Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

öznnten nur auf Vernrutungen beruhen, denn er erfahre von 
authentischer Seite, daß darüber, wer den Eid abgelegt hat, 
atliches Stillschweigen beobachtet werde. Danach hat es 
den Anschein, als ob eine Anzabl Profelssoren sich 
zwar dem Papst fügen will, aber die öffent⸗ 
iche Blobstellung vor dem Publikum fürchtet 
ind ihnen daher strengste Geheimhaltung zuge— 
ichert wird. Ein besonderes Zeichen von Tapferkeit scheint 
n diesem Verhalten nicht zu liegen. 
Frauenstudium. Der Kultusminister hat bestimmt, daß 
dieienigen Lehrerinnen, welche das Studium mit dem Ziele 
der Prüfung für das höhere Lehramt (spro faeultate 
locendi) beginnen wollen, fortan bei der Meldung zur Imma⸗ 
rikulation außer dem Schul- und Führungszeugnis eine Be⸗ 
cheinigung des Vorsitzenden der in Betracht kommenden 
Wissenschaftlichen Prüfungskommission darüber vorzulegen 
jaben. daß sie die Voraussetzungen für die Zulassung zu 
ver Prüfung pro facultate docendi erfüllt haben, nämlich: 
Besuch einer höheren Mädchenschule, eines anerkannten höheren 
rehrerinnenseminars und einer zweijährigen Lehrtätigkeit an 
»iner öffentlichen Schule in Preußen. 
Daͤe Reichsversicherungsresorm gesichert. Von einem Mit⸗ 
zlied der Reichsversicherungskommission wird uns geschrieben: 
In parlamentarischen Kreisen ist man davon überzeugt, 
»aß die Verabfschiedung der Reichsversicherungsordnung in 
der Kommission keinen erheblichen Schwierigkeiten mehr be— 
deunen wird. Ueber das VI. Buch, das vom Verfahren 
handelt, ist neuerdings zwischen den Vertretern der Kon—⸗ 
ervativen, des Zentrums, der Nationalliberalen und der 
Wirtschaftlichen Vereinigung eine volle Verständigung er— 
zielt worden. Wenn auch über die noch ausstehenden beiden 
Bücher IJV und V eine Verständigung herbeigeführt wird, 
voran kaum zu zweiseln ist, können die Kommissions⸗ 
eratungen in absehbarer Zeit zum Abschluß kommen. Indes 
jibt es in der Kommission und später im Plenum noch 
manche Nuß zu knacken. 
Der Arbeitsplan des preußischen Abgeordnetenhaufes ist 
borläufig folgendermahen festgesezßt worden: Donners⸗ 
tag, 9. Febr.: frei; Freitag: Kleinere Vorlagen; 
Sonnabend bis Mittwoch: Etat des Ministeriums 
»es Innern; Donnerstag: Etat der preußischen See—⸗ 
zandlung;: Freitag und folgende Tage: Eisenbahn⸗ 
etat, darauf Etat des Ministeriums für Handel und 
Hewerhe 
Deste rreich⸗· Ungarn. 
Das Verbot der Nachtarbeit. Das Abgeordnetenhaus 
iahm gestern in allen Lesungen den Gesetzentwurf über die 
dachtarbeit der Frauen in industriellen Betrieben in der 
yassung des Herrenhauses an, wonach das Gesetz am 1. August 
ieses Jahres in Kraft tritt. 
Die Haufiervorlage. Im Abgeordnetenhause wurde die 
wveite Lesung der Hausiervorlage fortgesetzt. Handelsminister 
beißkirchner hob hervor, unter den heutigen Verkehrsver⸗ 
ältnifsen sei der Hausierhandel für grohe Gebiete und eine 
roße Anzahl Waren überflüssig geworden und komme nur 
Ninister wies mehrere Zwischenrufe des Christlich⸗Sozialen 
och für einzelne Gebiete und einzelne Waren in Frage. Der 
zeilinger zurück und erklärte, er wolle mit ihm niñzts zu' tun 
aben und nicht weiter auf die Sache eingehen, sonst könnte 
s Heilinger unangenehm werden. Der NMiinister empfahl schließ⸗ 
ich die Vorlage als einen Schritt vorwärts im Inter— 
Ase einer gesunden Mittelstandspolitik. 
