gewalt gegeben hat. DHas Verhältnis des Präsidenten von
Kröcher zur Sozialdemokratie hat sich in der abgelaufenen
Woche noch weiter verschlechtert; das Ende des Senioren⸗
konvents ist die Folge dieses Kriegszustandes geworden.
Deutschläands Annäherung an Rußland be—
unruhigt sortgesetzt politische Kreise Frankreichs. Nicht
nur inaktive Generale, sondern auch der Kriegsminifter klagen
in der Presse über die Entblößung der russischen Westgrenze,
und ein dem Quai diOrsayn so nahestehendes Blatt wie der
Temps schilt über die Unfruchtbarkeit des französisch-russischen
Bündnisses und der Triple-Entente. Minister Pichon hat im
Senat ähnliche Beschwerden zurückgewiesen, dürfte jedoch in
der Kammer demnächst derselben Kritik gegenüberstehen.
Daß seinerzeit Oesterreich Ungarn die deutsch-
russische Annäherung unter ganz anderen Gesichtspunlten be—
trachtete, hat Graf Aehrenthal vor den Delegationen ohne Um—
schweife ausgesprochen. Er gedachte dabei der von Deutsch-
land auf dem Gebiete der auswärtigen Politik erzielten Erfolge
ols Ergebnisse der bosnischen Aktion Oesterreichs. Hiermit hat
Graf Aehrenthal insofern zweifellos recht, als gerade die Krisis
megen Bosniens Rußland gezeigt hat, wie wenig sein Bündnis
mit Frankreich und seine Entente mit England genügen, ihm
die erwünschte europäische Stellung zu sichern.
In Großbritannien war die Krone, wie es in früheren
Zeiten schon dagewesen, Gegenstand eines Sensationsprozesses.
Ein obskures Individuum hat die dreiste Verleumdung des
britischen Monarchen, daß er in Bigamie lebe, mit einem
Jahre Gefängnis zu büßen. So lebhaft die öffentliche Meinung
Englands durch diesen Prozeß in Anspruch genommen wurde,
weit tiefer noch geht ihr Interesse an dem Handelsvertrage
Kanadasmitden Veretnigten Staaten. Die frei—
händlerische Richtung dieses Vertrages und der
augenfällige Beweis der gewaltigen Schwerkraft, die Kanadas
wirtschaftliches Bedürfnis auf seine politische Betätigung aus—
üben, ist für nicht wenige Politiker des Inselxeiches ein Gegen⸗
itand ernster Sorge. ẽ
Die Vlissinger Angelegenheit ist im holländischen Par—
lament zur Sprache gekommen, ohne auch nur entfernt eine
sensationelle Färbung anzunehmen. Als internationale Frage
im Keime erstickt, dürfte sie auch als holländische Angelegen—
heit in der Objektivität, mit der sie amtlich behandelt wird,
die beste Büraschaft glücklichen Gelingens finden.
Inland und Ausland.
Deutsches Roeich.
Zur Nachfolgerschaft Truppels als Gouverneur von Kiau—⸗
ischou wird uns gemeldet, daß der Kapitän zur See Mener⸗
Waldeck in Aussicht genommen sei.
Die Ergebniffe der Voltszählung. Nach dem vorläufigen
Ergebnis der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 ist die
Bevölkerung Preußens seit der leßzten Zählung von 37 293 535
auf 40 157 579 gestiegen. Die Zunahme beträgt 2864 038
gleich 6,68 Prozent. Fur die einzeinen Provinzen ergaben sich
folgende Zahlen: Ostpreuhen 2063 746 plus 33570 gleich
1,65 o0, Westpreuhen 1703 542 plus 61668 gleich 3,76 60
Siadtkreis Berlin 2064 153 plus 24 005 gleich 1,18 0, Bran⸗
denburg 4091620 plus 559 764 gleich 15,85 0, Pommern
1716 445 plus 32 100 gleich L1i91 , Posen 2100 096 plus
113 459 gleich 5,71 0, Schlesien 5226293 plus 283 568 gleich
5,74 q0, Sachsen 3088778 plus 109 529 gleich 3,68 90, Schles⸗
wig⸗Holstein 1619 673 plus 115 425 gleich 7,67 90, Hannover
2942 546 plus 183 030 gleich 6, 63 q0, Westfalen 4127904 plus
509 814 gleich 14,09 00, Hefsen-Nassau 2 221 249 plus 151197
gleich 7,30 90, Rheinprovinz 7120519 plus 684 182 gleich
10 63 00 und Hohenzollern 71009 plus 2727 gleich 3,99 66.
heer und glotte.
