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ausgabe A4. Sonnabend, den 28. Januar 1911.
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Zur gestrigen Kaisers⸗Gehurtstagsfeier.
Der Reichstas.
W. Berum. 27. Jan. In den feltlich geschmakten Er⸗
rrischungsräumen feierte der Reichsstag den Geburts⸗
ag brae Kaiferee Den einzigen Toast brachte der Pra⸗
iident Graf v. Schwerin⸗Löwitz aus, der u. a. sagte: Vor
venigen Tagen waren 40 Jahre seit dem glorreichen 18. Jan.
1871 vergangen, an welchem die Begrundung des deutschen
kaiserreichs erfolgle. Heute kann man ohne Uebertreibung
jagen, daß unser Volt, ja, daß ganz Europa den oiah⸗
ligen grrden in eister Linie der ungewöhnlichen militäri⸗
schen Begabung unseres Kaisers Gravol). freilich immer
berbunden mit“ der voillkommensten Selbstüberwindung und
ernstesten Auffasfung der Herrscherpflicht. verdankt. Unsere
Armee in der 40jahrigen Friedenszeit frisch zu erhalten. uns
eine respektgebietende Wehrmacht nicht nur zu Lande, sondern
auch zu Wasser geschaffen und uns dadurch bis heute einen
ehrenvollen Frieden gewahrt zu haben, bleibt das unvergäng⸗
iche Verdienst unseres Kaisers. Gravo!) Ohne Schwert—
treich, aber gestütßzt auf ein starkes und scharfes Schwert,
wurde Kaiser Wilhelm JI. nicht nur ein Hort des Friedens,
tondern nicht minder auch ein Mehrer des Reiches. Um
aicht weniger als 17 Millionen Köpfe hat sich unter seiner
Regierung die Bevölkerung des Reiches vermehrt. Um über
4 Milliarden jährlich ist in den letzten Jahren das deutsche
Nationalvermögen gewachsen, über 200 Millionen iäährlich,
also über eine halbe Million fäglich wächst unser National⸗
einlommen. Das Erfreulichste an dieser allgemeinen Zu⸗
nahme unseres Wohlstandes aber ist, daß sie sich bei uns
auf alie Schichten der Bevölkerung und auf alle Erwerbs⸗
tände mit einer Gleichmäßigkeit verteilt, wie in leinem an⸗
deren Lande der Welt. Denn allein die Rücklagen in die
Sparkassen, also doch Ersparnisse des ftädtischen und länd-
ichen Mittelstandes und der Arbeiter haben sich im letzten
Jahr um mehr als eine Milliarde vermehrt. Und dazu
die soziale Fürsorge für alle weniger Bemittelten, wie sie
much noch kein anderes Land der Welt kennt. Neben dieser
inneren Wohlfahrt ist doch auch unsere Außere politische Lage
recht befriedigend geworden. Die unanfechtbar gleichberechtigte
Weltmachtstellung ist heute so gesichert, wie kaum je zuvor.
Der Dreibund hat sich länger als ein Menschenalter als starker
dort des Friedens bewährt und wird sich auch weiter
als solcher bewähren. Aber unsere inneren politischen
Verhältnisse, kann man denn auch mit ihnen so zufrieden
sein? Wenn unsere wirtschaftliche und soziale weltpolitische
Entwickelung, wie wir sehen, von unseren inneren Kämpfen
so gut wie gar nicht berührt wurde, sondern ruhig und un—
gestört ihren maiestätischen Siegeslauf fortschreitet, bann
dürfen wir hieraus doch wohl auf die innere Kraft dieser Ent⸗
wickelung und auf die innere Gesundheit unseres ganzen
Volkstums schliehßen. Also lassen Sie uns an dieser Zu⸗
versicht festhalten! (Lebhaftes Bravol) Wir wollen uns auch
die Dankbarkeit nicht rauben lassen, welche wir unserem
Kaiser schulden. Gravo!) Denn in dieser Dankbarkeit wur⸗
zelt Liebe und Treue, ein köstlicher nationaler Schatz, welchen
wir Mitglieder des Reichstags wohl ganz besonders zu hüten
und wahren berufen sind. Gravo!l)
W. SHanunover, 27. Jan. Bei dem Festakt aus Anlaß
des Kaisergeburtstages in der tierärztlichen Hochschule wurden
die fräheren Landwirtschaftsminister Ham⸗
merstein-Koxten, Arnim-Criewen und der
jetzige Landwirtschaftsminister v. Schoöorlemer⸗
Lieser, Unierstaatssekretär Küster und Ministerial—
direktor Schröter vom Landwirtschaftsminister zu
Ehrendoktoren ernannt.
