Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausqabe 4 
Tagesbericht. 
p Lüubeck, 12. Oktober. 
N Rel'g'öse Serbsivortrüge. Im ersten der dies jährigen 
religiösen Herbstvorträge behandelte Herr Pastor Lütge den 
Faull Jatho. Redner führte vor einer un ewöhnlich großen 
Zahl von Zußbrern — die Aula des Johanneums bot faum 
Raum genug· alle Besucher des Vortra zes zu fassen — etwa 
folgendes aus: Seit langer Zeit habe keine kirchlichreligiöse 
Angelegenheit die Gemüter weitester Volkskreise so aufgeregt 
und die Zeitungen der verschieden?en Richturgen so ei icehnd 
Ind andauernd beschäftigt, wie der Fall Jatho. Diese Erschei⸗— 
iungen dürften als hoch erfreuliche angesehen werden; seien sie 
och ein Bewrcis dafür; daß ücchlich-re'i iüöse Fragen wieder sehr 
ebhaftem Interesse bezegneten, was früher nicht der Fall ge— 
vesen sei. Daß die Geistlichen sich zu dem Fall Jatho 
iußerten, sei sesbstverständlich. Hier in Lübeck seien die reli⸗— 
iösen Serbstvorträge nach dieser Richtung hin der gegebene 
At dazu. Es wäre aber auch nichts dagegen zu sagen gewesen, wenn, 
die dies auch anderweitig vielfach geschehen sei, der Fall Jatho 
auf der Kanzel behandelt worden wäre. Davon hätte die hiesigen 
weistlichen auch der Fall des Pfarrers Kraatz. dessen Gottesdienst 
hekanntlich durch einige milißärfromme und schneidige Offiziere 
dadurch gestört worden sei, daß Fe, weil es ihnen nicht recht 
war, was Kraatz über den Fall Jatho sagte, mit ihren Mann⸗ 
schaften die Kirche während der Predint verließen, nicht ab⸗ 
halten lönnen⸗ wenngleich hier in Lübeck die Geistlichen die 
Angelegenheiten wohl etwas geschickter und taktvoller behandelt 
und angefangen,; aber auch den preußischen Militärbe hörden 
egenüber etwas mehr s. ut und Festigkeit gezeigt hätten als es 
as Konsistorium getan habe, dem Pfarrer Kraatz unterstellt sei. 
die Lübecker Geistlichen hätten aber den Fall Jatho nicht auf 
er Kanzel behandelt, weil sie wühten, daß unter ihren Kanzeln 
nicht wenig Leute säßen, die von solcher Sache nichts hören 
vollten und auch nichts zu hören brauchten, und auch diesen 
vollten die Geistliceen dienen. Redner wandte sich sodann dem 
ogenannten preußischen Irrlehregesetz zu und führte aus, dieses 
iei keineswegs als ein Ueberbleibsel aus dem Mittelalter, a's 
ein Fehmgericht oder Ketzertribunal anzuschen, sondern —*& 
dem bisher geltenden Disziplinargesetz gegenüber insofern einen 
Fortschritt, als Abweichungen vom Bekenntnis der Kirche nun 
nicht mehr wie früher bestraft werden, sondern unter Ausschluß der 
Worte Schuld und Strafe durch das Spruchkollegium, festgestellt“ 
werde, ob die Irrungen in der Lehre so groß seien, daß unte 
pd atichter Schonung der wirtschaftlichen Existenz dem arte 
lichen die Fähigkeit zur weiteren Fuhrung — * Amtes * 
Asprepen sei. Die außerordentliche Erregung, die der 8* 
pruch des Kollegiums hervorgerufen habe, crtlare sich b 
gesehen von der weitverbreiteten Abneigu —88 
von „Ketzergericht“ z. T. daraus 8* n aegen ienn t 
gewesen sei, sich in ganz seltenem —* — 
romme und freudige Persönlichkeit die dankbare —— 9* 
