Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Wöchentlich 13mal (Wochentags morgens und 
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Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund. 
Amtsblatt der sreien und Hansestadt Lũbeck 16. Jahrgang Nachrichten sür das Herzogtum Lauenburg, die 
blatt: Gesehe und verordnungsblatt rne rre Hursteniümer Vatzeburg. Lübeg und das angren 
⏑⏑ ———— r zende medlenburgische und holsteinische Gebiet. 
Drud und Verlag: —A8— 8 R G. m. b. S. in Lübed. — Geschäftsstelle Adreß baus (V ic.str. u)d. Fernsprecher gooo u. — 
(Große Ausgabe) Donnerstag, den 5. Januar 1911. Abend⸗Blatt Nr. 8. 
Ausgabe 
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Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt. 
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Umfang der heutigen Nummer 6 Seiten. 
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Nichtamtlicher Teil. 
der momentane Stand der Gewerbe⸗ 
steuerfrage in Lübeck. 
Oo Läübeck 5. Jan. 
Die Entscheidung über die endgültige Fafsung des neuen 
dübeder Gewerbesteuergeseßes steht jetzt nahe bevor. Schon der 
nächste Montag wird voraussichtlich einen definitiven Beschlußß 
harüber bringen, ob eine Erwerbs- oder eine Gewerbesteuer 
eingesführt werden soll. Damit wird wohl auch die Spannung 
chwinden, mit welcher man jetzt in den Kreisen der Beamten 
ind Gewerbetreibenden dem Ausgang der Verhandlungen ent⸗ 
zegensieht. Vor allem kann dann auch der Senat den Daumen 
on dem sorgfältig gehuteten Staatssäckel nehmen und die 
Auszahlung der sehnlichft erwarteten Gehaltsauszahlungen an 
»is Beamten veranlassen. 
Wenn wir nun einmal kurz den momentanen Stand der 
Verhandlungen beleuchten wollen, so können wir uns vorweg 
licht der Ansicht verschließen, daß jetzt die Einigung von 
Senat und Burgerschaft erheblich dadurch erleichtert worden 
st, daß man auf beiden Seiten weitgehende Konzessionen 
gemacht hat. Dies gilt besonders für die hart umstrittene 
Interefsenbelastungs frage. In der Tat hat die Gewerbe⸗ 
ertragssteuer des Senates etwas von ihrem ursprünglichen 
Charakter aufgegeben und sich der Erwerbssteuer genähert. Das 
geht besonders daraus hervor, daß neuerdings sämtliche Recht s⸗ 
anwälte, Notare, Aerzte, Zahnärzte, Tierärzte einbezogen 
verden sollen. Früher sollten nämlich nur solche Aerzte, Zahn⸗ 
irzte, Tierärzte einbegrisffen sein, die bestimmte Anstalten ge— 
verbsmähig betreiben und Gegenstände, Heilmittel usw. ver⸗ 
aufen. Sodann wird dies deutlich an der Zustimmung des 
Senates hinsichtlich der Einbeziehung der Gehälter, Gebühren, 
Besoldungen, Tantiemen, Gratifikation von Direktoren, Auf⸗ 
sichtsratsmitgliedern und Angestellten, sobald die Beträge für 
bden Einzelfall den Jahresbetrag von 10000 Munbersteigen. 
Dort, wo sich unter Umständen nach der Senatsvorlage Härten 
ꝛxgeben könnten, hat der Senat den von seiten des Bürger— 
ausschusses vorgeschlagenen Erleichterungen zugestimmt. So 
ollen Betriebe mit Erträgen unter 3000 Miäfreigelassen werden 
und außerdem sollen Steuerbefreiungen zulässig sein, sobald 
mit dem angeliehenen Anlage, und Betriebskapital eine Ver—⸗ 
insung mit 4 00 nicht erreicht wird. Jedoch hat der Senat 
sür eine andere Ausgestaltung der Skala und eine Erhöhung 
es bisherigen Höchstsatzes von 2 60 seine Zustimmung nicht 
egeben. Von seiten des Bürgerausschusses war nämlich der 
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Wunsch geäuhßert worden, daß in einer von 0,66 -2,40 0 
rufsteigenden Skala die Erträge von 3800 -26 000 M erleichtert 
verden sollten. Das hätte natürlich eine stärkere Belastung 
zer höheren Erträge zur Folge gehabt. Auch manchen weiter en 
»on seiten des Bürgerausschusses geäußerten Vorschlägen 3. B. 