W. München, 27. Jan. Anläßlich des Geburtstages des
Kaisers gab der preußische Gesandte heute abend ein Soupér,
an dem u. a. sämtliche Minister, die Gesandten der Bundes—
sttaaten und der ehemalige Reichsschatzsekretär Stengel teil⸗
nahmen. Herr v. Schlözer brachte ein Hoch auf den
Prinzregenlen aus. Ministerpräsident v. Podewils erwiderte
mit einem Hoch auf den Kaiser.
MW. Allahabad, 27. Jan. Der Geburtstag des deutschen
Kaisers wurde durch einen deutschen Gottesdienst
in der hiesigen englischen Kirche gefeiert, an dem der
deutsche Kronprinz, das englische und deutsche Ge⸗
solge, die Spitzen der Zivil-und Militär—
hehörden, sämtlich in großer Uniform. und sämflifß«
———
hier weilenden Deutschen teilnahmen. Da der Aufenthalt
in Indien sich dem Ende nähert, benutzte der Kronprinz
ben heutigen Anlaß, den Serren des enalischen
Foefolges die vom Kaiser verliehenen Orden
u Abérreichen. Der Chef des englischen Stabes Sir
Zarald Stuart erhlelt den Kronenorden J. Kl., Oberli
Did den Roten Adlerorden I. Kl, Mer. Jelf den Kronen⸗
orden II. KI, Maior Steel den Kronenorden III. Kl., der
dem Stabe attachierts höhere Polizeibeamte Roß den Kro—
venorden II. Kl. Die Ueberreichung des Ordens ersfolgte
or der Afahrt zur Kirche. An die kirchliche Feier schloß
ich eins Parade der englischen Truppen vor dem Gouver⸗
rementsgebãude.
W. Rom, 27. Jan. Seute wurde in der deutschen
tirche auf dem Santa Maria del'Anima ein feier⸗
iches Tedeum gesungen. Es nahmen teil der preubi⸗
sche und der bayerische Gesandte beim Vatikan,
er österreich⸗ ungarische Botschafter beim Vatikan, mehrere
Prälaten und zählreiche hervorragende Persönlichkeiten.
An dem gestern zur Vorseier des Geburtstages
des Kaisers im Botel Quirinal veranstalteten Bankett
nahmen Botschafter v. Jagow, Fürst Bülow,
der preußische und der bayerische Gesandte so—
vie zahlreiche Mitglieder der deutschen Kolonie teil. v.
Jagow trank auf das Wohl des Königs von Italien.
der Vorsitzende des Künstlervereins brachte das Hoch auf
»en Kaiser aus. — Heute vormittag sand in der Bot—
schaftskapelle ein Gottesdienst statt. Abends wird beim
Botschafter ein Empfang stattfinden.
W. Petersburg, 27. Jan. Anlähßlich der Feier des Ge⸗
burtstages des deutschen Kaisers fand in der Petrikirche
in Festgottesdienst statt, welchem der deutsche Bot⸗
schafter mit Gemahlin, ferner der sterreichisch-un⸗—
zarische und italienische Botschafter, der bayeri—
sche Gesandte, Minister Ssasonow, und viele andere
jochgestellte Persönlichkeiten beiwo hnten. (Cel.)
W. Sofia. 27. Jan. Aus˖ Anlaß des Geburtstages des
deutscher Kaisers wurde heute in der protestan—
tischen Kirche ein festliche Gottesdienst abgehalten,
dem das königliche Gefolge, die Minister, das
diplomatische Korps und viele Mitglieder der deutschen Kolonie
beiwohnten. Hierauf fand ein Empfang in der deut—
schen Gesandtschaft statt. (Tel.)
W. Bergrad, 27. Jan. Der Geburtstag des Kaisers wurde
oon der deutschen Kolonie festlich begangen. Zur Gratu⸗
ationscour in der deutschen Gesandtschaft erschienen als Ver—
reter des Hofes Milowanowitsch sowie zahlreiche Würden—
rãger. Abends war beim deutschen Gesandten Gala—
diner. (Tel.)
Der erbriche Adel
vurde verliehen an: Staatsminister Schönstedt, den früheren
Iberbürgermeister von Köln, Beder und Vrofessor Geh.
