Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Abend⸗Blatt Ur. 527. 
* 
Ausgabe . 
Ddienstag, den 17. Oktober 1911. 
3 
Aus den Nachbargebieten. 
Schleswig⸗Holstein. 
giel, 17. Ott. Gründung einer Hypotheken⸗ 
Farantie-Genossenschaft. Der Hausbesitzerverein hat 
sich seit langer Zeit mit der Frage beschäftigt, wie der oft 
schwierigen Lage der Hausbesitzer, die durch die schwierige 
Erlangung zweiter Hypothelen geschaffen sei, abgeholfen werden 
könne. TDer Verein ist daher der Gründung einer Hypotheken 
Gararckie⸗Genossenschaft nähergetreten. Die Genossenschaft, die 
schon in allernächster Zeit gegründet werden soll, hat den 
Zweck, den Gläubigern Hypotheken zu garantieren. Sie ver⸗ 
pflichtet sich, die von ihr vermittelten und garantierten Hypo⸗ 
theken bei einer Zwangsversteigerung des belasteten Grund⸗ 
stückes auszubieten. 
Ederuförde, 17. Ott. Burgruine. Das in den 
Hüttener Bergen belegene Grundstück „Evashöh'“, das 
hu ha umfaßt, ist etzt jür 5000 Mevom Kreise angelauft 
worden. Das ganz aus Felsen gebaute Gebäude soll als 
„Burgruine“ der Landschaft erhalten bleiben. 
Sonderburg, 17. Okt. Beim Segelnuertrunken. 
Die Matrosen Mumme und Olthaus vom „Brinz Heinrich“ sind 
Sonntag nachmittag bei einer Segelpartie. wobei das Roof 
Jenterte, ertrunken. 
Kappeln, 17. Ott. Vor 14 Vagen verschwan⸗ 
den spurlos zwei Leute vom Tampfbagger „Simson“, die 
in der Nacht zum 2. Okt. stark angetrunken ihr Schiff aufsuchen 
wollten. Es waren der Arbeiter Paul Unger, 24 Jahre alt, 
und der Vorarbeiter Dieckhoff. Plan nahm damals an, sie 
seien in die Schlei gefallen. Jetzt bestätigt sich diese Annahme. 
DTie Leiche Ungers wurde, wie die Schlesw. Nachr. mitteilen, 
in der Schlei treibend gefunden. 
Großherzogtum Oldenburg, Fürftentum Lübecd. 
Ahrensbök, 17. Okt. Ein Unfall passierte auf dem 
Bahnhof. Beim Rangieren fuhr die Lokomotive mit ziemlicher 
Wucht gegen einen Güterwagen. Durch den Anprall wurde 
das Führerhäuschen der Lokomotive beschädigt und der zur 
Vertretung tätige Maschinenführer Bloch aus Lübeck am Kopf 
und an der Hand verletßzt. Durch die Unbrauchbarmachung 
der Maschine konnte der 2-Uhr-Zug nicht abgelassen werden, es 
mußte die zweite Lokomotive angeheizt werden, und erst der 
Zug 3,45 Uhr fuhr wieder. Der angerichtete Materialschaden 
ist nicht bedeutend. 
—— 
Mölln, 17. Okt. Weidmannsglüch. Konsul Smok 
aus Hamburg hatte das Glüch, auf seinem bei Mölln belegenen 
Jagdgebiet einen kapitalen Kronen-Zehnender zu erlegen. 
Großherzogtümer Medlenburg. 
