Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

sAllende Verschiedenheiken. Während in Königs- 
bers i. Pr. der häufigste Preis 4 Pfg. in Berlin s5 Pig. 
beträgt, steigt er in Bromberg, Erfurt, Frankfurt a. M 
auf 7 Pfg., in Kassel sogar auf 7,6 Pfg. Die nach Zei— 
hungsnachrichten bereits von einzelnen Gemeinden und größe⸗ 
ren Verwaltungen unternommenen Versuche beweisen im 
übrigen, daß es bei gemeinfschaftlichem Bezugée 
möglich ist, gesunde Kartoffeln auch in diesen 
Jahre zu keineswegs übermäßigen Preisen in 
die Bände der Verbraucher zu bringen. 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich. 
Aus der Gesel schaft. Der deutsche Botschafter bei der hohen 
Pforte, Wirklicher Geheimer Rat Freiherr Adolf Marschall von 
Bieberstein, feiert an diesem Donnerstag, den 12. Oltober, 
ieinen 69 Geburtstag, tritt 'also in das 70. Lebensiahr. 
Die Kongo- Kompensatieneu. Der Belastung des franzö⸗ 
sischen Kongo durch die Konzesstonsgesellschaften ist an dieser 
Stelle wiederholt gedacht. Eine eingehende iuristische 
Darlegung der einschägisen Verhältrisse bringt jtzt die 
Frankf. 3tg. und kommt dabei zu der von uns mehrfach betonten 
Forderung, dah bei der undurchsichtigen Natur der ganzen 
Verhältnisse der Konzessionsgesellschaften die Reichsregierung 
unter allen Umständen auf völlig klarxe Regelung bestehen muß 
oeror Deutschland einen Teil des so belasteten Gebietes über— 
nimmt. 
Rückwirkung des Krieges auf Deutschland. Der italienisch 
ürkische Krieg macht feine Rückwirkung auf die bergäsche 
Fkeineisenindustrie;, bei weicher der Export nach der 
devante eine wichtige Roble spielt, bemerkbar. Es ist eine 
»mpfindliche Versandstockung eingetreten. Viele 
BZetriebe sind um ein Drittel eingeschränkt. 
Die Serbstsession des Reichstages. In Regierungskreisen 
rechnet man auf Grund der zahlreichen Aeußerungen maßgeben—⸗ 
der Parlamentarier bereits als ziemlich sicher mit der Tatsache, 
»ah der Reichstag in der bevorstehenden Tagung außer einer 
heftigen Teuerungsdebatte und einer nicht minder 
heftigen Debatte über die auswärtige Politik 
in positiven Arbeiten nur noch die Privatbeamten— 
»ersicherung fertigstellen wird; daneben selbstoer— 
tändl'ch die sogenannten laufenden Arbeiten, zu denen ja 
ie'der auch die Handelsverträge gerechnet werden. Die übrigen 
Gesetzeniwürse, darunter vor allem die Strafgesetznovelle, 
scheinen nicht mehr durchgesührt werden zu können. In den 
ersten Tagen wird der Seniorenkonvent in Verbindung mit 
der Regierung darüber schlüssig werden, ob man die aussichts— 
losen Gesetze von vornherein von der Tagesordnung absetzt. 
Nach dem Verlauf der ersten Sitzung der Schiffahrtsabgaben— 
Kommission und nach der überwiegenden Mehrheit, die die 
Kompromißanträge des Zentrums gefunden haben, hofft die 
Regierung allerdingss dah dieses Gesetz noch mit erledigt 
verden wird. 