Justizrat Dr. Gierke. Auf Lebenszeit wurden ins Herren⸗
haus berufen: Generalfelsmarschall von Bodk und Polach⸗Han
iover, Generaloberst z. D. von Lindequist-Berlin, General
eutnant z. D. Graf v. Kanitz auf Laskoschin, Konteradmiral
z. D. v. Glamme auf Rehdorf, Professor Waldeyer-Berlin,
Klempnermeister Harry Plate-Hannover.
Personalveründerungen in Seer und Flotte.
Prinz Oskar ist à la suite des Kürassierregiments Ksnigin
nesteiest. General der Infanterie Kessel, Gouverneur von
Berlin, ist zum Generalobersten befördert, Generalmajor von
ZDertzen, Abteilungschef im Militärkabinett, zum Generalleut—
nant befördert, Generalmaior von Kühne zum Inspelteur
der ersten Kavallerie-Inspektion ernannt, Generalmajor Eber—
jardt, bisher Chef des Generalstabes des Gardekorps, zum
veneralleutnant befördert und zum Kommandeur der 19. Di⸗
vision ernannt, Oberst Schmidt von Knobelsdorf, bisher Kom—
mandeur des 4. Garderegiments zum Chef des Generalstabes
des Gardekorps ernannt.
Berlin. 27. Jan. Das Militärwochenblatt meldet: Oberst
Isbert, Kommandeur des Infanterieregiments Nr. 84 wurde
unter Ernennung zum Kommandeur der 15. Infanteriebrigade
zum Generalmaior befördert. Oberst Stenger, Kommandeur
der Unteroffizierschule in Weißenfels, wurde zum Komman⸗
deur des Infanterieregiments Nr. 84 (Schleswig) ernannt
Auhßer den bereits Gemeldeten wurden ernannt: General⸗
maior v. Heuduc Chef des Generalsfahes des 9. Armee⸗
Ordonnanzritte 1870/7—1. —
(Fortsetzung.)
Am ersten Weihnachtstage machte ich auf Befehl des Ober⸗
yder des Generalkommandos einen Ritt nach Sully, zwei Meilen
tromaufwärts an der Loire gelegen. Hier führte eine Ketten⸗
bruclke über den Strom, welche Teile des frangosischen 20. und
18. Korps bei ihrem Rückzuge in der Nacht vom 4. zum
6. Dezember zum Uebertritt auf das linke Loire-Ufer benubt
und danach zerstört hatten. Die deutsche Befehung des Loire
Ufers reichte nur bis Chateauneuf, dann kam eine Strecke
von etwa drei Meilen, welche nur durch fahrende Infanterie
täglich abpatrouilliert wurde. Weiter oberhalb, bei Ouzouer,
stand ein Detachement, welches die bei Gien stehenden französi⸗
schen Truppen beobachtete. Man war min u Orlbéans in
Unruhe, ob die Zerstörung der Brüde bei Sully genüge, um
den Franzosen drüben eine schneile Wiederherstellung und ein
Hinüberwerfen von Streifkorps zu verbieten, wodurch das eine
Meile weiter oberhalb bei Ousouer sich aufhaltende Detache⸗
ment zwischen zwei Feuer geraten konnte. Ich erhielt den
Auftrag, unter dem Schutze einer Jägerkompagnie die Brücke
zu untersuchen und sie, wenn nötig, gänzlich unbrauchbar zu
machen. Bei grimmiger Kälte und llingendem Frost wurde der
Marsch angetreten. An der Brüde von Sully machten wir bei
einem Hause Halt, bestellten für uns und unsere Jäger ein
Fruhstad und bejichtiglten die Brüde Sie varene Haͤnge⸗
brude. Die Brückenbahn ruhte verschraubt in den unteren
Enden von staͤhlernen Stangen, welche von zwei mächtigen
nwrabttauen herabhingen, die aber je zwei am Ufer
lehende, massive, turmartige Steinpfeiler gespannt und nach
Awarts auherst solide in steinernen Blods verankert waren.