weiter Kreise, insonderheit seiner eigenen Geme inde un 
werben. z. T. aber auch aus Jathos religiös zu 
Nach Verlesu —— 
esung des von Jatho vor 12 Jahren verfaßten t 
— Vgudenspetanntrunes— dem man es freilich 
merke; da In 333 
erre dan Mhr anh zu verstehen sei. erörterte Redner 
te, zu denen Jatho auf Veranlassung des Ober⸗ 
tirchenrates sich zu äußern hatte: Gottesoorllellung, Ans ud , 
Thristentums auf Abso ucheit. Sunde und Sculd. mit —— 
der Erlösung, bleibende Bedeutung des —— Jesus u 
neeys persönli hen Fortlebens nach dem ,, 
ge sich in seiner Antwort als Mystik de 
erkenntnis wenig, am Gottesleb — Noit 
Punkten aber weiche er so sehr ee In allen drf 
aur in orthodoxen Kreise n VWae Man dicht kima 
— reisen, als evangelische Lehr 
baß die Frage ob er noch auf einer ische Lehre ansehe, ab, 
oulden sei, zunächst berechtigt erschein ——— danzel 
ewige Werden“, „das Bewegliche, * — 
versoniftzieren; eine Selbstandigteit Gotte n en de 
etkenne er nicht an, die Absolutheit des 8 genuber de tWelt 
leugnet, die menschliche Natur als heili neme me— 
einer Selbsterlösung sei die Rede, * t net —— 
* int Jesus, sondern die sich edie ede ä 
usidee ezeichnet, das persönli end i⸗ 
——— e een nach dem Tode 
Ausführungen Jathos gu jedem 8 — —8 
eitsmomente, die d 75 4 F e Wahr⸗ 
dürften. So z. B. een Vre lorn gebn 
ãußer⸗ und überweltlichen Gotte n Den aneeed 
wir sein Wirken vor allem in v r — 
in einer uns unwahrscheinlich anee sehen sollten, das 
Naturgesetze bestehe, auch beduürfe n Durchbrechung der 
Vorstellung vom Jenseits, welche —8* de pr eree 
das Wiedersehen lieber AAngehori diswelen e iehehe 
der Vertiefu nei iger zum Inhalt habe,. se 
ng. Und sei denn das er 
absoine delgiondeae n Christentum wirklich die 
7 Zeiten und alle Völker die r e heden. fur 
ufe nicht Jesus selbst i er u 
u sich oft in ganz anderer Weise die Mensch 
als nur durch die Verkündung de enhen 
enn zu leugnen, daß von seiten ð d irdhe 
wden a d her enien der un wen Ireig guundiat 
ni athen vinezehnanne der Difen vonaen Gottes die 
— J geworden sei? Eine Selbsterlösung 
aber auch Jatho nicht sF nmöglich. Von einer solchen spreche 
ho nicht, sondern er sprech i 
er tatsächlich meine. Die rettende er e , 
u e su vete ee eun I 
maligen Opfer cuf Golgatha, n guch diht in dem ein⸗ 
sich vollziehenden Vargang jed n r — — 
in aesene e nen reepenchen de 
— 5— r Jesum den Glauben an sich und 
ndenvergebenden Willen wirk 
man nicht ohne Grund hesagt. die n e. Darum habe 
qubanuma Jathos sei die Geheimreligion eeee 
3 3 Die Auffassung Jathos von der —S 
et ere Die historische Bedeutung Christi sei noch —* 
—— Ein Zurückgreifen auf Christus sei für di 
* gelische Kirche unbedingt notwendig. Aber man kö J 
ch nicht der Tatsache verschließen, daß onne sin 
meinden gute Christen gebe, bei * pes reen —* 
Thristus nicht stattfinde und das ne durneen d 
ne et tthrrg wirksam sei, was Jatho 
. Jatho wisse auch nichts von einem persön— 
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Donnerstag, den 12. Gktober 1911. Morgen⸗Blatt Ur. 517. 
