Keichslas hat ble lanbeeftsrstliiche Steuerfreihelt zwar sAr ben
Wertzuwachs bei Fideikommissen, nicht aber bei dem üÜbrigen
Besitz des Landesfürsten aufrecht erhalten.
Der Haushaltsausschuß des Reichstages hat ohne
ede Debatte die Forderungen des Extraordinariums für Schiffs⸗
ieubauten genehmigt. Wir sind in dieser Beziehung Vorgänge
olcher Art so gewohnt geworden, daß wir uns kaum noch
des gewaltigen Stimmungsumschwunges erinnern, der binnen
inem Jahrzehnt auf diesem Gebiete eingetreten ist. Daß das
dauptverdienst an dieser Wandelung und an ihren für die
Zteigerung der militärischen Stärke Deutschlands so bedeutsamen
Folgen dem Kaiser gebührt, braucht kaum noch gesagt zu
verden.
Im. preuß. Abgeordnetenhause ließ dieBeratung des
dandwirtschaftsetats aufs deutlichste erkennen, welchen Ver⸗
trauens der neue Landwirtschaftsminister v. Schorlemer sich
erfreut. Zusammenstöße des Präsidenten mit der
Zozialdemokratie führten zu Erörterungen über die
Frage, ob wiederum eine Verschärfung der Geschäftsordnung
iotwendig sei.
Auch der Streit der Professoͤren Soxhlet⸗Wagner kam
hei der Beratung des Landwirtschaftsetats zur Sprache. Herr
». Schorlemer nahm sich bei dieser Gelegenheit der Deutschen
Landwirtschaftsgesellschaft nicht ohne Eifer an. Auf den Streit⸗
fall selbst ging er nicht ein; dieser ist inzwischen in der
hessischen Kammer erörtert worden und hat die Einleitung
einer gerichtlichen und einer disziplinarischen Untersuchung zur
Folge gehabt. Vom Ausgange der beiden Verfahren wird
das endgültige Urteil über die viel erörterte Angelegenheit
abhängen.
Die Moabiter Ausschreitungen haben nunmehr
uuch vor dem Schwurgericht ihre Ahndung gefunden. Ver—⸗
töße der Polizei sind hier ebenfalls festgestellt worden, und
eine auf sie bezügliche Aeußerung des Vorsitzenden ist, so schnell
ie auch von ihm gegen Mißdeutung geschützt wurde, in der
ozialdemokratischen Presse Gegenstand agitatorischer Ausnükung
gewesen.
Frankreich hat eingesehen, daß die Befestigung
Blissingens keine Angelegenheit ist, die sich zu einer inter⸗
iationasen Erörterung eignet. Herr Pichon gab daher im
Zaag die offenbar gewünschte „Aufklärung“, von den freund—
chaftlichsten Gefühlen gegen Holland beseelt zu sein, und ließ
jalbamtlich die Nachricht von der Durchführung seiner in der
Kammer angekündigten diplomatischen Aktion widerrufen. Da—⸗
nit ist einstweilen eine Sache zum Abschluß gelangt, die
iberhaupt nicht hätte angerührt werden sollen, und die den
kuf Pichons als eines vorsichtig-besonnenen Staafsmannes in
ßefahr gebracht hat.
Holland wird die Befestigung Vlissingens nach dem Maße
seines eigenen Bedürfnisses in Angriff nehmen. Die Türkei
lähßt sich durch englische Preßtreibereien von einer tat—
kräftigen Niederwerfung des Aufstandes im Jemen nicht
urückschrecken. Der Ankauf zweier deutscher Transportschiffe
jezeugt die Entschlossenheit der Pforte, in Arabien gründlich
rufzuräumen. Je beharrlicher hieran festgehalten wird, um
'o endgültiger wird der Erfolg und mit ihm die Hebung des
fürkischen Namens im ganzen Islam ausfallen.
Die Ausbreitung der Pest in China hat die Regierung
u anerkennenswerten Maßregeln bestimmt. Diese genügen
joffentlich um den Besuch des deutschen Kronprinzen
n Vekina nicht unmöglich zu machen
Inland und Ausland.
Deutsches Roeich.
