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Ausgabe 4.
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Tagesbericht
Lübeck, 15. Oktober.
NRye des Imf.⸗Rogts.
RPromenaden⸗Konzert 8 epee
— Sαν, . e ee lautet:
pen c — Teike. 2. Ouverture zu „Fi—
i r epoat Pg ven Iu ie aus Das Gidahen
garos deen pn n e Bauerntänze
des Eremiten von Maillart. 4. n r
von Merkling. 5. „Das erste Herzklop 8*
3. „. Im Zauber der Frühlingsnacht“, Walzer von vehen
d.. Stadttheater. Aus der Werenete dei
geschrieben: Heute e 8— ere
i stige Gesangspossen, — F —
Vd ee Abends 8 Uhr kommt Wihdaer⸗ reld
volle Operette „Der Bettelstudent“ mit Frl. Grete Braun vom
Zamburger Operettentheater als Gast in der Partie der —
zur, Wiederholung. — Montag geht Meyerbeers grobe ey
Der Prophet“ nochmals in Szene. —. Dienstas Vdemhe
ruer Einstudierung Shakespeares Tragödie Romeo und In ia
auf dem Spielplan. — Für Mittwoch befindet sich die pe⸗
rette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß in Vorbereitung.
Als Rosalinde gastiert Frl. Grete Braun vom Samburger
er.
Dreseieeaherieniheaier. Aus der Chegtertanglei Ggret
man uns: Heute gelangt das eripolgreiche uoiel e
und Heimat“ von Karl Schönherr zur nochmaligen Aufführung.
. Hansatheater. Aus der Theaterkanzlei wird
schrieben: Heute nimmt das Segommer⸗Gastspiel sein —*
und scheidet damit die in jeder Beziehung peere
zu nennende Künstlerschar von uns. Wer dieselbe noch nich
gesehen, hat heute noch Gelegenheit das Versäumte nm
holen. — Am Montag bleibt das Theater wegen Vorbernm aen
zu dem am Dienstag beginnenden Gastspiel des Original⸗
Parisianas geschlossen. Diese Gesellschaft, die bereits in de
letzten Spielzeit hier war, hat inzwischen an den oen
deutschen Varietés gastiert und überall seinen Ruf mehr aAmn
mehr befestigt. Bis auf weiteres stehen vier der namhaftesten
französischen Einakter allabendlich auf dem Spielplan, die auch
i eifall finden werden. J
Eine Reihe von Ansichten aus dem
schönen Thüringerland gelangt in dieser Woche im —
zur Ausstellung. Wir besuchen zuerst die romantisch ge rg
Wartburg und besichtigen das Innere derselben. Dann wir
ein Rundgang durch Eisenach unternommen, wobei uns das
Lutherhaus und die Villa Fritz Reuters ins Auge fällt.
Dann geht es durch die Drachenschlucht zum herrlichen
Annatal und weiter nach Wilhelmstal. Wer an jenen Orten
gewesen, wird sich beim Beschauen der Bilder gern dorthin
versetzt fühlen, und wer noch nicht dort war, wird die Bilder,
die erst neu aufgenommen, mit Vergnügen sehen. Wir empfehlen
den Besuch des Panoramas.
b. Rita Sacchetto, die ausgezeichnete und bekannte Tanz·
ünstlerin, die auf allen ihren Tourneen die größten Erfolge
erzielte, wie sie selten einer Künstlerin zuteil wurden, wird
auf ihrer diesjährigen Tournee durch Deutschland auch in
unserer Stadt wieder ein Gastspiel veranstalten, welches am
30. Oktober im großen Saale der Stadthalle stattfindet. Es
dürfte wieder ein künstlerisches Ereignis ersten Ranges wer⸗
den. Das diesjährige Programm der. Künstlerin ist anläßlich
des bevorstehenden Liszt-Jubiläums vornehmlich dem Andenken
dieses Meisters gewidmet, doch wird Frl. Sacchetto auch noch
ihre hervorragenden spanischen Tänze zur Darstellung brin—
zen. Den pianistischen Teil der Veranstaltung hat der Kla—
viervirtuose Herr D. Sapirstein übernommen, welcher nicht nur
die Tänze der Künstlerin begleitet, sondern auch in den Zwi—
schenpausen die Klaviersolis zum Vortrage bringen wird. Den
Kartenverlauf sowie das Arrangement hat die Firma F. W.