Zur Frage der Verminderung der Kontrollversammlungen 
hat die Heeresverwaltung jetzt endgültig Stellung ge—⸗ 
nommen. Der Anregung, die Herbstkontrollversammlungen in 
Fortfall zu bringen, konnte die Heeresverwaltung nicht statt⸗ 
geben, obwohl der Reichstag einen diesbezüglichen Autrag 
ingenommen hatte. Die Bezirkskommandos haben sich durch⸗ 
weg gegen diesen Antrag ausgesprochen. Man hat aber 
derfügt, als Ersatz andere Erleichterungen für die kontroll— 
»flichtigen Mannschaften einzuführen. So wird die Ver— 
äumnis einer Kontrollversammlung nicht mehr bestraft, der 
Kontrollpflichtige wird aufgefordert, die Kontrollversamm-— 
zung eines späteren Jahrganges zu besuchen. Aus häus—⸗ 
lichen, beruflichen und gewerblichen Gründen können auch Be— 
reiungen von dem Besuche stattfinden, wenn der bezügliche 
Antrag genügend begründet wird. Hat kurz vor einer Kon— 
trollversammlung der Kontrollpflichtige eine Uebung abge— 
deistet, so bleibt er von dem Besuche der Kontrollversamm⸗ 
ung befreit, wenn ihm hierüber am Schlusse der Uebung 
eine Mitteilung gemacht wird. Eine Vermehrung der Kon—⸗ 
trollbezirke und der Orte, an denen Kontrollversammlungen 
tattfinden, ist ebenfalls beabsichtigt. 
Nachwahlen zum oldenburgischen Landiag. Gestern hat 
zie Nachwahl zum oldenburgischen Landtag statt—⸗ 
zefunden, und zwar im ersten oldenburgischen Wahlkreis. 
Infolge des Zusammengehens der Sozialdemokraten mit den 
jortschrittlern wurde ein alänzender Sieg der Fere 
eine Taschen leer und alle seine Freunde verschwunden. Auf 
der Treppe des Hospitals schlief ee ein. Im Traume spielten 
eine Finger mit dem starken Messer, das er in der Tasche hatte. 
Plötzlich wurde er geweckt. Es war Doktor Serrote, der 
ihn auf das Gefahrvolle seiner Lage aufmerksam machen 
wollte. Blitzschnell sausten ein Jaau Gedanken durch Migquels 
Hirn. Das ist der verfluchte Dottor; er will dich hinauf— 
leopen und einsperren; aber ich werde es ihm anstreichen! 
Das Messer sprang auf und zischte dreimal durch die Luft. 
Doktor Serrote gab einen dumpfen Laut von sich, sank in 
die Knie und griff mit der rechten Hand in die Luft. Lautlos 
fiel er hintenüber. Sein Schädel bnirschte beim Aufschlagen. 
Am Fuß der Treppe blieb er liegen. Keiner war in der Nähe. 
Miguel tauchte über den Doktor hinweg, wischte das Messer 
an der Hose ab, schwankte zu seinem Boot, legte sich und 
schlief ein. Doktor Felipe Serrote schlug die Augen auf. Das 
Hetz war ganz geblieben, aber die Aorta war zerfetzt. Mit 
sedem Herzschlage schoß ein Blutstrahl aus der Wunde und 
hergrößerte die rote Pfütze, in der er lag. Noch eine Minute! 
hachte er und tauchte den Finger hinein. Mit seiner letzten 
Kraft schrieb er den Namen seines Mörders auf die unterste 
Treppenstufe: M—i—g — u — —l! Dann starb er 
Kurz darauf wurde er gefunden. 
Am nächsten Morgen saß Pliguel zwischen zwei Polizisten. 
Man hatte ihm eine schwere Kette angelegt. Als man ihm 
die Leiche zeigte, fing er an zu weinen wie ein Kind. Er 
wuhte nichts davon. Man brachte ihn auf den Ilheo, das 
leine Inselfort, das den Hafen bewachte, und sperrte ihn 
n eine feste Kasematte, deren leines, festvergittertes Fenster 
dreißig Meter steil über dem Meere hing. Unten brandeten 
»ie Wogen des Ozeans. Er sollte nach Lissabon überführt 
verden, um dort zur Deportation verurteilt zu werden. 
Sein Herr wartete vergeblich zuf ihn. — 
Als er es erfuhr, ging er sofort zum Gouverneur und bat 
um die Erlaubnis, mit Miguel zu sprechen, bevor er nach 
Lissabon übergeführt wurde. 
„Unter Bewachung!“ bedang sich der Gouverneur aus. 
„Wie Sie wünschen!“ * 
„Sie geben mir Ihr Ehrenwort, daß Sie ihm nichts 
ANafen 
chrittlichen Volkspartei erzielt. Prof. Dr. Durst⸗ 
soff erhielt 3594, Ratsherr Wessels 3499 und Oberbürger⸗ 
neister Tappenbeck 2984 Stimmen. Diese drei Kandidaten 
ind gewählt. Schwencker erhielt 1411, Klöver 1498 Stim- 
nen. Diese letzteren sind vom Bund der Festbesoldeten auf⸗ 
gestellt worden. Zersplittett waren 80 Stimmen. 
