschenke und die Morgengabe zurüͤct 
„erlangen, Geiterkeit). eure 
Die Großbanken haben immer das geschäftliche Interesse im 
Juge. Der Abfluß deutschen Kapitals kann nicht verhindert 
verden, aber das Reich und der Staat darf nichts iun zur För⸗ 
erung dieses Abflusses und deshalb verlangen wir ein Auf⸗ 
ichtsamt, das dem Volke und dem Reichstag'e 
»erantwortlich ist. Geifall b. d. Soz) 
Abg. Dove (fortschr. Vpt.): Wenn man vorher die konserva⸗ 
iven Preßerzeugnisse gelesen hat, so wird man einigermaßen 
nttauscht sein über den Verlauf der heutigen Sibung. Man hat 
den Eindruck, als wenn wir einer Justizberatung beiwohnten, so 
scer ist das Haus. GSehr richtighh Aus der Fanfare ist eine 
Fhamade geworden. Der Stagtssekretär hat an der Rechten den 
Hrafen Kanitz und von der Linken die Frankfurter Zeitung ge— 
jabt; das war das Bild. Graf Kanitz und Herr Frank haben 
ich für das Aufsichtsamt ausgesprochen, die Extreme berůhren 
— Die Richtlinien für die Zulassung fremder Wertpapiere sind 
»on Graf Kanitz und Herrn Rießer ziemlich übereinstimmend 
zezogen worden. Daß auch das Bedürfnis des inländi— 
chen Kapitalmarktes zu berückfichtigen ift, wird von kei— 
ier Seite bestritten. In dem Kommentaär zum Börsengesetz, 
erausgegeben auf Veranlassung deutscher Banken, wird auf die 
znteressen des Reichs und der Finzelftaglen befonders hingewie— 
en; die ungünstige Lage, des heimatlichen Kapitalmarktes kann 
ie. Zulassung fremden Kapitals ausschlichen VDer Verfasser 
ieses Kommentars ist der Abg. Dove. (GHeiterkeit.) Geheimrat 
Kießer ist aber nur zum Teil zitiert worden; er hat auch die 
dehrseite hervorgehoben, indem er auf die Kriegsbereitschaft hin⸗ 
vies u. a. Der, Besitz auswärtiger Papiere ist in mancher Be⸗ 
iehung von volkswirtfschaftlichem Weri. Unter diesem Gesichts⸗ 
»unkt waren die Kämpfe um die Börfensteuer nicht ohne Wert. 
Wenn man gerade die ausländischen Wertpapiere als das Ge⸗— 
ährliche bezeichnet, so möchte ich doch nur ganz nebenbei auch an 
nländische wie die Leipziger Bank oder an Lin sich „Hofbank“ 
iennendes Institut erinnert haben. Unfer heutiges Sysiem schützt 
as Publikum wenigstens bis zu einem gewisfen Grade, und es 
st, das Werk gerade des Berliner Börsenkommissaxiats, ins⸗ 
esondere hinsichtlich der Prosperttheori'e. die Gesetz⸗ 
ebung hat ja diese Entwicklung im Vörfengefetz anerkannt und 
kzeptiert. Die Zulassumgsstelle hat fich organisch aus dem Börsen⸗ 
mmissariat entwickelt. Solche Institutivnen können richtis und 
nnen fehlerhaft gehandhabt werden; aber Tatsache ist, daͤß die 
tlafsfungsstelle mit einer Objektivität, Gewissenhaftigkeit und 
ründlichteit Arbeitet, wie kaum irgendwo n staatlichen oder 
mmunalen Behörden gearbeitet wird. (Zuruf rechts.) Der 
taatskommissar würde dieses Urteil unzweifelhaft vorbehaltlos 
uterschreiben. Der Kollege Speck fragte nach der Beschwerde⸗ 
istanz und wunderte sich über ihre mangelbafte Arbelt Herr 
peck ist da nicht genügend orientiert. Die Beschwerde steht nur 
mjenigen zu, der abgewiesen worden ift mit feinem Zulassungs⸗ 
— 
r Zulassungsstelle in der Berufungsinstang abgeändert als 
ichterliche Urteile. Die öffentlichen Intereffen find Interessen, 
ie auch der Bankwelt und den Boörfen nicht so fern liegen; 
iußerdem ist der Staatskommissar da, der den Sitzungen bei⸗ 
vohnt und unter dessen Augen alles vorgeht. Ich vertrete mit 
—D daß ein Gingriff 
urch eine Aufsichtsinstanz, nicht staltfinden 
ann, weil der Beschwerdeweg gesetzlich geordnet ist; aber des— 
vegen steht die Staatsregierung nicht wehrlos da, denn sie kann 
rie ganze Börse beseitigen. Doch muß auch die Staatsbehörde 
ich fragen, ob wirklich ein allgemeines Interesse in Frage kommt. 
