—
—54 e!de 48
— C
4
Wöõchentlich IImal (Wochentags morgens und
abends, Sonntags morgens) erscheinend. Bezugs⸗
preis fũr das Vierteljahr 3,30 Mark einschließlich
Brinageld in Lübeck. Durch die Post bezogen ohne
Bestellgeld 3330 Mart. Einzelnummern 10 Pfg.
Anzeigenpreis (Ausgabe A und B) für die 8gesp.
Zeile 20 Pfg. Kleine Anzeigen (Arbeitsmarkt usw.)
15 Pfg., für Auswärtige 30 Pfg., f. Geschäftl. Mit-
teilungen 1Mt. d. Zeile. Tabellen⸗ u. schwieriger
Satz den Anforderungen entsprechend hoͤher. 0 0
Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübeck 161. Jahrgang Nachrichten pur das herzogtum Tauenburg, dit
veiblatt: Gesetz: und Verordnungsblatt t rrane Fürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
EEEEEIEEEEEECE — ι, zende meclenburgische und holsteinische Gebiet.
Drudk und Verlaa: Gebrüder Borchers G. m. b. S. in Lübed. — Geichäftsstelle Abreß haus (Köniaftr. 46). Fernsvrecher 9000 u. 9001.
—.
Ausgabe
— Grotze Ausgabe) Montag, den 13. Februar 1911.
Nichtamtlicher Teil.
Neueste Nachrichten und Telegramme.
Das Besinden des Kaisers.
W. Berlin, 12. Febt. Das Vefindendes Kaisers ist
auch heute zufriedenstellend; der Kaiser hat das Bett verlassen,
muh sich aber noch einige Tage Schonung auferlegen, so daß
auch der für Mittwoch, dien 15. Febr. angesetzt gewesene
kleine Hofball nicht sattfinden wird.
Zur Mittelmeerreise des Kaisers.
Berlin, 12. Febr. Der bevorstehende Erho ungsausflug des
Kaisers nach Korfu ist, wie schon erwähnt, ohne daß
ein Anlaß gegeben wäre, in politische Zusammenhänge ge—
bracht worden. Man hat mit der Korfu⸗Fahrt Ge—
danken an Rom verbunden über die Frage, ob ein Abstecher
nach Rom gemacht werde oder nicht, und von verschie⸗
denen Standpunkten verschiedene Schlüffe ziehen wollen. Diese
politischen Kombinationen werden hinfällig, wenn man den
einfachen Sachverhalt sich vergegenwärtigt: Der Kaiser macht
leine offizielle Auslandreise nach Italien und berührt nur
auf der Ausreise nach Korfu österreichisches und italienisches
Gebiet. Auf österreichischem Boden findet keine besondere Be—
grüßung des Kaisers statt, und während des kurzen Aufent⸗
haltes in Venedig ist nach den bisherigen Reiseplänen eine Zu⸗
sammenkunft mit dem König von Italien nicht in Aussicht ge⸗
nommen. Dem Wunsche, der Kaiser-Reise nach Korfu den
Charaklter einer reinen Erholungsfahrt zu wahren, entspricht
s. wenn volitische Begegnungen im Zusammenhange mit
dieser Reise nicht ins Auge gefaßt werden. Kölnische Z3tg.)
Der Kronprinz in Indien.
W. Kalkutta, 12. Febr. Der von der deutschen Ko—
ronie zu Ehren des deutschen Kronprinzen ver—
anstaltete Empfang ist überaus befriedigend verlaufen. Um
die getroffenen Arrangements nicht zu stören, hatte der Kron⸗
prinz doch noch sein Erscheinen zugesagt. Er liehß sich sämt⸗
liche Mitglieder der Kolonie vorslellen und verweilte wãhrend
des Abends in zwanglosem Gespräch im Kreise der hiesigen
Deutschen. Vor dem Empfang katte ein Diner beim General⸗
lonsul Prinzen Heinrich XXI. Reuß stattgefunden, zu dem die
Spitzen der Kolonie Einladungen erhalten hatten.
Vom Bismarck⸗ National⸗Denkmal auf der Elisenhoöhe.
