Mit dem plötzlichen Ausbruch eines Krieges, mit einem
Ueberfall als Feldzugscinleitung muß auch nach
den Erfahrungen des letzten russischijapanischen Krieges unbe—
dingt gerechnet werden. Was helfen schließlich alle völker—
rechtlichen Bestimmungen, wenn es auf die Erzielung eines
kEefolges ankommt, der für den Ausgang des Feldzuges von
entscheidender Bedeutung sein kann. Jeder Staat muß im
Frieden seine Vorbereitungen getroffen haben. Es muß alles
jo geregelt sein, daß es nur eines einzigen Telegramms be—
darf, damit die notwendigen Sicherheitsmaßregeln in Kraft
treten. Dazu ist es auch nicht einmal notwendig, die Mobil⸗
mecchung oder den Kriegszustand zu erklären. Es ist sehr wohl
eine Periode der politischen Spannung denkbar, in der sich
noch nicht absehen läßt, ob eine friedliche oder kriegerische
Lösung möglich. Die Franzosen nennen dies la période
préparatoire und führen in ihr schon einen Teil der
Mobilmachungsarbeiten, sowie des Küsten- und Grenzschutzes
aus. Dies kann sehr wohl in ganz unauffälliger Weise in
Form besonderer Friedensübungen, verstärkten Wachtdienstes er—⸗
folgen. Somit sind die wichtigsten Kunstbauten gesichert, so
daß die Gefahr ihrer Zerstörung vermieden ist. Im besonderen
trifft dies auch auf die Küstenbefestigungen zu.
Man muß sich ferner hüten, aus dem Verlauf dieser
Ereignisse einen falschen Schluß auf die Widerstands-
fähigkeit und den Wert — der Küstenbefesti—
gungen zu ziehen. Gut und sachgemäß angelegte Werke
sind von den Schiffen einer feindlichen Flotte nur sehr schwer
und nach längerer Beschießung und unter Aufwendung erheb⸗
licher Munitionsmengen niederzukämpfen. Sind sie geschickt
im Gelände angelegt und diesem angepaßt, so sind sie von
See her nur sehr schwer zu erkennen. Die Beobachtung der
Schüsse und damit ihre Korreftur ist schwierig. Seegang,
Wind und Wetter sind von großem Einfluß. Alle Vorteile
scheinen also bei diesem Kampfe auf Seiten des Verteidigers
zu liegen. Diese werden durch die Verwendung der Mittel
des Kampfes unter Wasser noch gesteigert. Selbsttätige Minen
erlauben es den feindlichen Schiffen nicht, auf nähere Ent—
fernungen heranzukommen, sie müssen ihr Feuer aus weiter
Entfernung abgeben, aus der es naturgemäß weniger wirksam
ist. Das Aufräumen einer Minensperre erfordert viel Zeit
und ist sehr schwierig. Gegen nächtliche Unternehmungen sichert
das Licht der Scheinwerfer. Torpedo- und Unterseeboote
finden hier ein sehr ergiebiges Feld für ihre Tätigkeit.
Ta die Türken alle diese Verteidigungs—
mittel nicht vorbereitet und organisiert hatten,
konnten sie auch nur einen sehr geringen Widerstand leisten.
Nach kurzer Beschießung mußten sie die Forts aufgeben und
auch die Stadt verlassen. Nur einzelne Werke, welche nach dem
Inneren zu gelegen sind, halten sie noch beletzt. Aber auch
hier werden sie wohl kaum ernstlichen Widerstand leisten,
sondern die Stellungen mehr als Arrieregarden benutzen, um
unter ihrem Schutz den Ruckzug in das Innere fortzusetzen.
Die Italiener haben nun sofort von ihren Schiffen Landungs⸗
abteilungen an die Küste geschickt, um die verlassenen Forts
zu besetzen, den Schutz der Konsulate zu übernehmen und
für Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu sorgen. Diese
Abteilungen können numerisch nur sehr schwach sein, da die
Schiffe nur einen geringen Teil ihrer Besatzung für diese
Zwecke abgeben können. Für weitergehende Operationen ünd
diese Abteilungen nicht ausreichend, damit muß bis zum Ein—
theffen der eigentlichen Landungstruppen, des Expeditionskorps,
gewortet werden, dessen erste Staffel in wenigen Tagen an—
langen wird.