deun es gibt auch Grenzgebiete; die öffentlichen Interessen sind 
uuch Intcressen des Fiskuüs und kommen so mit anderen Inter⸗ 
essen in Gegensatz. Ich verweise auf die Vorgänge bei der Ver— 
aatlichung der „Hibernia“, ich verweise auf das Kaligesetz. Graf 
danitz will eine allgemeine Inftruktion, die sich mit den Richt— 
inien des Geheimrats Rießer deckt. Ich habe nichts dagegen; 
aber diese Richtlinien sind zu allgemein gehalten, als daß man 
ie ausgestalten könnte. Zunächst will der heimatliche Kapital⸗ 
markt befriedigt werden. Wie ift das zu machend Wir erleben 
gerade jetzt die Herabsetzung des Bankdiskonts. Billiges Geld 
ann man nicht mit Gewalt schaffen, das richtet fich ganz nach 
Angehot und Nachfrage, Der Stagtsfekretar hat schon auf die 
nanunigfachen Fehlerquellen der Statiftik hingewiesen. Eine aus— 
ändische Anleihe wird in ihrem ganzen Betrage hier zugelasffen, 
iber doch keineswegs in diesem Umsange umgesetzt, vielleicht ist 
3 bloß ein kleiner Teil, der hier wirklich gehandell wurde Es 
st. auch bereits der Konvertierung Erwähnung getan. Das 
Börsengesetz hat in einer bisher durchgus sich bewährt habenden 
Weise die Zulassung geordnet. Der Siaatsfekretär hat das auch 
merkannt und die bestehenden Instituütionen fiir ausreichend er— 
tlärt. Der Kollege Speck hat sich gegen die Groß banten ge⸗ 
wendet. Die Machtstellung unserer Großbanken ist tatsächlich ge⸗ 
waltig, und da ist es notwendig, auch einmal die Shhwächeren zu 
tärken; aber haben sie diese Politik gefördertꝰ Das Börsengesetz 
jat gerade diese Machtftellung der Großen begründet, und wir 
aben mit der Novelle gerade den breiten Marki der mitileren 
ind kleinen Bankiers wiederherstellen wollen. Schon neulich hat 
a der Kollege Kreth von der Rückgabe der Verlobungsringe aus 
er Blockzeit gesprochen. Vielleicht kommen wir einmal zu diefer 
Ibrechnung; aber wir vertagen sie wohl bis zum näctten rnge 
ag. (Heiterkeit und Beifall.) 
Abg. Frhr. v. Gamp sRpy): Auch ich bedanere sehr, daß eine 
o wichtige Materie, am Sonnabend und auch hier im Hause gerade-⸗ 
ununter Ausschluß der Oeffentlichkeif behandelt wird. 