Von den sSöfen. Prinz August Wilhelm von
breußen, der vierte Sohn des Kaisers, vollendet am
Zonntag, 29. Januar, sein 29. Lebens jahr. — Am gleichen
Tage feiert die verwitwete Großherzogin Marie von Mecdlen⸗
»urg⸗Schwerin ihren 61. Geburtstag. Sie ist die Stiefgroß⸗
nutter des regierenden Großherzogs Friedrich Franz IV. und
ine Schwester des Fütsten zu Schwarzburg, in dessen Händen
ich die Regierung von Rudolstadt und Sondersbaulen durch
erbschaft vereinigt hat.
Ein Innungs⸗Obermeister im Preuß'schen Herrenhaus. Die
Berufung des Klempner-Obermeisterss Harry Plate zum
ebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses
vird in weiten Kreisen mit Genugtuung begrüßt ecrden. Denn
Wgesehen von der persönlichen Ehrung, die dem hochgeachteten
ersten Vorsitzenden des deutschen Handwerks⸗ und Gewerbe⸗
ammertages allseitig gegönnt wird, sieht auch der deutsche
zandwerkerstand in seiner Gesamtheit eine wohlverdiente An⸗
erkennung in der Tatsache, daß neben den durchlauchtigen und
wohredlen Herren, neben den Vertretern deutscher Wissenschaft,
deutscher Industrie und Landwirtschaft nun auch ein Berufs⸗
vertreter des Handwerks Platz nimmt. Damit ist die Gleich—
hberechtigungdeseigentlichen Mittelstandes mit
en anderen Erwerbsständen unseres Volkes nunmehr
zuch parlamentarisch in einer sehr eindrucksvollen Form an—⸗
rkannt worden. Politisch ist von dem neuesten Herrenhaus⸗
nitglied bekannt, daß Herr Plate bei der letzten Reichs—
agswahl in Hannover als mittelständlerischer Sammelkandidat
zegen die Sozialdemokratie 12 160 Stimmen auf sich vereinigt
'at, ebenso viel Stimmen. wie der nationalliberale Mit.
ewerber.
Der Versicherungsbeirat des laiserlkichen Aussichtsamtes fär
rivatverfichtrung ist zu einer Gesamtsitzung auf den
4. Februar nach Berlin einberufen. Die Tagesordnuna ist
zertraulicher Natur. F
Neueste Nachrichten und Telegramme.
We Berlin, 28. Jan. Die Nordd. Allg. Zig. meldet,
datß als Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Bot—
schafsters in Tokio Mumm von Schwarzenstein; der
Hefandte in Peking. Graf von Rexz, im Aussicht ge—
nommen ist.
w Dresden, 28. Jan. Dem Dresdener Journal zufolgs
zeschloß der König, für die Dauer der am 30. Jamnar anzu⸗
retenden Auslandsreise den Prinzen Johann Georg zum Stell-
ertreter zu bestellen. —M I
Wi. Darmstadt, 28. Jan. Die Reichstagsersatz-
vathgl im ersten hessischen Wahlkreise Gießen⸗Grünberg⸗Nid da
indet der Darmstädter Zeitung zufolge am 19. März statt.
W. Paris, 28. Jan. Seit dem Ueberfall auf die Ko⸗
sonne des Rittmeisters Nancyh bringen einzelne
Blätter fortdauernd Nachrichten üͤber eine angeblich sehr be⸗
inruhigende Lage im Schauiagebiet. Der Korrespondent
des Echo de Paris meldet aus Casablanca, daß insbesonders
inter der Bevölkerung an der Grenze des Schaufa⸗
rebletes eine wachsende Gärung herrsche. Valls
der Angriff vom 14. Januar ungeltraft bleibe, werde die
Dicherheit im Nordosten des Schauiagebietes gekährdet. Schuld
baran selen die bein General Molnler erleilten Welsungen,
* ihn hinderten, mit der seberhn Energie vorzu⸗
ehen. *. W v ———
W. Paris, 28. Jan. Aus Lyon wird gemeldet: Zum
echsten Male seit dem Eifsenbahnerstrelk sind
estern am hellen Tage die Signaldrähte auf dem Bahn⸗
zof Venissieur durchschnitten worden.
W. Briifsel, 28. Jan. Bei der gestrigen Feier aus
linsaß des Geburtstages des Kaisers wurde bekannt
segeben, daß der Kaiser und die Kaiserin zur Erinnerung
in den Besuch in Brüsfek sür die deutsche Schule ihre
ebensgrohen Bilder stifteten.
