Was ymn die Lage des gewerbltchen Mittet
stanudes anlangt, so hat kein Stand eine so umfassende
Berufsbildung nötig, wie gerade der Handwerkerstand. Sier
ist noch unendlich viel zu leisten. Staat und Gemeinden
haͤben war in vieser Richtung schon besondere Maßnahmen
getroffen. indem sie mit Silfe der Innungen das Lehrlings⸗
wesen reorganisiert, indem sie Meisterkurse nicht nur im
eigentlichen Handwerl, sondern auch in der Buchführung, in
den Bandelswissenschaften eingeführt haben. Aber es muß
noch mehr getan werden. Nur durch eine gute Ausbildung
auf allen in fein Gebiet schlagenden Fächern kann der kleine
Geschaͤftsmann vor ernsthaften Verlusten geschützt werden.
Daes ist auch einer der Wege, um die Schleuderkonkurrenz
sn heutigen Submissionswesen zu beschränken, um die Schmutz⸗
konkurrenz, die sich die Handwerker gegenseitig machen, zu
beseitigen. Die Schäden des Submissionswesens kann das
Handwerk gilein nicht aus dem Wege schaffen. Bei jeder
Submission wird es immer wieder Handwerker geben, die
mal hinein wollen“. Zunächst wird es notwendig sein, ein
für allemal damit zu brechen, daß der Mindestfordernde den
Zuschlag erhält, wenn sein Gebot dem Kostenvoranschlag der
Behörde nicht annähernd gleichkommt. Dieser Kostenvor⸗
anschlag kann unter Zuziehung von Sachverständigen aus
dem Handwerk, die natürlich an der Submission sich nicht
beteiligen dürfen und durch Handschlag an Eidesstatt zur Ver⸗
schwiegenheit zu verpflichten sind, einer Begutachtung unter⸗
worfen werden. Im weiteren ist es notwendig, größere
Arbeiten nicht im ganzen aussuschreiben, sondern auf eine
möglichst weitgehende Zerlegung der Arbeiten Bedacht zu
nehmen. Auch die Lieferfristen sind möglichst ausreichend zu
bemessen, damit auch kleinere Handwerker sich beteiligen können.
Auch von der Ausbedingung einer Sicherheitsleistung kann
in den meisten Fällen abgesehen werden. Das sind im
großen Umrissen die Punkte, für die ich bei Besprechung
des Submissionswesens eintreten würde, sei es, daß die Rege—
lung auf reichsgesetzlichem, sei es hier in Lübeck auf bürger—
—
dem Handwerkerstand zu: Seid einig, söließen Sie
sich zusammen, bringen Sie mehr Handwerker in
bdie Bürgerschaft und treten Sie einzeln und in der
Gesamtheit dem Hansabund bei, der auf eine reichs⸗
gesetzliche Regelung der ganzen Materie bereits hinarbeitet.
Wir haben aber auch dafür zu sorgen, daß unser Arbeits—
markt sowohl im Handwerk als auch in der Industrie einen
nguten, tüchtigen Nachwuchs erhält. Zwar liegt das Volks—
schulwesen nicht auf dem Gebiet der Reichsgesetzgebung, son—
dern auf dem der Einzelstaaten, ich kam es aber hier ĩm
Rahmen meines Vortrages nicht unterlassen, daß wir großes
Gewicht auf eine möglichst gute Allgemeinbildung durch
die Schule, auf eine theoretifche Weiterbildung durch die
Fortbildungsschule und auf eine gründliche technische Aus—
vildung im Betrieb legen müssen.
Nun komme ich zur Arbeiterfragde. Meine soziale
Gesinnung habe ich nie gewechselt, noch abgeschwächt. Den
Armen und Elenden zu helfen, ist meine liebste Aufgabe.
