Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Bürgerkunde des Hhansa⸗Bundes. 
Zur Verallgemeinerung und Vertiefung des Verständnisses 
ir die wichtigen staatlichen und wirtschaftlichen Fragen, also 
ur politischen Schulung unseres Volkes wird 
war oft und viel gesprochen, aber immer nur zu wenig praktisch 
gehandelt. Um so dankenswerter ist das erfolgoersprechende 
Streben des Sansa⸗Bundes, seinerseits durch Ver⸗ 
zreitung der Wissenschaft vom Staate das In— 
leresse am Staate zu weden und zu beleben. Er 
hat soeben unter dem Titel Bürgerkunde des Hansa— 
Bundes“ einen fast 300 engbedruckte Seiten starken, außer⸗ 
ordentech wohlfeilen Band erscheinen lassen, der als ein guter 
Leitfaden zur Einführung in das staatsbürgerliche Leben be— 
zeichnet werden kann. Der Verfa'ser, der Geschäftsführer 
des Hansabundes, Assessor Dr. Kleefeld, behandelt in 
lehrhafter Kürze die Einrichtungen des Deutschen Reiches, der 
Bundesstaaten und der Gemeinden und die bestehenden Wirt⸗ 
schasts- und Parteiorganisationen. Durch ständige Hinweise auf 
dis wissenschaftliche Spezialliteratur wird zum genaueren Stu—⸗ 
dium dieser oder jener Materie angeregt. Durch seine Viel—⸗ 
eitigkeit und Uebersichtlichkeit wird das dem Hansa⸗Bund⸗ 
räsidenten Riesser gewidmete Werk bald weiten Kreisen als 
Lehr⸗ und Nachschlagebuch ein lieber Freund und Berater werden 
ind hoffentlich so an seinem Teile zur Ausrottung 
der landläufigen politischen Gleichgültigkeit 
der Bürgerkreise beitragen. 
Inland und Ausland. 
Deutsches Roich. 
Der König von Sachsen ist mit Gefolge im Lloydexprek⸗ 
zuge in Genua eingetroffen und vom deutschen Generalkonsul 
ind dem Vizekonsul am Bahnhofe empfangen worden. Nach 
einem langen Spaziergang durch die Stadt begab er sich 
an Bord des Lloyddampfers „Großer Kurfürst“, wo er 
den Kommandanten des deutschen Schulschiffes „Hertha“ 
mpfing. Gestern mittaag fuhr der Könia nach Port 
Sudan ab. 
Veranderungen in der Diplomatie. Der bisherige Ge— 
andte in Bangkok, v. Prollius, ist zum außerordent⸗ 
ichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei den Ver⸗ 
inigten Staaten von Venezuela ernannt worden. — 
Dem Legationssekretär bei der Gesandtschaft in Lissabon, 
. Teichmann und Logischen, ist der Charakter als 
degationsrat verliehen worden. 
Bethmann und v. Mühlberg. Aus dem Reichstag wird 
ins geschrieben: Unter den Abgeordneten zirkuliert heute 
das Gerücht, daß die viel beachtete Kaisersgeburtstags— 
ansprache des preuhßischen Gesandten beim Päpstlichen Stuhl, 
». Mühlberg, an die deutschen datholischen Geistlichen o hne 
Borwissen des Reichskanzlers, aber mit ausdrück⸗ 
iicher Billigung des deutschen Kaisers gehalten 
vwurde. Besonders temperamentvolle Abgeordnete redeten be⸗ 
reits von einer Kanzlerkrisis, während ihre ruhigeren 
Kollegen nur den ersten Teil des Gerüchts für sehr wahr⸗ 
cheinlich hielten und die ganze Rede v. Mühlberags lediglich 
and ausschließlich auf dessen eigenes Konto setzten. Was 
dieser Rede freilich nichts von ihrer Bedeutung nimmt. 