Kaibel in liebenswürdigster Weise übernommen.
b. Chopin⸗Abend von Raoul von Koczalsli. Der gefeierte
Künstler, dem unser musikliebendes Publikum schon so manche
unvergeßkliche Stunde reinen Genusses zu verdanken hat. will
uns noch, ehe er seine Auslandsreise antritt, einen Chopin—
Abend geben und zwar Freitag, 3. Nov. 714 Uhr abendz, im
Marmorseal. Der Besuch dieser Veranssastung wied sich r einen
erhebend künstlerischen Eindruck auf die Zuhörer hinterlassen.
b. Die Hauptversammlung des Neuen Frauenvereins findet
am Dienstag, 17. Okt., nachm. 5 Uhr im Evangel. Vereins—
haus statt. Es werden hierzu Mitglieder und Nichtmitglieder
eingeladen. Nach Mitteilungen des Jahresberichts über die
Tätigkeit des Vereins wird festgelegt werden, ob die Satzung
betreffs der Amtsdauer der Vorsitzenden eine Aenderung er—
fahren soll. Frl. Rösing wird dann über die in diesen
Tagen stattfindende Verbandstagung in Bremen einen aus
persönlichen Eindrücken gewonnenen Bericht ngeben. Hieran
schließt sich eine Aussprache und Peantwortuna etwaiger
Anfragen.
b. Der „Nationalliberale Verein für Lübeck und Umgebung“
macht seine Mitglieder nochmals besonders daran aufmerksam,
daß heute nachmittag 4 Uhr im Hansatheater, die erste öffentliche
Wahlerversammlung zugunsten der Kandidamne duliue Klei—
stattfinden wird. Im Interesse einer imposanten Kundgebung
des Bürgertums und seiner Vereinigung zum gemeinsamen
Kampf gegen die Sozialdemokratie wird um möglichst voll—
zähliges und zeitiges Erscheinen im Versammlungslokal gebeten.
b. Der kunstwissenschaftliche Vortrags zytluß von Herrn
Dr. Berthold Daun über „Die Malerei der letzten 50 Jahre“
wird morgen seinen Anfang nehmen. Herr Dr. Daun wird
mit dem Thema „Der moderne Impressionismus“ be—
ginnen und seinen Vortrag durch farbige Lichtbilder noch
interessanter gestalten. Die Doppelvorlesung beginnt um
229 Uhr und wird nach den ersten dreibiertel Slunden durch
eine kleine Pause unterbrochen werden. Auch an der Abend—
kasse sind Abonnementskarten für alle 4 Vorträge zu 6 M
und Einzelkarten zu 2 M, Mitglieder 2000 Ermäßigung,
sowie Schülerabonnements zu 3 Miund Einzelkarten zu
1 Mizu haben. An den Vortrag wird sich noch ein gemuüt,
liches Zusammensein anschließen.
b. Anfängerkursus in der Stenographie. Der Steno—
graphen-Verein Stolze-Schrey wird in der kommenden Woche
Anfängerkurse in der Stenoaraphie nach dem System Stuye
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C.
nniag, den 15. Oktober 1941.
Morgen⸗Blatt Nr. 523.
α
Schrey sür Damen, Herren und Kinder einrichten. Anmel⸗
»ungen hierzu werden an Herrn Lehrer Ernst Braune;, Mühlen⸗
zrücke 11III, erbeten. (Siehe Inserat.)
*St. Lorenzkirche. Am Mittwoch findet nachmittags 4 Uhr
in der St. Lorenzkirche ein Gottesdienst statt, zu welchem
ämtliche Konfirmanden beider Pastoren sich einzufinden haben.
G. Travemünde, 15. Okt. Fische reihafen. Gestern
wurde mit den Vorarbeiten für den schon seit längerer Zeit ge—
clanten Fischereihafen begonnen. Terselbe soll zwischen der
Kranzbrücke und der Wagenfähre geschaffen werden, um den
Fischereifahrzeugen einen sicheren Liegeßlatz zu geben. Einer der
tädtischen TDampfbagger und ein Spülbagger verholten eben-—
dahin, um die nötigen Erdarbeiten vorzunehmen..
Schleswig⸗Holstein.
Kiel, 15. Okt. Städtetag. Es ist in Aussicht ge—
nommen, den schleswig-holsteinischen Städtetag für 1912 nach
Ziel einzuladen.
Altona, 15. Okt. Die Errichtung eines Artil«
Jeriedepots ist in Aussicht genommen, wenn die Stadt eines
der neuen Fußartillerie-Regimenter als Garnison erhalten soll.