M Konstantinopel, 28. Jan. Der Oberkommandant der
Dperationsarmee in Hedschas berichtet von einem erfolg⸗
eichen Kampfe südlich Kerakr. Da alle an dem Auf—
tand in Kerak beteiligten Scheikhs verhaftet wurden, ist die
kxpedition in das Gebiet von Kerak als beendet anzusehen.
Wt. Saloniki, 28. Jan. Im Bezirk Janina sind vier
ßzréechen, als sie türkischen Boden betreten wollten, von
»er türkischen Grenzwache erschoßfen worden.
Wt. Benates, 28. Jan. Der Kronprinz ist hier ein—
etroffen, um seinen Aufenthalt möglichst auszunutzen, lehnte
er jeden Empfang ab und unternahm unmittelbar nach seiner
Ankunft eine Rundfahrt, um die Sehenswürdigkeiten der Stadt
u besichtigen.
Berlin, 28. Jan. Der Restaurateur August Aschinger,
Inhaber einer grohen Anzahl Stehbierhallen, ist im Alter von
19 Jahren einer Lungenentzündung erlegen.
Deutscher Reichstag.
W. Berlin, 26. Januar.
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der ersten Lesung
der Verfassungsvorlagenvon Elsaß⸗-⸗Lothringen.
Abg. Winckler (kons.)!: Die Vorlage ist die allerwich—
igste, die uns überhaupt beschäftigte. Die Autonomie können
dir nicht glatt annehmen. Deutschland muß die Möglichkeit be—
„alten, die schädliche Entwickelung jederzeit aufzuhalten und den
ntinationalen, ja den Frieden gefährdenden Bestrebungen ent⸗
zegenzutreten. Staatssekretär Delbrück hat vorgestern selbst zu—
jegeben, daß man im Reichslande die innere Zugehörigkeit zum
»eutschen Reiche noch nicht fühlt. Durch die Aufhebung der
dautelen wurde es dem französischen Kapital ermöglicht, durch
ranzösische Zeitungen auf die ösfentliche Meinung zu wirken.
Zuruf des Abg. Wetterle: Infane Insinuation! — Präsi—⸗
»ent v. Schwerin⸗Löwitz rief den Abg. Wetterle zur Ordnung.
Bravol! rechts.) Ganz zweifellos ist die Reichsgesetzgebung für
e Verfassungsänderungen in Elsaß-⸗Lothringen zuständig. Na—
nentlich wenn sich die Verfassung nicht bewähren sollte, müßte
as Reich das Recht haben. sie abzꝛuändern oder aufzuheben.
Bravo! rechts.)
Reichs kanzler von Bethmann Hellweg: Die vor einem
Jahre im wesentlichen günkige Stimmung hatte einer abfälligen
luffassung in dieser Frage Platz gemacht. Aus dem Verlauf
er Debatten, namentlich vorgestern, habe ich wieder einen freund⸗
icheren Eindruck bekommen. Die unerfreulichen Erscheinungen,
ie in lezter Zeit in Elsaß-Lothringen auftraten, können uns zu
iner Aenderung unserer Stellungnahme nicht veranlassen. Die
cinverleibung in Preußen vder einen anderen Bundesstaat ist in
zen letzten Wochen publizistisch vertreten worden. Ich will heute
zarüber keind Erörterung anstellen, ob diese Ordnung der Dinge
u Anfang zwedmähig gewesen wäre. Heute aber würde sie un⸗
weifelhaft im schärfslen Gegensatze stehen zu der ganzen Politik,
ie bisher Elsaß⸗Lothringen gegenüber beobachtet wurde. Durch
ie bisherige Entwicklung ist ein Besitzstand geschaffen, der nicht
ur sür Elsaß-Lothringen eine Existenzfrage ist, sondern auch
ine feste Stütze der Beziehungen bildet, in denen das Reich zu
esaß-Lothringen steht. Alle diese geistige und materielle Arbeit
vbürde wieder vernichtet, wenn wir heute daran denken wollten,
saß-Lothringen in einen angrenzenden Bundesstaat einzuver⸗
riben. Nur Gründe zwingendster Art können uns veranlassen,
uf diesen Gedanken zurückzugreifen, den Bismarck selbst zu Ende
er 80er Jahre durchgedacht und durchgearbeitet hat, um ihn
iber dann vollkommen fallen zu lassen. Gegenüber der pessi—
uistischen Beurteilung der Jortschritte des Deutschtums in Elsaß⸗
dothringen dürfte doch nicht übersehen werden, daß die Neigung
unt Partikularismus und zur Rechthaberei, verbunden mit einer
elbstzerfleischenden Kritik, die die Heimat gegenüber dem Aus—
ande herabsetzt, die ursprüngliche Assilimierungskraft des Deutsch-
ums und die Neigung des Auslandes zu uns wesentlich hat be—
nträchtigt. Man kann sich also nicht wundern, daß der Zer⸗
⸗tzungsprozeß nicht so schnell vor sich gegangen ist, und wäre es
iischsd ie Hände darum in den Schoß zu legen. Vielleicht ist
z ein Fehler gewesen, daß man in der Politik, mit der Bismarck
ist eingesetzt hatte, zu lange einen Stillstand hat eintreten lassen.