Im Reichstage wurde gestern das Zuwachssteuer⸗ 
resetz, da sich die Varteien im Wege von Kompromissen 
iber die meisten strittigen Fragen verständigt hatten, in 
zritter Lesung rasch gefördert. Prinzipielle Gegner des 
Hesetzes bleiben nur noch die Polen und die Sozial—- 
demokraten. In der Frage der Steuerfreiheit der 
Landesfürsten hat eine Verständigung nicht erzielt 
werden können, so daß über diesen Punkt noch des längeren 
zebattiert wird Reichsschatzsekretär Wermuth griff 
nehrere Male in die Debatte ein. Gegenũber einer miß⸗ 
rauischen Aeußerung von sozialdemokratischer Seite betonte 
er, daß die Veteranen die erhöhten Beihilfen 
erhalten sollen, sobals das Gelsetz ver— 
Abschiedet ist und ohne Ruücsicht auf die 
inanziellen Erträgnisse des Gesetzes. Zur 
Rechtfertigung der Haltung der verbündeten Regierungen 
in der Frage der Steuerfreiheit der Landesfürsten und 
zer Landesfürstin erklärte der Staatssekretär, daß leinerlei 
ermögensrechtliche Interessen, sondern einzig und allein 
erfalsungs⸗ und staatsrechtliche Motive maßgebend gewesen 
ind. Deshalb würde eine agitatorische Ausbeutung dieser 
Angelegenheit aufs schärfste zu verurteilen sein und von 
der Regierung mit aller Energie bekämpft werden. In 
namentlicher Abstimmung wurde schliehlich mit 166 gegen 
138 Stimmen (cie Polen enthielten sich der Abstim⸗ 
nungh die Steuerfreiheit des Landesfürsten 
1und der Qam d har 
— — 
por Anker. Vier Wochen hatten wir Rast. Da drängte es 
nich plötzlich ungesium nach dem Gorlingshof. Heimlich — 
ch schäme mich fast, es zu sagen, Dorret — wollte ich hier 
ans Land steigen, um zu erkunden, wie die seltsame Ehe 
meines Bruders sich gestaltet.“ 
„Darum also trugt Ihr nicht die Marine⸗-Uniform, sondern 
zen Schifferanzug, der mich einen Augenblick irre machte, ob 
Ihr wirklich der Bruder des neuen Herrn wäret. Ihr bhattet 
voch Urlaub??“ 
„Der Kommandant gab ihn bereitwilligst, als er hörte, 
dah die Besitzung meines Bruders in der Nähe liege. Nun 
chwimmt die „Amazone“ schon lange wieder auf dem weiten 
Meer, und der Arzt meint, vor dem Frühiahr wäre nicht 
zaran zu denken, daß ich wieder Dienst tun könnte. Ich möchte 
nich selber züchtigen für meinen Leichtsinn, der das ganze 
Unglück anrichtete, das mich hier nun festhält und zur Un⸗ 
zätigkeit verdammt.“ 
„Eure Wunde heilt gut, Herr. Ihr solltet froh sein, 
dah Ihr Euer Leben gerettet habt.“ 
„Es hat kaum Wert für mich, Dorret. Doch das versteht 
Ihr nicht und es ist qgitt. dahß Ihr es nicht begreifen 
ftönnt.“ 
„Da kommt Undine,“ rief Dorret lebhaft, vom Fenster zur 
Tür eilend. „Mutig kämpft sie gegen den Wind. Seht doch, 
ßerr!“ 
Ein heißes Erröten flog über das blasse Antlitz des 
Kranken. 
Vom Herde her aber klang die Stimme Ekle Thornsens: 
Marnar Randolts Tochter schreitet ins Haus. Nun lommen 
die Schatten.“ 
Er horchte aufmertfamn nach der Tur, in welche soeben 
Undines hohe Gestalt trat, die es laͤchelnde daldete, daß 
Dorra FJe seidenschaftlich in ihre Arme schloß. 