Heute bestehen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern so
scharfe Gegensätze, daß sie zu einer beklagenswerten Spal—
tung in unserm Volkstum geführt haben. Ich meine aber
wer die großen nationalen Gesichtspunkte in den Vorder—
grund treten läßt, daß wir alle zusammengehören, darf
auch das Wohl des Arbeiterstandes nicht aus dem Auge ver—
lieren. Wenn es heute dem Arbeitnehmer, sei er Arbeiter
oder technischer oder kaufmännischer Angestellter, nur sehr
schwer möglich ist, sich eine eigene Existenz zu erringen, so
ergibt sich daraus mit Notwendigkeit die Fortführung
der sozialen Gesetzgebung. Wir dürfen uns nicht
auf den Standpunkt stellen, es ist genug, die Kompottschüssel
ist voll, so lange wir um 800000 bis 900 000 Menschen
jährlich wachsen, so lange wir einen Bevölkerungszuwachs mit
einer Steigerung unseres Handels und unserer Export⸗
industrie aufweisen, so lange dürfen wir auf Fortentwicke—
lung der wirtschaftlichen Sicherheit unserer breiten Unter—⸗
schichten, nämlich der Arbeiterschaft und der in abhängiger
Stellung befindlichen und immer stärker werdenden Hälfte
des Mittelstandes, der Privatangestellten, nicht nur nicht
verzichten, sondern müssen weiterbauen. Der größte Stand
unserer Volksgenossen muß unsere größte Sorge sein. Wir
alle haben gemeinsame Interessen, und es ist nicht wahr,
wenn man sagt, daß wir keine gemeinsamen Interessen haben.
Wir sind ein Volk von starkem Zusammengehörigkeitsgefühl,
von starkem Nationalbewußtsein, mag die So—
——
drückt die Ouvertüre die kleinbürgerlichen Szenen, die sich
heim Heben des Vorhanges auf der Bühne abspielen, und
odor der Kerkerszene ist die große Wirkung eben dieser Vor—⸗
gänge abgeschwächt; so aber durchlebt man die ganze Oper,
insonderheit die letzten ergreifenden Momente, noch einmal.
Die herrliche Ouvertüre wurde mit so genialer Nachempfindung
des von Beethoven Gedachten und Gewollten wiedergegeben,
daß das Publikum förmlich mitgerissen wurde und dem
Dirigenten mit starkem, aus dem Herzen kommenden Beifall
daukte. Der stets regen Phantasie unseres Oberregisseurs
Beyer hatten wir wieder eine reizende Neuerung zu danken:
Der erste Alt war in zwei Teile geteilt, und zwar spielten
ich die ersten Szenen in einem kleinen, bürgerlich ausge—
tatteten Zimmerchen ab, was einen weit inkimeren Eindruck
herverrief: Es fiel der Vorhang vor dem Marsch und erst
vbann erblickten wir die Bühne als Gefängnishof. Am Schlusse
zatte Frau Matzenauer sich ungezählte Male dem voll—
besetzten Hause zu zeigen und durch lauten, herzlichen Beifall
Dank und immer wieder Dank entgegen zu nehmen für das
unvergleichlich Schöne, das ihre Kunst uns geboten. Der
eiserne Vorhang war längst gefallen und das Haus dunkel,
ols das Publikum noch imbeweglich, wie eine Mauer, stand
und vergeblich auf das Wiedererscheinen der großen Künstlerin
wartete. M. Stiehl.
Wirkungsvorstellung für die Literarische Gesellschaft zu Lübeck.
Dichter⸗ und Tondichter-Matinée.
„Rokoko“.
Mittagsvorstellung für die Literarische Gesellschaft zu Lübeck.
schen Schauspielhaus in Hamburg.