Rücktritt des österreichifchen Handelsministers. Nachdem die 
berhandlung über das Hausiergesetz abgebrochen worden, 
wurde die Beratung über den Dringlichkeitsantrag betreffend 
die Aufhebung der Fleischsteuer fortgesetzt. Heilinger wies 
rufs entschiedenste den Ton zurück, den der Handelsminister 
jegen das Haus und ihn angeschlagen habe. Als der 
Redner den Handelsminister nach seiner Rede fragte, warum 
r sich so scharf gegen das Haus gewendet, erklärte der 
Hinister, daß er sich vom öffentlichen Leben vollständig zurück⸗ 
iehen werde. 
Geoßbritannien. 
Unterhaus. Der Abgeordnete Grobert-Harcourt 
lellte eine Reihe von Fragen bezüglich des deutschen 
zlottenprogramms. Der Erste Lord der Admiralität, 
Nac Kenna, sagte im Laufe seiner Beantwortung: Es ist 
richt anzunehmen, daß irgend eines der vier Schiffe des Bau⸗ 
rogramms 1909/10 im laufenden Jahre vollendet sein wird. 
Ich erwarte nicht, daß 21 Dreadnoughts im Kalenderiahre 
913 von den Werften abgeliefert sein werden. Bei der Wieder⸗ 
usnahme der Adreßdebatte beantragte Rusten Chamberlain 
das gestern von der Opposition angekündigte Amendement. Er 
jetonte ausdrüclich, daß keinerlei Absicht vorliege, 
in dem Vorgehen Kanadas und der Vereinigten 
Ztaaten Kritik zu Aben. Die Kanadier müßten ihre 
Angelegenheiten für sich erledigen. Für den Augenblick sind 
reir nur Zuschauer. Redner erklärte nochmals, daß* 
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m befehlenden Tone zu dem ergrauten Bureauvorsteher, der 
he etwas mißirauisch entgegenging, anherrschte: 
„Melden Sie mich sofort dem Herrn Rechtsanwalt.“ 
„Ich weiß nicht, gnädigste Gräfin,“ wandte der Beamte, 
zerlegen seine große Brille auf die Stirn schiebend, ein, „ob 
ꝛer Herr Rechtsanwalt —“ 
„Aber da ist er ja schon,“ lächelte Fridrun und sah 
lrahlend in Dr. Klas? Augen, die erstaunt den ihren be— 
gegneten. 
In unverbindlicher, steifer Hailung stand Ebbo Klas auf 
der Schwelle. 
„Lassen Sie mich nur in Ihr Allerheiligstes, lieber Doktor,“ 
achte Fridrun auf. „Alles Sträuben hilft Ihnen nichts, ich habe 
Beschäfte, ernsthafte Geschäfte, und da Sie nicht in den Gor⸗ 
iingshof kommen, muh ich wohl oder übel Sie hier in Ihrem 
Rest überfallen.“ 
„Wollen Sie bitte näher treten, gnädigste Gräfin?“ gab 
Ebbo Klas gemessen zurück. 
Die Tuür fiel hinter der grazidsen Frauengestalt ins Schloß 
und der alte grämliche Bureauvorileher zuckte bedauernd die 
schmächtigen Schultern und mahnte den blassen Schreiber, welcher 
der schönen Gräfin ganz verzüdt nachstarrte: 
„Sie sollten auch was Besseres tun, Erichsen, als jedem 
zübschen Frauenzimmer ins Gesicht starren. Die Alten dvon 
Fredersen und Bothmar habe ich noch immer nicht, und das 
Aktenhesten haben Sie auch noch nicht gelernt. Freilich, wenn 
man wie vernarrt jeder hübschen Larve nachguckt, wo soll 
da der Ernst zur Arbeit hertommen. Von den Frauenzimmern 
kommt alles Unheil in der Welt. Das habe ich Ihnen schon 
jundertmal gesagt, und die da drin, die so lieb und unschuldig 
ut wie ein weißes Täublein, ist eine von den Schlimmsten. 