Zehr richtig! in der Mitte) Wenn einmal der Wunsch nach
gatlicher Selbständigkeit anerkannt sei, dann hat das lange
zögern Unzusriedenheit hervorrufen müssen. Ich setzte mich darunt
nit Entschiedenheit für die Vorlage ein. Allerdings würde eine
hßolitik der Nachgiebigkeit gegen die Elemente, die gegen die
inere Vereinigung mit Deutschland seien, uns keinen Schritt
orwärts bringen. (Sehr richtig! rechts.) Diese Elemente müssen
ielmehr die Hand des Gesetzes fühlen. Der Versuch, einen Wider⸗
pruch zwischen dem Elsaß-Lothringen vorgeschlagenen Wahl⸗
echt uUnd dem preußischen Wahlrecht zu konstruieren, ist im Grunde
ur theoretische Spielerel. Es ist unmöglich, die Stellung, die
zreuhßen in den Angelegenheiten des Reiches übertragen worden
st, mit der irgend eines anderen Reichsmitgliedes in Parallele
u setzen. Eine demokratische Ueberflutung des preußischen Land⸗
ages, die einen Wechsel in den Aemtern der Minister ꝛc. erzielen
zunte, würde eine vollkommene Desorganisation des Reiches
edeuten. (Unruhe links. Sehr richtig! rechts.) Preußen wird
ch sein Wahlrecht nach seinem eigenen Gutdünken und ohne dem
Nuster anderer Staaten zu folgen, so gestalten, daß es als Präsi⸗
iamacht eine konstante Reichspolitik führen kann. Die Frage
»es elsaß⸗lothringischen Wahlrechts hat damit nichts zu tun.
ich bemerke indessen, daß die Verbündeten Regierungen von der
rorderung des Zweikammersystems fur Elsaß-Lothringen nicht
bgehen werden. Die Erste Kammer muß ein Bollwerk sein,
as zine jeden Zweifel ausschließende deutsche Politik in den
d gewährleistet. Deutschlands Söhne haben nicht dazu
uf den Schlachtfeldern Elsaß⸗Lothringens geblutet, daß deutsch⸗
eindliche Tendenzen sich dort ungestört entwickeln dürften, aber
s handelt sich darum, dem Lande zu geben, was des Landes
if, dem Reiche, was des Reiches ilt. Wir hoffen, daß die vor⸗
eschlagenen Institutionen das politische Leben in den Reichslanden
eu anregen werden und daß jeder Zuwachs an Macht und
Ztärke, der in Elsaß-Lothringen erfolat, auch dem Reiche zu⸗
ute kommen werde. Das ist unser einziges Ziel und ich bitte
en Reichstag, an der Erreichung dieses Zieles mitzuarbeiten.
