Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Niedergang Lübeds, der zu dem politischen hinzutomme. Seit 
dem Ende des 15. Jahrhunderts habe ein erbitterter Kampf 
eingesetzt zwischen Lübeck und Holland, der auch wiederum von 
Lübeder Seite aus hauptsächlich um den Handel mit Wert 
varen geführt worden sei, den sich die Holländer allmählich 
mzueignen begonnen hätten. Er habe mit der Wullenwever⸗ 
schen Katastrophe geendet. Nun aber habe seit 1635 bis 
zum Schlusse des Jahrhunderts ein ganz rapides, ganz unge⸗ 
ahntes Steigen des Kornhandels eingesetzt. Am Schlusse des 
16. Jahrhunderts seien 7⸗ bis 8mal so viel Schiffe durch den 
Scund gefahren wie am Anfang, und vor allem sei der 
zolländische Handel erstaunlich gewachsen. Während um 1500 
rur 400 bis 500 holländische Schiffe durch den Sund ge⸗ 
ommen seien, seien es am Schlusse des Jahrhunderts gelegent⸗ 
ich weit über 4000 gewesen. Erst im 17. Jahrhundert sei 
ine Stagnation, ja sogar ein Rüchgang eingetreten. Auch 
»er lübeckische Kornhandel sei, absolut genommen, in diesem 
zahrhundert gewachsen, sei aber nicht zu vergleichen mit dem 
»er Holländer. Seien doch von 1500 bis 1600 nur in 
inem Jahre über 200 lübeckische Schiffe durch den Sund 
zekommen, in anderen aber viel weniger. 
Wie habe nun die Steigerung des Kornhandels, dieser 
lebergang vom reinen Einfuhrhandel zum Turch⸗ und Aus—⸗ 
uhrhandel auf die Form und Organisation des alten Markt—⸗ 
handels gewirkt? Die Verhältnisse seien ganz andere geworden. 
Neben die Bürger, die zu eignemGebrauch kleine Mengen kauften, 
eien die Händler getreten, Fremde und Einheimische, die in 
zroßen Massen Getreide aufgekauft hätten, um es zu versenden 
und dies hätte bewirkt, daß der Preis in Lübeck abhängig 
geworden sei von dem Preise, der in Westeuropa gezahlt worden 
ei, so daß mitunter sogar in Zeiten lokal guter Ernte Teuerung 
ingetreten sei, da jene nun alles aufkauften, was sie hätten 
riegen können. Man könne sich denken. daß das Bok, die 
zandwerker und die Armen, wenn sie das sahen, erbittert 
vnrden seien. Der Konshändler oder Kornwucherer. wie man 
hn genannt habe, sJei die urnopulärfte Persönlichkeit gewesen, 
jie es gegeben habe. Auch die Chroniken des 16. Jahrhunderts 
eien voll von gehässigenKedensarten gegen sie. Man sei überzeugt 
ewesen, daß sie nach ihrem Tode in der Hölle braten würden, 
bie der reiche Mann in dem bekannten biblischen Gleichnis, 
nan habe sich ungemein gefreut, wenn einmal einer sich ver— 
pekulierte, arm wurde und dann noch möglicherweise Selbst⸗ 
nord verübte. In solchen Augenblicken habe man mehr als sonst 
in den strafenden Arm göttlicher Gerechtigkeit geglaubt. Man 
abe vom Rat gefordert, daß er dem Treiben der Wucherer 
in Ende mache und dafür sorge, da die Armen Brot erhielten. 