Sebung der Dienstfreudigkeit der Offiziere. Auf Befehl 
des Kaisers hat in diesem Jahre ein größerer Garni- 
onwechsel solcher Offiziere stattgefunden, die längere Zeit 
n kleineren, namentlich in Grenzgarnisonen, ge— 
ebt hatten. Viele sind, um ihre Dienstfreudigkeit zu heben, 
in größere Garnisonen versetzt worden. 
Echweden. 
Errichtung einer Dampferlinie Stodholm —Reval. Die 
yffiziösse Stochholmer Postzeitung schreibt: „Nach Mitteilun—- 
jen, die aus St. Petersburg hierher gelangt sind, soll 
as russische Verkehrsministerium nach eingehenden 
Intersuchungen beschlossen haben, die oft besprochene 
Rampferlinie zwischen Reval und Stocholm auszu⸗ 
ü hren. Ob es die Absicht des Ministeriums ist, allein 
»en Betrieb zu übernehmen, ist nicht bekannt. Man glaubt 
sier, daß man Schweden die Mitarbeit anbieten werde. 
zm nächsten Winter soll in Petersburg eine aus Ver— 
retern des Verkehrswesens, des Handelsministeriums und der 
Hörsenkommissionen in Reval, Petersburg und Moskau be— 
tehende Kommisston zusammentreten, um zu bestimmen, ob 
oie Linie als Postroute mit täglichen Verbindungen oder 
als Güter- und Passagierroute mit 3 Reisen wöchentlich 
in jeder Richtung angelegt werden soll. Daß es sich di e s⸗ 
mal um wirkliche Ziele handelt und nicht wie früher 
uim mehr oder weniger lose Pläne, geht daraus hervor, daß 
das Verkehrsministerium durch besondere Vertreter die Mög⸗ 
ichkeiten hat untersuchen lassen, die Linie nicht nur von 
okalen Gesichtspunkten aus, sondern auch für den Durch⸗ 
dangsverkehr ertragfähig zu machen. Man sieht hier mit 
sebhaftem Interesse den großben Aufschwung der Saß. 
nitz⸗Linie und willzwischen Revalund Stockholm 
»urch schnellgehende Dampfer etwas ähnliches er« 
eichen.“ 
Tagesbericht. 
Lübeck, 11. Oktober. 
Bom Kreuzer „Lübeck“. Der vom Freg.Kapt. Zenker 
ʒefehligte kleine Kreuzer ,Lübeck“ hat gestern nach mehrjãhriger 
Tätigkeit im Verband der Hochseeflotte außer Dienft gestellt 
ind ist durch den Kreuzer „Köln“ ersetzt worden. „Lubed“ 
st als der erste Turbinenkreuzer bekannt. Das Schiff wurde 
Is Schwesterschiff des ersten Städtekreuzers („Bremen“) am 
2. Mai 1903 auf der Werft der Akt.Ges. Vulkan zu Bredow 
»ei Stettin auf Stapel gelegt und konnte dort am 26. März 
04 ablaufen. Auf den Ausbau des Kreuzers wurde große 
Sorgfalt verwendet, da man hier zum erstenmal einen Versuch 
nit der Anwendung von Turbinen nach dem System Parson 
nachen wollte. Die Probefahrten nahmen sehr lange Zeit 
n Anspruch. Nach ihrer Beendigung konnte der Kreuzer im 
herbst 1906 unter dem Befehl des Freg.Kapts. Funke in 
Dienst gestellt werden und wurde dem Verband der Auf—- 
lärungsschiffe der Hochseeflotte zugeteilt. In diesem Verband 
at der Kreuzer fünf Jahre lang die Flagge getragen, bis der 
kusatz sämtlicher Kolbenkreuzer durch Turbinenkreuzer vollzogen 
var. Der Kreuzer soll, wie bereits erwähnt, durch den 
tteuzer „Köln“ ersetzt werden, der unlängst unter dem Kom-— 
nando des Korv.-Kapt. Erdmann seine Probefahrten zur Zu— 
riedenheit erledigt hatte. 