Beifall.) e 6
Abg. Preiß GEss. Die Worte des Reichslanzlers ent⸗
jelten In bvewises Wohlwollen ober wir können nicht damit
ufrieden sein. Wir werden als minderjährig und uͤnebenbürtl
inter Vormundschaft gehalten. Unsere Verwaltung hat An
olonialen Charaktey; das entspricht nicht den freiheitlichen —9
hauungen unseres Wolkes. Herrn von Koeller bewahren vn
ar sein Wirken ein freundliches Andenken. Mit — —
zestrebungen haben die Meser Vorgänge nicht das 88
u tun. Die jetzigen Vorlagen sind Verlegenheitsvorlagen. —*
ꝛerlangen Anerkennung des Reichslandes als vollberechticte
elbständiger Bundesstaat. Die Vorlage ist fur uns unannehmbe
Abg. Liebermann (w. Vog.): Inhaltlich kann man dem
ßeichskanzler zustimmen, ohne aber seine Schlußfolgerungen
u ziehen. Wir brauchen Elsaß-Lothringen zum Schutz des
deiches. Die Gefsahren von Westen her sind eher größer ge
vorden. Unsere Soldaten werden in den Quartieren Elsaß—
othringens schlecht behandelt und übervorteilt. ärm und
Viderspruch bei den Elsaͤssern). Das es seit 1870 nicht
»esser geworden ist, ist größtonteils Schuld der elsässtschen
zevölkerung selbst. Bei der Unzuverlässigkeit der Bevol—
erung und der reichsseindlichen Gesinnung der Führer und
er Verführten würden wir die Zurüchziehung der Vorlage
egrühen. In diesem Sinne werden wir in der Kommission
nitarbeiten. Eine Verfassung Elfaß-Lothringens wurde einen
drieg in die Nahe wüchen. (CLachen links.)
Staatssekretär Delbrüch: Ohne auf die Einzelheiten ein,
ugehen, frags ch doch, was Preit mit seinen Ausfuhrungen
vezwedt hat. Der letzte Redner hat ihn bereits zurückge—
viesen. Allerdings der Vorwurfß, daß die Bevölkerung dort
insere Truppen schlecht behandelt, ist nach dem Zeugnis der
tommandierenden Generale unberechtigt. (Sehr richtig! Hört!
zört!) Die Ausführungen des Abg. Preiß gegen die Ver,
valtung sind nicht geeignet, seine Forderungen zu stützen. Vor
richt langer Zeit hat man in Elsaß⸗Lothringeen solche Kon
essionen gar nicht erwartet. Der Kaiser ist nach der Ver⸗
assung zweifellos als gefetzgeberischer Faltor in Elsaß-Lothrin⸗
en berechtigt. Der Gang der Verhandlungen erscheint nicht un⸗
uünstig. Ein modernes Unterhaus und die Ersetzung des Bun⸗
zesrates durch die erste Kammer, die den Verhältnissen El⸗—
aß⸗Lothringens, seinem Gewerbe, seiner Industrie und Lan—⸗
esgesetzgebung näher steht, sind Konzessionen. Von dem Er⸗
iennungsrecht des Kaisers können wir aber nicht absehen?
zon Stimmen im Bundesrat müssen wir ebenfalls absehen,
benn wir den Verfassungsrekord nicht auf absehbare Zeit
mnullieren wollen. Die Vorlage ist geeignet, hier allseitig
rwünschte Verhältnisse zu schaffen. Gravo!)
Abg. Hertling (Ztr.): Wir halten die Vorlage für einé
zrauchbare Grundlage zur Weiterarbeit. Eine elsässische Frage
xistiert nicht, weder sür Deutschland noch im internationalem
Zinne. Das Liebäugeln mit französisch gesinnten Kreisen wär—
en auch wir entschieden verurteilen. Der Hauptfehler liegt
n der Langsamkeit der staatsrechtlichen Entwickelung des Lan—
»es. Wir hätten in Elsaß-Lothringen den Lokalpatriotismus
um EShtaatsgefühl steigern müssen: Ausbau zu einem gleich-
erechtigten Bundesstaat mit einer Zentralgewalt und einem
kKegenten! (Bravo! in der Mitte) Das muß unser Ziel
leiben. Das vorgesehene Wahlrecht erscheint derart, daß man
jaran die Vorlage nicht scheitern lassen sollte. 48
Abg. Böhle (Soz.): Der Entwurf für das vorgesehené
Pahrrecht ist völlig unzulänglich. Inbesondere lehnen wir die
Bohnsetzktlausel und die Wahlunfähigkeit bestrafter Perfonen
b. Dagegen verlangen wir das Frauenstimmrecht. Von der
lutonomie des Reichslandes ist auch eine Annäherung zwischen
deutschland und Frankreich zu erwarten. Wer diese will,
imme der Autonomie zu. Geifall bei den Soz.