ẽs ist sehr traurig, wenn waͤrend einer Rede die Mitalieder der an⸗ 
ren Fraktionen, sich absentieren. Vielleicht sönnten wir mit dem 
Bräsidenten überlegen, ob wir nicht am Schlusse der heutigen Sitzung 
eine namentliche Abstimmung vornehmen wollen. sHeiterkeit.) Es 
pürde dadurch eine erhebliche Summe an Diaten gaspart, und es 
vürde ein eindringliches Warnungsavis fein.“ Bizepräsident 
Schul tz: Herr Abgeordneter, eine namentliche Abstimmung, kann 
jur auf Antrag vorgenommen werden. Heiterkeit. Es bestehen 
weifel, ob wir überhaupt am, Schluß der Sihung noch 50 Stimmen 
ür einen solchen Ankrag aufhringen werden. Nun hat man da— 
»on gesprochen, daß man erwägen müsse, ob die Zulasfungsstellen 
enders zu gestalten seien. Mit solchen platonischen Aeußerungen 
ommt man über die Sache nicht hinweg. Wenn wir über die 
Srundjätze einig sind dann mütfen wir uns auch über ihre Anwen— 
dung einigen, denn auf solche Grundsätze, die nicht angewendet wer⸗ 
den, pfeife ich. Ich erkenne vollständig an, daß, die Berliner Ku— 
afsungsstelle mil großem Ernst und mit großer Sorafalt sich ihrer 
chwierigen Aufgabe unerzogen hat, aber ich bade doch die Beob⸗ 
ichtung gemacht, daß die Herren im Laufe der Jahre sich etwas mehr 
»on dem ihnen nahestehenden Umlang haben beeinflufsen laffen, ais 
's berechtigt und erwünscht war. Es liegt in der Natur der Sache, 
natz wir einen sehr schwerigen Sland baben. Die Hreffe unter⸗ 
sützt guch kaum die, Zulaffungsstesle, wenn diese einmal gegen die 
Hörse duititen mnes dibt wenia Blätser. die die Interessen 
obes Pablikums danernd wahrnehmen. Ich nenne die Frankfurter 
—— — éne 
igentünliche Wendung gemacht. Wer sie liest, hat doch — ing 
ruck, als ob ihr manches, was sie früher aesagt, leid aen ha nd 
ils ob sie sich ietzt wieder bemüht, die Wege für diese Papiere 6 
umachen. Noch weiter ist das Berliner Tageblatt raemn vñ 
prach sich erst offen gegen die Zulassung aus. Sie wurde J r 
der börsenfrenndlichen Presse überfallen, dann kam ein Lugana 
gefecht: es sei ein Mißverständnis gewesen, aber es blieb dod dh 
jopiel an dne Papieren hängen, daß man die Empfindung In 
schön sind diese Papiere auch in den Augen dieses Börsen gie 
nicht. Zweifellos ist Deutschland im großen Umfange auf den Ge 
absatz nach dem Auslande angewiesen. Aber ich möchte mich daaea 
erklären, daß man aus den Zahlen, die der Staatssekretär n e, 
einen Schluß zieht auf den Umfang des Kapitals, das wir nach n 
lusland obgeben können. Auch in der Bankenqguete wurde nnet 
»grauf hingewiesen, wix, sparen jührlich 1000 Millionen, wWoÜe e 
önnten wir nach dem, Ausland abgeben., Kein Land der Welt bat 
3 0 notwendia wie Deutschland, seine Gelder im Inland eeie 
verten, (Sehr richtig) Wir haben einen Bevölkerungszuwach 
on 4 p3t. Für diesen müssen wir nutzbringende Beschattiaung 
haffen, und zwar unter annahernd den gleichen ——— 
.e das Ausland hat. Deshalb können wir az 4 e —* 
pesentliche Tenrunagertragenz Suruf lin Glauden 
reide ist eine Ware wie das Geld auch. aen 
zie denn, daß, wenn ein ausländisches 5 inm 
roße Mengen bon, Getreide in Deutschland aufkau shedey 
reis im Inland nicht wesentlich in die Höhe hen wartet 
enau so ist es auch mit den anderen Waren und mit g 
ẽs handelt sich darum, festzustellen, ob das Inland einen v5 ee 
leberschuß an Barmitleln gehabt hat, und das möchte ich ucn 
Jus den mitgeteilten Zahlen kann nicht weschoen werden, Ver 
iese Werte ohne Schädigung unserer Inlandsinteressen ha u 
etzen können. Den richtigen Wertmesser, ob im Inland ein g 
iis für diese Kapitalien vorhanden war, bildet der Zinsfuß. r 
at im Laufe des letzten Dezenniums eine ganz wesentliche p 
hlechterung erfahren. In den 8der Jahren brachten die ge 
ind die ersttlasstgen Kommunalpapfere, eine 
rozentige Verzinsung. Heute ftehen die erfiklassigen Sre 
