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Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Liubec 16. Jahrgang Nadhrichten für das herzogtum Lauenburg, die
heiblatt: Gesetze und Verordnungsblatt eettt 3 gürsteniümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
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Drus une Verlaa: Gebruder Vorcerns G. m.b. 8. in Subes. — Geichästsstetle Adret baus GKoniatt. a6d. Fernibrecher vond u. 8001
. Gerhe Ansuabey Greitag, den 27. Oktober 19n1.
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Abend⸗Blatt KNr. 546.
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gezogen mit dem Hinweis, daß in dec Kommission eine Ge—⸗
neigtheit für diese Aenderung laum bestehen werde.
Ministerialdirektor Caspar erläuterte sodann des
näheren die Bestimmungen des Gesetzes über die nationale Zu⸗
gehörigkeit des Versicherungspflichtigen. Das Gesetz erfasst
nur inländische Betriebe. Die ausländische
Filiale eines deutschen Unternehmers und dessen
Personal könne demnach nicht unter das Gesetz fallen.
Dagegen sei ein von einer deutschen Firma vorübergehend
ins Ausland geschickter Angestellter, wenn er fü
diese Zeit im Betriebe bleibe, versicherungspflichtig.
Von sozialdemokratischer Seite wurde diese Be⸗
timmung des Gesetzes bemängelt. Die Grenzen der Versicherungs⸗
pflicht seien schwer zu erkennen, insbesondere bei wechselndet
Stellung auch innerhalb eines Betriebes. Um dieser Unlicher
heit zu begegnen, sollte deshalb in 8 1 ein Passus eingefũgi
werden, wonach auch Bureauangestellte“ von dem
Gesetz zu erfassen seie. Ein Zentrumsabgeordneter
wünschte die Sicherung der im Ausland Angestellten durch
Gegenseitigkeitsvertrag. Leicht könnte mit Oesterreich ein solcher
abgeschlossen werden, da dieses Land bereits die Versicherung
der Privatbeamten durchgeführt habe. Auf Anfrage bemerkte
Ministerialdirektor Caspar, daß eine Zulassung von
Srsatzkassen in einem weiteren als im Entwurf
vorgesehenen Umfange, insbesondere für bereits be—
— —
Von nationalliberaler Eeite wurde dem Antrag
auf Einfügung der Bureauangestellten zugestimmt, da die Ab—
grenzung des Personenkreises bei dem vorliegenden Gesetz nicht
so einfach sei wie bei der Reichsversicherungsordnung.
Von sozialdemokratischer Seite wurde weiter der Vorschlag
jemacht, eine scharfse Trennung zwischen „Handarbeitern“ und
Buregquangestellten“ herbeizufühern. Leute, die mit—
schriftlichen Arbeiten beschäftigt sind, sollten
unter das Pensionsgesetz, Arbeiter unter die
Reichsvpersicherungsordnung fallen. Ministerial⸗
direktor Caspar bekämpfte den Antrag der Sozialdemokraten,
der das Wort „Bureauangestellte“ im 81 eingestellt haben
will. Alle mechanisch mit Bureauarbeiten beschäftigten An—⸗
gestellten dem Pensionsgesetz zu unterstellen, sei nicht die Ab⸗
sicht des Entwurfs. Es solle jenen, die in einer Vertrauens—
stellung sich befinden, ein höheres Maß sozialer Fürsorge ge—
sichert werden. Von Seiten des Zentrums und der Konservativen
wurden Bedenken gegen die Einbeziehung der Bureauange⸗
dellten geäußert; während Redner der Nationalliberalen Partei
und der Wiärtschaftlichen Vereinigung unter der Voraussetzung,
dah bis zur zweiten Lesung eine bessere Fassung des 81
gefunden werde, dem sozialdemokratischen Antrage zustimmten.
der Antrag wurde schließlich mit großer Mehrheit angenommen
und sodann mit dieser Aenderung der ganze 81 der Vorlage.
kꝛi 1
Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt.
Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
—M — 1— — —
nichtamtlicher Teil.
die sozialpolitische Belastung der deutschen
und der englischen Industrie.