iber den Beginn der Steuerpflicht, Aber die Haftung sür 
ie Steuerpflicht bei den Altiengesellschaften, Gesellschaften 
nit beschränkter Haftung, Genossenschaften usw. hat der Senat 
benso zugestimmt, wie ihrem Wunsche, das neue Steuerjahr 
b 1. April 1911 beginnen zu lassen und das Gesetz im 
zahre 1914 einer Revision zu unterziehen. Der Kreis der 
inzubeziehenden neuen Gewerbebetriebe ist ebenfalls in 
be reinstimmender Weise bestimmt worden, jedoch dürfte der 
olgende Wortlaut des vom Senat vorgeschlagenen Textes 
»en Vorzug verdienen: 
„Neue Gewerbebetriebe lind im er st en 
Bzeiriebslahre von der Zahlung der Steuer —R 
reit, im zweiten Betriebsjahre haben sie nur die 
zälfte dieser Steuer zu entrichten. Diese Vor—⸗ 
chhrift findet auch auf solche Betriebe Anwendung, die bei 
»em Inkrafttreten des Gesezzes bereits bestehen. Die Fort⸗ 
etzung eines bestehenden Betriebes in einer veränderten recht⸗ 
lichen Form, mit oder ohne Veränderung der Firma, gilt nicht 
Us Eröffnung eines neuen Betriebes.“ 
Die Schwierigkeiten, die es noch zu überwinden gilt, ehe 
as Gewerbesteuergesetz rechtskräftig wird, liegen heute eigent⸗- 
ich zur Hauptsache in drei Punkten. Der eine Differenzpunkt 
rgibt sich aus der verschiedenen Beurteilung der Filialsteuer. 
Zon seiten des Buürgerausschufses ist nämlich der Wunsch geäußert 
borden, sie auf die Einkomtmensteuer anzurechnen, während 
»er Senat sie nicht im Zusamutenhang mit der Einkommen- 
leuer behandelt wissen will. Der zweite Gegensatz besteht 
arin, daß der Senat die Warenhaussteuer aufrecht erhält, 
oährend man sie seitens des Bürgerausschusses streichen möchte. 
diesen Standpunkt hat der Senat aufrecht erhalten, obgleich 
ich die Lübecker Handelskammer gegen eine Warenhaussteuer 
usgesprochen hat. Den dritten schwierigen Punlt möchten 
vir in der gegensätzlichen Ruffassung über den Schuldzinsen- 
bzug erblicken. Wir hatten bereits Gelegenheit, auf ihn 
n einem größzeren Artikel in der Nr. 688 unserer Morgen⸗ 
lusgabe einzugehen. Dabei betonten wir schon damals, daß 
ie Lösung dieser Frage in anderen deutschen Staaten bisher 
neist in dem Sinne erfolgt ist, wie es die Senatsvorlage an⸗ 
trebt, d. h. daß die Schuldzinsen nicht abzugsfähig sein 
ȟrfen, wenn das finanzielle Ergebnis dieser Steuer nicht 
u stark beeinträchtigt werden soll. 
Diese drei Fragen werden voraussichtlich denn auch bei 
»en nächsten Beratungen im Brennpunkt des Interesses stehen. 
die größten Schwierigkeiten sür ein Zustandekommen einer 
Ibjektsteuer, wie sie die Gewerbeertragssteuer darstellt, scheinen 
ins jedoch mit der Einigung über die Interessenbelastung 
iberwunden zu sein. Sobald man ihr zustimmt mun mae 
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auch zugeben, daß eine Berüdsichtigung persönlicher Verhält⸗ 
nisse, wiee die Anhänger des Abzugs der Schuldzinsen, Ab⸗ 
chreibungen usw. es anstreben, wegfallen muß. ESchließlich 
drängen doch auch die Umstände stark dahin, datßz Geld auf⸗ 
zebracht werden muß, und daß die in Lübed heiß umstrittene 
Hewerbesteuervorlage ihre Erledigung findet 
Inland und Ausland. 
Deu tsches Rolch. 
Der Kronprinz wohnte verschiedenen sportlichen Veran— 
staltungen der Royal Dragoons bei. Am 7. Jan. reist der 
Kronprinz von Muttra nach Delhi weiter. 
Die Kronprinzessin wohnte am Montag einem Rennen 
in Assuan bei und besuchte den Basar. 
Als Nachfolger des Botschafters in Tolio Barons Mumm 
v. Schwarzenstein gilt der bisherige Gesandte in Chrijtiania 
v. Treutler, der sich in der Reisebegleitung des Kron⸗ 
prinzen befindet. 