apiere auf 831 bis 82. Die Hypotheken haben eie so kolossale 
Zteigerung erfahren, daß man heute mindestens 1 pBgt. mehr zahlen 
nuß im Durchschnitt als im Anfang der 8Soer Jahre. Nach einer 
ztatistik, die Evert aufgemacht hat, hatten wir vor 5 oder 6 Jahren 
Nilliarden an Hypotheken. Heute wird man den Hypotheten- 
estand a mindestens 50 Milliarden schätzen müssen. 1 — Fiten 
nehr ergibt einen Betrage von 500 Villionen Diese koloffale 
zumme müssen heute die Grundbesitzer in Stadt und Land mehr auf⸗ 
venden als damals, und sie müssen diese Laft tragen, weil ihnen 
urch die Konkurrenz des ausländischen Geldmarkts das Gelde im 
Inland so verteuert wird. (Sehr richtig! rechts.) Die Hauptleid⸗ 
ragenden sind gerade die Bevölkerungsklassen, die zum Reiche und 
»en Staaten das Vertrauen hatten und ise Geider in Konsols an⸗ 
egten, die kleinen Leute, Wilwen und Waisen, die im Laufe der 
Jahre einen Zinsverlust gehabt haben, der über den in anderen An— 
agen weit hinausgeht. Ich stehe selbft einen industriellen Unter⸗ 
ehmen nahe; ich haͤbe die Anlage der verschiedenen Reserven in 
donsols befürwortet, und man hat dem teilweise uachgegeben. Heute 
nuß ich aufs aufrichtigste bedauern, einen solchen Rat erteilt zu 
„aben. Wir haben koloffale Verlusie erlitten, und da wir diese nach 
»em Handelsgesetzbuch in den näachsten Jahren haben abschreiben 
nüssen, so hat bas ganze zu einem großen Mißerfolg geführt. Ich 
nöchte die Vertreter der Verbündeten Regleruiigen an einen Vor— 
chlag erinnern, der bei der Bankenquete gemacht ist, nämlich die Er⸗ 
ichtung einer DepositenzZentralteltte!“ die langfristige 
dredite — es war von einem Jahre die Rede — gibt und denen, die 
hr Geld anlegen wollen und mit einem geringen Zinsfuße zufrieden 
nd, die Anlegung in Konsols ermöglicht, ohne daß sie in ein oder 
wei Jahren irgend etwas dabei verlleren“ Wenn man berüchsichtigt, 
aß z. B. am T Oktober v. J. die ersten sechs Banken nicht weniger 
als 1480 Millionen Depositen hatten, und auͤßerdem Banfen, die ein 
exhältnismäßig geringes Attienkapital haben, das Doppeite ihres 
ktienkapitals an Depositen, so ist das eine ernstliche Gefahr. Dürch 
iese Depositen⸗Zentralstelle wärees auch möglich, der Reichsbank in 
efährdeten Zeiten Geld zur Verfügung zustellen. Ich behalte 
ur ror, diese Frage noch eingehender zu behandeln. 
kine sehr wichtige Fragéè ist auch die, daß wir Unfere Schul⸗ 
Ren A dem Nuslande in Bold zu zahrlen ge⸗ 
tötigt sind. Das ist sehr bedenklich. Die Bankf von England 
nußte 9 60 Millionen Francs in Gold von der Bank von 
rrankreich leihen. In eine solche Lage wollen wir nicht kom⸗ 
nen; wir würden das Gelid wohl auch nicht bekommen. Wir 
aben nur eine Golddeckung von 57 pgt.“ Wir find dem neuen 
zankpräsidenten zu Dank verpflichtet, daß er die richtigen Mittei 
ngewendet hat, um diese Gefahr zu beseitigen und die Beftände 
er Reichsbank zu stärken. ustimmung rechts). Wer soll nun 
er Hüter der, inländischen Intereffen sein? Das Vertrauen 
rur Zulassungsstelre war nicht immer berechtigt. Zu 
en Großbanken das Vertrauen. daß sie öffentliche Interessen, 
ruch da in erster Linie vertreten, wo sie mit ihren Privatinter⸗ 
ssen in Widerspruch stehen, kann w leider nicht haben. dDie 
—A vertxeten nicht öffentliche Interessen, sondern die 
zuteressen ihrer Dividende sie haben das JInteresse, den Bank— 
iskont so hoch wie möglich zu dalten. Die Banken gehen mit 
er Dividende nicht unbedacht in die Höhe, aber die Gewinne 
er Reichsbank zeigen doch, wie die Gewinne der Reichsbank 
bhängig sind von dem hohen Diskont. Das beweist die Statistif 
hlagend. Die Privatbanken haben von eincn hohen Zinsfuß 
inen noch viel größeren Vorteil. Sie haben also ein Interesse 
aran, im, Inland das Geld zu vertenern. Die Berliner Zu— 
assumgsstelle schatze ich ja höher als die maucher anderen Börsen. 