—— 
———— 
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lichen Fortleben nach dem Tode. Ein Christentum ohne diese 
doffnung sei aber ein unbefriedigender Torso. Indessen sei 
s angängig, einen Geistlichen, der durchaus Christ sein wolle 
ind sich ehrlich auf die Bibel und Luther berufe, abzusetzen 
nd seine Anhänger als vollberechtigte Glieder der Kirche 
elten zu lassen? Sei denn die „reine Lehre“ überhaupt das 
ntscheidende in der Wirksamkeit eines Geistlichen? Ein Geist— 
cher sei doch nicht in erster Linie ein Lehrer, sondern habe 
ie Aufgabe, christlich-religiöses Leben zu wecken und zu stärken. 
Bas würde doch wohl Jesus sagen zu der Betonung der reinen 
ehre? Es dürfte ihm wohl recht fremdartig anmuten. „An 
zren Früchten sollt ihr sie erkennen“ sage Jesus von seinen 
»ahren Jüngern, also nicht an der intellektualistischen Fassung 
es Glaubens. Betrachte man Jatho von dieser Seite, werde man 
Im das Zeugnis nicht versagen können, daß er sich in seinem 
Landel bewährt habe und seine Wirksamkeit als eine gute 
rucht anerkannt werden müsse. Und einen solchen Mann solle 
ie erangelische Kirche nicht ertragen können, wo sie doch so manchen 
drediger Urage und tragen müsse, der kein religiöses Leben 
1mmerwecken vermöge. Den Gemeinden sei es einerlei, ob ihr 
zeistlicher etwas mehr liberal oder orthodox sei. Aber müsse 
⸗»Nnicht doch irgendwie eine Girenze der Lehrfreiheit in der 
irche geben? Tatsächlich hätten wir auch solche Grenzen ohne 
rrlehregesetz und Spruchkollegium in der vor Antritt des Amtes 
ort Geistlichen übernommenen sogenannten Lehrverpflichtung. 
döge diese, wie gottlob bei uns in Lübeck, auch noch so weit— 
erzig lehandhabt werden, sie bleibe eine Verpflichtung und 
rüsse den, der im Laufe seiner Weiterentwicklung mit dem evan— 
elischen Christentum zerfalle, treiben, sein Amt niederzulegen. 
ür den in der Praxis kaum vorkommenden Fall, daß ein solcher 
zeistlicher gefunden werde, der doch nicht zur Amtsniederlegung 
1bewegen sei, ein Irrlehregesetz zu machen, sei kaum anzu— 
aten, denn erstens fehle es uns an einer objektiven Norm, 
n der bei der Urteilsbildung gemessen werden könne, da wir nicht, 
siie die katholische Kirche im Papste, eine äußere Autorität 
ür die Auslegung der heiligen Schrift hätten und anerkennen 
ollten, und zum anderen werde durch das bloße Bestehen 
mnes solchen Gesetzes gar zu leicht das sittlich verwerfliche 
)enunziantentum gefördert, das jetzt schon in Berlin böse 
jrüchte zeitige. Wir hätten allen Grund, uns in Lübeck 
ach dieser Richtung hin vor voreiligen Schritten zu hüten 
nd wollten uns an der schönen Aufgabe beteiligen, die ein 
züddeutscher mit Unrecht nur für Süddeutschland in Anspruch 
ehme: „die notwendigen geistigen Kämpfe innerlicher zu fuüͤhren 
ind auch in anders Denkenden die christliche Religiosität zu 
espektieren.“ 
Nachricht für Seefahrer. Das Küstenamt in Kiel meldet 
intern 11. d. M. folgendes: „In Rieler Bucht Zwei— 
naster „Therese“ gesunken auf 15 Meter Wassertiefe. Nörd— 
ich davon liegt grüne WrackLeuchttonne mit Nordtopp- 
eichen aus; sie zeigt 83 Meter über Wasser grünes unter— 
zrochenes Feuer mit Einzelunterbrechungen von 1 Sekunde 
Ddauer, Wiederkehr 6 Sekunden. Ungefähre Lage 54 Grad 
'8,1 Minuten Nordbreite 10 Grad 21,1 Minute Ost-Länge.“ 
0- Anterschlagung. Von einer Logenschließerin des 
iesigen Stadttheaters wurde Anzeige wegen Unterschlagung 
ines Opernglases erstattet. Das Opernglas ist mit schwar—⸗ 
em Leder bezogen und auffallend groß. 