Die Stadt beabsichtigt das Stellinger Moor anzukaufen. um
dort dem Militärfiskus den für das Artilleriedepot notwendigen
Hrund und Boden gegen eine preiswerte Entschädigung zu uber⸗
lafssen.
ĩ Heide, 15. Okt. Ein verschwundener Güter—
makler soll sich der Wechselfälschung schuldig gemacht haben.
Angeblich handelt es sich um einen Wechsel über 18000 M.
zer auf einen Landmann in der Umgegend von Flensburg ge⸗—
ogen ist. Der Verschwundene hat die Reise über den großen
Teich angetreten.
Großherzogtum Oldenburg, Fürstentum Lübeck.
Eutin, 15. Oktt. Nie dergebrannt ist in Liensfeld das
Wohnhaus und die Scheune des Hufners Tohm.
Lauenburg.
Lehmrade, 15. Okt. Vom Jagdglüch begünstigt
wurde Zennig hierselbst. der in seinem Revier, und zwar mor—
gens und abends, je einen Achtender-Hirschbullen erlegte.
Großherzogtümer Mecklenburg.
Schwerin, 15. Okt. Der Großherzog Pro—
ektor des Mecklenburgischen Feuerwehr-Ver—
zandes. Dem geschäftsführenden Ausschuß des Mecklen—
»urgischen Feuerwehr-Verbandes, z. H. Senator Thode zu
Hüstrow, ist vom Großherzoglich Mecklenburgischen Mini—
terium des Innern in Schwerin die Mitteilung geworden,
»aß der Großherzog, der ihm mündlich vorgetragenen Bitte
ntsprechend, das Protektorat über den Mecklenburgischen
Feuerwehr⸗-Verband übernommen hat. — Eine öffent—
iche Belobigung. Dem Primaner des Gymnasium
zrideritieanum zu Schwerin Erich Weinrebe wurde am Frei—
ag durch den Direktor der Anstalt auf Allerhöchsten Befehl
in Belobigungsschreiben des Großherzogs für seine wirk—
ame Hilfe bei der Errettung des Kanoniers Lockenvitz vom
Tode des Ertrinkens vor versammelten Schülern überreicht.
— Zur Durchführung der Reichsversicherungs—
»rdnung sind für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin
»ie Errichtung eines Oberversicherungsamtes und 7 Ver—
icherungsämter vorgesehen. Die Leitung der Versicherungs
imter soll einstweilen kommissarisch durch jüngere Juristen,
zerwaltungsbeamte und Rechtsanwälte erfolgen. Die Kosten
er Einrichtung sind zu 100 000 Muveranschlagt. Das
Iberversicherungsamt wird seinen Sitz in Schwerin haben.
für das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz sollen ein Ober—
versicherungsamt in Neustrelitz und ein Versicherungsamt in
deubrandenburg eingerichtet werden. was einen Kostenauf—
vand von 22000 Mäerfordert.
Rostock, 158. Okfkt. Konflikt zwischen Rat und
Zzürgervertretung. Unser Stadtparlament sollte auf
fkinladung des Rats eine Ratsherrenwahl vornehmen. Vor
Beginn der Wahlhandlung wurde aus der Bürgervertretung
zie Frage an den Vorsitzenden gerichtet, ob eine Antwort
»es Rates auf die letzte Emgabe der Bürgervertretung
negen der Wahl besoldeter nichtrechtsgelehrter Senatoren
ingegangen sei. In dieser Eingabe beharrt die Bürger—
chaft auf ihrer Forderung, daß in Zukunft mit dem Grund—
atze der lebenslänglichen Anstellung zu brechen sei. Der
zorsitzende erklärte, daß die Antwort des Rats noch nicht
ingegangen sei. Es entspann sich nun eine kurze Aus—
prache, in der dargelegt wurde, die Bürgervertretung habe
rwarten dürfen, daß der Rat vor der Vornahme der
Pahl seine zukünftige Stellungnahme zu der Frage der
ebenslänglichen Anstellung darlegen werde. Von bürger—
icher und von sozialdemokratischer Seite erging hierauf an
„ie Bürgervertreter die Aufforderung, den Saal zu ver—⸗
assen, und dadurch die Beschlußunfähigkeit herbeizuführen.
Fast sämtliche im Saale anwesenden Bürgervertreter ent—
ternten sich dann auch aus dem Sitzungssaale, worauf die
Heschlußunfähigkeit vom Vorsitzenden festgestellt wurde, so
daß die Wahl nicht vorgenommen werden konnte. E. E. Rat
hat jetzt jeden Bürgervertreter zu morgen mittag schrift—
ich eingeladen zwecks Vornahme der Wahl. Wer nicht er—
cheint, hat drei Mark Strafe zu zahlen.