Auf ihre Tätigkeit allein Fönnen wit uns aber nicht verlaffen. 
Abg. Dr. Stresemann (natlib.): Im Anschuß H e letzten 
Vorte des Vorredners mochte ich darauf hinweisen, daß Inter⸗ 
Alationen doch eigentlich dazu beftimmt sein sollen, der Regie— 
ung eine gewisse Initiative und Direktibe zu geben. Diesmal 
iegt die Sache umgekehrt, denn die Fuitiative dar ia von der Re⸗ 
ierung bereits ergriffen worden; der Zweck der Juterpellauon 
ar also diesmal wohl der, das Vorgehen der Regierung zu 
utzen und aihr zu sagen, daß sie den Reichstag huuet sich habe. 
Aielleicht hätte die Etatasberalung dazu ün ausgereicht. Was 
pringt denn aus dieser heutigen Aktion heraus? Im wesentlichen 
uur die Anregung, anstelle der verschiedenen Zulassungsstellen 
ie ßentralzulassungsftete inzuürsten Das 
Zörsengesetz gibt durchaus der Regierung die Mögalichkeit, im 
Staats interesse einzuschreiten; darüber sind aule Kommentaloren 
inig. Die Regierung ist gewillt, diesen Wen zu veben hat 
elbst diesen 8 ergriffen; wir können hr darin aiso nut u 
timmen und sie itten, auch serner ein wachsames Auge zu baben. 
duß die Banken ein Spezialinteresse am hoben Diskontsätzen 
zätten und, ledialich Dividendenpolitik triebenn, datin kanusch 
derrn v. Gamp nicht beistimmen. Die Banken sind Verwalter 
remden Gutes und kragen dafür die Verantwortung. Im NAus— 
and finden fich viel stärkere Bewegungen des Diskontsatzes nach 
er Höhe als bei uns; ich verweise nur auf England. Nugs einer 
erdienstvollen Arbeit, des Prof. Scheer ergibt sich für Deutsch— 
and eine fortgesetzte Abschwächung der Diskontbewegunge Die 
utsche Industrie hat unzweifelhaft ein Intereffe daran, daß die 
Nittel, die wir überhaupt zur Versügung haben, ihr in erster 
inie zur Verfügung geftellt werden muüssen. Lber der Fraktions⸗ 
reund des Herrn v. Gamp, Herr v. Liebert, hat in einer Publi— 
ation mit Recht geltend gemacht. daß für die finanzielle Kriegs— 
ereitschaft Deuitschlands nichts wichtiger fei alg die Aufrechterhal⸗ 
ung des deutschen Welthandeis. Fur die acchickte Art, wie Herr 
KiderJen die Finanzierung der tür schen Anleihe in 
eutschland ermöglicht hat, wird ihm jeder dankbar sein müssen. 