Die Wasserwärme in den städtischen Badeanstalten be⸗ 
rug am 11. Oft.: im Krähenteich 11 Grad Cels., auf dem 
Falkendamm 11 Grad Cels. 
—2 
damit sich die Teilnehmerinnen von ihrer Güte überzeugen. 
Kosten erwachsen ihnen in keiner Weise. 
b. Der Verein zur Fürsorge für entlassene Gefangene und 
ittlich Verwahrloste veranstaltet am Donnerstag, 19. Okt., 
ibends 8 Uhr, im großen Saale der Gesellschaft zur Be— 
örderung gemeinnütziger Tätigkeit einen Vortragsabend, auf 
velchem der Schriftführer des Deutschen Nationalkomitees zui 
Bekämpfung des Mädchenhandels, Herr Maijor a. D. Wa— 
gener, über „Ausdehnung und Bekämpfung“ des Mädchen⸗ 
handels“ sprechen wird. Das Verbrechen des Mãdchenhandels 
st eins der scheußlichsten, welche es überhaupt gibt. Maior 
Wagener hat weite Reisen unternommen, um sich genau über die 
Iniffe der Mädchenhändler zu unterrichten; er scheint daher 
n besonderem Maße dazu berufen, das Publikum über die Ge— 
ahren der Verführung aufzuklären, die auch in Deutsch— 
and der Frauenwelt von skrupellosen Mädchenhändlern drohen. 
So haben denn auch seine Vorträge überall, wo sie gehalten 
vurden, großen Beifall gefunden. Wir hoffen, daß auch in 
dübeck das Interesse an dem Besuche dieses Vortrages sehr rege 
ein wird. 
b. Oeffentliche Trinkerfürsorgestelle (Marade 1). Nächste 
2prechstunde am Freitag, dem 13. d. M. abends 6—7 Uhr. 
shdttubdacecRaMhl bitchuoMct oeu Mchtt 
UH. Travemünde, 11. Okft. Das Güterrollfuhraz« 
vesen und die Gepächbesorgung, die bisher viel zu 
zünschen übrig liehen, sind seitens der Lübeck-Büchener Eisen— 
ahmwwerwaltung seit dem 1. d. M. dem Fuhrwerksbeslitzer Heinrich 
ztender, Kurgartenstr. 1-93, Fernsprecher Nr. 141, übertragen 
borden. Es sei hierbei noch darauf aufmerksam gemacht, daß 
ie bisherigen Rollgeldsätze seitens der Eisenbahn bedeutend er— 
aäßigt sind und auch die Gepäckbesorgungstaxe erniedrigt ist. 
duf den Bahnhöfen sind bei den Zügen Gepäckträger des ge— 
iannten Unternehmers anwesend. Mit Ende Dezember d. J. 
rlöschen auch die zurzeit bei der hies. Güterabfertigung hinter— 
egten Erklärungen betr. Verbetens des Zurollens der Eil- und 
Frachtstückgüüter. — Eisenbahnpersonalien. Nach Ein— 
tellung des Betriebes des Strandbahnhofes sind von hier ver. 
etzt Eisenbahndiätare Voß und Elwers nach Lübeck Diäta. 
karth nach Schlutup, Diätar Peters nach Ahrensburg, Diätat 
Hencke nach Ratzeburg. Der Eisenbahnassistent Reich, welcher 
zier zurzeit noch Urlaubsvertretungen ausführt, wird mit Ende 
dieses Monats von hier versetzt werden 
Schleswig⸗Holstein. 