Güstrow, 17. Okt. Aus Furcht vor dem Soldat- 
verden in den Tod gegangen. Anscheinend in einem 
Anfall von Geistesgestörtheit erschoß sich ein 22jähriger 
unger Mann, weil er sich fürchtete, Soldat zu werden. Nachts 
rrtönten in der Glinerstraße zwei Schüsse. Nachtschutzleute eilten 
derbei und stellten den 22jiährigen Former Carl Bandow. 
er aus einem Revolver zwei Schüsse in die Luft abgegeben 
jatte. Sie verboten ihm dies und ließen ihn gehen. Vor 
»em Hause seines Bruders, Landmann Paul Bandow, ange⸗ 
ommen, setzte B. den Revolver an seine Schläfe und iagte 
ich eine Kugel durch den Kopf. Er sank sofort zusammen 
zZandow sollte sich bereits anfangs dieser Woche zwecks Ab⸗ 
eistung seiner militärischen Dienstpflicht in Schwerin stellen 
eiste aber nach Lübeck, wohin er sich von seinen Verwandten 
held nachschicken ließ. Dieses verwandte er zum Ankauf eines 
kevolvers und kehrte nach Güstrow zurück. Bereits im Vor— 
ahre war B. zum Militärdienst nach Thorn einberufen worden, 
duste aber nach vier Wochen Dienstzeit infolge Krankheit 
entlassen werden. Seit dieser Jeit hatte er eine nicht zu 
berrindende Furcht vor der Dienstzeit und wird jetzt aus 
Anost, Soldat werden zu müssen, in den Tod gegangen sein. 
VPenzlin, 17. Okt. Scheunenbrände und kein 
Ende. Nachdem schon in der letzten Woche eine Anzahl 
zcheunen eingeäschert worden sind, sind jetzt wieder sechs 
ccheunen mit reichem Inhalt von Korn und Futter in Flammen 
rufgegangen. Innerhalb der letzten vierzehn Tage sind hier 
uicht weniger als 19 Scheunen abgebrannt. 
Waren, 17. Okt. Blutvergiftung mit tödlichem 
Uusgange. Der Bahnarbeiter Jörß hatte vor einigen Tagen 
ine kleine Wunde am Arm, die er erst beachtete, als sich 
zeftige Schmerzen einstellten. Eine Blutkvergiftung führte trotz 
irztlichen Eingreifens zu seinem Tode. 
Grevesmühlen, 17. Okt. Bestandene Prüfung. 
der Gerichtsschreiberanwärter Stahl bestand vor der Prüfungs— 
fommission des Großh. Landgerichts zu Schwerin die Prüfung 
ür den mittleren Justizdienst. * 
Bützo w, 17. Okt. Die Kehle durchschnitten hat sich 
ein Sträfling im Zentralgefängnis. Es wird angenommen, daß 
der Selbstmörder die Tat in einem Anfall von Geistesgestört⸗ 
heit beging; er hatte nur noch wei Monate von seiner Strafe 
zu verbüßen. 
Dews woos, 17. Ott. An den Folgen einer Blut—⸗ 
vergiftung starb hier der Häusler Löpke. Dieser ließ sich 
oor einigen Tagen in Tömitz einen Zahn ziehen und rauchte 
zarauf eine Zigarre. Durch das Nikotin der Zigarre wurde die 
ioch nicht ausgeheilte Wunde verunreinigt und es entstand die 
Blutvergiftung, die nach einigen Tagen den Tod herbeiführte. 
Vermischtes. 
Inge. 70. Geburtstag der Prinzessin Wilhelm von VBaden. 
Am 17. Okt. vollendet die verwitwete Prinzessin Wilhelm von 
Baden ihr 70. Lebensijiahr. In St. Petersburg lam sie 1841 
ur Welt als Tochter Marie des Herzogs Maximilian von 
Leuchtenberg und der Großfürstin Marie von Rußland, der 
rieblingstochter des Zaren Nikolaus J. Da ihr Vater ein Sohn 
»on Eugen von Beauharnais und Zar Nikolaus J. mit der 
Prinzessin Charlotte von Preußen vermählt war, so fließt in 
ihren Adern sowohl das Blut der Kaiserin Josephine, der 
Gemaklin Napoleons J. wie das der Königin Luise von 
Preußen. 1863 fand zu St. Petersburg die Vermählung der 
Hrinzessin mit dem Prinzen Wilhelm von Baden statt, einem 
ungeren Bruder des Grokherzogs Fuedrich J. Seit 18097 ist 
ie Prinzessin Witwe. Sie hat zwei Kinder, die Herzogin 
Matie von Anhalt, Gemahlin des regierenden Herzoas 
Friedrich, und den Prinzen Maximilian, den Thronfolger von 
Baden, der mit der Prinzessin Marie Luise von Cumberland 
ermählt ist. 