Das Militärwochenblatt meldet: Matthiakß, Generalleut⸗
nant. Oberquartiermeister und Chef der Landesaufnahme, und
Griepenkerl, Generalmajor und Kommandant von Thorn, wurden
zur Disposition gestellt. v. d. Lancken, Oberst und Kommandeur
der Hauptkadettenanstalt, wurde zum Kommandanten von Thorn,
und v. Zaborowski, Oberstleutnant beim Stabe des Infanterie—
Regiments Nr. 1656 wurde zum Kommandeur der Hauptka—⸗
dettenanstalt ernannt.
„Gneisenau“ ist am 3. Febr. in Diamond-Harbour an der
ßangesmündung eingetroffen. „Tsingtau“ ist am 3. Febr. in
Hongkong eingetroffen und geht am 13. Febr. wieder in See.
„Pelikan“ ist am 2. Febr. von Cuxhaven nach Kiel gegangen.
G 9n ist an. 4. Fehr. in T οrffon
Neueste Nachrichten und Telegramme.
Der Kronprinz indischer Doktor.
W. Kalftutta, 4. Febt. Dem Kronprinzen wurde
heute früh mit dem üblichen Zeremoniell in Gegenwart des
Vizekönigs Lord Hardinge der Grad eines Doctorof Laws
an der Universität Kalkutta verliehen.
We Kalfutta, 4. Febr. Bei der heutigen Promovierung
des Kronprinzen zum Ehrendoktor der Universität von Kalkutta
fseierte der Rektor in längerer Ansprache die hervorragenden
Verdienste Deutischlands um die Erforschung der indischen Ge—
schichte und Literatur. Der Kronprinz habe durch seinen Be—
such sein Interesse für Indien bewiesen. Der Feier wohnte
ein zahlreich geladenes Publikum bei, darunter die gesamte
deutsche Kolonie.
We Kassutta, 4. Fobr. Der Kronprinz, der Vizekönig und
Lady Hardinge begaben sich im Automobil nach dem Land⸗
iitz des Vizekönigs in Barrackvur, wo der Kronvrinz den
morqigen Taq verhringt.
Gesterreichische Delegation.
We Budapest, 4. Febr. Im Heeresausschuß der
Oesterreichischen Delegation hielt im Laufe seiner weiteren
Debatte Stanek (Tschechischer Agrarier) nach Versicherungen
des Mänisters des Aeußern eine Verstärkung der Flotte gegen
einen Verbündeten für überflüssig, zumal die italienische Flotte
doch um 50 Prozent stärker sein werde. Sramek (Kathol.Na—
tional) wünschte, daß das Auswäcltige Amt in der Abrüstungs—
frage die tatkräftige Initiative ergreife. Marinekommandant
Graf von Montecocculli betonte, entsprechend dem Bau neuer
Schiffe werde das Normalbudget für die Marine in den
nächsten Jahren durch Vermehrung der Offiziere, Manuschaften
usw. eine Steigerung erfahren, welche jährlich 2 bis 3 Mill.
—D
lichen Kredite werde das Gesamterfordernis für die Marine
in den Jahren 1911 bis 1914 123 bis 145 Millionen Kronen
betragen. In seinem Exposés lhabe er bereits die Zahl der
notwendigen Neubauten über das gegenwärtige Programm
Anans belannt gegehen. deren Bau mit der weiteren Re—
willigung der im Jahre 1913 teilweise erloschenen Raten für
Schiffsbauten unter entsprechender Erhöhung derselben bewirkt
verden könnte. Redner betonte die Notwendigkeit, die er—
'orderlichen Kreuzer und Torpedofahrzeuge gleichzeitig mit den
Schlachtschiffen zu bauen, zumal die österreichisch-ungarische
Flotte nur über einen Kreuzer mit genügender Geschwin—
degkeit verfüöüge und von 73 Torpedobooten nir 36 vollwertig
ijeien. Graf Montecocculli sprach die Ueberzeugung aus, daß
hie neuen Schlachtschiffe auf lange Jahre hinaus den An—
iprüchen voll genügen würden. Oesterreich Ungarn baue aller⸗
dingas 10 Prozent teurer als England, Deutschland und Ame—
ika, aber die Marineverwaltung tue alles, um die Preise
nöglichst herabzudrücken. Ein Beweis dafsür lei, daß die
Panzerplatten jetzt billiger seien als vor sechs Jahren. Die
zohen Eisenpreise aber seien große Lasten, die man tragen müsse,
vie manche andere. Redner würde es nur begrüssen, wenn der
Marineverwaltung das Recht eingeräumt würde, in außerordent—
ichen Fällen auch ausländisches Material zu beziehen.