Kiel, 12. Okt. Eine Aenderung der Promo— 
tionskosten wird von der philosophischen Fakultät der hie— 
igen Universität angestrebt. Sie hat an die Dekanate der 
rakultät aller preußischen Unidersitäten ein Rundschreiben er— 
jzehen lassen, worin sie darauf hinweist, daß die Promotions- 
osten im Vergleich zu der für das Dekanat damit verbundenen 
Arbeit und im Vergleich zu den Gebühren, die Promovierende 
inderer Fakultäten zu leisten hätten, zu geringfügig seien. Die 
Regierung soll daher ersucht werden, den Wünschen der philo— 
ophischen Faklultäten Rechnung zu tragen. — Mißglückter 
Bersuch, Waldvysgel heimisch zu machen. Im Laufe 
ieses Sommers unternahmen nerschiedene Vereine den Versuch 
mm Gehege bei Melsdorf einenmitteldeutschen. sehr schönen Wald 
»ogel, die Blaurake, einzuführen. Der „Bund für Vogelschut“ 
n Kiel ließ eine große Voliere errichten und der „Verein der 
Liebhaber von Waldvögeln und Exoten“, ebenfalls in Kiel, be— 
schaffte mehrere Blauraken. Leider aber muß dieser erste Ver— 
such, diesen Vogel bei uns heimisch zu machen als mißalückt 
angesehen werden. 
Kieb, 12. Okt. Ein Unglüdsfall ereignete sich Mon⸗ 
lag abend auf der Germaniawerft. Der Arbeiter Dahm war 
ruf dem Plattenlager beim Stempeln von Panzerdecksplatten 
eschäftigt. Im Begriff, eine Platte von den Klammern des 
Drahtseils zu lösen, wurde er von den gestempelten Platten,. 
»ie ins Rutschen kamen, zu Boden gerissen und kam mit dem 
Kopf zwischen zwei Stempelplatten zu liegen. Dahm wurde 
ofort getötet. Ein zweiter Arbeiter, der zur Seite stand und 
»on fallenden Platten umgeworfen wurde, lam glücklicherweise 
nicht unter den Platten zu liegen. Er erlitt ind sser bei dem 
Fall eine Beckenquetschung. 
Oldesloe, 12. Okt. Fürst Bülow ist zum Besuch 
m Schlosse Blumendorf eingetroffen. Der Herr des Hauses,. 
taiserlicher Gesandter Freiherr Rücker v. Jenisch befindet 
ich beim Gefolge des Kaisers und wird erst Anfang No— 
ember, wenn die großen Jagden beginnen, auf seinem 
tolzen Serrensitz eintreffen. Fürst Bülow ist ein Ver— 
dandter der freiherrlichen Familie — Eigenartiger 
rund. Als der Bahnwärter Riecken-Brunkaten seine Strecke 
bging, fand er auf dem Gleise die Leiche eines neu— 
‚eborenen Kindes. Es liegt die Vermutung nahe, daß es 
ich um eine heimliche Geburt handelt und das Kind auf 
iese Weise von der unnatürlichen Mutter aus dem Wede 
eräumt worden ist. 
Alt-Rahlstedt, 12. Okt. Seltsames Ver— 
ahren! Eine mit zahlreichen Unterschriften von Einwohnern 
er Gemeinde Alt-⸗Rahlstedt versehene Eingabe ist an das Ge— 
icht in Altona gesandt worden. Die Eingabe enthält die Bitte, 
n der demnächst vor der Strafkammer in Altona stattfindenden 
Feuptverhandlung gegen den l2jiähr. Knaben Karl Hoffmann, 
»er das Dienstmädchen Firch in Alt-Rahlstedt durch einen 
Nesserstich in den Hals getötet hat, die Jugend des Ange— 
lagten zu berücksichtigen und ihn möglichst mil de zu be— 
trafen. Der Junge befindet sich schon seit mehreren Monaten 
n Altona in Untersuchungshaft. Beschwerden gegen seine Ver— 
aftung sind sowohl von der Straflammer, als duch vom Ober— 
andesgericht zurückgewiesen worden. 
Flensburg; 12. Oftt. Eine teure Bierreise. 
kinem Landmanne aus Fröslesr lam eine Bierreise teuer zu 
tehen. Als er von seinem Rausche erwachte, fehlten ihm seine 
Brieftasche mit acht Hundertmarkscheinen. ein Bankbuch und 
ein Wechseb über 900 M. 
Großherzo gtümer Medclenburg. 