nec. Berliner Bilder. — Kavalberkredit. Gisbert Viltot 
Aonstantin Haubert Maria Graf Wolff⸗Metternich zur Gracht ist, 
so schreibt die N. G. C. geweß kein Zeitgenosse, für den 
nan sich besonders erwärmen könnte. Und wenn der Spruch 
der Berliner Strafkammer, die ihm so geringes Wohlwollen 
eigte, ihn aaus der Liste der verkehrsfähigen Menschen streicht, 
o wird niemand sein Schicksal als tragisch empfinden. Und 
dennoch hatte der Amtsrichter Graf von der Schulenburg 
ollständig Recht, der unter dem Zeugeneide aussagte: nach 
einer Ueberzeugung habe Graf Metternich nichts anderes getanu. 
ils was HSunderte von Kavalieren in Berlin tun. Hunderte 
»on Kapalieren leben dort auf Kredit, reichen mit dent 
äter lichen Zuschusse gerade zum Bestreiten der täglichen Lebens⸗ 
zedürfnijsse und bleiben Schuhmachern, Schneidern, Wäsche— 
zändlern, Handschuhmachern und Schlipsfabrikanten die nach 
der letzten Mode gefertigten Waren, die sie zu repräsentablenr 
Luftreten brauchen, schuldig. Wir urteilen nicht, wir stellen 
Tatsachen fest. Wer Graf Metternich heißt, dem drängt sich 
»er Kredit in Berlin förmlich auf. Ein Graf Metternich 
findet, wenn er will, binnen 24 Stunden eine Millionenbraut 
in Berlin. Es ist ein Geschäft wir jedes andere. Der Kapalier 
veiß, daß seine Anzüge, Lackstiefel, Oberhemden, Handschauhe 
ind Krawatten auf den Rechnungen hoch über ihren wirklichen 
Wert angesetzt sind. Aber er ist damit einverstanden, und 
wenn er in der Kaiser⸗Wilhelm-Gedächtnis-Kirche mit einer 
ungen Dame, die dort vielleiht einige Wochen vorher zu 
einem Glauben übertrat, gestaunden hat, so bezahlt er die 
kechnungen, ohne mit der Wimper zu zucken. Freilich — 
dieses Ziel muß auch wirklich erreicht werden. Gisbert Graß 
Wolff⸗Metternich zur Gracht ist zur Strecke gebracht worden,. 
bevor er es erreichte. 
Nachspiel zum Metternich Prozeß. Gegen den Oberleutnant 
von Fetter war von Frau Gertrud Wertheim in einem 
Schreiben an dessen Vorgesetzten der Vorwurf erhoben worden, 
»an er bei seiner Zeugenaussage im Metternich-Prozeß einen 
Meineid geschworen habe. Infolgedessen ist gegen den 
Dberleutnant ein krieasgerächtliches Verfahren ein- 
geleitet worden. 
Die Gattin eines französtichen Generals von ihrem Sohn 
erschossen. Der 22jähr. Sohn Georges des französischen Gene— 
rals Ryckebusch befand sich mit seiner Mutter allein im elter⸗ 
ichen Hause zu Paris. Frau Ruyckebusch stieg auf einen 
Schemel, um, einem Wunsche Lhres Sohnes entsprechend, den 
Revolver des Gatten vom Schrank herabzuholen. Georges 
entnahm dem Etui die Waffe, die sich dabei entlud. Der 
Schusn drang der Frau in den Leib: üe starb nach drei— 
lägigem Leiden. 