XRXC 
In ber gestrigen Sitzung des preuß. Abgeorduelenhauses 
ourde der Domänenetat durchberaten, die Aussührungsan— 
eisung zum Gesetze ber die Reisekosten der Beamten 
iner Kommission Uberwiesen und die Novelle zur han— 
overschen Landgemeindeordnung erörtert. 
Hauptmann Fromm natienalliberaler Kaudidat. Der be— 
annte Afrikaner Hauptmann a. D. Fromm soll im 
Wahltreis Mecklenburg⸗Strelitz von den National—⸗ 
Bberalen als Reichstagskandidat aufgestellt werden. Er wohnt 
egenwärtig in Teterow in Medlenburg und hat — wie 
oir hören — auch die Sympathien der Fortlchrittlichen 
Bolkspartei auf seiner Seite. 
Diie politische Betãätigung der Beamten in Württenberg. In 
der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer gab Ministerprä⸗ 
ident v. Weizsäcker im Namen der Staatsregierung zu der 
trage der politischen Beiätigung der Beamten folgende Er—⸗ 
lärung ab: Der königlichen Staatsregierung liegt eine Be— 
inträchtigung der staatsbürgerlichen Rechte der Beamten fern. 
?zs kann der Regierung nur erwünscht sein, wenn Männer, die 
ga ihrem Berufe ein öffentliches Amt ausüben, sich auch 
ußerhalb ihres Berufes an dem politischen Leben beteiligen 
ind dabei ihre beruflichen Erfahrungen der Allgemeinheit 
autzbar machen. Doch ergibt sich aus dem Wesen des öffent⸗ 
iichen Dienstes und der Stellung der Beamten, daß die Frei— 
heit der politischen Betätigung nicht unbegrenzt sein kann, viel⸗ 
mehr dem Beamten, wie in seiner amtlichen und auberamt⸗ 
ichen Führung überhaupt, so auch hier gewisse Schranken ge— 
zoten sind. Diese Schranken sind bedingt durch die gesetzliche 
Beamtenpflicht, durch die Pflicht der gewissenhaften Wahr⸗ 
iehmung des Amtes, durch die Amtsverschwiegenheit, die 
Treue gegenüber dem König und der Verfassung. Wo der 
zeamte diese Pflicht verletzt, ist gesetzlich nicht fest umschrieben. 
die Regierung wird auf die Zustimmung des Haufes rechnen 
uürfen, wenn sie das Vertrauen ausspricht, daß Takt, Ge⸗ 
opissen und Pflicht dem Beamten den mit seiner Stellung 
ereinbarten richtigen Weg zeigen. 
Für eine Sinausschiebung des Termins der Reichstags⸗ 
vahlen tritt die Deutsche Tagesztg. ein. Sie meint, die Re—⸗ 
sierung würde im Interesse der Arbeiten des Reichstags han— 
»eln. wenn sie darüber Klarheit schafft, daß die Reichs— 
agswahien nicht fräüher als im Januar nächsten Jah— 
es stattfinden sollen. J 
Die NheinischeWestfälische Zeitung hat elsaß⸗lothringische 
heamte beleidigt. Die amtliche Straßburger Korrespondenz 
chreibt: Die Rheinisch-Westfälische Zeitung hat am 5. und 
». Januar die Umgebung des Statthalters als Quelle 
ihres Artikels vom 5. Januar und am 26. und 28. Jan. 
ine „angesehene Persönlichkeit“ aus dem Statthalterpalais 
ꝛezw. dem Statthalterbureau als Einsender ihres Artikels 
rom 26. Jan. bezeichnet. Wegen der in dieser Insinuation 
jelegenen Beleidigung haben Geh. Reg.⸗“Rat Dr. Dieckhoff, 
gortragender Rat, Reg.Rat Crodnau, ständiger Hilfsarbeiter 
uind Geh. Rechnungsrat Scheuermann, Bureauvorsteher, sämt⸗ 
ich im Bureau des kaiserlichen Statthalters, sowie der 
ur Dienstleistung beim kaiserlichen Statthalter kommandierte 
Maijor v. Donop entiprechende gerichtliche Schritte unter— 
Aommwmen 
Großkbritannien. 