O Deutscher Flottenverein, Landesverband Lübed. Der 
Zeutsche Flottenverein hat es sich in Beachtung der ihm 
atzungsgemäß gezogenen Schranken versagt, zu der das 
janze deutsche Volk jetzt bewegenden Marokkofrage Stellung 
uu nehmen, trotzdem auch in den Reihen seiner Mitglieder 
»as gleiche zornige Echo widerhallt, das die jungsten Her— 
usforderungen unseres Volkes im ganzen Reiche hervor—⸗ 
zerufen haben. Er glaubt, dies berufeneren Stellen über—⸗ 
assen zu müssen. Wohl aber hat sein Präsidium an alle 
kinzelverbände die Aufforderung gerichtet, mit aller Energie 
afür einzutreten, daß der seit Jahren vom Verein ver⸗ 
retenen, auf der letzten Hauptversammlung zu Nürnberg 
ingehend beqgründeten Forderung, die bedenklichen Lücken in un— 
„Ich werde mich vorher durchsuchen lassen!“ 
„Es ist nicht nötig!“ rief der Gouverneur, ging zum 
Schreibtisch und warf ein paar Worte auf einen Papierbogen, 
»ie er mit seinem Namen unterzeichnete. 
Eine halbe Stunde später trat Waldemar Quint in Mi— 
uels Zelle. Ein Posten stand in der Tür und überwachte die 
zeiden. Miquel fuhr mit einem Freudenschrei auf. 
„Du wirst heute nacht deine Mütze ins Fenster legen!“ 
agte Waldemar Quint auf Deutsch. „Ich werde dich befreien!“ 
Miguel verstand jedes Wort, obgleich er selbst nicht deutsch 
sprechen konnte. Er las es von den Augen seines Herrn ab. 
„Ja, Herr!“ rief er und fiel ror ihm auf die Knie, um 
ihm die Hände zu küssen. Toch der Posten fuhr mit dem 
Kolben dazwischen und trieb ihn zurück. 
(Fortsetzung folat.) 
Theater, Kunst und Wissenschaft. 
Lübechj, 11. Oltober. 
Stadt⸗Theater. 
„Zar und Zimmermann“. 
Oper in 3 Akten von Lortzzing. 
Der gestrige Abend erbrachte so recht den Beweis, wie sehr 
as Publikum den frisch quellenden Melodien, dem trotz aller 
stot und Sorgen des Lebens goldigen Humor Lortzings zugeneigt 
t: man amüsierte sich einmal o recht nach Herzenslust, ein 
ewiß nicht zu verachtender Faktor für die Zuhörer und für 
„ie Direktion. Der liebenswürdige Zug, der die Oper durch 
veht, die charakteristische Zeichnung der einzelnen Personen 
verden noch für lange Zeit ausschlaggebend sein für den Erfolg 
er Oper, die sehr wohl imstande ist. der modernen Tendenz 
Konkurrenz zu bieten. Man hatte diesmal die Partie des Zaren 
— wir wissen nicht, aus welchem Grunde — entgegen dem 
iblichen Herkommen, mit unserem serieusen Bariton, Herrn 
dangefeld; besetzt, der seine Aufgabe selbstverständlich mit 
chönen Stimmitteln und in durchdachter Weise löste. Trotzdem 
atten wir das Gefühl, als sei diese Partie doch speziell für 
inen lmischen Bariton geschrieben; gewisse Härten in der Stimme 
es Herrn Langeseld, die den dramatischen Akzenten vorzüglich 
— 
serer Seerüstung zu beseitigen, so schnell wie möglich Folge aä 
zeben wird. Die seit Monaten alle Schichten der Bevölkerun 
in Atem haltenden Vorkommnisse anläßlich der Marokko— 
»erhandlungen haben auch hZen letzten Zweifler von dem 
Ernste der Lage überzeugt. Soll Deutschland noch länger 
äumen, seine Seerüstung zu vollenden, weil in Zeiten, in 
denen die heutigen Verhältnisse nicht vorausgesehen werden 
for nten. das Jahr 1917 für die Beendigung unseres Flotten— 
baues bestimmt wurde? Der Flottenverein hat seit Jahren 