Das Menuett und Finale aus Mozarts D-dur-Sinfonie,
unter Blumanns Leitung heiter und leicht gespielt, leitete stim—
mungsvoll hinüber zur einführenden Ansprache Direktor Hage—
manns. Der geschmackvolle Arrangeur der Matinse enthüllte
ein farbenprächtiges Vild jenes einzigartigen Zeitalters voll—
endeter Gesellschaftsbildung, der sich alle anderen Gesichts—
punkte unterordnen sollten. Natürlich lieh Dr. Hagemann
seinem Gemälde, im Hinblick auf das Kommende, die hellsten,
dransparentesten Farben. Wenn er auch das bittere, plötzliche
Aãsdemokratte dagegen sagen was lie will, em echtes beut
ches Volk, und wir mussen die Rolle durchführen, die
wir im Interesse unserer Gesamtkultur, unserer Gesamtnation
als deutsche zu erfüllen haben. n e an e
Im weiteren ging der Redner zu einer Erörterung über
die deutsche Kolonial- und Auslandspolitik über. Sierbei
tellte er vor allem die Marokkoaffäre und den Tripoliskrieg
in den Vordergrund. Im Interesse eines vollen Gedeihens
der deutschen Industrie und Arbeiterschaft trat er energisch
ür eine klare, zielbewußte Auslandspolitik ein. Um aber
ine solche klare, zielbewußte Auslandspolitik treiben zu können,
»edürfe es der Heranziehung weiterer, frischer Kräfte. Es
zgehe nicht an, und es habe keine sittliche Berechtigung, daß
ms einem kleinen Kreise alter Adelsfamilien
und Großgrundbeslitzer sich fast ausschließlich die
Männer rekrutierten, in deren Händen die auswär⸗—
ige Politik ruht. Der Kaufmann, der Kolonist müsse
in Kolonialfragen mitzusprechen haben. In diesem Sinne
volle er für das Mitbestimmungsrecht des Volkes eintreten
ind dann dem Vaterlande gern und freudig geben, was
»s zur Wahrung der Volkswohlfahrt, des Friedens und
der nationalen Ehre bedürfe.
—Die fin a n iette Lage des Reiches erfordert, so
uhr der Redner fort, die weiseste Sparsamkeit in
ßeeres⸗ und Flottenfragen. Nicht falsche Sparsam—
keit am unrechten Orte, wohl aber Sparsamkeit bei
iberfläüssigen Pomp, militärischen Schau—
tbetllungen und dergleichen. Was zur Verteidigung unferes
Baterlandes notwendig ist, werden wir gern bewilligen.
Insere Lage zwischen den Weltvölkern ist eine solche, daß
oir das allergrößte Interesse an der Erhaltung des Welt—
riedens haben müssen. Das aber hängt nicht allein von
ins ab. Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben,
venn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. Und wie die
Dinge liegen, sind wir mehr als jedes andere Volk auf
insere eigene Kraft angewiesen. Deshalb muß unser höchstes
Ziel sein, die Verhältnisse in unserem Vaterlande so zu ge—
talten, daß jeder sich als Staatsbürger wohl fühlen kann.
Wie aber soll Vaterlandsliebe gedeihen, wenn wir unsere
goistischen Interessen über die Interessen der Allgemeinheit
etzen, wenn wir die Lasten für die Heeres- und
Flottenvermehrung in so einseitiger Weise auf—
»ringen lassen, wie es bisher geschehen ist. Nur
venn wir diesen Standpunkt verlassen, dann wird auch
»ie wahre, echte Vaterlandsliebe, die bei manchem verloren
gegangen ist, wiedergewonnen und erhalten bleiben. Will eine
Nation groß werden oder sich ihre Größe erhalten, so kann
ie es nur, wenn alle national denken, fühlen und auch
handeln. Die Größe einer Nation baut sich auf dem Willen
aller Staatsbürger auf.
Lassen Sie mich zum Schluß die großen Punkte noch—
nals zusammenfassen: National: ich bin froh, daß ich
ein Deutscher bin und will mit allen Kräften dazu beitragen,
daß mein Vaterland stark und geachtet in der Welt da—
teht. Freiheitlich: ich will keinen Polizeistaat,
einen Staat, in dem wenige Mächtige das Wort haben,
einen Klassenstaat, keine Unterdrückung des freien
Worts. Sozial: ich will in erster Linie denen dienen,
ie es schwer im Leben haben, die mit der Not kämpfen
nüssen; aber ich will dabei keine einseitige Klassenpolitik
reiben und bin ein Gegner der allgemeinen Gleichmacherei
Ich ärgere mich nicht, wenn es jemand besser geht als mir.