Das englische Parlament ist Dienstag nachmittag wieder 
usammengetreten. Da aber seit seiner Vertagung allge—⸗ 
neine Wahlen stattgefunden haben, müssen erst verschiedene 
formalitäten erledigt werden, bevor die wirkliche Eröffnung 
yer Session durch König Georg in Person stattfinden kann, 
jor allem die Wahl des Sprechers und die Eidesleistung der 
Niiglieder des Unterhauses. Für das Amt des Sprechers 
»urde Mr. Lowther einstimmig wiedergewählt. Da die 
trone zur Wiederwahl ihre förmliche Zustimmung geben muß, 
jertagte sich das Haus nach der Wahl sofort wieder auf 
Mittwoch — * 
Balkanstaaten. 
Zirkularnote der Pforte. Eine Zirkularnote der 
Bforte beauftragt den türkischen Botschafter, die Auf⸗ 
nerksamkeit der Schuzmächte auf die Lage in 
KRreta, insbesondere die Verletzung der Rechte der Mobam- 
nedaner, zu lenken. 
Der türkisch⸗bulgarische JZollkonflikt. Die General⸗« 
olldirektion kündigt an, daß infolge des türkisch— 
zulgarischen Zollkonfliktes fsämtliche nicht bulgari— 
che Waren vom 3. Febr. an mit einem Ursprungszertifikat be⸗ 
seitet sein müssen. Der gegen Bulgarien angewandte Diffe— 
entialtarif enthält besonders hohe Zölle auf Mehl, Häute, 
deder, lebende Tiere und Butter. Die türkische Presse rät der 
Renaierund an. im Zollkriege zu nerharren 
Kunst und Wissenschaft. 
Das Kartell zwischen dem österreichischen Bühnenderein und 
der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger ist von der 
delegiertenversammlung des österreichischen Bühnen- 
»ereins in Wien en bloe und einstimmig angenommen 
vorden. HSermann Nissen, der Präsident der deutschen 
Bũhnengenossenschaft, erklärte, man müßte beiderseits für die 
Schakffung eines Theatergesetzes streben. Was die Mittel 
»er Schauspieler im Kampfe gegen die Direktoren anbelangt, 
o verwarf er Streik und passive Resistenz. Aber die Schau⸗ 
pieler könnten beschließen, nur ihre kontraktliche Pflicht und 
tichts weiter zu tun, das würde schon einen starken morali⸗ 
chen Drud auf die Direktoren ausũüben. Der unberechtigte 
zudrang zur Bühne mühte abgewehrt und für geeigneten 
Nachwuchs Sorge getragen und die Theaterhnaiene ausge⸗ 
nildet werden 
Ein Kolossalgemailde von Max Klinger. Wie aus Chemnitz 
semeldet wird, arbeitet Max Klinger gegenwärtig an einem 
dolossalgemnälde, das „Die Arbeit“ darstellt. Das Bild 
st eine Stiftung des Geheimrats Vogel in Chemnitz für 
as« Chemnitzer neue Rathaus. 
Max Reinhardt in London. Max Reinhardts Aufführung 
zer „Sumurun“⸗Pantomime von Friedrich Frelsa im Londoner 
folliseum⸗Theater hat einen übecaus großen Erfolg gehabt. 
die gesamte Londoner Presse feiert Max Reinhardt als vor⸗ 
ildlichen Regiekünstler. der in Enaland nicht leinesaleichen 
abe. 
Kunftlernachrichten. Frie drich Haase, der, wie ge⸗ 
neidet, nach langem Krankenlager aus der Klinik wieder 
ach seinem Heim Ubergesiedelt ist, hat sich in den letzten 
Lagen erfreulicherweise sehr erholt. Geh. Rat Haasle kann 
HSau u ⸗inlaa Neft da«s Netft verlassen und ifl 
J 
⸗ 
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vVor 40 Jahren. 