In Beantwortung verschiedener Ansragen erklärte Minister—
bräsident v. Bienerth, er werde auf den baldigen Abschluß
»er bereits anhängigen Verhandlungen betreffs Schaffung eines
ßesetzes über die Verantwortlichkeit des gemeinsamen Mini—
teriums hinwirken. Bei den Verhandlungen über die Militär—
trafprozeßordnung und über das Wehrgesetz seien keinerlei
geheime Abmachungen hinsichtlich militärischer Konzessionen an
Ungarn weder gegenwärtig noch früher getroffen worden.
We Berlin. 4. Febr. Die Nordd. Allg. ZItg. schreibt zu
ser Annahme des Zuwachssteuergesetzes durch den
Reichstag: Für die gedeihliche Entfaltung der neuen Abgabe
vie überhaupt des ganzen ihm zugrunde liegenden gesetzgebe—
rischen Gedankens, ist es von wesentlicher Bedeutung, daß es
iunmehr gelingt, die Ausführungs- und Veranlagungsbestim-
nungen den Bedürfnissen des wirtschaftlichen Lebens anzupassen.
hierfür mit allen Mitteln zu sorgen, ist besonders Pflicht der
Reichsverwaltung. Man rechnet dabei auf die Mitwirkung der
ßemeinden die auf diesem Gebiete bereits Erfahrungen besitzet
Aber auch die Mitarbeit der Interessenten des Grundstücksmarktes
ist erwünscht und unentbehrlich. Es muß das allseitige Bestreben
sein, unnötige Weiterungen, insbesondere auch Prozesse durch
eine geschickte Handhabung aus dem Wege zu räumen.
Die Nordd Allg. Ztg. schreibt: Im Zusammenhange mil
der Veröffentlichung des päpstlichen Schreibens an den
Erzbischof von Köln wurde auch viel über die Rede ge—
prochen. die Dr. Mühlberg beim Festmahl der deutschen Prä—
laten in Ronm am Geburtstage des Kaisers gehalten hat. Ohne
puf die Reihe der Kombinationen einzugehen, die von einigen
Blättern reproduziert worden sind, ist zu bemerken, daß die
Ansprache des Gesandten sich nur mit der Vergangenheit be—
schäftigt hat und in keiner Weise der Behandlung der aus dem
Briefe des Papstes an Kardinal Fischer und aus der sonstigen
haltung des Vatikans sich ergebenden Schwieriakeiten vorge—
riffen hat.
W. Biesdori bei Berlin. 4. Febr. Prinz Heinrich von
Breußen ist um 10 Uhr 40 Min. vor der Ballonhalle des
Ziemens⸗Schuckert⸗Luftschiffes eingetroffen. Er wurde von Herrr
Ziemens, den Ingenieuren und Hauptmann Krogh empfangen
ks sindet nur eine Besichtigung des Ballons in der Halle statt
da das Wetter neblig ist. Die Windstärke beträgt 7 Meter
Wet. Bremen, 4. Febr. Der Norddeutsche Lloyd hat soeben
einen Dampfer „Rosland“ san die türkische Regie—
rung verkauft. Das Schiff soll ebenso wie die beiden
chon früher verkausten Dampfer „Darmstadt“ und „Olden—
zurg“ zu Truppentransporten nach Arabien verwendet werden.
Alle drei Dampfer sollen mit eigener Mannschaft des Nord-
deutschen Lkoyd nach Konstantinopel überführt werden.