W. Düfseldorf, 12. Febr. An die hier stattgehabte Er⸗
öffnungsfeier der Ausstellung der Modelle und Entwürfe
für das Bismard-Nationaldenkmal auf der Elisenhöhe bei
BingerbrüchBingen schloß sich gestern nachmittag die Sitzung
des Großen Ausschusses an, die von ungefähr 150 Mitglie—
dern besucht wurde. Unter Vorsitz des Oberpräsidenten der
Rheinprovinz Freiherrn von Rheinbaben, der als Präsidial—
mitglied die Versammlung leitete, wurde nach kurzer Er—
öffnungsansprache einmütig unter allseitigem Beifall be—
schlossen, den Reichskanzler zu bitten, in das Präsidium ein—
zutreten. Darauf berichteten der Vorsitzende des geschäfts
führenden Ausschusses Geh. Kommerzienrat Kirdorf, der Vor—
sitzende des Organisationsausschusses, Landtagsabgeordneter
Dr. Beumer⸗Düsseldorf, der Vorsitzende des literarischen Aus⸗
schusses Professor Moldenhauer⸗Köln, an Stelle des ver—⸗
hinderten Vorsitzenden des Finanzausschusses Generalsekretär
Peter-Köln, der dann einen weiteren Bericht über die zukünftige
Organisation der Sammeltätigkeit erstattete und zuletzt der
Schriftführer des Kunstausschusses Geh. Regierungsrat Prof.
Dr. Schmid-Aachen. In der oft lebhaft geführten Debatte
über einzelne Fragen gab sich volle Begeisterung für das
aationale Werk und der feste Wille kund, mit aller Kraft
das ganze deutsche Volk zur Vollendung des Werkes heran⸗
nuzie hen. Der Große Ausschuß hat beschlossen, im April wieden
pusammenzutreten, um bis dahin der allgemeinen Beurtei⸗
lung der Entwürfe weitesten Spielraum zu gewähren und
die Vorbereitungen für die Entscheidung des Großen Kunst
ausschusses zu treffen, der im Mai pusammentreten wird.
So hofft der Große Ausschuß, ein Denkmal für den Großen
Kanzler errichten zu können, das dem patriotischen und künst⸗
lerischen Empfinden der weitesten Kreise des deutschen Volkes
entspricht.
Großer Kongroß der Bodenreformer.
Die deutschen Wohnungsreformer wollen vom
1I1. -14. Juni d. J. in Leipzig ihren zweiten großen
Kongreh abhalten. Der erste, der in Frankfurt a. M. vor
zwei Jahren tagte, hatte damals die wichtigsten Wohn⸗
reformpläne durch eine mehrlägige Aussprache gefördert, die
von Freunden und Gegnern der Wohnungsreform überaus
beachtet wurde. Auch diesmal sollen hervorragende Sach—
derständige über die wichtigsten Gegenwartsaufgaben der
Wohnungsreform gehört werden. Nicht nur die Kenner der
großzstädtischen Verhältnisse, sondern auch die Praktiker und
Vertreter der Mittelftädte und kleinen Orte werden zu Worte
lommen. Es handellt sich auch nicht lediglich um eine Be—
prechung der Wohnungsreformfrage im engeren Sinne; die
Bodenfrage. die Frage der Finanzierung moderner Bautãtig⸗
ꝛeit und andere allgemein⸗ kommunalpolitische und sozial⸗
polnische Probleme sollen erörtert werden. Es ist zu hoffen,
doß dem bevorstehenden zweiten deutschen Wohnungskongreß
in Leipzig die turbulenten Szenen erspart bleiben, die auf dem
ersten Kongreß in Frankfurt durch das Auftreten einseitiger
Grundbesitzinteressen hervorgerufen wurden.
Elbert v. Rothschild F.
Wien,. 12. Febr. Baron Albert Rothschildt, Chef
des Wiener Bankhauses, ist Sonnabend früh an einem
Zerzschlage im Alter von 67 Jahren gestorben.
Der Nachlaß des gestorbenen Freiherrn Albert Roth⸗
child wird in unterrichteten finanziellen Kreisen auf 1200
Mill. Kr. geschätzt. Da der älteste Sohn Georg geistes—
rank und in einer Heilanstalt ist, wird der zweite Sohn,
Baron Louis, der 29 Jahre alt ist, Chef des Wiener
dauses werden. Doch verlautet, dah das Wiener Haus
sleich dem Frankfurter aufgelöst werden soll. Der dritte
zohn des Verstorbenen, der Baron Eugen, hat sich vor
wei Jahren erschossen, weil sein Vater nicht zugab, daß
er eine christliche Dame, die fruher Erzieherin war, heiratete.
kin weiterer Sohn, Alsons, ist österreichischer Dragoner.
ffizier. Die einzige Tochter ist vollständig taub.
Der Papst und die katholischen Professoren.
Rom, 12. Febr. In vatikanischen Kreisen spricht man
davon, der Papst werde seine Meinung über die Schriften
der Professoren der theologischen Fakul'äten von Münster,
ßonn und Breslau in einem offenen Briefe an einen deutschen
rirchenfürsten bekunden. Nach dem Torriere d'Italia hat
nan die Erklärungen der Professoren bei der Kurie entspre⸗
hend den bischöflichen Berichten zum Guten ausgelegt. Die
Befriedigung des Parstes über die Wendung der Dinge soll
in seinem Schreiben mit zum Ausdruck kommen.