Durchaus berechtigt ist es, wenn die Freunde einer
besonnenen Sozialpolitik immer wieder darauf hinweisen, daß
die deutsche Industrie im Vergleich zu den entsprechenden
Lasten der ausländischen Industrie sozialpolitisch sehr stark
vorbelastet und deshalb im geschäftlichen Wettbewerb gegen⸗
über der ausländischen Konkurrenz schwer benachteiligt ist.
Die deutsche Industrie kann sich dabei auf das Zeugnis
eines Mitgliedes des englischen Unterhauses
berufen. Im Laufe der Verhandlungen des Unterhauses
über die von der Regierung eingebrachte Arbeiterversiche—
rungsvorlage, durch die der englischen Arbeiterbevölkerung
wenigstens ein Bruchteil der staatlichen Fürsorge zugewandt
werden soll, deren sich die deutsche Arbeiterbevölkerung be—
reits seit einem Menschenalter erfreut, hat auch der Ab—
geordnete Chiazza Money das Wort genommen und dabei
folgende, bisher nicht genügend beachtete Ausführungen ge—
macht:
„Einer der Herren Vorredner machte einige ver
gleichende Bemerkungen über die Belastung der
britischen und deutschen Unternehmer und wollte
damit ausführen, daß die neue Belastung der britischen
Unternehmer und der britischen Industrie als so hoch und
so schwer anzusprechen sei, daß unser Wettbewerb auf dem
Weltmarkte ernstlich in Gefahr kommen würde. Ich weiß
nicht, wie das ehrenwerte Mitglied ein sotches Argument
vorbringen kann im Hinblick auf die Tatsachen, welche
durch den Schatzkanzler in seinem Memorandum
ausgeführt worden sind. Wenn der Herr Vorredner
sich dieses Memorandum ansehen will, so wird er finden,
daß die Laslt, welche die deutschen Unternehmer gegenwärtig
zu tragen haben, so groß ist, daß, auch wenn diese Bill
angenommen worden ist, was zweifellos geschehen wird,
die britische Belastung sehr viel geringer sein
wird als die deutsche. Nehmen Sie ein oder zwei
Beispiele aus dem Memorandum: Die Firma Krupp zahlt
an Beiträgen zur Versicherung ihrer Arbeiter pro Kopf
und Jahr 3 Pfund. Die Firma zahlt etwa 100 000 Pfund
jährlich an Beiträgen für die Arbeiterversicherung, um idre
Arbeiter gegen Krankheit, Unfall und Invalidität zu ver—
sichern. Nehmen Sie das Beispiel einer Berabauqesell—
schaft in Köln. Was finden Sie? Der von der Gesell—
schaft zu zahlende Betrag für den Axbeiter beträgt 6 Pfund
pro Jahr. Lassen Sie, mich endlich die Differenz in einem
Spezialzweig der Versicherung vergleichen: Wenn wir die
Unfallversicherung allein nehmen, so kostet es bei uns nach
dem Workmen Compensation Act den Firmen in der Metall—
industrie, um ihre Arbeiter gegen Unfall zu versichern, 7 8.
5 d. pro Kopf, während es in Deutschland einer gleichen
Firma 168. kostet. Wie kommt das? Weil die deutsche
Anfallversicherung so erheblich größer ist und
»ie Beihilfen nach dem Gesetze so viel größer
ind als die Beihilfen nach dem britischen Ge—
etze. Es kann also nicht die Rede davon sein, daß unser
Wettbewerb dadurch in Gefahr kommen würde.“
In diesen Ausführungen ist rüchhaltlos anerkannt, daß
as junge Deutsche Reich mit seiner sozialpolitischen Gesetz⸗
zebung dem reichsten Lande der Welt, dem ältesten und
zrößten Industrie- und Handelsstaat nach Maßgabe der ösfent⸗—
ichen Wohlfahrtsleistungen und der der Industrie aufgebür—
„eten Lasten weit voraufgeeilt ist. Für die Richtigkeit der
Forderung. dah die deutsche Sozialpolilik auf ihrem gegen—
värtigen hohen, infolge der Reichsversicherungsordnung und des
Privatbeamtenversicherungsgesetzes nochmals wieder bedeutend
sufgehöhten Niveau zu verbleiben und abzuwarten habe, bis
riejenigen Länder, deren wirtschaftlicher Wettbewerb der deut—
chen. Industrie besonders zu schaffen macht, dieselbe Höhe
zer Leistungen und der finanziellen Opfer erreicht haben,
—EDDD
tungen des englischen Abgeordneten Chiazza Money und die
inter der Autorität des Schatzkanzlers Lloyd George verfaßte
ind dem englischen Parlament vorgelegte amtäche Denöschrift.