Graf Pofsadowsky Zäühlkandidat? Der frühere Slaats- 
ekretir Graf Posadowsky hat an den Herausgeber der Zeit⸗ 
chrift „Der Volkserzieher“, Schwaner, auf dessen Auffor— 
erung, eine Reichstagskandidatur anzunehmen, ein Schrei 
hen gerichtet, in welchem es keißt: „Daßz, dank des Partei— 
inwesens und allerlei örtlicher Brũderschaften in die höchlie 
Bertretung des deutschen Volkes so viele homines ohnenran- 
issirci gewählt werden, ist eine ebenso offenkundige. wie 
politisch bedauerliche Tatsache. Meine eigenen Wünsche find 
uinter den gegenwärtigen Verhältnissen auf kein Mandat ge— 
ichtet und ich mühßte jede Beteiligung an einem Wahl⸗ 
eldzuge ablehnen. Wollen mich aber gewisse einflußreiche 
ßruppen als Zählkandideten aufstellen, um der Ueberein⸗ 
timmung ihrer eigenen Ueberzeugung mit meinen so oft er— 
lärten politischen Ansichten Ausdrud zu geben, so habe ich 
dagegen keine Bedenken.“ 
bot- Fürst Vüsow als Sündenbod. Aus „gut unter— 
ichteten konservativen Kreilen läßt sich die Kölu. 
Bolksztg. einen langen Artikel schreiben, detr den Faüriten Bülow 
ür die Verschärfung der Gegensätze unter den bäürgerlichen 
Parteien und für den neuen Aufsschwung der Sozialdemo⸗ 
ratie verantwortlich macht. Um dieses Kuuststück vorführen 
zu können, wendet der „Konservative“ der Köln. Volksztg. 
ein bewährtes Verfahren an: er stellt schlichte Tatsachen ganz 
einfach auf den Kopf. Taisache ist, daß der neue Aufschwung 
der Sozialdemokratie und die Verschärfung der Gegensätze 
inter den bürgerlichen Parteien von der Reichsfinanz— 
reform des Jahres 1908 herstammt. Damit diese den Partei 
mteressen des Zentrums abträgliche Wahrheit verschleiert werde, 
äkt die Köln. Volksztg. ihren „Konservativen“ auseinander— 
eken. dak Fürst Büulows Blodpolitik mit ihrer „Aus— 
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ein echtes Friesenkind, blondköpfig und blauäugig, lächelte fa'ĩt 
hohnisch, als jetzt im scharfen Trabe ein Wagen heranrollte 
und vor der Dorfflirche hielt. 
„Er kommt doch noch in letzter Minute.“ 
Der Wagenschlag flog auf. Mit elastischem Schwung sprang 
eiin Mann aus dem Gefährt und schritt, das braune Gesicht 
stolz erhoben, der kleinen Kirche zu. 
Der Blick seiner ernsten, braunen Augen flammte unwillig 
auf, als sich ihm dicht vor der Kirchtür das blonde Friesen— 
nädchen in den Weg stellte. als wollte es ihm den Eintrit 
wehren. 
„Graf Reimar Randolt?“ fragte sie mit fester Stimme. 
Er neigte kurz das dunkelhaarige Haupt. 
„Was soll das? Gib den Weg frei.“ 
-„Nicht eher Herr, als bis Ihr mich gehört.“ 
„Geh fort, ich habe Eile. Hörst du nicht, daß do 
drinnen d'e Feier, zu der ich herkam, schon begonnen hat?“ 
„Ihr kommt hier mimer noch zu früh, Herr. denn Ihn 
kommt ungebeten.“ 
Eine heihe Röte des Unwillens stieg in das braune Gesicht 
des Mannes, der jetzt das Mädchen energisch zur Seite zu schie⸗ 
ben und den Eingang zu gewinnen suchte. 
Aber sie stredte beide Arme aus und umbklammerte mit 
hren Händen die Pfosten der Tür. In den blauen, dunkdelage— 
zeichneten Augen, die so seltsam ernst und starr aus dem 
nnneden Gesicht zu ihm aufsahen, lag ein leidenscha'ilicher 
ille. 
Nur mit Gewalt hätte Graf Reimar den Eingang er— 
wingen können. 
„Noch einmal: Was willß du?“ 
„Geht dahin, Herr, woher Ihr gelkommen seid.“ 
Gtaf Reimar Randolt lachte. 
Es klang merkwürdig in den Gesang der Andächtiren 
kinein. 
„Du bist doch nicht eiwa meine Base Undine? Rein, 
ihr Saar hatte einen roten Schein, du bist es nicht.“ 
„Nein, ich bin ihre Gespielin. Ich heiße Dorret. aber 
ich weiß, daß Undine Euch hatzt. Ich weiß, daß sie Tag 
und Nacht die Künde ringt. weil IAkr sie. die Mutter und die 
Die Nebelfrau. 
Roman von Anny Wothe. * 
Machdrud verboten.) 
Wie blankes Silber funkelte das Meer. — 
Gleich zarten Träumen hoben sich duftig die stillen Inseln 
rus dem Wasser, der goldenen Sonnenfülle entgegen, die 
erniederströmte und zu sagen schien: 
„Nun sprenge ich des Schlummers letzte Hülle. Der Früh— 
ing ist da! Macht auf!“ 
Von dem tiefen Kooge bis hin zum Deichesrand des 
zlleinen Heidedorfes am Meer war ein Sprießen und Treiben. 