sSehen Sie endlich an die Arbeit, Erichhen. Und dhu,. Lorensen, 
lInionissen an der Politik der Vorzugszölle innerhalb des 
teiches festhielten, für die sie in guten und schlechten Zeiten 
ümpften und kämpfen würden, bis sie ihr zum Siege ver— 
jolfen haben würden. Zum Schluß führte Chamberlain aus, 
die Wirkung des Reziprozitätsabkommens auf 
den britischen Handel malse sehr schwerwiegend 
e in. Man würde gezwungen sein, sich mehr und mehr 
auf den Nahrungsmittelersatz aus dem Auslande 
u verlassen. Auf der Regierung laste eine schweré 
Berantwortung dafür, daß sie die dem Mutterlande ge⸗ 
nachten Anerbietungen bezüglich einer Einführung 
»on Vorzugszöllen unbeachtet ließ. Es sei dringend 
otwendig, daß man mit den anderen großen Kolonien zu 
iner Verständigung gelange, bevor ste von auswärtigen Lieb⸗ 
abern umworben würden. Was Kanada anlange, müsse 
ine andere Politik eingeschlagen und alles getan 
berden, um der neuen Strömung entgegenzuarbeiten, die 
danada nach Suden ziehe, und um die das Reich vereinigenden 
Bande zu befestigen und zu verstärken. 
Evanien. 
Aredite sfür Hafenankagen in Mielilla, Ceuta, Algeciras. 
der Ministerrat hat den Gesetzentwurf betreffend die Forderung 
on Krediten zur Vollendung der Hafenanlasßen in Me— 
illa, Ceuta, Algeciras und BVigo (cer Anschlag für 
Nelilla erreicht die Höohe von 15 Millionen) und ferner 
etreffend einen außerordentlichen Kredit zur Unterstützung der 
ramilien der bei den letzten Stürmen an der Küste des Mittel⸗ 
ändischen Meeres Umgekommenen genehmigt. 
Ballanstaaten. 
Türkische Erfolge im Jemen. Wie ein Drahtbericht aus 
donstantinopel meldet, ist eine Abteilung der aufständischen 
beduinen von Kerk umzingelt und gefangen 
jenommen worden. Die Beduinen wurden entwaffnet und 
araufhin entlassen. Ihre Anführer werden in Deraa vor 
in Kriegsgericht gestellt werden. 
Nach amtlicher Meldung hat der Iman Sodeida 
am 31. Jan. mit großer Trüuppenmachtangegriffen, 
st aber nach Verlust von 300 Mann zurücgeschla⸗— 
gpen worden. Die Zahl der Aufständischen wird mit 15 000 
ugegeben. 
Tagesbericht. 
Lüubecd, 9. Febr. 
Wiederholter Antrag, betr. Kevision des Beamten⸗ 
besoldungsetats u. w. d. a. 
In ihrer Versammlung am 6. d. M. hat die Bürgerschaft 
zu dem wiederholten Antrage des Senates, betr. Revision des 
Beamtenbesoldungsetats u. w. d. a. die folgenden Ab— 
inderungen beschlossen: 
J. daß die Hafenmeistergehilfen und der Wasserschoutgehilfe 
aus Klasse AVI nach Klasse AVII versetzt werden; 
2. daß das Gehalt der Klasse CJ auf 1300 M. 4 mal 100. 
s mal 80. 2100 M festgesetzt werde; 
3. daß das Gehalt der Klasse CIII auf 2100 M. 1 mal 400. 
8 mal 250. 4500 Mäfestgesetzt werde. — 
Mit diesen Abänderungen hat die Bürgerschaft den 
Senatsantrag genehmigt und außerdem an den Senat das 
krfuchen gerichtet, ihr baldigst eine Vorlage entgegenzu⸗ 
ringen, wonach die Lotsen ihr Höchstgehalt in 15 Dienst⸗ 
ahren erreichen. 