z0 schreibt auch die Betriebskrankenkassen- Korrespondenz.
durch diese Veröffentlichung der englischen Regierung ist wie—
erum der Nachweis erbracht, daß das Deutsche Reich hinsicht⸗
ich des Umfanges und der tatsächlichen Leistungen seiner
ozialen Fürsorge an der Spaͤtze aller Staaten steht und daß
jelbst diejenigen Länder, die mit dem Deutschen Reiche auf
diesem Gebiete in Vergleich gestellt werden können, weit
hinter ihm zurückleiben.
Der Umfang der Privatbeamtenversicherung festgesetzt.
Die Reichsversicherungskommission setzte gestern die Be—
atung des Pensionsgesetzes für Privatbeamte bei 8 1 der
Vorlage fort und legte schließlich, wie wir bereits heute früh
urz berichteten, den Umfang der Versicherung fest. Ueber die
Beratung selbst erfahren wir folgendes:
Von der Wirtschaftlichen Vereinigung wurde
unächst der in der vorgestrigen Kommissionssitzung gestellte
Antrag auf Erhöhung des die Versicherungspflicht bedingenden
Jahresarbeitsverdienstes von 5000 Mauf 8000 Maäzurück—
der herr der Luft.
Englands Feind.
Roman von Ewald Gerhard Seeliger.
125. Fortsetzung.) . Machdruck verboten.)
Eine Nummer kam sitets ohne Bewachung unter Miguels
Fenster vorbei. Es war ein großer, breiter Mann mit grauem
Haar und langem Bart. Die beiden Wächter schienen Furcht
vor ihm zu haben. Und dieser große, wilde Greis hatte
etwas auf seinem Kopfe, das ch Miquel schon seit einem
halben Jahre sehnsüchtig wünschte: eine braune, wollene Muͤtze,
wie man sie auf Madeira trug.
Do trat eines Tages der Wächter zu Miguel und führte
ihn zum Direktor.
„Bift du Nummer drei?“
„Man nennt mich hier so“
„Du hast dich ein halbes Jahr tadellos geführt; man wicd
dich hinaus ins Freie führen und dir einen Spaten geben.“
Aber Miguel hätte viel lieber eine Mütze gehabt.
„Laß dir aber nicht einfallen, Nummer drei,“ warnte der
Diteltor, „über die Mauer zu klettern. Dein Vorgänger hat
es versucht. Man hat ihn deshalb totschießen müssen. Er
liegt da oben auf dem Berge begraben. Dreißig Jahre war
er hier, und trotzdem machte er einen Fluchtversuch. Wer
nach Formigas kommt, der wird auch hier begraben. Mir
zeht es nicht besser. Man muß sich damit abfinden. Es
läht sich hier ganz gut leben.“ *
Miguel aber dachte nur an die Mütze.
Dann gab man ihm einen Spaten in die Hand und wies
ihn auf den Berg hinaufßf. 1
Und Miguel schulterte den Spaten und erklomm den Berg.
Es ging sehr langsam, denn er war die frische Luft und das
Steigen nicht mehr gewöhnt.
WVor dreißig Jahren war Formigas nichts weiter als eine
õode Steinklippe gewesen. Dreißig Jahre hatten die Ver—
bannten gearbeitet, und aus diesem toten Plateau war ein
grüner Fruchtgarten geworden. Zwei Wasserträger, die mit
leeren Fässern von oben herunterkamen, traf Miaquel unter—⸗
wegs. Sie nickten ihm einen stummen Grußk vn
Der Direktor aber ließ sich Nummer siebzehn vorführen.
Es war ein breiter, stiernackiger Kerl, der vor zwei Jahren
in Lissabon. ein paar Frauen umgebracht hatte. Er tobte
noch immer wie eine Bestie. Man mußte ihn jeden Abend
anschließen.