Kicht jedem das Gleiche, aber ich sagte es schon vor
Jahren — jedem das Seine. — Das ist im großen
und ganzen der Niederschlag meiner Anschauungen, den ich
nisammenfasse in die Naumann-Worte: „Für des deutschen
Bolkes besseres Los, — Für ein einig Deutschland, mächtig
und groß, — Für deutsche Treue und deutsches Recht, —
Wollen wir kämpfen in Treue echt.“
Den mit donnerndem Beifall und ohne Zwischenfälle auf—
zenommenen Ausführungen des Herrn Klein folgte eine ergän—
jende Ansprache von dem Reichstagsabgeordneten
Dr. Wiemer.
Er stellte zunächst zwei nationale Gesichtspunkte in den Vor—⸗
dergrund. Das war einmal seine Zurückweisung der Behauptung
von gegnerischer Seite, dan die Fortschrittspartei einen Mangel
an nationalem Empfinden zeige. Seit ihrem nunmehr 50—
ährigen Bestehen habe vielmehr seine Partei bewiesen, daß
ie voll und ganz auf dem Boden des Reichsgedankens stehe.
Sie sei es zuerst gewesen, welche die Einigung Deutschlands
uinter Preußens Führung propagiert habe. Das Entscheidende
Ende all der Herrlichkeit und ihr fast spurloses Verschwinden
yvon der Weltbühne nicht verschwieg, so unterstrich er doch,
chon im Inleresse der Einheitlichkeit, verwandte Züge und ging
in den grellen Widersprüchen; düsteren Mystizismen und gäh—
ienden Abgründen jener widerspruchsbvollen Zeit vorüber. Und
vann entschleierte die Gardine eine allerliebste, vornehm bewegte
Hesellschaftstzene. In einem reichen Gartensaal bewegten sich
n anmutigsten Gruppen Damen und Kavaliere des ancien
6gime, bequem lässig, und doch jede Bewegung unter der
dontrolle raffinierten Anstandes. Das Sofa, neben der Kom—
node und der Vitrine das charatteristische Möbel der gesel—
igsten Zeit, bildet auch hier den Mittelpunkt. In seine
Polster schmiegen sich fächerschwingende Damen, auf seine ge—
chweifte Lehne stützen sich die Kavaliere, um nahe den rosigen
Ohren der Schönen bewundernde oder suffisante Bemer—
ungen zu tuscheln. Das zirpende Spinett spielt ein
leines Fräulein in Stöckelschuhen und weißer Perüde: Papa
zaydn hat das Wort. Dann drückt der Herr des
»auses; der Ordensbandgeschmückte, einem dunkeläugigen
zerrn ein Album in die Hand, schön in Seide de—
»unden, und die naiven, altklugen, drolligen
eufzenden und schmachtenden Lieder hören wir, wie Hölty
Sleim, Kästner, Weißer, Jacobi e tutti quanti sie
im murmelnden Bache, im Hain der Nachtigall oder an sonst
inem geeigneten Plätzchen sangen. Der Kavalier reicht dae
BZuch einer jungen Dame, und schalkhaft spielerische Reime
chmeicheln sich ins Ohr und lösen behagliche Heiterkeit aus
Tazwischen erfüllen köstliche kleine Lieder und Arien jedes Herz
nit süßem Wohllaut, begleitet von den zarten Tönen der
ilten Spinetts. Dankbar nähern sich die Kadaliere den hol den
Zängerinnen, wie Honigseim ist ihr Lob, doch selten ohne
as Pfefferkorn einer kleinen pikanten Pointe. Plaudernde
hrurpen finden und lösen sich, aus dem Gartensaale loct
er Blick in liebliche Landschaft mit lustwandelnden Pärchen
dun läßt ein reiferetr Edelmann sich den Lehnsessel von zwei
dienern in die Mitte des Gemäaches stellen. Behaglich schmiegt
r sich hinein, mit listigem Wohlwollen mustert er die auf
zorchende Versammlung und liest ihr dann die prächtigen
dierfobeln eines Lichtwer, Gleim, Gellert, gus denen es bies
veilen wie das Sausen einer unsichtbar geschwungenen Pritsche
vei der nationalen Gesinnung sei, daß man sie wentiger stän⸗
dig a uf den Lippen als mehr im Herzen bekunde. Sodann
nahm der Redner Gelegenheit, die Stellungnahme seiner Par⸗
zei zu den Militärvorlagen und der Besetzung von Staatsstellen
im Reich eingehender zu begründen. Er trat ferner für völlige
Bleichberechtigung a ller Erwerbsstände ean, verlangle eine frei—
heitlichere Gestaltung der Handelspolitik und bekundete im In—
eresse des gewerblichen Mittelstandes die Bereitwilligkeit seiner
Partei, ihm in seiner Sorge um die Existenz weitgehende
Unterstützung zu gewähren. Das gelte zwar nicht der Befür—
vortung des Befähigungsnachweises, wohl aber der Förderung
»on Unterrichtskursen, der Verbesserung des Bezuges von Roh—
toffen und des Absatzes der Produkte, sowie einer zweck⸗
näßigen Regelung des Gefängnis⸗ und Innungswesens.