ẽs ist am Bosporus ein Sympathieumschwung eingetreten, der 
uch unseren Handelsbeziehungen zugnte kommen muß und wird. 
der Pessimismus des Herrn v. Gamp ift also vielleicht nicht ganz 
m Platze. Daß die Großbanken ein Spezialinterefse an 
ohen, Diskontsätzen hätten, kann ich auch nicht unterschreiben. 
zei dieser Verquidung mit dem gesamten Wirtschaftsleben wür⸗ 
en fie dimat keine gesunde Politif treiben. Der Rückgang der 
kurse der Staatsanleihen siehl nicht in ursächlichem Zusammen⸗ 
ang mit der Zulassung ausländischer Spekulationspapiere, die 
och mit preußschen Konfols und deutscher Reichsamcihe nicht 
onkurrieren. In manchen Kreisen des Auslandes faßt man ja 
iesen Rückgang als ein Zeichen der Schwmäche des Deutschen 
heiches auf. Lus der Entwicksung ergibl sich dahß wir zährlich 
inen großen Teil unserer Ersparniffe fuͤr die weitere Entwick⸗ 
unmg unserer Judustrie und unseres Handels aufhranchen meil 
vir eben noch lein falurieries Volt ünd vie Awä Frntreich 38 
England. Die Djahrlge Entwicklung des Veuffchen Resches habes 
vir eben mit diesen Ersparnissen bezahlen müssen. Wir haben :7 
»is 38 Milliarden kommunaler und ländlicher Pfandbriefe, an 
hurch der Grundbesitz fast vollständig mobilisiert erscheint. Rlurs 
»zas drückt auf unseren Markt, Die Anlage unseres Kapitals um 
Ausland ist so lange unbedenklich, als die Qualität der fremden 
Papiere aut ist. Wie wichtig dies auch für den Kriegsfall ist, zeiat 
das Beispiel Frankreichs im letzten Kriege. Schlechte ausländijche 
Papiere soll man allerdings fernhalten, aute können bei, hiri⸗ 
reichender Flüssigkeit des deutschen Geldmarkts ruhig zugelasen 
werden. Daß die gmerikanischen Papiere nichts wer 
eien, weil Amerika sie abstoße, kann ich nicht zugeben. Ein garoßen 
kdeil der Aktien der Reichsbank befindet sich in Enagaland, und 
doch zieht niemand daraus einen analogen Schluß. Ich kann nur 
wüuschen, daß der Abg. Graf Kanitz Geheimrat Rießer auch in 
inderen Vorschlägen solat. Wenn die Deutsche Tageszeitung 
zerrn Rießer, als früheren Vorsißzenden der Darmstädter Bant 
vorgeworfen hat, daß er im eigenen Privatinteresse deutsche 
Stäntsbürger um viele Millionen durch Einführung fauler 
Portugiesen geschädigt habe, so muß ich das als völlin unbegrün⸗— 
zet zurückweifen. Herr Richer hat gerade den Geheimratstitel er⸗ 
halten, weil er sich der Intexessen der deutschen Gläubiger warm 
aͤngenommen hat. Eine Politik der starken Hand Amerika gegeu⸗— 
über würde nur zum Schaden unserer exportierenden Industrie 
ausschlagen. Geijfall links.) 
Abg. Dr. Hahn (dkonf.): Graf Kanitz kann mit dem Ver— 
lauf der Diskussion zufrieden sein. Alle Redner haben den Wunisch 
rusgesprochen, daß das deutsche Publikum mit ausländischen 
Werten verschont bleibe, die solche außerordentliche Kursschwan⸗ 
lungen erlikften haben. In der Tat sollten solche Werte nur von 
virklichen Experten erworben werden. Erfreulich war die Mit— 
eilung des Staatssekretärs, daß der Artikel der Norddeutschen 
Allgemeinen Zeitung von dem hreußischen Handelsminister her- 
rührt, nur hätte dieser Artikel etwas früher erscheinen soslen, es 
ragt sich nun, ob das Verhältnis der Gesamtemissionen auslan⸗ 
zischer Werte zu den deutschen Werten ein richtiges ist. Das Ge⸗ 
et spricht zvar den Zwang der Stempelabgabe für 
die in die Hände des deutschen Publikums gelangenden auslän⸗— 
bischen Werte aus; aber wie viel geht direkt in diese Hände über, 
hne von dem Stempel getroffen zu werden! Unkont 'ollierbare 
Mengen von Shares und Bonds exotischer Staaten werden durch 