„Marn soll mich freilassen!“ brüllte er. „Ich bir
unschuldig!“ ———
„Das sJind wir alle!“ sagte der⸗ Direktor trocken. „Hier
auf Formigas ist keiner, der schuldig ist ß.. —
Mummer siebzehn stietßz eine Flut von schmußkigen Schimpf-⸗
wörtern heraus.
„Du solltest dich etwas gewählter ausdrücken, Nummer
cjebzehn,“ mahnte der Direktor milde. „Du hast die höheren
Schulen besucht, wie die Akten nachweisen. Mit ein wenig
Vernunft läßt es sich hier schon leben. Ich könnte dir die
Ketten abnehmen lassen, aber dann würdest du zum Fenster
hinausspringen. Doch es wäre schade um deinen Nacken, der
fürs Wassertragen wie geschaffen ist.“
Nummer siebzehn brüllte wie ein Stier.
„Schor zwei Jahre tobst du! Was bezwechst du eigentlich
damit ?
„Man soll mich freilassen!“
„Du willst nach Lissabon zurück?“
„Ja!!“
„Dort aber will man dich nicht haben. Es mag eln
Irrtum sein, aber es läßt sich nicht ändern. Ich an deiner
Stelle würde mich nicht aufdrängen. Auch ein Verbrecher
muß Ehre im Leibe haben.“
Mummer siebzehn starrte den Direktor verblüfft an
„Wir bilden hier auf Focmigas eine Gesellschaft, eine
Besellschaft für uns. Es sind lauter gebildete und brave
deute, die zu arbeiten verstehen. Du solltest dich nicht aus⸗
schließen. Es ist besser und gesünder, oben auf dem Berge
in der frischen Luft zu arbeiten, als in der dumpfen Zelle
angebunden zu werden wie ein Stück Vieh. Ich habe nur
einen Ehrgeiz, nämlich den, ein humaner Gefängnisdirektor
uu sein. Warum willst du mir mein Vergnügen nicht gönnen ?“
Aber Nummer siebzehn brüllte, und so mußte sie wieder
in die Zelle zurück.
Miaquel war unterdessen bis nahe an den Rand des Hoch—
4
plateaus gekommen. Da sah er den alten, graubärtigen Mann
mit der braunen Mütze auf einem großen Stein sitzen.
„Wer bist du?“ fragte der Alte und winkte herrisch.
„Migquel!“ —
„Woher kommst du?“
„Aus Funchal!“
Warum bist du hier?“
„Ich habe Doktor Serrotte totgestochen“
„Warum?“
„Ich weiß es nicht. Ich hatte zu viel Most getrunken.
Ich wollte ihm nur einen Denkzettel geben. Daran ist er
gesterben!“ I
„Ec. ist gut! Geh, man wird dich oben erwarten.“
Aber Miguel wich nicht vom Fleck. Die braune Mütz⸗
hätte er gar zu gerne gehabt.
„Herr, Ihr habt da eine Mütze, und ich habe keine.“
„Was willst du damit?“
„Nun, Herr, ich brauche eine solche Mütze sehr nötige
„Rist du toll?“ ..—
„Es sieht so aus, Herr. Aber es ist nicht so. Ich
hrauche die Mutze, gebt sie mir!“ ⸗
„Zum Teufel!“ schrie der Alte zornig. „Du bist ein junger
Kerl und ich ein Greis.“
„Nicht für den Kopf will ich sie haben,“ flüsterte Miguel
und sah sich scheu um.
„Du bist ein Narr ee
„Nein, Herr!“ sagte Miquel noch leiser. „Ihr werdet es
nicht verraten. Es ist ein Wunder, aber Ihr müßt es glau
ben. Mein Herr wird mit dem grohßen Vogel kommen und mid
holen.“
„Du Tor! Mich wollten schon so viele holen, aber keiner
ist gekommen.“
„Mein Herr wird kommen! Ihr kennt ihn nicht. Er kam
durch die Luft fliegen. Einmal habe ich ihn hier schon ge—
sehen. Ihr müßt es mir glauöen.“
Unterdessen waren die beiden Wasserträger heraufgekommen.
Der eine war lang und mager und hatte eine liefe, rote
Narbe über der Stirn, der andere war klein und breit, und
die grauen Haare standen ihm bocstig um den runden Schädel.
„Kapitän!“ rief der Alte den Dicken heran. „Hör' dir