Bei Berührung der Interessen des neuen Mittelstandes hob
er insbesondere die Bestrebungen seiner Partei hervor, noch
in dieser Herbstsessien das neue Pensionsgesetz für Privat—
angestellte in den Hafen zu bringen. Auf die Arbeiterfrage
eingehend, wies er hin auf den regen Anteil seiner Partei an den
sozialen Reformen, insbesondere hob er dabei die Mitarbeit
an der neuen Reichsversicherungsordnung hervor. Gerade hier
ei eine große Anzahl von Anregungen und Anträgen seiner
Pactei entwachsen, von denen einer der arbeiterfreundlichsten
die Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre ge—
wesen sei. Von einer Unüberbrücbarkeit des Gegensahes von
Arbeitern und Arbeitgebern könne keine Rede sein, das zeige
ich u. o. deutlich darin, datß gerade in Wahlzeiten die Sozial⸗
demokhratie sich als geneigt zeige, ihren Anhängern mit liberalen
Ideen zu kommen und ihr frasses Ziel möglichst zu ver—
züllen.
Die Ausführungen des Herrn Dr. Wiemer, dessen be—
'annte Taktik es ist, in den Vortrag hineingeworfene nichts
agende Schlagwörter sozialdemokratischer Halbstarker gebührend
tief zu hängen und in ein Nichts zu zerpflücken, wurden
viederholt durch größzre Kundgebungen unterbrochen. Eine
Beruhigung trat erst ein, als sich im Saale nur noch die
„anständigen Sozialdemokraten“ befanden. Dieser Ausdruck,
der aus dem eigenen Kreise fiel, verdient entschieden be—
ondere Beachtung. Mit großem Applaus trat Herr Dr.
Wiemer ab. Die kurze Diskussion brachte noch eine Ent—
gegnung des Kandidaten Klein auf den Zwischenruf „Wahl—
echtsräuber“. Dr. Wiemer wies zum Schluß die unsinnige
KTonstruktion „Ausbeuter und Ausgebeutete“, die der ein—
ige sozialdemokratische Diskussionsredner in die Versamm—
ung hineinschleuderte, sehr wirkungsvoll zurück. Die Ver—
ammlung wurde bereits um 614 Uhr geschlossen. Sie stellt
nach ihrem ganzen Verlauf einen großen Auftakt in dem
bürgerlichen Reichssstaägswahlkampf dar.
———— — 0 05e 2k.ee,,,e,e,errerrreer——
Neueste Nachrichten und Telegramme.
Der Tripoliskrieg.
W. Rem, 16. Okt. Corriere d'Italia meldet aus Tri—
polis: Nach der Uebernahme des Kommandos durch General
Caneva wurde in der katholischen Kirche ein Dankgottes—
dienft abgehalten. Dem Gottesdienst wohnten General
Caneva, die Behörden, das Konsulatskorps und zaählreiche
Offiziere bei. Land- und Marinetruppen leisteten Ehren—
bezeugungen.