Soõhne des verstümmelten Vaterlandes.
W. Paris, 12. Febr. In seiner Ansprache bei Ueber—
reichung der Nobelpreismedaille beglückwünschte See⸗
ratspräsident Dubost den Senator d Estournelles de
ronstant zu der positiven Methode, die kein auch noch so be⸗
cheidenes Resultat gering schätze. Sie wilsen wohl, fuhr
dubost fort, daß wir als Söhne eines verstümmel⸗
en Vaterlandes in dem von Waffen starrenden Europa
für den Augenblick nur auf die eine immanente Gerechtigkeit
uns voll verlassen können, das ist die Gerechtigkeit, die
eine ihrer Hände auf den Degenknauf gestüht hält.
Die türkische Kabinettskriese.
Konstantinopel, 12. Febr. Ter Rücktritt des Ministers
es Innern Talaat kann als ein Sieg des Kriegsministers
Nahmud Schewlet Pascha über die gegen ihn gerichteten
lnterströmungen im Zentralkomi?ee für Einheit und Freiheit
mufgefaßt werden. Es dürfte, vie politische Kreise annehmen
uch den Rücktritt des Arbeitsministers Halatschtian und des
Interrichtsministers Emrullah, vielleicht auch des Finanzmini⸗
lers Dschavid Bei nach sich zieen. Das Zentralkomite«
cheint entschlossen zu sein, seine Vertrauensmänner allmählich
ius dem Kabinett auf ein Seitengeleis zu schieben, einmal um
je nicht allzusehr abzunutzen, dann aber auch, um gewissen
Ambitionen in Kreisen der Komiteeführer Rechnung zu tragen.
Klarheit über den Umfang der Kabinettskrise durfte erst der
jeutige Ministerrat bringen.
der russische Generalkonsul in Ispahan ertrunken.
Teheran, 12. Febr. Der russische Generaltonsul in Ispahan
wurde gestern in einem Brunnen auf dem Konsulats-
zrundstüch ertrunken aufgefunden. Angersichts der aroßen
Erregung, die der lürzlich auf den Gouverneur verübte
Anschlaa und der Umstand, daß das russische Konsulat
»en Tätern, die russische Antertanen sind, Zuflucht ge⸗
vãhrte, hervorgerufen hat, liegt der Verdacht nahe,
daß er keines nataärlichen Todes gestorben ist.
Anhaltspunkte dafür sind allerdinas bis jetzt nicht vor—
zanden.
W. Petersburga. 12. Febr. Zu den Tode des ru si⸗
Hhen Konsuls in Ispahan wird noch gemeldet, dah
Spuren von Gewalttätigkeit an der Leiche sehlen. Es
ailt als sehr wahrscheinlich, daß ein Unglücksfall —XXC
Die Pest in Ostasien.
Berlin, 12. Febr. Bon der vauverwaltung ber kaiserlich
hinesischen Tientsin -Pukow⸗Gisenbahn, Nordstrede, in
Dientsin, ist bei der DeutschChinesischen Eisenbahn⸗Gesellschaft
ie telegraphische Mitteilung hier eingegangen, daß alle euro—
päischen Angestellten der Bahn gesund und wohlauf sind und
augenblicklich kein Anlahß zur Beunruhigung vorliegt.
St. Petersburg, 12. Febr. Im Gouvernement Asterachan
sind in der Kirgisensteppe 22 Observationspunkte für
Peslfälle eingerichtet worden. Man hat viele Faͤlle von
Lungenpest konstatiert.
Charbin, 12. Febr. Gestern sind 18 Personen, darunter
eine russische Frau, an der Pest gestorben. Innerhalb
der Eisenbahnzone der südmandschurischen Bahn sind seit
dem Auftreten der Epidemmie 180 Todesfälle an der
Moreen⸗Blatt HNr. 79.
CA
Pest vorgekommen. Auf der osichinesischen Bahn nehmen die
Txpreh⸗ und Postzũuge Chinesen nicht auf. Wagen der anderen
Züge verlassen nicht dasBahngebiet und werden vor Aufnahme
der Passagiere desinsiziert.
In Charbin und den Nachbarstationen, ebenso auf der
Südlinie, werden Chinesen in die dritte und vierte Wagen⸗
lasse nicht mehr aufgenommen, in die anderen Klassen nach
desinfektion und ärztlicher Untersuchung. Auf dem Bahnhofe
Mandschurei mussen sich die Chinesen, die nach Transbaikalien
eisen, einer dreitägigen ärztlichen Beobachtung unterziehen.
Während des letzten Monats ist rein Pestfall in Eisenbahnzügen
vorgekommen.