Der Senat, der nach wie vor die von der Bürgerschaft 
jeanstandeten Gehaltssätze für angemessen hält, ist nicht in 
ser Lage, den von der Bürgerschaft beschlossenen Ab⸗ 
uderungen beizutreten und dem an den Senat 
erichteten Ersuchen zu entsprechen, bezüglich des Beschlusses 
u Klasse OIII umsoweniger, als dieser in seiner finanziellen 
Pirkung dem vom Senat als unannehmbar bezeichneten Be⸗ 
chlusse der Burgerschaft vom 19. Dez. v. J. nahezu gleich⸗ 
ommt. 
Daher beantragt der Senat im Interesse des endlichen 
Zustandekommens des Beamtenbesoldungsetats bei der Bür—⸗ 
jerschaft nochmals: 
daß die Besoldung 
a. der Hafenmeistergehilfen und des Wasserschoutgehilfen, 
eb. der Handarbeits⸗ und Tarnlehrerinnen (Klasse C T) und 
der Lehrer (Klasse CIII) 
zemäß der Vorlage des Senates vom 3. Dez. 1910 festgesetzt 
wer de. 
Zugleich wiederholt der Senat seine Erklärung vom 
8. Jan. d. J. daß er, falls die Bürgerschaft diesem Antrage 
eitritt, die Bedingung der rechtzeitigen Erschließung neuer 
kinnahmequellen als ausreichender Deckungsmittel für 
iee aus der Durchführung des neuen Beamtenbesoldungsetats 
rwachsenden Mehrausgaben als erfüllt beträchtet. 
— 
perr das Wiaul nicht länger auf,“ wandte er sich an einen 
chmächtigen Schreiberlehrling, der noch ganz verdutzt dasaß. 
Es ist gleich Mittagszeit.“ 
Die Köpfe der Schreiber senkten sich, und hastig flogen 
die Federn über das Papier. 
Fridrun aber hatte Dr. Klas gegenüber Platz genommen 
und nickte ihm lächelnd zu. 
Fortetzung solgt.) 
Kunst und Wissenschaft. 
Daee neue Kieler Theatervoriage wird voraussichtlich 
Freitag den 17. Febr. die Stadtkollegien beschäftigen. 
Bie man hört, laufen diee an die Stadtkollegien zu 
ichtenden Anträge darauf hinaus, mit Direktor Otto 
inen Vertrag zu schließken, der in seiner Wirkung als 
ßachtvertrag angesehen wird. Als Grundlage ist der 
isher niedrigstee Etat augenommen worden, der noch um 
ine beträchtliche Summe gekürzt ist, sodaß er sich auf 
twas über 800000 Mübeläuft. Mit diesen Mitteln hat 
»er Direktor, dem bünstlerisch und geschäftlich vollkommen 
reie Hand gelassen werden soll, zu wirischaften. Der 
zuschuß der Stadt ist auf 80000 Mubemessen worden. 
In diese Summe sind die kaiserliche Subvention sowie 
ille Ausgaben für angestellte städtische Beamte eingeschlossen. 
Ils Gehalt sür den Direktor führt der Etat einen Betrag 
son 10000 Mäauf. Wird ein Ueberschuh der Einnahmen 
ber die Ausgaben erzielt, so bezieht Direktor Otto davon 
0 Prozent, bis sein bisheriges Gehalt von 15000 M 
rreicht ist, und von da ab 20 Prozent. Einen etwaigen 
Fehlbetrage hat Direktor Otto aus eigenem Ver⸗— 
nögen zu decken. Zur Sicherbeit stellt er eine Kaution 
on 30 000 M 
Moderne Stromungen im Turnwesen. 
o Lubed, 8. Febr. 
leber dieses weite Lübeder Kreise interessierende Them 
prach gestern Herr Turninspektor Moeller, viinne 
m Auftrage der hiesigen Oberschulbehörde. 