nachgewiesen, daß die Kreuzerfrage durch den gegenwärtigen 
Bauplan, der kein Teil des Flottengesetzes ist, nie zeitig genug 
zelöst werden kann, um der Flotte das durchaus notwendige 
Maß von Leistungsfähigkeit zu verleihen, daß dies nur mög— 
lich sei durch schnelleren Ersah der kriegsunbrauchbaren, unge⸗ 
panzerten Schulschiffe der Herthatlasse und S. M. S. „Kaiserin 
Aueusta“, die noch immer die Stelle von Panzerkreuzern ein 
nehmen. Diesen, angesichts der heutigen Mächtegruppierung 
aanz unhaltbaren Zustand dem deutschen Volke klar zu machen 
und es aufzufordern, von der Regierung einen entsprechenden 
Etatsentwurf zu seiner Beseitigung zu verlangen, darauf hal 
der Deutsche Flottenverein in dieser Zeit seine ganze Aufmerk 
samkeit und Arbeit gerichtet. Auch in Lübeck, wo man, wie 
in allen Seestädten, weiß, was eine starke Flotte bedeutet 
will man nochmals öffentlich in großer Versammlung au 
die Wichtigkeit dieser Fragen hinweisen. Der Landesausschuf 
zlaubt, bei dieser Gelegenheit aus seiner sonstigen Neserve 
jercustreten und eine allgemeine Musterung seiner Mitglieder 
ibhalten zu sollen. Er hat zu diesem Zweck am Sonnabend, 
vie die Anzeigen besagen, eine große Versammlung in die 
Stadthalle und einen gewiegten auswärtigen Redner berufen, 
im die besprochenen Wünsche näher zu beleuchten. Herrn 
Realschuldirektor Diekvoß geht der Ruf eines geschickten 
Redners vorauf. Er wohnt an einem Platze, den täglich die 
Röouben Lloyddampfer anlaufen, an dem er immer wieder 
»urch die vorwiegend seemännische Bevölkerung, die fortge— 
setzt int Auslande verkehrt, auf diese Flottenfragen hinge⸗ 
wmiesen wird. Es ist die Pfliht eines jeden Bürgers unserern 
Sansestadt Lübeck, diesen Ausführungen zuzuhören; denn hier 
chweigt die Parteifrage; die Kreuzerfrage ist Lebens— 
rage für alle. 
Fr. Die „Freunde der christlichen Welt“ in Schleswig⸗Hob— 
stein (einschl. Lübeck und Samburg) haben sich in Malente 
zum 4. theologischen Ferienkursus im Hotel Louisenhöhe 
zusammengefunden. Dienstag morgen fand die Eröffnung 
tatt. Es sprach zunächst Professor D. Otto Scheel (Tübingen) 
über Katholizismus und Urchristentum. Der Kursus dauert 
bis einschließl. 13. d. M. Vorträge halten weiter: Lehrer 
J. Jessen (Kiel) über Reform im Religionsunterricht, Pro— 
essor Liec. Horst Stephan (Marburg) über die heutigen 
Auffassungen vom Neuprotestantismus, Missionsinspektor 
ic. Witte GBerlin) über Aufgaben und Aussichten des 
Christentums in Ostasien, Professor D. Niebergall (Heidel— 
bergh über Kindesseelenkunde, und Priv-Dozent Lie. D. 
Lempp (Kielh über Schleiermacher und Jatho. 
Der Deutjich⸗Lutherijche Seemannsfürsorge-Verband blickt 
hei seiner in diesen Tagen stattfindenden Jahresversamm-— 
Ang auf 25 Jahre erfolgreicher Liebesarbeit zurück. Am 
29. Sept. 18868 wurde er von den lutherischen Landes 
dereinen für innere Mission gegründet und er hat im ersten 
Bierteliahrhundert seines Bestehens die Seemannsfürsorge in 
iner Reihe der größten Hafengebiete des In- und Aus 
andes in Angriff genommen. 1887 ging Pastor Jung— 
laussen, der erste Seemannspastor im Hauptamt, nach 
ftardiff. Sein Wirken dort und später in BSamburg ist 
ür die gesamte Seemannsmission grundlegend geworden. 