gewisse Firmen in das deutsche Volk hineinlanciert; von denen 
ein Pfennig gezahlt wird, weil die Börse und die Stempelung 
imgangen wird. Insoweit möchte die von dem Staatssekretär 
zegebene Statistek noch einer Korrektur bedürfen! Die Regierung 
ollte ihre Aufmerksamkeit dem Unfuge dieser Art des Hausierens 
uwenden und dagegen energisch einschreiten. Gewünscht bhätte 
ch, daß der Staatssekretär uns etwas mehr an Maßnahmen in 
Auüssicht gestellt hätte. Er, hat an den guten Willen der Banken 
ippelliert. Werden sie diesen Appell hören? Sie gehen doch zu— 
rächst von ihren Gewinnintieressen aus, und wir wünschen ja auch 
eine Idealisten als Bankdirektoren, das müssen harte Realpoli— 
iker fsein. Die Allgemeinheit aber hat ein Interesse daran, die 
Banken in den Dienst der nationalen Gesamtinteressen gestellt 
u sehen. Der Gedanke ist auch nicht neu, sondern schon 1893 in 
er Börsen-Enquete ventiliert, worden; auch ich habe schon da⸗ 
mals, als ich noch das volkswirtschaftliche Bureau der Deutschen 
Vant ienete, einen Vortrag, daruüber vor jungen Kaufleuten ge— 
halten. In den 18 Jahren seitdem sind wir wenig weiter gekoni⸗ 
nen. Gewiß wird die Emissionstätigkeit der Ban— 
ren überwacht, aber durch wen? Durch ein Gremium, in dem 
Kollegen, Bankiers, sitzen. »Es, wird die Auifgabe 
des deutschen Volkes vͤhne Unterschied der Parteien 
ein, eine Stelle zu bekommen, die das nationate 
znteresse bei der Anlage deutschen Kapitals wahrnimmit. 
Vir hätten jetzt schon die Möglichkeit einer solchen mehr kriti⸗ 
chen Ueberwachung, der Emissionstätigkeit, denn der Börsen⸗ 
ommissar der Berliner, Börse ist ja preußischer Beamter; er 
önnte jährlich einen Bericht erstatten, den man im Abgeordneten⸗ 
hause unter die Lupe nehmen könnte. Beim Etat des Handels⸗ 
ninisteriums wird man, wie ich höre, im Preußischen Äbgeord— 
aetenhause mit solchen Vorschlägen hervortreten, was ich mit 
besonderer Freude begrüße. Die Herren von der Hautefinance 
wurden bisher in Bezug auf ihre volkswirtschaftliche Tätigkeit 
biel zu wenig beobachtet. Man hat auf England und Nord— 
Amerika verwiesen. Ja operiert denn das englische Großkapital 
n nationalen Fragen durchweg richtig? Das ist doch noch sehr 
ie Frage. Das englische Großkapital ist in die verschiedensten 
Unternehmungen aller Länder hineingesteckt worden; wir find 
etzt auf dem Wege, ihnen das nachzumachen. Diese Tätigkeit des 
mobilen Kapitals ist den großen Kapitalisten zugute gekommen, 
aber nicht den Nationen. Wenn Deutsche und Engländer so damit 
ortfahren werden, so werden sie damit ihren eigenen Arbeitern 
ine schwere Konkurrenz, in Ostasien sogar eine verhänanisvolle 
donkurrenz machen, weil sie die zurücknebliebenen Länder mit 
hrer viel billigeren, Arbeitskraft zur industriellen Entwicklung 
ringen. Wollen wir in Deutschland wünschen, die ganze eng— 
ische Entwicklung nachzumachend Wünscht das Herr Dove? Wir 
vollen es nicht und wollen auch nicht auf das englische Rezept des 
derrn Dove eingehen. Was Nordamerika betrifft, so wollen 
vir auch da nicht pessimistisch sein; wir, hängen nicht so aus— 
chließlich vom Ausland ab, wie es vielfach dargestellt wird. 
Nordamerika hat den brillantesten Markt in Deutschland; darum 
väre es fehlerhaft, Nordamerika gegenüber schwächlich aufzu⸗ 
xeten. Wir haben keine Veranlassung, den Nordamerikanern 
Held zuzuführen, indem wir ihre Eisenbahnaktien kaufen. welches 
nachher die gmerikanische Industrie unterstützt, denn die Ma— 
erialien für diese Bahnen werden restlos in Amerika hergestest. 