We Budavest, 4. Febt. Abgeordnetenhaus. Der
Finanzminister verteidigte die Verlängerung des Privilegs der
zjemeinsamen Notenbank gegenüber den Einwänden der Opposition
ind sagte bezüglich der Barzäahlungen: Nachdem wir uns Ar—⸗
ikel 1 des Bankstatuts der Oesterreichisch-Ungarischen Bank zur
trengen Pflicht machten, um für die Erhaltung der Paritä
zwischen Banknoten und Gold nach Kräften zu sorgen und damis
ruch in den auswärtigen Wechselkursen die Gleichwertigkeit der
Kronenwährung mit der Goldwährung zum Ausdruck komme, er—
reichten wir den Hauptzweck der Barzahlung der Bank, wenn⸗
zleich die Verpflichtung zur Einlösung von Noten in Gold nicht
ausgesprochen ist sondern von der Bank nur faklultativ erfüllt
wird. Der. Minister wies darauf hin, daß die Oesterreichisch—
Angarische Bank ihre hauptsächliche Aufgabe, die in der Kredit⸗
vährung und Sicherung der Goldwährung bestehe, in der von
kuropa anerkannten ausgezeichneten Weise erfülle und empfahl
die Gesetzvorlage zur Annahme. (Lebh. Beifall bei den Reote
tungsparteien.)
Wt. Rom, 4. Febr. Der Marineminister sprach dem
Staatssekretär v. Tirpitz und der „tapferen deutschen
Manrine“ seinen und der italienischen Marine Dank für das
anläßlich des Unfalls in Spezia bekundete Beileid aus.
WMit. Amsterdam, 4. Febr. Wie das Allgemeen Handelsblad
durch Privatdepeschen erfährt, wurde der Ort Tandioeng⸗
Pandan auf der Sundainsel Billiton von Eingeborenen
überfallen und“ niedergebrannt. Der dortige Leiter der
Billiton⸗Gesellschaft wurde ermordet.
W. Kopenhagen, 4. Febr. Der frühere Direktor im Mi—
aisterium des Auswärtigen, Geheimer Legationsrat Vedel, ist im
Alter von 87 Jahren gestorben.
Wt. Teheran, 4. Febr. Finanzminister Sanied
Dauleh wurde bri seiner Rücklehr aus dem Medichlis von
zwei Armeniern erscwssen. Die Verfolauna der Märder
murde aufgennmmen.
W. Breimen, 4. Febr. Wie verlautet, beabsichtigt die
Rolandlinie⸗Aktiengesellfchaft im Laufe dieses Jahres ihre
Fahrten nach der Westküste zu verdoppeln.
Sann.⸗Münden,. 4. Febr. Fürst Eulenburg ist im
Sanatorium Lauenstein bei Hedemunden ausgenommen worden.
We. Effen, 4. Febr. Das hiesige Schwurgericht beschloß,
daß die Entschädigungaspflicht des Staates für
die erlittene Untersuchungshast und Strafzeit für Schröder
und Genossen anerkannt wird. Die Höhe der Summe
wird in einem besonderen Verfahren festgestellt.
Wt. Köln, 4. Febr. Der Generalfuperintendent der
Rheinprovinz D. Umbeck ist der Köln. Z3tq. aufolae heute
pormittag in Koblenz gestorben.
W. Weißzenfels, 4. Febr. Eiwa vrertausend Schuh—
abrikarbeiter und Arbeiterinnen beschlossen gestern
ibend, da die Fabrikanten die Forderung auf Einführung
der neunstündigen Arbeitszeit mit einem Lohnaus—
gleich und Erhöhung der Ueberstundenlöhne abgelehnt haben,
in allen Fabriken zu kündigen und am 18. Februar di«
Lrheit neederrulegen
W. Chemnitz, 4. Febr. Der wegen Ermordung und Be
raubung der Göllerschen Gastwirtseheleute in Burkersdorf be
Bu rastädt vom hiesigen Schwurgericht zweimal zum Tode verur.
teilte Barbier Gründig wurde heute früh auf dem Hofe der
hiesigen Landgerichts durch den Landesscharfrichter Brandt mi
Gullotine hingerichtet.
Wi. Versailles, 4. Febr. Der Lokomotivführer Leduc
der am 18. Juni 1910 wegen Nichtbeachtens der Signal
den Zugzusammenstoß bei Villepreux herbeigeführt hat, wurd
zu zwei Jahren Gesfängnis mit bedingter Begnadigung um
500 drancs Geldstrafe verurteilt.
W. Weedrid, 4. Febr. Durch das in den letzten Tage
an der Küste von Katalonien herrschende Unwetter wurd.
beträchtlicher Schaden angerichtet. 15 Fischerbarken gingen
mit 43 Seeleuten unter. In Valencia zerstörte das Mee—
eine Strede von 50 Metern der im Bau begriffenen Mole
Das Meer warf fünf Leichen und viele Trümmer ans Land
Wit. Madrid, 4. Febr. Infolge Sturmes ist bei Castellof
de la Plana ein spanischer Schoner gekentert. Nu
Insafsen sind ertrunken.