Giornale d'Stalia meldet aus Taserta: VEinige italienische
Offiziere legten, als sie Kunde von ihrer Freilassung erhielten,
eine große Freude an den Tag und gaben ihren Kameraden, die
noch in Caserta bleiben werden, ein Dincr. Türlesche Offiziere
und Soldaten tauschen mit den italienischen ODifizieren und
Soldaten tauschen mit den italienischen Offizieren und Soldaten
Freundschaftsbeweide, sie sind erfreut über die brüder—
liche Behandlung, deren sie teilhaftig werden.
Der Herzog und die Herzoginvon Aosta besuchten in
Neapel das Hospitalschiff des Malteser Ordens. Graf Brazza
begrüßte im Namen des Großmeisters die Ritter, denen die
Fahne des Ordens anvertraut worden sei. Das Hospitalschiff
ging sodann nach Tripolis in See.
Corriere d'stalia veröffentlicht ein Telegramm aus
Smyrna des Inhalts, daß die 10000 Personen umfassende
italienische Kolomie immer beunruhigendere Nach—
richtenn erhalte. 200 Italiener, zum größten Teil Arbeiter.
wurden von einer Eisenbahngesellschaft, bei welcher sie arbei—
teten, entlassen, wodurch der Verkeyr in Unordnung geraten
ist. Die Italiener werden im Hafen bonkbottiert und die
Seagelboote neapolitanisser Fieccher beschlagnahmt.
—ñi—
klinat. Allgemeine Heiterkeit und Händeklatschen lohnt dem
trefflichen Gesellschafter, als er mit einer famosen, etwas zwei⸗
schneidigen Vointe das Buch zugeklappt hat.
Und dann will die Jugend ihr Recht: Das erste Pau
tanzt ein Menuett zu Boccherinis süher Weise, und zwei
weitere Paare machen den Beschluß der Assemblee mit einer
Gavrotto nach edler Gluckscher Musik.
Und wer waren die Mitwirkenden des heiter anheimelnden
Spiels? Rudolf Schürer las die alten Dichter in Perüde
»der Zopf, vielleicht anfangs noch mit zu starken Akzenten,
aber überaus sympathisch. Selma Wuttke fand unüber—
trefilich den tändelnden Ton und die schäkernde Grazie dieser
Nippsachen und Arno Hoß war ein prachtvoll altkluger,
*interhältig sarkastischer Fabelnerzähler. Sofie Betke muhte
sßoethes Lied an den Miond vortragen, das meines Erachtens
nicht mehr in das Rokolo der gestrigen Matinée gehört,
und es schien, als scheute die Vortragende sich angesichts der
gepuderten. witzelnden Gesellschaft, ein tieferes Gefühl zu offen—
daren. Das heitere Lied dagegen sprach sie frisch und lebendig.
Dilly Jansen spielte das Spinett ganz allerliebst, be—
zleitete die Kolleginnen emsig und gab selbit ein Liedchen
„um besten: nur eins, aber das wußte sie auswendig. Mar—
garete Ternitz hätte das „Veilchen“ wohl noch inniger
vringen können, gefiel aber im übrigen sehr. Ell a Kruse—
Tiburtius entzückte besonders durch das Schlummerlied:
ESchlafe. mein Prinzchen“, das sie wunderroll weich und zart
sang. Axel Holmauist nahm seine Piecen etwas schwer
und wandte sich ausschließlich ans Publikum. während die
anderen Herrschaften sich stets im Konnex mit ihrer Umgebung
hielten. Die beiden alten feinen Tänze wurden subid unt
vornehm aufgeführt.
Die originelle einheitliche Darbietung erzeugte bei der
Hörern dankbares Behagen.» S. OF.
—
Das Martin⸗-Greif⸗Zimmer. Im Fälorischen Museum der
Bfalz in Speier üst jetzt cin Mart in-Greif-Zimmert
ingerichtet worden. Es wurde vom Dichter testamentarisch dem
Museum seiner Vaterstadt vermacht. Die Zimmerecinrichtung
2 trauliches Biedermeier — ist so aufgestellt, wie der Dichtet
sie selbst in seinem letzten Heim in München gestaltet hatte