die Priester hätten von der Kanzel aus die Behörden ange— 
griffen, wenn es nicht geschehen sei. Ziehe man auch noch 
in Betracht, daß die meisten der Aufstände der Bürgerschaft 
jegen den Rat in Teurungsseiten erfolgt seien, in denen das 
Volk, genau wie heute, besonders leicht in Gärung zu bringen 
sei und geneigt wäre, der herrschenden Richtung der Politik 
»ie Schuld daran beizumessen, so werde man es verstehen 
önnen, daß der Rat der öffentlichen Meinung gefolgt sei und 
ie Bedingungen des früheren Markthandels möglichst zu er— 
alten gesucht habe. Schon im 14. Jahrhundert habe er zu 
»Riesem Zwecke angeordnet, daß alles Korn, das Fremde und 
päter auch Bürger zur See einführten, um es zu verkaufen, 
vährend der drei ersten Tage des Ausliegens in den Prähmen 
rur an Bürger verkauft werden dürfe. Da trotzdem noch 
gͤreistreibereien vorgekommen seien, habe nun der, Rat, wahr— 
cheinlich im Jahre 1543/44, nach dem Muster Hamburgs eine 
janz eigenartige Organisation geschaffen. Er habe zwei Rats— 
jerren und einige Bürger beauftragt, jeden Morgen mit denen, 
»ie Korn in den Prähmen zum Verkauf hatten, einen Kauf— 
reis zu vereinbaren, den niemand bei seinen Forderungen 
m Laufe des Tages habe überschreiten dürfen. Zu diesem 
breise seien sie verpflichtet gewesen, Bürgern Korn zu geben, 
elbst wenr diese nur einen Scheffel gekauft hätten. Wer 
son der Bürgern zu dem vereinbarten Preise etwas habe 
raufen wollen, habe sich an den Makler gewandt. Dieser habe 
ius einem Prahm ihm das Gewünschte zuerteilen lassen, und 
owohl Käufer wie Verkäufer hätten sich zufrieden geben müssen 
nit den Anordnungen des Maͤklers, der freilich dem Verkäufer 
»ei der Eintreibung der Gelder habe behilflich sein müssen 
diese Institution — sie habe bis zum Anfang des 17. Jahr— 
sunderts gedauert — habe man „den Kauf machen“ für die 
Lrmut genannt. 1550 habe der Rat versucht, bedeutsame 
denerungen zu schaffen. Während früher den Handwerkern 
eder Handel und jeder Einkauf vor den Mauern verboten ge 
vesen sei, sei jetzt jddem Bürger und Einwohner erlaubt worden, 
zorn aus der Fremde einzuführen, zu verkaufen und wieder 
niszuführen. In Teuerungszeiten sei dann allerdings die 
lusfubr wieder verboten, das Recht der Korneinfuhr den Hand⸗ 
verlern wieder genommen worden; auch den Brauern, Gewand—⸗ 
chneidern und Krämern hätten die Kaufleute in den folgenden 
zahrhunderten ihre Handelsrechte zu nehmen gesucht. Und 
ruch die Erlaubnis, während der drei Liegetage Großhandel 
uu treiben, sei nicht von Dauer gewesen. Bald wieder hätten 
die Kaufleute vor den Konsumenten zurüchstehen müssen, aber 
icht immer im gleichen Grade. In Teuerungszeiten habe 
er Rat die Zügel etwas straffer gezogen, in wohlfeilen Zeiten 
abe er den Kaufleuten möglikhst viel Bewegungsfreiheit ge— 
afssen, sogar ein Auge zugedrüdt, wenn sie diese oder jene 
ßestimmung übertreten hätten. Jeder Wetteherr habe eine 
twas andere Politik geführt, und so sehe man denn, daß 
n dem 16. Jahrhundert die Handelsformen in ständiger Um— 
nderung begriffen seien. Im 17. Jahrhundert dagegen hätten 
ich die Formen gefestigt, es hätten sich sichere Tradikionen ge⸗ 
ildet, die immer fester und fester und schließlich zur Schablone 
eworden seien. Die Bürger hätten größeren Einfluß auf 
ie Politik bekommen, deren Beweglichkeit allerdings darunter 
ektten habe. 1607 sei festgesetzt worden, daß Fremde wãährend 
ꝛer drei Liegetage nicht mehr als 1 Drömt Korn, d. h. 43 m, 
ruf einmal verkaufen dürften, nachher aber nur lastweise 
h. über 36 hl, und nur an Kaufleute; übrigens sei die 
etzte Beschränkung nicht ganz neu gewesen, aber seit dem habe 
nan eifriger als früher darüber gewacht, daß es gehalten 
vürde. Die Schonenfahrer hätten einen besonderen Diener 
ehabt, der keine andere Aufgabe gehabt habe, als auszu— 
pionieren, ob jemand sich hierbei und bei anderen Dingen 
lebertretungen habe zuschulden kemmen lassen, und die Bäder 
ind Brauer hätten ebenfo ängstlich darüber gewacht, daß 
vährend der Markttage die Kaufleute ihnen nicht das Korn 
veglauften. Die Bäcker hätten auch offenbar schon im Mittel- 
ilter, die Brauer erst seit dem 16. Jahrhundert ihr Korn ge— 
iossenschaftlich eingelauft. — Aber nicht nur dadurch habe 
der Rat für die Bürger gesorgt. daß er die SHandelsform 
beeinflußte, sondern quch in viel direkterer Weise. In Zeiten 
der Teuerung habe er in fremden Landen Korn einkaufen 
lassen auf städtische Kosten und habe es in Lübeck für einen 
zilligen Preis an die Armen verkauft, oder er habe mindestens 
zriefe und Gesandte in andere Territorien und Städte a 
sandt, um von dort die Ausfuyhr von Korn nach Lübeck zu 
ermirken, wenn sie im übrigen verboten gewesen sei u. a. m. 