W. Paris, 12. Febr. Der Temps bringt eine aus London
datierte Meldung, nach der Rußland keine grundsätz⸗
lichen Einwendundgen erheben würde, falls die Türkei
der französischen Regierung die Konzession für
die Bahnlinie Samszun-Siwes anbieten sollte. Da—
gegen würde Rußland die Erbauung von Bahnlinien in der
Richtung der persischen Grenze nicht zulassen.
Nach einer Zeitungsmeldung ist die französische Regierung
rundsätzlich bereit, dem aus Casablanca hier eingetroffenen
Oberbefehlshaber der dortigen Besatzungstruppen. General
Moynier, Verstärkungen von ungefähr 3000 Mann zu ge—
vähren.
W. Paris, 12. Febr. Die Union Cycliste Inter—
rationale hat gestern ihren Frühjahrskongreß hier ab—
zehalten. 12 Länder hatten zu der Sitzung Delegierte ent—
landt. Dänemark und Schweden waren nicht vertreten. Die
Verhandlung drehten sich in de: Hauptsache um die Forde—
rungen, von denen der Verband deutscher Radrennbahnen und
der Deutsche Radfahrerbund ihren Wiedereintritt in den inter⸗
nationalen Verband abhängig machen. Da indes Deutschland
weder vertreten war, noch einen Aunahmeantrag gestellt hatte,
beschloh der Kongreß, die deutschen Forderungen ganz unbe—
rücksichtigt zu lassen.
Newwork, 12. Febr. Ein Telegramm von der mexikanischen
Srenze meldet, daß der Bundesgeneral Torres bei einem
vefecht mit den mexikanischen Ausitãndigen durch einen Fehl⸗
chuh eines seiner Soldaten verwundet worden ist. Die
Kugel traf ihn am Salse. Die Wunde ist schwer, so daß für
das Leben des Generals Getahr belteht
Des deutschen Kronprinzen Weltreise.
Von Paul Lindenberg.
(Machdruck verboten.)
X.
Bencares — ber Klang des Namens erwedcktt in den
Zeelen ungezählter Hindus frommen Schauer. Die kunst⸗
zeschmüdten Stätten des Altertums sind in Trümmer ge⸗
unken, Benares hat sich seinen Glanz und seinen unge—
jeuren Einfluß auf das religiöse Empfinden sämtlicher Hindus,
bis zu den Steppen Sibiriens und bis zum Mittelpunkt des
hinesischen Reiches, bewahrt. Die Stadt, heute etwa 225 000
Einwohner zählend, liegt ja am Ganges, an dem Strom,
der vom Himmel herabgekommen sein soll und die ewige
Selialeit gibt! Brauchen doch die Hindus in ihrem lehzten
Stundlein nur seines heiligen Namens zu gedenken, um eines
Platzes im Paradiese sicher zu sein.
Benares ist aber auch die interessanteste Stadt Indiens.
xnd der Aufenthalt in ihr dürfte für den Kronprinzen der
Shepunkt seiner indischen Reise gebildet haben. Weithin am
Strome liegen die Paläste der Fürsten mit ihren breiten
Zerrassen und flachen Dächern, zahllose Tempel mit mannig⸗
altiaft geformten Kuppeln, ũber die wieder schlanke Minaretts
zinwegragen. Dazwischen führen breite Treppen zum Ganges
zinunter, und auf ihnen flutet unermüdliches Leben und
Treiben.
In den schmalen und hügeligen Straßen unter brüchigen
Sonnendächern siten die Handwerker und Verkäufer, in den
däusernischen sind rohgeformte Götzenbilder aufgestellt, vor
enen die Gläubigen ihre Gebete verrichten und beschei dene
Zpfergaben darbringen, allenthalben begegnen uns die als
jeilig betrachteten Kuhe, die das den Göttern geopferte Brof
don den Simsen der Götzenbilder fortnehmen. Affen, gleich-
salls als unantastbar, springen in den Straßen umher, jagen
ich auf den Sonnendächern und purzeln manchmal auf die
Köpfe der unten wandelnden Menschen.
Die überwiegende Zahl der Tempel — urka 1500
dindostanische neben 300 Moscheen — liegt verstedt im Ge—⸗
wirr der Käuser, selbst der heiligste von ihnen, der dem
Sotte Schiwa gewidmete, Goldene Tempel“, und der benach⸗
barte Kuhtempel, in welchem eine Anzahl der heiligen Kühe
ein wohlgefälliges Dasein führen; beide Tempel sind unschein⸗
barer, als man hier erwartet.
Die größte Anziehungskraft übt aber der Ganges aus mit
einem buntfarbigen Völkergemisch und der Verkörperung hin⸗
jebensten Glaubenseifers. Da sieht man lange Zũge weiß⸗
jelleideter Pilger nahen mit Trinkgefäßen in den Händen,
die sie im Strom füllen. Auf den Badeplätzen herrscht das