Es war, als hörte man alle Pulse des Lebens klopfen 
an diesem sonnigen Frühlingstag, und doch war soeben erst 
einer schlafen gegangen, der Besten einer, wie die rauhen 
friesechen Männer, die ernst mit sorgenschweren Gesichtern vor 
ver Tür ihres Anwesens standen, sich geheimnisvoll zuflüsterten. 
Nun kam der neue Herr auf den Gorlinashof. das 
war einer! 
Jens Lung, der alte graubärtige Fischer, schob seine Ton⸗ 
feife von der rechlen in die linke Mundecke und sagte mit 
einem geheimnisvollen Gesicht, während er das Gesangbuch 
est an seinen schwarzen Sonntagsrock drückte, gerade an die 
Stelle, wo er sein Herz spürte: 
„Als Jung habe ich ihn gekannt, den neuen Herrn. Ueber 
dey und Priel lief er mit unfereinem über das Watt. Er 
ragte viel, und einmal, als ich ihm sagte, da unten aus 
em Wattengrund, da stiege des Nachts die Nebelfrau auf und 
mandelte über die Heide, da wurde der Jung krebsrot vor Wut 
ind schlug nach mir. Könnt ihr euch so was denken? So'n 
düttjes? Na, das war gut!“ 
„Die Nebelfrau soll wieder über die Heide gekommen sein, 
urz ehe der Herr starb, gerade wie damals, als der junge 
berr so plötzlich fort muhte,“ flüsterte ein blondes Friesenkind, 
ich ängstlich an eine ältere Gefährtin schmiegend, und sah 
dens Lüng verschüchtert ins Gesicht. 
„Schwatz keinen Unsinn, Mailen Larsen,“ tönte da plötzlich 
„ine tiefe Stimme dem jungen Ding zur Seite, und wie aus 
ver Erde gezaubert stand eine hohe Greisengestalt mit silber— 
weißen Haaren in der Mitte der Dörfler und hob drohend 
den Krüdstock in der braunen Hand. 
Alles wich scheu beim Anblick des Alten zurüd. 
„Ekke Thornsen,“ ging es wie ein Gemurmel durch die 
Reihen. „Elke Thornsen kommt zum Begräbnis.“ 
Die großen, harten, blauen Augen in dem braunen Greisen⸗ 
gesicht funkelten auf. F 
„Was schert es euch?“ fragte er gebieterisch. „Kümmert 
uch um diese da.“ Er zeigte auf die jungen Mädchen, die 
ingstlich vor ihm zurückwichen. „Was wissen sie von der Nebel⸗ 
rau? Von der weiß nur ich und der da, der nicht mehr ist.“ 
„Er ist schon ganz irre geworden,“ flüsterten sich die 
Fischer zu. „Kommt, es wird JZeit.“ 
Glockenklang bebte durch die Frühlingsluft. Von fern her 
rauschte das Meer. 
Der alte, finstere Mann, Ekle Thornsen, sah den jungen 
Maädchen prüfend ins Gesicht, dann schritt er, hart mit dem 
Krückstock aufstohend, leise vor sich hinsprechend, der kleinen 
Dorftirche zu. 
Langsam folgten die friesischen Fischer mit ihren Frauen 
ind den blonden Kindern, die voll scheuer Neugierde dem 
leinen Gotteshause zustrebten. 
Nun lag die breite Dorfstraße ganz einsanr, übersonnt von 
»er Mittagsglut. Von der Heide kam ein herber Duft herüber. 
Verschollen klang det Ruf eines Kiebitz in das Glodengeläute, 
zis hin zu dem kleinen Dorftkirchhof, wo der blasse Flieder 
ie ersten Knospen trieb. 
Auf e inem Stein, hart an der Kirchentür, hoctte ein 
Mädchen mit der dunklen Friesenhaube, der Trauertracht der 
iordischen Frauen, und starrte mit weitgedffneten Augen über 
die von blauen Veilchen überblühten Schollen hinweg in fie⸗ 
hernder Erwartung die Dorfstrahße entlang. 
„Er kommt nicht,“ flüsterte sie dann, die dunkle Haube 
erabzerrend und den blonden Kopf in beide Hände vergrabend. 
„Nicht mal zum Begräbnis.“ 
Wieder lauschte sie angestrenat. Jetzt klang aus der kleinen 
Kirche der Gesang der Gemeinde: 
Christus, der ist mein Leben, 
Sterben itt mein Gewinn. 
DTas Mädchen. das kaum siebzehn Jahre zählen mochte 
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