Ludwigshust, 158. Okt. Ueberlandzentrale. In
einer von über 250 Interessenten besuchten Versammlung hielt
Zerr Direktor Schwennicke von der Ueberlandzentrale
Lübed einen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag.
Es wurden einige Beschlüsse gefaßt, durch welche die Einführung
»er Elektrizität wesentlich gefördert wird. Ein Ingenieur der
Ueberlandzentrale wird durch Besuch der Interessenten über die
Anwendung der Elektrizität, Anschaffungs⸗ und Betriebskosten
den Interessenten weiteren Aufschluß geben. Es sind sofort über
10 Glühlamven verbindlich gezeichnet worden.
——— —
Nach dem Suͤs-Gebiet.
Reisebriese pon Rudolf Zabel.
V.
Wie es um die deutsche Schutzherrschaft aussteht.
J Leider steht hier unten bei den Eingeborenen der. deutsche
Schutz nicht so in Ansehen, wie man es wünschen könnte. Ich
ann nicht beurteilen, woran das liegt, noch nicht. Aber ich
'alte es für meine Pflicht. die Tatsache nicht au unterdrücken,
die mir von hochangesehenen Veutschen im Lande miätgeteilt
ist und die dringend der Aufklärung bedarf, wonach deutsche
Mochalatten (chutzbefohlene) und Semsare
Handelsagenten“ mit verstärktem Schutz, der die Perfönlich—
eit sogar der Verhaftung durch marokkanische Behörden ent⸗—
ieht) in einer allerdings auffallenden Weise drangsaliert werden
ioIlen.
Hunderte von Fällen — hat man mir versichert — liegen
por, in denen deutsche Mochalarten, und fast nur
lolche, den Diensten von Deutschen willkürlich ent⸗
ogen sind, meistens unter Vorwänden, die sich später nicht
ils stichhaltig erweisen. Oft wurden sie unter der Anschuldigung
on Vergehen und Verbrechen ins Gefängnis geworfen, nament⸗
ich dann, wenn sie zu den Landarbeiten benutzt werden sollen,
ind wurden so lange festgehalten, bis die Zeit der Arbeit
dorbei und der Deutsche wenigstens teuflisch schikaniert worden
war. Zwei besonders krasse Fälle sind mir von der Be—
handlung deutscher Semsare mitgeteilt worden, für deren Tat—
achen ich meinen Gewährsleuten die Verantwortung überlasse,
ind von denen ich nur einen Fall mitteilen will, dessen Einzel⸗
jeiten charakterisieren, auf welche Weise die Franzolen in
Hemeinschaft mit gewissenlosen und ausbeutungslüsternen Kaids
s verstehen, Verträge und geltendes Recht zu
nißachten — eine Warnung, darauf zu vertrauen,
wenn die Franzosen für den Fall, daß man ihnen
weiterhin die Macht in Marokko beläßt, wirtsschaftliche
ßHleichberechtigung versprechen:
Ein deutscher Semsar aus Rabat, ein wohlhabender Mann
lzu Semsaren macht die Gesandtschaft nur solche Eingeborene,
die in jeder Hinsicht als verfrauenswürdig erwiesen sind),
zatte auf einem regulären Mackte bei Mehediya eine Ochsen⸗
serde gekauft und begleitete den Transport nach Rabat. Unter—
vegs wird der Semsar von einem französischen Posten ange⸗
Jalten. Der Offizier behauptet, eine Anzahl der Ochsen trüge
den französischen Stempel — sie seien gestohlen! Der deutsche
Zemsar antwortet, er hätte die Ochsen auf dem Markt ge—
auft. Wenn die reklamierten Tiere Eigentum der Franzosen
vären, so möge der Offizier sie sie nur ruhig nehmen. Er
enne die Verkäufer und werde sein Geld von diesen schon
vieder bekommen. Der Franzose läßt sich darauf nicht ein,
ind trotz des ausdrücklichen Hinweises cuf die Eigenschaft des
Marokkaners als eines Semsar wird dieser verhaftet. Der
zest der Ochsen geht nach Rabat weiter. Der Semsar wird
inter die Straßenfeger — eine Strafkolonne — eingereiht
ind zu den widerwärtigsten Arbeiten verwendet — er, ein
vohlhabender, hochangesehener Eingeborener, Vertrauensmann
ꝛiner hochangesehenen deutschen Firma, der gesetzlich und laut