einen überaus instruktiven Darlegungen, die z. T. ein 
istorischen Charakter trugen, nahm er zunächst Stellun 
u Aeußerungen von Männern wie Rousseau, Schiller 
ßoethe u. a., die gewifsermaßen als Leitsterne fpur die 
nodernen, auf harmonische Ausbildung von Körper un 
heist hinziehenden Bestrebungen des 19. Jahrhunderts anzu 
prechen seien. Sodann ging er insbesondere auf das Wirken 
ind die Eigenarten grober Reformatoren und Organisatore, 
es deutschen Turnwesens ein. Als solche hob er hervo 
zutsmuts, Basedow, Jahn, Spieß und Jäger. Er schilderte 
»as Turnwesen zu Ansang des 19. Jahrhunderts, wo 
zie Begeisterung für die Sache so weit ging, daß man die 
ungen Leute bewertete nach Turnern und Nichtturnern 
durch Jahn sei die Idee des deutschen Einheitsgedankens 
n die turnerischen Bestrebungen getragen worden und dies 
olitische Färbung sei dem deutschen Turnwesen durch ein— 
22 Jahre lange Turnsperre in Preußen zum Ver. 
zängnis geworden. Darunter habe Jahn selbst sehr 
chwer leiden müssen. Wenn es auch ein Fehler gewesen 
ei, zwei ganz verschiedene Dinge wie Politik und Körper 
»flege miteinander verquiden zu wollen, so habe er dog 
eine großen Verdienste um den Ausbau des deutsche 
Turnwesens. Ein besonders wertvoller und durchaus mo 
erner Gedanke von Jahn sei die Forderung, dah mi 
»em Turnen das Spielverbunden werde. Sein 
Insicht, daß dies zwei ganz untrennbare Fattoren seien, 
verde jetzt gan v allgemein geteilt. Das Verdienst von 
1dolf Spiehß sei die Einfäührung des Schul— 
turnens für beiderlei Geschlechter gewesen. 
Als eigentlichen Schöpfer des Schulturnens sei er nicht 
nzusprechen. Dabei habe er seinen musikalischen Nei— 
RBungen entsprechend den Reigen und rhythmischen 
lebungen des Mädchenturnens seine besondere 
lufmerksamkeit zugewendet. Jedoch dürfe man nicht ver— 
ennen, daß die Systematik des Turnunterrichtes von Spieß 
»och viel zu weit gehe und viele Zerrbilder ergäbe, die 
uf Wissenschaftlichkeit keinen Anspruch machen könnten. 
RBtto Heinrich Jäger, ein früherer Universitätspro— 
essor der Philosophiee, der sich aus Begeisterung für das 
zurnproblem dann ganz dieser Sache gewidmet habe al—s 
“urnlehrer und Organisator, zeige deutlich die Reaktion 
egen die Mängel des Spieß'schen Systems, 
‚„as namentlich eine Blindheit für das Seelisthe 
eweise. Er habe dem gegenüber Einfachheit, Na— 
ü rlichkeit und Zweckmäßigkeit gepredigt. Jedoch 
ei er leider nicht durchgedrungen, und auch jetzt noch könne 
nan beobachten, wie z. B. an den sächsischen Mäd— 
henschulen und im badischen Schulunterricht 
zer Spieß'iche Geist den Lehrplan und die Methode be— 
errsche Die neuesten Reformbestrebungen für 
uine Ausgestaltung des Turnunterrichts an den Schulen 
peziell den höheren Schulen seien auf eine Flugschrift 
es Düsfseldorfer Amtsrichters Hart wich du— 
uckzuführen, die den Titel trägt? „Woran weia 
eiden“. Damit habe eine Polemik über Kurzsichtig- 
eit, Engbrüstigkeit, Schwindsucht der Schüler 
c. eingesetzt, die zur Gründung eines Zentral— 
russchusses zur Förderung der Jugend- und 
Volksspiele geführt habe. Der Ruf: „Hinaus kin 