X Rehna, 12. Okt. Ihre Diamanthochzeöt feierte 
Dienstag das Malermeister A. Meyersche Ehepaar. Dem 
Fubelpaare wurden viele Ehrungen, Gratulationen und Ge— 
chenke ubermittelt. — Zur Weide gefahren werden hier 
.. Z3t. die Kühe. Der Maul- und Klauenseuche wegen 
dürfen sie nämlich nicht auf den Straßken getrieben wenen 
b. Stadttheater. Aus der Theaterkanzlei schreibt man uns: 
zeute gastiert die Kgl. Bayer. Kammersängerin Margarete 
Natzenauer als Carmen. Morgen beginnt die Wiederholung 
es mit so großem Beifall aufgenommenen Schwankes 
Meyers“ ausnahmsweise abends 8 Uhr. Sonnabend gelangt 
ls letztes Gastspiel der Kgl. Bayer. Kammersängerin Mar— 
arethe Matzenauer Beethopvens große Oper „Fidelio“ zur 
lufführung. Die Künstlerin wird die Leonore singen. Sonn— 
ag nachmittag gelangt als erste Volks-Vorstellung än dieser 
zpielzeit die lustige Posse mit Gesang „Kuyrik-Pyrik“ vpon 
Pilken zur Aufführung. 
b. Konzert Erika Besserer. Vielfachen Wünschen entspre⸗ 
hend, hat sich Frl. Besserer wegen des anm Sonnabend 
ngesetzten Gastspiels von Frau Magtzenauer entschlossen, ihr 
tonzert auf den 4. Nov. zu verlegen. Die für den 
4. Okt. gelösten Eintrittskarten behalten ihre Gültigkeit. 
b. Unentgeltliche Seefisch⸗Kochstunden. Bei den heutigen 
leischpreisen kann gar nicht häufig und dringend genug auf 
in billiges und gesundes Nahrungsmittel hingewiesen wer— 
en, das uns in den schmackhaften Hochseefischen zur Ver— 
igung steht. Erst die Fortschritte der Technik haben uns 
iesen Fleischersatz erschlossen. Seitdem große, mit allen er— 
orderlichen Hilfsmitteln ausgerüstete Dampfer den Fischfang 
uf hoher See betreiben, ihren Fang in Kühlräumen an 
?and bringen und die Eisenbahn ihn im frischen Zustand 
em Inland liefert, ist die Zufuhr von Hochseefischen in 
rohßem Maßstab möglich geworden. Die Preise fuür tadel— 
»se Waren stellen sich so billig, daß wir in den Hochsee— 
ischen ein wahres Volksernährungsmittel gewonnen haben. 
dur müssen die Hausfrauen weiter Kreise mit diesen, uns 
is vor kurzem noch unbekannten Fischarten bekannt werden. 
zesonderes Gewicht ist zu legen auf die richtige Wahl der 
uspeisen, um eine kräftige und ausreichende Mahlzeit auf 
en Tisch zu bringen. Um diese Kenntnis zu verbreiten, 
at der Neue Frauenverein eine Reihe von Seefisch-Koch— 
unden in der Haushaltungsschule, Ziegelstraße 6, ein ge⸗ 
ichtet, die Freitag, 27. Okt., beginnen und an den fol— 
enden Freitagen fortgesetzt werden. Jede Frau, jedes Mäd— 
den, die sich diese Kenntnisse aneignen möchte, kann an 
mer der durch Plakate kenntlich gemachten Stellen (Läden, 
zücherhallen usw.) in die daselbst ausgelegten Listen ihren 
damen, Wohnung, Stand eintragen und erhält dann, soweit 
er Platz reicht, durch eine Postkarte die Mitteilung, an 
»elchem Freitag sie in der Haushaltungsschule erwarto 
»ird, um in den Stunden von 6—9 Uhr abends unter 
er sachverständigen Leitung der Leiterin der Schule, Frl. 
tacklam. und der Lehrerin Frl. Momme eine Reihe von 
Johlschmeckenden Seefischgerichten zu bereiten. Eine einmalige 
lebung von 3 Stunden hat sich als hinreichend erwiesen. 
die bereiteten Gerichte werden an Ort und Sielle verzehrt
	        
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