Der Bohlenbelag der Brücke war auf eine Strecke von 50
»is 60 Fuß entfernt worden; die Balken, auf denen der
Belag geruht hatte, waren durchsägt worden und hingen
iur nosch an einer Seite in der Stahlkonstruktion. Ich er⸗
annte, daß mit dem geringwertigen Handwerkszeug, das uns
u Gebote stand, gegen dies gewaltige Gefüge von Stahl und
Stein nichts zu machen war, und Sprengmittel hatten wir
nicht. So beschränkte ich mich darauf, durch handwerkskun—
ige Jäger noch einen Teil der auf unserer Seite noch unversehri
erhallenen Strecbalken durchschneiden und damit die vorhan⸗
dene Lüce so viel erweitern zu lassen, daß eine Wiederher⸗
tellung oder Benutzung der Brücke ohne langwierige Vorbe⸗
eitungen unmöglich erschien. Ich gestehe, daß die
Arbeit in dem über das weite Wasser stürmenden schneidend
alten Ostwind auf der schwankenden Hängebrücke unmitlelbar
im Aborunde über den unten rastlos in schwindelnder Eile den
Strom hinab treibenden und donnernd gegeneinander stohenden
kisschollen etwas Unheimliches hatte, und daß jedesmal, wenn
vieder ein Balken sozusagen unter unseren Fuüßen sich krachend
öste, unwillkürlich der Gedanke an eine unwillkommene Fahrt
in die unheimlich brausende Tiefe sich aufdrängte. Während
der Arbeit erschienen drüben einige Reiter, die wir als eine
llanenpatrouille der in der Sologne schweifenden Kavallerie
erlannten. Wir versuchten durch Leute, die in das slählerne
Tauwerk kletterten, uns zu verständigen und Nachricht über die
Verhältnisse drüben einzuholen, aber das Loch das uns trennte,
vwar zu weit. Die Leute konnten sich oben in schwindelnder
söhe mit den steifgefrorenen Händen kaum halten, geschweige
jenügend vorarbeiten. Das Pfeifen des Windes, das Rauschen
des Stromes und das Krachen des Fises übertönte die schwachen
nenschlichen Stimmen. So vollendeten wir unsere Arbeit so
olwwrite⸗
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Abend⸗Blatt Nr. 51.
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korps zum Kommandeur der 4. Gardekavalleriebrigade, und
Dberstleutnant Stolzmann vom Infanterieregiment Nr. 97
zum Generalstabschef des 9. Armeekorps. Zu Generalleut—
nants wurden befördert die Generalmajore Tuelff, Kom—
mandeur der 12. Division, v. Lindenau, Kommandeur der
76. Infanteriebrigade und Oberquartiermeister v. Steuben.
Berlin, 27. Jan. Durch eine Kabinettsorder vom 27. Jan.
wurde dem Staatssekretär v. Tirpitz der Rang und Titel
als Großadmiral verliehen; ferner wurden die Vizeadmirale
Truppel, Gouverneur des Kiautschougebiets, und Schröder,
Chef der Marinestation der Ostsee, zu Admiralen befördert.
Vizeadmiral z. D. v. Usedom erhielt den Charakter als
Admirai. Es wurden befördert: zum Vizeadmiral Konter—
admiral Jacobsen und zum Konteradmiral die Kapitäne
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W. Hamburg, 28. Jan. Zur Féier des Geburts—
tages des Kaisers fand Freitag im Kaisersaal des
Rathauses ein Festmahl statt, an dem außer dem Senat
und der Bürgerschaft die hiesigen diplomatischen Vertreter,
die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden u. a. teil⸗
nahmen. Bei dem Mahl hielt der Präsident des Senats,
derr Bürgermeister Dr. Predöhl eine Rede, in der er
»er Freude Ausdruck gab, daß der Kaiser in voller Ge—
undheit, umfangen vom Zauber seines reichen Familien—
zlüds. aber auch in ungetrübter Friedenszeit und in schnell
dorschreitender Entwickelung aller Kräfte des Vaterlandes
das neue Lebensjahr beginnt. Nachdem Redner darauf hin—
gewiesen, daß Hamburg auch im letzten Sommer trotz
»er Unpäßlichkeit des Kaisers durch dessen Besuch erfreut
vurde, gab er einen geschichtlichen Rückblik auf die auch
ür Hamburg so schwere Zeit vor 100 Jahren. Aus den
»ann folgenden Jahrzehnten langsamen Aufstrebens sei dann
»ie große Zeit erstanden, die die Kaiserkrone des neuen
Reiches gewann. Aber ohne Preußens langgeschich liche Ar—⸗
beit, die mehr als im Werdegang anderer Staaten von
der Persönlichkeit seiner Fürsten breeinslußt ward, kein Reich,
kein Heer, keine Seewehr! Ein Rücklick auf die Zeit
chon des Großen Kurfürsten und die Zeit sceither zeige,
aß Preußens Politik stets energisch den Schutz hamburgi⸗—
cher Interessen einschloß. Und nun widme sich der deutsche
Bürger hoffnungsvoll für die Zukunft, im Schutze der
jseuen deutschen Kaiserkrone seiner Arbeit. Unsere Gegen—
wart wahrte und mehrte unter kraftvoller Führung das
krrungene, hielt in weiser Mäßigung den Frieden, schuf
die Seewehr, bildete die Gesetze für Arbeiterschutz und
Arbeiterhilfe und hob Deutschland im inneren Ausbau zu
virtschaftlicher Macht. An des Kaisers Namen sei diele
ßegenwart untrennbar geknüpft. Gott schütze und erhalte
uns diesen Kaiser. Seine Maiestät Wilhelm II., Deutscher
Aaiser, König von Preußen, lang und glücklich walte ihm
wott Regierung und Leben; er lebe hoch! Die Anwesenden
timmten begeistert in das Hoch ein.