Wegen Giftmordes an der eigenen Tochter zum Tode ver⸗ 
urteiskt. Das Schwurgericht in Chemnits verur—⸗ 
deilte nach Ttägiger Verhandlung die Witwe Voi gt-Chem⸗- 
nitz wegen Mordes, begangen an ihrer 13jähr. Tochter Hertha, 
zum Tode. Die Angeklagte verübte, wie gemeldet. die Tat. 
um sich in den Besitz der hohen Versicherungssummen zu 
tetzen. Das Gericht erkannte außerdem wegen Brandtstiftung. 
»ollständigen und versuchten Betruges gegenüber den Versiche— 
runqscesellschaften auf 2 Jahre und 5 Monate Zuchthaus. 
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an demselben Orte bildeten, wobei die Bundmacher sich aus—⸗ 
schließlich mit dem Zusammenstellen und Anfertigen von Pelt— 
uttern befahzten. Die Kürschnerminfst in Berlin wurde 1286 
begründet. 
Der dreißigiährige Krieg legte auch das Kärschnerhand⸗ 
verk lahm. Für lange Zeit war in Deutschland lein Geld 
ür Luxusgegenstände. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahr⸗ 
zunderts begann die deutsche Kürschnerei, sich zu erholen. 
kEs war damals noch gebräuchlich, dah der Kürschner die Felle 
ür seinen Bedarf selbst zurichtete. Er hæelt wenig Ware, 
vie Muffen, Pelzkragen. Mützen, vorrätig und begnügte sich 
nit der Anfertigung besserer Waren auf Bestellung, mit Aus— 
»esserung und Aufbewahrung der Pelzsachen sJiner Kundschaft. 
Erst um die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts führten 
einige Berliner Geschäftshäuser die Sitte ein, Herren- und 
damenpelze im Laden vorrätig zu halten. Ein Großbetrieb 
rat jedoch verhältnismäßg spät ein, nämlich mit dem Auf—⸗ 
chwung. den die Mantelkonfektion von 1878 ab in Berlin 
nahm. Nun wurden auch Pelzmäntel hergestellt. Und anfangs 
der neunziger Jahre, als die Stola aufkam, erweiterte sich 
der Pelzhandel von neuem sehr erh:blich. Die Nachfrage mehrte 
ich, von der Mode begünstigt, ins Ungeheure. 
In Berlin sind jetzt etwa 50 gröhere und kleinere Groß⸗ 
fabriken tätig, die durchschnittlich mehr als 40 Millionen Mark 
im Jahre umfsetzen und Tausende von Arbeitern beschäftigen. 
Außerhalb Berlins kommen noch Hamburg, Breslau und Rhein⸗ 
land-Westfalen als Stätten der Großfabrikation in Betracht. 
Absatzgebiet ist hauptsächlich der deut che Markt. Die Ausfuhr 
nach England hat nachgelassen, seitdem die cinheimische Fabri— 
kation sich dort verstärkt hat, dagegen ist die Ausfuhr nach 
Frankreich. den nordischen Ländern, Belgien, Holland und 
Südamerika in ständiger Zunahme begriffen. Einzelne deutsche 
Pelzhäuser unkerhalten e igene Niederlassungen in Vari? London. 
Umsterdam. Brüssel u sw. 
Die Zahl der deutschen Kürschner, die den Einzelverkauf 
ꝛetreiben, beträgt ungefähr 6000. Doch kaufen viele von 
hnen den Hauptteil ihres Bedarfs fertig. Darunter hat die 
Ausbildung eines genügenden Nachwuchses sehr gelitten. Wäh—⸗ 
rend früher deutsche Kürschnergesellen auch im Auslande viel⸗ 
begehrt waren, genügen sie jetzt kaum für die einheimischen 
Bedürfnisse. In allerletzter Zeit erst beginnt hier eine Wand— 
lung zum Besseren. Kürschner und Großfabriken itellen jetzt 
Lehrlinge ein und der Berliner Arbeitgeber⸗Verband hat eine 
Fachschule eingerichtet, doꝛe schon im ersten Jabre von hundert 
debrlingen belucht wurde. — 
Lauenburg. 