Der Rat habe aber auch von allen Bürgern gefordert, daß 
ie sich mit Getreide versehen sollten. 1550 sei festgesetzt 
wvorden, daß der Rat jährlich im Oktober 150 Last Roggen 
ankaufen und auf Vorrat legen solle bis zum Sommer. Dafür 
hätten sich die einzelnen Zünfte und die kaufmännischen Kom⸗ 
pagnien verpflichtet, ebenfalls einen bestimmten Vorrat zu 
halten, um in Fällen des Mangels damit einspringen zu können. 
Aber auch die Bürger seien verpflichtet worden, Anfang 
November, wenn der Ratsdiener herumgegangen sei und die 
Böden besichtigt habe, eine bestimmte Menge Korn dort liegen 
zu haben, und zwar sollten die Ratsherren, Junker, Rentner 
und diejenigen vornehmen Bürger und Kaufleute, deren Frauen 
goldene Brustspangen und Ketten und Sammetkragen trügen, 
zwei Last, Kaufleute und Bürger, deren Frauen kleine goldene 
Kettchen und Halsspangen trügen, eine Last, und die Leute, 
die in Giebelhäusern wohnten und einiges Vermögen besäßen, 
eine halbe Last als Vorrat haben. Das sei nicht ganz so 
cuffãllig, wie es scheine. Man müsse bedenken, daß im Mittel⸗ 
alter nicht alle Frauen goldene Brustspangen hätten tragen 
dũrfen, sondern nur diejenigen, deren Männer in den höchsten 
Steuerklassen gewesen seien. Die Luxusordnungen hätten ganz 
zenau festgesetzt, was für Kleider die Frauen haben tragen 
dürfen, und das habe sich ganz nach dem Reichtum gerichtet. 
Es sei infolgedessen ganz logisch gewesen, wenn man nach den 
Kleidern der Frauen auch die Kornvorratspflichten bestimmt 
habe. Im 17. Jahrhundert sei es mit dieser Pflicht sehr 
zurücgegangen. Die Sitte des öffentlichen Kornverkaufs an 
die Armen aber sei noch im 18. Jahrhundert geblieben. Es 
ei begreiflich wenn bei der Konsumentenfreundlichkeit der 
übischen Politik die Korneinfuhrzölle sehr niedrig gewesen seien, 
uzeiten sogar gar keine erhoben worden seien, und es sei 
benso verständlich, daß die lübeckischen Kaufleute weniger Zoll 
u zahlen gehabt hätten als Fremde. Die Bergenfahrer, die 
bekanntlich hauptsächlich Mehl, Malz und Bier nach Bergen 
derfrachtet hätten, hätten sogar weniger Mahlgeld auf der 
Mühle zu zahlen gehabt als die anderen Bürger, ebenso wie 
ür Bergener Bier und überhaupt für Ausfuhrbier weniger 
Alzise erhoben worden sei, als für das in der Stadt getrunkene. 
So habe Lübeck doch auch für seine Kaufleute gesorgt. 
Ueber die Gestaltung des zübeckischen Getreide— 
handels in der Neuzeit führte sodann Herr Syndikus 
Dr. Wallroth ungefähr folgendes aus: 
Die Ausführungen des Vortragenden seien für den Kenner 
der Jetztzeit von eignem Reiz besonders deswegen, weil der Ge— 
treidehandel jener Jahrhunderte cin so grundlegendes abweichen— 
»es Bild von Lübeds Getreidehandel in der Neuzeit zeige. Charak. 
ceristisch für jene Zeiten sei, abgesehen von einem verhältnis— 
mäßig nicht bedeutenden Seetransithandel nach den großben Hafen— 
nlätzen Englands, Sollands und des Mittelmeers, vor allem 
einmal die enge lokale Begrenztheit des damaligen lübedischen 
Sctreidehandels sowie die starke Reglementierung desselben durch 
ie öffentlichen Behörden. Ein starler Einfuhrhandel habe sich 
atürlich erst entwicheln können infolge der durchgreifenden Aen— 
derungen in der volls⸗ und verkehrswirtschaftlichen Skulptur 
Deufschlands, dessen Bevölkerung im letzten Jahrhundert ja be— 
anntlich sich beinahe verdreifacht habe und dessen Verkehrswege 
Ensenbahnen wie Wasserstraßen) eist in der zweiten Hälste des 
borigen Jahrhunderts wirksam in die Erscheinung getreten wären. 