Vier Jahre später begam der Verband die Arbeit in 
Deutschlands größtem Hafen, Hamburg. Bald folgten als 
veitere Stationen die Unterweserhäfen Bremerhaven-Geeste⸗ 
mnünde, Kapstadt, Altona, Philadelphia, Kiel, Harburg, Cux— 
javen und endlich 1907 der Welthafen Newyork, in dem 
s bis dahin an jeder Fürsorge für die 100 000 deutschen 
SZeeleute, die im Laufe des Jahres dort kommen und gehen, 
ehlte. Heute finden unsere Seefahrer in allen diesen und 
zielen anderen Häfen, darunter auch Lübeck, Seemannus— 
heime und Lesezimmer, kirchliche Versorgung, Schutz gegen 
Ausbeutung und Verführung, selbstlosen Freundesdienst in 
gesunden und kranken Tagen. Von dem Umfang und der 
Bedeutung der Arbeit zeugt die Statistik der vergangenen 
Jahres. Stehen doch in der Arbeit z. Zt. 7 Seemanns- 
vastoren und 22 Hausväter und Diakonen. An den gottes— 
dienstlichen Versammlungen nια α 149000 Seeleute 
zustatten kommen, eignen sich nicht so gut für die weiche Kan— 
tilene. Würden nur die „Iyrischen“ Vertreter des Zaren nicht 
ast immer allzusehr der Sentimentalität verfallen! Nach der 
intgegengesetzten Richtung schuf Herr Langefeld im Gesang wie 
n der Erscheinung ein prächtiges Konterfei des Zaren der Oper; 
Zeter J. war im Leben ein ganz anderer. Daß das Zarenlied 
viederholt werden mußte, ist eine verbriefte Forderung des 
Publikums; die etwas weichliche Komposition ruft stets eine 
ührsame Stimmung hervor. Den Mittelpunkt der Oper bil— 
»ete unstreitig Herr v. Schenck als van Bett. Ein großer 
Künstler offenbart sich in stetem Vorwärtsstreben. So oft wir 
ruch schon Herrn v. Schenck als dummköpfigen Bürgermeister 
ahen, noch nie ist uns seine Auffassung in so geradezu vorbildlicher 
Weise erschienen, als am gestrigen Abend. Seine erste Auf—⸗ 
trittsarie war beispielsweise eine Prachtleistung im Spiel wie 
im Gesang, nirgends ein Uebermaß; es war nur gerade so viel 
von der wielleicht früher ein wenig überzeichneten Figur übrig 
Jeblieben, als für die komische Wirkung derselben nötig. Es 
'ommt die felsenfeste musikalische Sichetheit hinzu, die Herrn 
». Schenck zu einem unschätzbaren Mitgliede unserer Bühne stem⸗ 
velt. Das Liebespaar Marie und Peter Iwanow war durch 
Fil. Jansen und Herrn Schorn vertreten. Frl. Jansen, 
jesanglich recht tüchtig, zeigte zute schauspielerische Anfänge für 
»en Charakter der Marie, doch wird noch eine viel stärkere Dosis 
on Keckheit und Drolerie hinzutreten müssen, soll dieses reiz 
olle Persönchen seinen Zauber auf Iwanow und das Publikum 
usüben. Herr Schorn, gewandt im Spiel, schien uns stimm— 
ich gestern nicht recht disponiert, wenigstens fehlte dem Ton ein 
jewisser bestrichender Reiz. Die beiden zierlichen Duette wurden 
;on Frl. Jansen und Herrn Schorn musikalisch und neclisch vor⸗ 
jettragen. Herr Kollwitz (CChateauneuf) bringt so recht die 
Stimme mit für diese liebenswürdige Partie; die Romanze er⸗ 
lang süh und einschmeichelnd. Im Ensemble hätte der Tenor 
illerdinas etwas mehr die Oberhand haben können und müssen, 
doch griffen die starken Stimmen (von Schenck und Langefeld) 
zu mächtig ein. Das schöne Sextett litt leider unter Unreinheit, 
ebenso wie das „Nur auf solche Weise gelinget der Plan“ nicht 
zu voller Wirkung kam. Der englische Gesandte (Herr Fabian) 
zätte den deutsch radebrechenden Briten wohl noch ein wenig 
esser charakterisieren können; ihm scheint das „Dämonische“ besie
	        
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