S Ratzeburg, 28. Jan. Kaisersgeburtstagsfeier.
Schon Freitag morgen, als das Wecken ertönte, prangte
»ie Stadt im Flaggenschmuck. Am Vormittag wurde in
ämtlichen Lehranstalten ein Festakt abgehalten, bei welcher
velegenheit im Gymnasium die Prämien aus dem Jubi—
ãumsfonds verteilt wurden. An dem Feitgottesdienst des
Bataillons beteiligten sich auch die kameradschaftlichen Ver—
ine. Nach demselben nahmen das Bataillon und die Ver—
eine Paradeausstellung vor dem Kaiserdenkmal. Der Kom—
nandeur hielt eine kurze Ansprache und schloß mit dem
aiserhoch. Das offizielle Festessen fand auf dem Schützen—
jof statt, während sich die Lehrer und Zöglinge des
Seminars im Ratskeller zu gemeinsamem Mahle versam—
melten. Abends fanden drei öffentliche Vergnügungen siatt:
die der 2. Komp. im Hotel Furst Bismarck, die der
3. Komp. in Bellevune und die des Militärvereins in
Dölles Lokal. Die 1. und 4. Komp. werden Sonnabend
und der Kriegerverein Sonntag in üblicher Weise feiern.
88 Grevesmüihlen, 28. Jan. Der Geburtstag des
Kaisers wurde festlich begangen durch ein Wecken der
tädtischen Kapelle, eine gemeinsame Schulfeier für die
Stadtschule, bei der stud. theol. Bithorn die Festrede hielt,
ein Festessen im Hotel zum Großherzog und eine Fest—
vorstellung des Kriegervereins, bei der die Festrede von
cand. phil. Dr. Bibelid gehalten wurde
———
gaut wir konnten, frühstückten, tranken ein Glas heißen Rot⸗
wein und marschierten nach Lause.
Anm IJ. Januar hatte Exzellenz Wrangel die nächstquartierten
Benerale und Kommandeure zum Neuiahrsdiner geladen. Es
azing so hoch her, wie die einfachen Vorräte dem Koch Meyer
ꝛrlaubten, seine Kunst zu entfalten. Wir waren auch im
Besitz von zwei Flaschen Sekt, die mir die Herren vom General⸗
lommando aus ihren nicht großen Vorräten mit Widerstreben
ibgelassen hatten. Exzellenz war stolz auf seinen Besitz. denn
Sekt war in der ganzen Gegend, auch in Or—
éans, nicht mehr aufzutreiben. Beim Nachtisch
'agte er feierlich: „Nun wollen wir auf ein gutes
neues Jahr anstoßen,“ und zu seinem auf⸗
wartenden Diener Friedrich: „Bringen Sie Champagner.“
zriedrich ging wichtig hinaus und kam nach geraumer Zeit
nit betrübter Miene wieder. „Der abgelöste Posten hat beide
xlaschen, die ich bei ihm in den Schnee gestecktt hatte, mit⸗
zenommen und die Wache hat sie ausgetrunken.“ Tableau.
Friedrich hatte dem Posten, der den Sekt behüten sollte,
beim Hinsetzen gesagt: „Da bringe ich Euch was.“ Der Posten,
ein Rowdny erster Klasse, behauptete, er habe die zwei Flaschen
für ein Neujahrsgeschenk des guten Herrn Divisionskommandeurs
in die Wache gehalten. Was half es uns, daß der Sektlieb⸗
haber feldmähßig drei Stunden am Wagenrad angebunden
rieren mußte, wie vorher der ihm anvertraute Champagner?
Der Sekt war weg, und wir heimlich schmunzelnden Leutnants
rösteten uns: erstens wäre auf unser Teil außer beim Bezahlen
doch kaum etwas von den zwei Flaschen entfallen; zweitens
jönnten wir den Musketieren den seltenen Genuß ebensogut
vie den Generälen; drittens: überhaupt die Schadenfreude!
GGortsetzung folgt.)