zie Sonne und die freie Luft!“ sei aber besonders kräftig 
erschollen nach der Abgabe von Gutachten erster 
eutscher und franzssischeer Physiologen, die 
ziese den Regierungen zu erstatten hatten über die Er⸗— 
rahrungen mit Degenerationserscheinungen im 
driege 1870. Damit habe man angefangen, auch von 
zieser ärztlichen Seite dem Turnwesen große Beachtung 
eizulegen, und man habe eine Gruppierung von Leibes— 
Bungen vorgenommen, bei denen Herz und Lunge durch 
dauf und Spiel, Rerven und Muslkeln durch Turnen 
ationell gepflegt werden. Der große Einfluß, den 
er ena lische Sport und das schwedische Turnen 
usgeübt, habe auch auf die Gestaltung des deutschen Schul⸗ 
urnunterrichtes, sei unverkennbar. Damit seien aber auch 
wei neue Tendenzen hervorgehoben, die man in ihren 
xxtremen verurteilen müsse. Das sei einmal das Streben 
iach neuen Fertigkeiten; dieses dürse nicht zur Rekordsucht 
rusarten. Andererseits dürfe kein übermähiges Schonen des 
törpers befürwortet werden, um den Geist zu pflegen. 
Ddie richtige Handhabung liege in der Mitte. Das Sirenen⸗ 
ied von dem Berliner Prof. Dessoir, der behaupte, 
s bestehe eine scharfe Trennung zwischen Zeugungsmenschen 
ind Leistungsmenschen, stelle eine unrichtige Ansicht dar. 
Vielmehr beständen äuhßerst wichtige Wechselbeziehun— 
ren zwischen Leib und Seele, die zu ver— 
mitteln und zu pflegen die bedeutsamste Auf⸗ 
rabe des deutschen Schulturn“nterrichtes lei— 
— — 
Eine Trauerfeier für den verewigten Geheinzen Baurc 
Brofessor Karl von Großheim fand heute mittag in de 
gerliner Königlichen Alademie der Künste statt, an welcher, wi 
ins ein Privattelegramm meldet, als Vertreter des 
daisers der Kultusminister und Kurator der Akademie Troti 
u Solz teilnahm. Nach der Feier bewegte sich der Leichen⸗ 
ondukt zum Lehrter Bahnhof. Der Kaiser hat dem Ver— 
horbenen dadurch eine besondere letzte Ehrung zuteil werden 
assen, indem Se. Majestät bestimmt hat, daß der Leichen⸗ 
ug durch das Mittelportal des Branden- 
urger Tores seinen Weg nebmen könne. Dieses Portal 
es Brandenburger Tores darf bekanntlich sonst nur von Fürst⸗ 
ichkeiten benutzt werden. — Ferner hat der Kaiser dem 
zenat der Berliner Akademie der Künste aus Anlaß des Ab⸗ 
ebens ihres Präsidenten folgendes Telegramm zugehen lassen: 
Zu dem schweren Verlust, den die Alademie durch den Tod 
hres hochverdienten Präsidenten, des Geheimen Baurats Pro— 
essor Karl v. Großheim eriitten hat, spreche ich der Ala—⸗ 
emie mein wärmstes Beileid aus. gez. Wilhelm J. R.“ — Die 
lebersührung der Leiche erfolgt, wie bereits berichtet, nach 
dübeck. Die Einäscherung findet im hiesigen Krematorium 
norgen nachmittag 15 Uhr statt. 
V Lübeder Fijscherei⸗Verein. In der am VWiittwoch nach⸗ 
nittag in der „Schiffergesellschaft“ abgehaltenen, recht gut 
esuchten Versammlung wurden die Fischergenossenschaften in 
stiendorf a. O. und in KGafftrug-Sierksdorf in 
en Verein aufgenommen und von den Niendorfer Fischern Herr 
2. Mundt, sowie von den Haffkrug⸗Sierksdorfer Fischern Herr 
V. A. Brookmann in den Vorstand gewählt. Sodann wies der
	        
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