Was die anatolische Bahn, und die Beteiligung deutschen Kapi— 
als dort betrifft, so ist diese Entwicklung ia eine sehr erfreuliche, 
ber im Kriegsfalle tritt hier quch eine umso großere Gefährdimg 
ein, wie schon Fürst Bismarck sehr deutlich erkannt hat. Man sohu 
eutsches Geld nicht an, Deutschlands Gegner abgeben. 
Wären die Emissionen nach diesen Grundsäßen vorgenommen 
worden, so würden dem, deutschen Publikum große Verluste er⸗ 
part geblieben sein. Ein Anziehen des Bankdis— 
onts ist bei der jetzigen Bankpolitik unvermeidlich. Ich be⸗ 
haupte, daß dieser hohe Diskont die Bevölkerung, vro Kopf mehr 
elastet als die gesamte Reichsfinanzreform. (eifall rechts.) 
kin Uebelstand ist auch, daß die privaten Deppofiten 
as sen einen viel zu großen Teil des deutschen Kapitals in 
Inspruch nehmen, dies entspricht wohl den Intereffen der 
Zanken, aber nicht denen des Publikums. Es Wwäre zu wün— 
chen, daß die Reichsbank oder, wenn sie es nicht kann, die 
Zeehandlung, ein großes Netz von, Deposifenkassen einrichtete 
ind Damit, den, privaten Depositenkassen Konkurrenz machte. 
Juf diese Weise könnte das Publikum auf eine nicht vom eigenen 
borteil diktierte Art beraten werden, Heute läßt sich das 
Zublikum leicht durch die großen Dividenden blenden und legt 
eine Ersparnisse in Aktien an., Darunter leiden unfere Slgats- 
papiere und auch die Pfandbriefe. Auch die Preußenkasse ved die 
Jesamten ihr angeschlossenen Genossenschaften, vor allem die An— 
jehörigen des Mittelstandes, denen allen an billigem Geld ge⸗ 
egen ist. Wir könnten den Kursstand unserer Reichs⸗ und Staais— 
»apiere erheblich verbessern, wenn wir die Aktiengefellf— 
chaftenn gesetzlich anbielten, ihre Reserven ganz oder zum 
Teil in Reichs⸗ oder Stoatspavieren anzulegen. “Die Haupt- 
ache aber bleibt., die Emissionstätigkeit der Banken in den Dienst 
er nationalen Sache zu stellen. Daß die Zustände an den Börsen 
ind den Banken reformbedürftig sind, und daß vielleicht seht bald der 
zeitpunkt gekommen sein wird, wo wir das Börsengesehß rebidieren 
züssen, kann nicht bestritten werden. Man könntez. B. an eine 
lufhebung der, de Facto bestehenden Steuerbegünftigung, der aus— 
ändischen Papiere denlen. Wir müfsen dafü sorgen, daß die aus— 
ändischen Werte steuerlich den inlaͤndischen wirklich gleichgestellt sind. 
For allem wäre das Tälonsteuergefetz dahin abzuändern, daß 'alle 
zinsbogen, die für Rechnung inlandischer Besitzer ausgegeben wer 
en, einerlei, von wem, dem Steupel unterliegentDie jetzige 
rassung „insofern die Bogen im Inland ausgegeben werden“ stellt 
ine Bevorzugung des Auslandes dar. Dann würde wenigstens die 
deichskasse von dem Export deutichen Geldes einen Vortell haben 
gerner könnten wir den Emissionsstemvel erhöhen und dadurch in 
irekt ein Pripilegium für inländische Werte schafsen FJie Grund⸗ 
agen des Börsengesetzes, wie sie schon vor 18 Jahren klipp und klar 
ansgearbeitet sind, muͤssen endlich gesetzlich voll zun Geliß onnen 
Darauf tritt Vertagung ein. 
Schluß 6 Uhr. 
Nächste Sitzung Mo 2 Iweite Lesfung des Beirbs 
an e idnt ended Uhe: Iweile Lefuna des Veichs—
	        
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