Abg. Gregoire (Hosp. d. Natlib. Lothringer): Die erste An⸗
indigung der Resorm durch den Reichskanzler erregte im
sande allgemeinen Jubel. Man glaubte, ein lang gehegter
raum erfülle sich. Aber der Entwurf bringt nicht nach
zismard selbst die wünschenswerte Lösung und die Regierung
es Landes im Lande felbst. Er ist ein Stückwerk. Zweifel⸗
os bringt er manchen Fortschritt. Die Versagung der Stimmen
n Bundesrat ist der schwerste Fehler der Vorlage, das erscheint
s als ein schweres und verletzendes Unrecht. Es sollte die
ynastie gewählt werden, da die Republik als gänzlich aus⸗
schtslos erscheint, oder weniastens die Statthalterschoaft aus—
ebaut werden.
Abg. Dove (f. Vpt.): Es muß eine Möglichkeit geben,
uuch wenn der Kaiser der Landesherr Elsaß-Lothringens bleibt,
em Lande ein gewisses Stimmrecht im Bundesrat zu geben.
csaß-Lothringen sollte zu einem einheitlichen Gemeinwesen
ndem Organismus des Reiches werden. GBravo! links.)
Abg. Hoesfei (pi): Nach der bisherigen Debatte erscheint
ie Vorlage doch als geeignete Grundlage für unsere Bera—
cungen. Ich wünsche und hoffe, dah die Arbeit der Kom—
mission zu einem guten Ergebnis führen möge. Geifall.)
Abg. Weiterle Elsässer): Unser Verbrechen ist, daß wir
znmal Franzosen gewesen find. Jede Lappalie wird zur
Ztaatsaktion gemacht und in Berlin denunziert. Dies Re—
zeren von Berlin aus muß aufhören. Das bisherige System
at Fiasko gemacht. Wir verlangen en die Familie aufgenom⸗
ren zu werden, in die wir agewaltsam hineinaezogen sind
Bravo! Heiterkeit.)
Staatsfekretär Zorn von Bulach: Wir wollen die Ver—
zhnung, auch ich bin stolz auf meine Vergangenheit als Fran⸗
ose, aber ich sage mir, es gibt Momente, wo man das
Interesse des Landes vor das Gesühl des Herzens stellen soll.
Petterles Politik ist fsur Elsaß⸗Lothringen nicht möglich. Seine
PBorte versöhnen nicht. Der größere Teil der Bevölkerung
st loyal und will von der Unzufriedenheit nichts wissen,
hill sich ruhig und friedlich im deutschen Sinne entwideln. Die
sroße Mehrheit der eisah⸗lothringischen Bevölkerung nimmt die
Zorlage mit Dankbarkeit an. (Lachen bei den Soz.) Auch
ch hätte als Elsaß-Lothringer für mein Land die Auto⸗
omte gewünscht, trotzdem erkenne ich die Vorlage als einen
edeutenden Fortschritt an. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Graf Mielzunski (Pole): Wir wünschen für Elsaßk⸗
dothringen schon jetzt volle Autonomie.
Ein Antrag auf Schluhß der Debatte wird angenommen.
die Vorlage geht an eine 289liedrige Kommission. Nächste
Situng Montaa 2 Uhr: Kleine Vorlagen und Netitionen—
heer und SFlotte.
W. Berlin, 28. Jan. „Zieten“ mit dem Transport de⸗
von „Planet“ ˖abgelösten Besatzung ist auf der Heimreise am
27. Jan in Aden eingetroffen und hat an demselben Tage die
deise Uber Suez nach Port Said fortgesetzt. Scharnhorst“
nit dem slellvertretenden Chef des Kreuzergeschwaders ist am
7. Jan. von Batavia nach Hongkong gegangen. „Taku“ ist aw
26. Jan. in Hankau eingetroffen. „Seeadler“ ist am 28. Jan
in Colombo (Cenlon) eingetroffen und geht am 15. Febr. nad
ßombay. „Ge137“ und die 6. Halbflottille sind am 25 Jer
n Rlel endetfroffen