London, 4. Febr. Der Ausstand gewifser Gruppeh
von Angestellten der Nordostbahn ist in der vergangeneß
Nacht in HSull zun Ausbruch gekommen. Die Maschinenfuhre,
und die Weichensteller haben die Arbeit niedergelegt, und
es wird befürchtet, dah sich im Laufe des heutigen Tages
das gefamte Personal dieser Bahn dem Streik anschliehen
werde.
W. Moskau, 4. Febr. Drei Sträflinge erschossen im
Gefängnis vier Aufseher und verwundeten einen schwer. Ei
schlossen sich dann in der Vorratskammer ein und ergaben sit
erst nach längeren Unterhandlungen.
Wie Mombassa, 4. Febr. Der Bruder Edward Greys,
George Grey, der kürzlich von einem Löwen angesallen wurde
ist in Nairohi leinen Verletzungen erlegen
—R Erfahrungen mit paritãtischer
und kommunalen Arbeitsnachweisen.
(Ichluß.,
In der weiteren Aussprache über den Vortrag, die praktt
schen Erfgahrungen mif paritfätischen und kom
RPunalen Arbeitsnachweisen betreffend, erwiderte Her
Dhikelkow auf die Ausführungen des Herrn Rat Dr. Lin⸗
daß die in seiner (Redners) Broschüre gangezogenen Zahlen den
Jahres bericht des Verbandes deutscher Arbeitsnachweise für 1900
entnommen sind; sie würden daher schon richtig sein. Herrn
Dr. Horn entgegnete Redner, daß er die kaufmännische Stellen
vermittlung in Köln nur der Uebersichtlichkeit und Vollständig
keit halber erwähnt habe. Die großen Zahlen besonders der
ldommunalen Arbeitsnachweise hinsichtlich der vermittelten Stel
len sind darauf zurückzuführen, daß sie meist ungelernte, häusit
hren Arbeitsplaß, wechselnde Arbeiter vermitteln, während di
Facharbeitsnachweise den richtigen Mann an den passenden Plat
stellen. denn der Arbeitgeber benutzt nicht den Arbeitsnachweis
nur um einen Mann zu bekommen, sondern er will einen haben
den er auch gebrauchen kann. Das Blühen der Jommunalen
Arbeitsnachweise ist durchaus nicht so groß, wie wohl behauptet
verde; im Gegenteil, die kommunalen und paritätischen Ar—
deitsnachwmeis⸗ sind in steigender Regens begriffen. Mit der
kommunalen Arbeitsnachweisen wird man nicht viel bessere Er
iahrungen machen als mit den Gewerhegerichten. Man, dar
nicht vergessen, datz der Arbeitgeber außer dieser Tätigleit fin
den Arbeitsnachweis auch noch ein Nebengeschäft hat, nämsiä
eine Geschäfte zu besorgen. Die Arbeiter dagegen haben ihr
Leute die ständig in der Verwaltung des Arbeitsnachwesfe⸗
als Beisißer tätig sind, und daher diese Stellung voll und gan
ausnutzen önnen. Die organisierten Arbeiter haben ihre Ar
beitsnachweise nur deswegen scheinbar aufgegeben, weil sie nur
zu t wissen, daß sie in paritätischen Nachweisen ihre politischen
Ziele besser und guf, weniger kostspielige Weise übernehmer
können. als wenn sie ihre eigenen Nachweise beibehalten. (Seht
richtig) Wiederum, will man alles hierbei für eine Ein
richtung begeistern, die in Wirklichteit gar kein Arheitsnach
weis ist. Was Wunder schließlich. wenn man in Arheiterkreisen
zu der Ansicht komme, hier, besteht ein solcher Arbeitsnach
weis, nun soll er mir auch Arbeit schaffen. Die verschiedener
eußernngen von Biinistern, die Herr Rat Dr. Lind mitseteil
—D
wili nur darauf hinweisen, daß Herr von Sydom zu den Ver
tretern des Zechenverbandes geäuhßert hat: „Wir wollen euch
»uren Arbeitsnachweis ruhig lassen, weil nichts gefunden worden
st, was zu beanstanden wäre.“ Im übrigen gilt auch von den
Regierungen. daß sie sich nach besten Kräften herauszureden ver
uchen. In der Hauptsache handelt es sich um die Fragen: Is