2 Mslin; 17. Okt. Grohfeuer. Niedergebrannt ist 
gestern abend um 5 Uhr das altehrwürdige Schützenhaus. Die 
doscharbeiten wurden sehr erschwert durch das gänzliche Fehlen 
des Wassers; die Feuerwehr mußte das Wasser vom Muũhlen⸗ 
araben aus über zwei Zwischenstationen zum Brandherde 
schaffen. Das Feuer kam in dem alten Teile des Schützen⸗ 
hofes zum Ausbruch, und die Löschmannschaft war bemüht, den 
Saalanbau zu retten. Jedoch nach stundenlanger Arbeit wurde 
auch der Saal, zumal, da er in der Windrichtung lag, ein 
Opfer des Elementes. Es gewährte einen schaurig-schönen Au⸗ 
blick. als etwa um 10 Uhr abends der Dachstuhl des Saales 
in Flammen stand. Turmhoch loderten die züngelnden Flammen, 
und da der Schützenhof sehr hoch liegt, wird man das Feuer 
auf große Entfernungen gesehen haben. Der Pächter hat von 
seinen Sachen wenig gertiet, auch das Wärt'chaftsinventar ist 
zum größten Teil verbrannt. Ueber die Entstehung verlautet 
noch nichts; den Schaden hat die Landesbrandkasse zu tragen. 
Der Schützenhof sollte am 2. Nop. 3wanaswoei'ie versteigert 
wer den 
Aus dem Reiche der Pelze. 
nge. Nichts kennzeichnet den ewigen Kreislauf der Dinge 
mit solcher Ironie wie die Tatsache. daß das verfeinertste 
Geschöpf unserer Kultur, die elegante, verwöhnte Weltdame, 
kein kostbareres Gewand kennt als das Tierfell, mit dem 
unsere Urväter, als sie noch in Höblen und Schluchten hausten, 
ibre Blöße bedeckten. Der Winter sseht vor der Tür und 
die Mode⸗Kundigen berichten, dar die Frauen in diesem 
Jahre noch mehr Pelzwerk tragen werden. als im vorigen. 
Und da der Pelzhandel eines der bhlühendsten Gewerbe Deutsch 
lands ist. kann man dies vom wirtschaftlichen Standpunkte 
aus nur mit Freude begrühen. So kommt ein Buch zu 
xechter Zeit, das, auf Grund dreißigjähriger Erfahrungen ge⸗ 
schnieben, eine vollständige Darsterrung der Geschichte des Pelz 
handels von seinen ersten Anfängen bis zur Gegenwart gibt 
und alle Tierarten, deren Felle cis Pelze Verwendung finden, 
ausfnhrlich beschreibt. Ein Werk von hervorragendem wissen⸗ 
ichaftlichem Werte und in hohem Grade auch unterhaltend.“) 
J Schon bei den Germanen agalt Pelzwerk als vornehmster 
Schmuck, später durfte am Kleide des deutschen Ritters der 
Belz nicht fehlen. Kriemhild rüstete die zu Hofe ziehenden 
Selden mit viel Hermelin aus und die Buraunden trugen 
Kleider von Hermelin und Zobel. 
Eine Kleiderordnung Karls des Großen aus dem Jahre 808 
jetzte die Preise für Marder-, Otter- und Katzenfelle fest und 
umn Jahie 983 wurde dem Stift zu Meißen der Pelzzehnte 
iberwiesen. Wie die ausländischen Pelzsorten nach Deutschland 
gelangten, davon melden ältere Urkunden nichts. Erst zur Zeit 
des deutschen Ritterordens wird Thorn als Platz erwähnt, 
wo die Volen Grauwerk, Zobel, Hermelin und Füchse gegen 
deutsches Tuch und andere deutsche Waren tauschten. Und wäh— 
nend der Glanzzert der Hanse stand der deutsche Rauchwaren- 
handel in hoher Blüte. Von ihten Kaufhäusern in Ruß— 
land und Norwegen kamen grohe Pelzsendungen nach Hamburg 
und Lrbed, um nach London, Brügge, Gent und Gemna weiter 
eeree zu werden. England dedte damals seinen ganzen 
elahehdarf qus dem Siablhofe der Fame London Nic 
nach dem Rückgang der Hanfse blieb der Handel mit aus— 
ländischem Pelzwerk in einzelnen ihrer Städte bedeutend. Das 
heweist ein Erlaß des Lübecker Magistrats don 1603, wonach: 
.... kein Pelzwerk oder andere Ware einzeln gekauft werden 
oll. Grauwerk soll zu 50, 250 bis 1000 Stüch gekauft werden. 