In den Lübeckischen Anzeigen, vom, Mittwoch, 
dem J. Februar 1871 finden sich folgende offizielle Kriegs 
nachrichten: 
Versailles, 80. . Vor Paris nahm heute die 
abruns der Konvention ungestört ihren 
Jortgang. 
* Hei Blols verbrannte Oberst p. Below am 28. die 
Brücke. da der Feind auf dem linken Ufer der Loire gegen 
die Stadt vordrang. Letzterer zog am 29. wieder in 
jüdlicher Richtung ah 
— Das zweite Korps nahm am 28. bei Nozeroy einen 
feindlichen Wagen⸗Transport. Die vierte Reserve⸗Division 
war am 26. bis Passavant vorgedrungen und hatte wieder 
200 Gefangene gemacht. Die Bourbakischen Koros J. 
befanden sich zwischen den Kolonnen des Generals v. Man⸗ * 
teuffel und der Schweizer Grenze. 
Arbois, 30. Jan. Die Avantgarde der Südarmee, 
14. Division, erreichte gestern nachmittag die abziehende 
französische Armee 1 Meile, westlich Pontarlier an der s 
Schweizer Grenze. Die Dörfer Sombacourt und 
Chaffois mit Sturm genommen. Gegen 3000 Gesangene 
und 6 Geschütze genommen. 
Berlin, 31. Jan. (Privattelegramm) Die Not 
in Paris ist enorm, die Eisenbahnvermittlung ungemein 
erschwert, da die Franzosen überall Sprengungen vorge⸗ 
nommen haben. Die deutschen Armeen versehen Paris 
aus ihren Vorräten mit dem Notwendigsten. Der 
Deutsche Kaiher wird erst nach dem Friedensschluß 
Aach Berlin zurüdkehren. 
Tagesbericht. 
Die soziale Lage des handwerks in Lübeck. 
O Lübeck, 1. Febr. 
Gestern abend sprach Herr Ingenieur Haake im 
Auftrage der Gewerbekammer über das Tema: „Die 
oziale Lage des Handwerks in Lübeck“. Er— 
reulicherweise hatte fich an diesem Abend eine sehr stattliche 
Zahl von Hörern aus Handwerkerkreisen eingefunden, die 
en vorzüglichen Ausführungen des Reserenten mit größter 
Spannung; lauschten. Der Vortragende zeigte im einzel— 
ien, mit welchen Umständen das Handwerk in Lübeck zu 
ämpfen habe, und er ging dabei besonders auf die Hand— 
sabung des hiefigen Submissionsverfahrens ein. 
Im weiteren Verlause seines Vortrages setzte er dann die 
irsachen für die jetzige mißliche Lage des Lübekcer 
ßandwerks auseinander. Als solche stellte er zunächst 
»en Mangel an Selbstbewußtsein, Korpsgeist und politischer 
Rührigkeit in vielen Handwerkerkreisen fest. Sodann zeigte er an 
inzelnen prägnanten Zahlen, in welchem Mißverhältnis 
momentan in Lübeck die Möglichkeit, kommunalpolitischen 
Einfluh zu gewinnen, zu dem ejetzigen Ansehen des Hand— 
Einfluß zu gewinnen zu dem jetzigen Ansehen des Handwerks 
stehe. Dabei tadelte er, daß viele Lübecder Handwerlerkreise bis— 
her noch gar nicht schätzen gelernt hätten, welch wichtigen Stütz— 
punktt der Staat ihnen durch die Gewerbekammer 
regeben habe für die Prüfung und wirkungsvolle Weiter⸗ 
zabe ihrer besonderen Wünsche, für die Beratung in allen mög— 
lichen rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten 1t. Um 
so bedaüerlicher sei es denn, daß sich trotzdem aus Handwerler— 
kreisen stellenweise Gegenströmungen gegen die Gewerbekammer 
konstatieren liehen. 4 
Der Vortragende schloß mit einer Erörterung über die zwed- 
mähßig anzuwendende Abhilfemittel. Als Zie' 
tellte er für die Gesundung in der Ausschreibung öffentlicher 
Arbeiten das Mittelpreisverfahren hin. Dabei sprach er sich 
gdegen Preiskonventionen der Handwerker aus. 