der kommunale Arbeitsnachweis wirklich in der Lage, brauch
bare Arbeiter nachweisen zu können, ist er eine Einrichtung zum
Votteil aller Interessenten und werden nicht durch ihn die In—
teressen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie geför—
dertꝰ, Letztere Frage ist für die Arbeitgeber ausschlaggebend
Da sie bejaht werden muß, ist der kommungle Arbeitsnachweit
tür die Arbeitgeber ungeeignet. Daß trotzdem von den Be
hörden ein solcher gewünscht und finanziell unterstützt wird, ha
seinen guten Grund. Man hofft, nämlich durch lolche Arbeits
nachweise guch solche Leute, die sonst der Armenkasse zut Las
fallen würden, unterbringen zu önnen, und dadurch die Armen
kaffe, zu entlasten Nicht unerwähnt lassen möchtenich auch, daf
ich das Vorlesen der Vorsteherin der weiblichen Abteilung, de
Beruner eniedesananwech keineswegs auf Gesetzes bestim
mungen deschräntt, sondern, wie ich selbst erlebt habe, auch
auf, unterhallende Buͤcher erstreckt. Da ich heute abend wieder
nach Hamburg, zurüdkehren muß, bin ich gern bereit, mich ir
einer zweiten Versammlung mit den Herren, die für den kom⸗
munalen Arbeitsnachweis begeistert sind, etmas näher ausein-
ander zu setzen.
Hert. Rat Dr. Link: Ich glaube zwar kaum, daß dabei etwa⸗
Prattisches herauskonrmen wird, bin aber gern bereit, mich a
her Aussprache zu beteiligen. Herr, Thielkow und Herr Di
Horn waren der, Meinung, die Ärbeitgebernachweise hätten di
Aufgabe, den rechten Mann an die rechte Stelle zu setzen. Aus
das Ziel des öffentlichen Arbeitsnachweises ist es, und zwar i
allererster Linie, den rechten Mann an die rechte Stelle 3.
bringen. Die Behauptung, der, öffentliche Arbeitsnach weis se
nicht imstande gualifizierle Arbeitskräfte zu permitteln, wirt
dadurch widerlegt daß nach den, vorliegenden Zahlen im Jahr
1909 von den oͤffentlichen Arbeitsnachweisen mehr, gelernte al⸗
— EäD
weise die Kaiserliche Werft in, Kiel seit langen Jahren ihren
gesamten umfangreichen Arbeiterbedarf durch den dortiger
Afentüchen paritaͤitschen Arbeitsnachweis gedeckt und Jghr für
Jahr dem Nachweis für seine Tätigkeit Dank und Anerkennung
ausgesprochen. Die Behauptung, die städtischen Arbeitsnachweis
würden in erster Linie im Interesse ihrer Armenpflege diejenige;
deute bevorzugen welche sonst, der Armenpflege ganheimfielen
st eine durch nichts gerechtfertigte Behauytung. Wenn fernen
eriiärt, wurde die öffentlichen Arbeitsnachweise förderten die
Sozialdemokratie und wären nur geeignet, Genossen großz zi
shen so ist hiermit gegen die zahlreichen Kommunen, die unte
Mitwirkung von ieherg und Arbeitnehmern tadellos funk
tionierende öffentliche Arbeitsnachweise eingerichtet haben, ei
Vorwurf erhoben worden, der keinesfalls zu rechtfertigen ist.
Herr Direltor Dr. Neumarlz Ich mödte mich als Ar
beitgeber zum Thema des heutigen Abends äußern. Ich glaube
ohne auf, Einzelheiten weiter einzugehen, sagen zu dürsen, das
die deutschen Arbeitgeber der Ansicht sind, selbst wissen zu müssen
welcher Arheitsnachweis für sie am zwedmäßigsten ist, und daß
ie es zurückweisen müssen, wenn man sie in der Beschaffung de—s
vichtigsten Elements ihrer Betriebe, der Arheiter, irgendwie bevor
munden will. Ich bin der Ansicht dab wir durchaus selbe
wissen, wie wir unseren Betrieb mit Arbeitern versehen können
und uns wehren müssen gegen jegliche Förderung solcher Be
rebungen, die uns in die Arme fallen woslen und geeignet sind
die ruhige Futwickeslung in unerem Betriehe zu tären. Wi