die Marder, von denen 25 Stüch zusammen verkauft werden, 
ollen zuerst sortiert, jeee Art besonders getan und dann der 
zandel gemacht werden.“ In Hamburg erhielt sich namentlich 
der Handel mit stktandinavischen Rauchwaren. Glogau und Bres⸗ 
au wurden, wie früher Thorn, Stapelpläke der russischen 
ind polnischen Pelzwaren. 
Die Messen bildeten einen wichtigen Stützwunkt des Pelz 
jandels, besonders die in Frankfurt a. M., in Frankfurt a. O. 
uind in Leipzig. Die Messe in Frankfurt a. M. besteht nicht 
nehr. Nach Frankfurt a. O. zogen im 16. und 17. Jahrhundert 
die Kaufleute aus allen Gegenden Teutschlands, aus Augsburg 
und Nürnberg, aus Lüneburg, Hamburg und Lübeck mit langen 
Frachtzügen. Ja, noch vor vierzig Jahren. als es längssl 
kisenbahnen gab, besuchten Berliner Kaufleute mit vollbepackten 
zrcachtwagen die Messe zu Frankfurt a. O., die jetzt fast nur 
noch für den Verkauf deutscher Landwaren, das heißtt Füchse, 
Marder, Iltis, Otter und Katzen von Bedeutung ist. Die älteste 
Urkunde, die sich mit dem Pelzhandel auf der Leipziger Messe 
befaft, ist vom 1. Januar 1600. Die Stürme des dreipig— 
ährigen Krieges vernichteten den deutschen Pelzhandel fast 
zänzlich. Aber während die früheren Märkte in Lübeck Ham— 
zurg, Glogau, Breslau und Danzig ihren früheren Umfang 
siemals wiedergewannen, sehen wir hundert Jahre nach dem 
vestfälischen Frieden die Leipziger Messe neu gedeihen. Um 
„iese Zeit erschienen zum ersten Male in Leipzig russische Kauf⸗ 
eute mit russischem und sibirischem Pelzwerk, mit dem bald vor 
deipzig aus ein lebhafter Handelsverkehr betrieben wurde 
ZDie Kontinentalsperre Napoleons führte zu einem völliger 
stiederbruch des Leipziger Pelzhandels — nur zwei Geschäfts 
»äuser sollen damals übrig geblieben sein. Aber dann erreichte 
rxie Leipziger Messe wieder ihren Höhepunkt um die sed zige! 
und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Jettt beträgi 
»er Umsatz dort jährlich gegen 200 Mistionen Mark; 100 
Vlillionen werden ausgeführt, etwa 50 Mislionen verbraucht 
der deutsche Markt und ebensoviel wird von den Leipziger 
Rauchwa renhändlern untereinander gehandelt. 
Kürschner⸗Gilden bestanden in Deutschland sehr fruüh. Sie 
rührten außer dem Gesamtnamen,Koörsnar““, über dessen Ur— 
prung man viel gestritten hat, auch die Bezeichmungen Bund⸗ 
macher“ und Nelaer“. die bäufig zwei verschiedene Innungen 
— ⸗— — 8 
NRNAus dem Neiche der Pelze. Band 1: Geschichte 
des Rauchwarenhandels. Band 2: Naturgeschichte der Pelzliere. 
Von Emil Brah, Konful a. D. In einem Bande mit zahlreichen 
Abbildungen und Tabellen. Berrin. Im Verlage der Neuen 
RPelzwaren⸗Zettung. Preis in Leinwand gebunden 20 Miau 
besserem Papier AM VN⸗ͤher n 8w
	        
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