Vielmehr empfahl er zunächst einen innungs- und branche— 
veisen Zusammenschluß der Handwerker zum Zwecke der 
Schaffung von brauchbaren Unterlagen für eine von der Ge— 
werbekammer anzufertigende Denischrift. In dieser Denk— 
ichrift könnten dann die einzelnen Klagen und Wünsche der In⸗ 
teressenten gesammelt und wirkungsvoll bei den zuständigen Kör— 
zerschaften und Behörden vorgetragen und begründet werden. 
kin weiterer Vortrag, der das Submissio nswesenallein 
zum Gegenstand haben soll, wird am nächsten Vorfrags— 
abend der Gewerbekammer folden. 
Die Blumen der Barmherzigkeit. 
d. Die stetig wachsende Steuerbelastung hat zweifellos 
die private Pflege der Wohltätigkeit beeinträchtigt. Den 
ozialen Nöten unserer Zeit ist mit dem Almosen nicht 
nehr beizukommen. Aus den materiellen Gegensätzen sind 
politische geworden, aus Bitten wurden Forderungen, und 
has sGemã hron mrdee syoziosnot?tischen Metlicht. Wie 
— E 
auch bereits so frisch, daß er, im Rollstuhl sitzend, Be— 
uche empfangen kann. — Agnes Sormas Gasltspiel am 
Residen-Theater in Kassel war bei ausverkauftem Hause 
»on ungewöhnlichem Erfolg gekrönt. Die Künstlerin 
pielte die Titelrolle in , Minna von Barnhelm“. Das 
Bublikum spendete dem vollendeten geistvollen Spiel der Künst⸗ 
erin bei offener Szene tosenden Beifall. — Pro— 
essor W. Burmester ist dürzlich in Moskau zum ersten 
Male mit allergrößtem Erfolg aufgetreten. Der Ruf, der 
dem Geiger vorangegangen war, hat sich bewährt, und auch 
in Moskau löste sein künstlerisches Spiel begeisterte Opa 
innen aus. 
Zum Tode Prof. Heinrich Oberländers. Der Kaiser 
andte an die Witwe des verstorbenen Berliner Hofschauspielers 
brof. Heinrich Oberländer folgendes Beileidstele— 
ramm: „Mit großem Bedauern habe ich die Nachricht von 
»em Hinscheiden Ihres verdienten Gemahls entgegengenommen. 
dankhar gedenke ich dessen, was der Entschlafene — ein 
Meister seiner Kunst — durch fast vier Dezennien an meiner 
Bühne geleistet hat, und spreche Ihnen meine aufrichtige Teil⸗ 
nahme aus.“ Mit Oberländer ist der letzte Urschla— 
affe dahingegangen, der vor länger als 50 Jaheren die 
„Schlaraffias“ gegründet hatte. Er war es auch, der das 
Janze ernsthaft-humorvolle Ritual der Vereinigung entworfen 
hatte. Als „Ritter Box, der Schlaraffen-Abbé“, wurde er 
in den Listen der Schlaraffenbrüder geführt. 
Die „Nibelungen“ an der Pariser Großen Oper. Das 
B. T. meldet aus Paris: Die Große Oper gibt im 
Sommer dieses Jahres drei Zuklen des Nibeluungen- 
inges. Die Aufführungen beginnen am 10. Juni mit 
„Rheingold“. Am 11. folgt „Die Walküre“, am 13.. Siea 
tfried“ am 15. „Götterdämmerung“.
	        
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