Staatsverträge überhaupt nicht in Marokko ohne Zustimmung
der deutschen Konsularbehörde verhaftet werden darf! Und
die Franzosen sind doch laut eigensten Pronunciamentos nur
oie Mandatare des Sultans, rangieren also nicht außerhalb
der Verträge! Kurzum, das Konsulat in Rabat telegraphiert,
zie Gesandtschaft telegraphiert, das Auswärtige Amt telegra—
hiert, um den Semsar aus seiner unschuldigen und vertrags—
vidrigen Haft zu befreien. Darüber vergeht Zeit — genug
Zeit, um dem Kaid von Rabat klar zu machen, daß es mit
»er Wirksamkeit des deutschen Schutzes doch recht flau bestellt
ein muß, wenn es den deutschen Behörden in allen Instanzen
nicht gelingt, den Mann frei zu bekommen. Da ihn, den
Zais, berufsmäßig danach gelüstet, jeden Nachbarn „aufzu—
essen“, wie der Ausdruck lautet, wenn er nur kann, so läßt
er der in Rabat wohnenden Familie des Semsars — die be—
annte Methode — nachts eine Leiche vor die Haustür legen
uind behauptet am andern Morgen: „Ihr habt den Mann
zetötet!“ Die Familie wird verhaftet und ins Gefängnis
zeworfen, das Vermögen eingezogen und verwendet. — Die
Affäre soll zirka drei Monate alt sein, aber angeblich soll
»er arme deutsche Semsar noch nicht frei sein, oder. wenn
er frei ist, noch nicht lange frei sein.
Das Interessanteste an dieser Affäre aber ist die Tatsache,
daß dieser Fall — er steht nicht allein da — sich bis hinunter
nach dem Süden Marokkos unter den Eingeborenen rerbreitet
jat, und daß man sich daher nicht zu wundern braucht, wenn
iuch die von den Eingeborenen eben nicht richtig verstandene
Ruhe vor Agadir“, trotz des Kriegsschiffes, den Deutschen als
zchlappheit, alls Feigheit ausgelegt wird. In der Tat ver⸗—
angen eine Reihe angesehener Kaids im Sus
inenergisches Festsetzen der Deutschen — wahrlich
ticht aum deren blauer Augen willen, sondern aus rein ma—
eriellen Gründen — das ist klar!
Die Nachrichten über die Ereignisse in Marokko laufen genau
o schnell, wie die Fama auch anderswo, und mit tiefem Miß—
behagen beobachteten die Susleute die Ereignisse in Casablanca,
m Gharb und die vollkommene Absorbierung des Machsens
durch den französischen Einfluß. Und mit noch schlimmeren Ge—
ühlen hat man davon Kenntnis genommen, wie die Fran—
soseninCasablancaundandersworücdsichts- und
ewissenlos mit marokkanischem Privateigen—
umumgegangensind. Okkupation, manchmal unter einem
Mäntelchen der Legalität, manchmal ohne dieses, waren und
ind jetzt bei den Franzosen an der Tagesordnung. Die Sus—
Leute wissen ganz genau, daß ihnen das Gleiche bevorsteht,
ind darum haben sie Angst davor und wählen — wenn schon —
»as kleinere Uebel, die Deutschen, deren Ansehen und Ruf aber
nindestens so intakt ist, daß das ganze Sus davon überzeugt
st, daß selbst eine deutsche Okkupation das Privateigentum
chützen wird. Und die Idee hat, nebenbei bemerkt, fast noch
mehr Anhänger bei den wirtschaftlich Schwächeren als bei den
Zaids, da der Privatbesitz sehr häufig im Kaid einen gefährlicheren
ßegner hat als im okkupierenden Franzosen. In der Tat ist
es die höchste Zeit, daß auch deutscherseits die Be—
timmungenüber die Schußzgenossenschaft im In4-
teresse der deutschen Firmen liberaler und im
Interesse des deutschen Ansehens nachdrücklicher
rehandhabt werden, da der Schutz von Freiheit und
Figentum seiner Schutzgenossen in Marokko für das Deu tsche
Reich mindestens ebenso sehr eine wirtschaftliche wie eine Prestige⸗
Frage ist, eine wirtschaftliche deshalb, weil zunächst allein die
Bestimmungen über die Schutzgenossenschaft es sind, die eine
ee für den Schutz des Privateigentums in Maroffa
bdeben