zIm Zusammenhang damit habe sich namentlich nach Gründung 
nes Reichs mit dem besonders stark sich entwidelnden westlichen 
Deutschland ein Getreidehandel Lübecks entwickelt, von dem die 
iesigen älteren Kaufleute heute noch immer mit einer gewissen 
Welmut sprächen. Die vielen massiven Getreidespeicher und die 
Schurpen am Hafen seien damals n'cht nur bis ans Dach gefüllt 
zewesen, sondern, nur notdürftig durch Persenninge gedeckt, habe 
as aus dem Osten eingeführte Getreide in gewaltigen Mengen 
iberall auf den Bollwerken gelagert. Zwischen 60 000 und 
15 000 t seien in den Jahren 1873 bis 1885 alljährlich uͤber 
rũbecde seewãärts eingeführt worden. (100 000 t bedeuten be— 
'anntlich rund 10000 Eisenbahnwagen.) In dem Jahrfünft 
886 bis 1891 hätten diese Mengen allerdings schon beträchtlich 
bgenommen; sie hätten zwischen 40 000 und 60 000t geschwankt. 
Mit dem Jahre 1801 hätte aber jene Entwicklung trotz der im 
elben Jahre eingeführten niedrigen Caprivischen Getreidezölle 
lötzlich aufgehört; die Einfuhr habe in der Regel nur noch 
20 000 bis 30 000 t im Jahr betragen, während in dem letzten 
Jahrzehnt 1900 bis 1910 zwar teilweise wieder recht hohe Ein⸗ 
uhrziffern (namentlich in Safer und Gerste) zu verzeichnen, die 
kinfuhrziffern aber leider je nach den Ernteergebniffen ü beraus 
schwankend gewesen seien. Auch sei hierbei zu berũcdsichtigen, 
datß infolge der Entwicklung des binnenländischen Getreidehan 
dels an Stelle des Lübecker Eigenhändlers in erheblichem Um 
ange der Lübecker Spediteur getreten sei, die Einfuhr des Ge— 
reides also nur noch zum Teil ir Lübecer Rechnung erfolge. 
die Ursachen dieser für Lübed wenig erfreulichen Entwiclung 
ägen einmal und vor allem in der siarken Entwicklung Ham—⸗ 
»urgs als Konkurrenzplatz. Infolge des Ausbaues der ameri— 
anischen und der südrussischen Eisenbahnen habe sich das Schwer⸗ 
rewicht der Weltmarktzufuhren völlig verschoben, um so mehr, 
ils auch die Frachtraten im transatlantischen Verkehr eine ganz 
apide Entwicklung nach unten angenommen hätten. Sie seien 
iach 1880 innerhalb etwa 15 Jahren von durchschnittlich 512 8h 
uuf teilweise weniger als 1shb für die Reise Newyork — Liverpool 
ind ähnlich für Newyork — Hamburg gefallen. Ferner hätten 
iich für den Verkehr der russischen und ostpreußischen Häfen 
mir den Ricinhäfen namentlich nach Eröffnung des Kaiser⸗ 
Wilhelm⸗Kanals, eine Fülle diretter Frachtbeziehungen in 
noßen Dampfern herausgebildet, derart, daß Lübecd mit der 
ombinierten See- und teuren Eisenbahnfracht in jenen volt— 
eichen Gebieten heute mit seinem Getreide nicht mehr konkur— 
ieren könne. Bemerkenswert sei übrigens, daß seit der Auf⸗ 
hebung des Identitätsnachweises zür Getreide im Jahre 1894 
2einer heute wieder heiß umstrittenen Frage — sich auch in 
2übed ein bescheidener Ausfuhrhandel in Getreide habe ent⸗ 
wideln können. Redner setzte hierauf die wirttschaftlichen Ur— 
achen, welche zu jener Aufhebung des Identitãtsnachweises 
ührten, sowie die Folgen der Tinführung des Einfuhrschein⸗ 
wstems auseinander und legte die vielfach sich widerstreitenden 
Interessen der Landwirtschaft, des Getreidehandels und der See— 
chiffahrt auf der einen sowie der indusiriellen Bevölkerung auf 
der anderen Seite dar. Er bemerkte, daß die in den letzten Jahren 
u beobachtende teilweise anormal große Getreideausfuhr des 
Ditens bereits in breiten Kreisen zur Forderung einer gänzlichen 
Aufhebung des Iden titätsnachweises geführt hätte. Wenn einer 
derartig radikalen Aenderung der bestehenden Wirtschafts ver⸗ 
vnãltnisse seines Erachtens auch nicht das Wort geredet werden 
oͤnne, Jo würden immerhin Maßnal men zu erwägen sein, welche 
Zeeignet wären, die Wirkungen des heutigen Getreideeinfuhr⸗ 
cheinsystems zur Verhütung einer z. weitgehenden Verteuerung 
der notwendigsten Lebensmittel bi— zu einem gewissen Grade 
1bzuschwächen
	        
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