Das Ausladenn kann nunmehr, da die Italiener Herren
der Situation sind, in beinah friedensmähßiger Weise erfolgen.
Ein großer Vorteil, der durch die Beschiekung erzielt ist, da
ein Erkämpfen der Landung angesichts des Gegners außeror-
dentlich schwierig ist. Aber auch jetzt noch erfordert die Landung
besondere technische Vorbereitungen, zu denen in erster Linie
der Bau von Booten, Flößen, Prahmen, ferner die Anlage
von Brückenstegen und Landungsbrücken gehört. Die Truppen
müssen mit Booten u. dal. an Land gebracht werden, da es an
den notwendigen Kai- und BHafenanlagen fehlt. Namentlich
zder Transport der Pferde, Geschütze und Fahrzeuge macht viel
Schwierigkeiten, die sich durch hohen Seegang, stürmisches Wetter
hedeutend steigern.
Ist die Landung erfolgt, so muh Tripolis als Ope⸗-
rationsbasis und als fester Stützpunkt für die weiteren
Operationen ausgebaut werden. Die Stadt selbst muß nach dem
inneren Lande zu befestigt, die vorhandenen Befestigungen
wieder hergestellt werden. Sie sind mit schwerem Geschütz zu
armieren. Für die Truppen sind Zelt- und Barackenlager zu
etrichten, die für einen längeren Aufenthalt geeignet sind. Nach
den letzten Nachrichten führen auch die Transportdampfer ent⸗
sprechendes Material mit sich. Eine Unterbringung der Truppen
in Tripolis selbst, so wie wir es Lei unserer Ortsunterkunft ge—
wohnt sind, verbietet sich aus taktischen und hygienischen Grün—
den. Auch wird man die Wohnung der Mohammedaner schon
aus religiösen Rücksichten möglichst unbehelligt lassen. Für die
Verpflegung müssen umfassende Vorkehrungen getroffen werden.
Das Land selbst bietet nicht genügend Vorräte, umso weniger,
als während der letzten Jahre Mißernten geherrscht haben. Die
Trurpen sind also auf den Nachschub aus der Heimat und auf
die Magazinverpflegung angewiesen. Um nun nicht von dem
richtigen und rechtzeitigen Eintreffen der einzelnen Verpflegungs—
transrorte abhängig zu sein, müssen entsprechende Mengen an
Lebensmitteln in Tripolis magaziniert werden. Die Trink—
wasserversorgung wird besonders schwierig zu regeln sein. Die
vorhandenen Brunnen genügen nicht. Ueber eigene Wasserschiffe
zur Nachfuhr des Wassers aus Sizilien verfüagt die italienische
Flotte nicht. Es wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als
zahlreiche Kondensatoren aufzustellen. Bäckereien und Schläch—
tereien müssen errichtet werden. Munition ist in großen Mengen
bereit zu stellen. Sanitätsanstalten sind zu bauen, die telegraphi—
sche Verbindung mit dem Heimatlande zu schaffen. Die Vor—
bereitungen für die Fortsetzungen der Operationen sind zu treffen,
namentlich die Organisation der Tragetier-Kolonnen zur Nach—
führung der Verpflegung und Munition. Dazu kommen die
Verhandlungen mit den einzelnen eingeborenen Stämmen, die
Uebernahme der Regierungsgewalt, die Errichtung einer Po—
lizei und Gendarmerie, die Beschaffung von Nachrichten üher
den Verbleib dier türkischen Truppen. über das Verbalten der
eingeborenen Miliz ꝛc.
Man sieht daraus, welche umfangreiche Arbeiten
zu erledigen sind, ehe an die Fortsetzung der
Dperati dnen gedacht werden kann. Dazu ist aber
wieder viel Zeit erforderlich. Die Ungeduld des italienischen
RPublikums, das bald enticheidende Erfolge sehen will, wird sich
wohl noch einige Zeit gebulden nnssen. Fraglich muß es ferner
sein, ob alle diese Aufgaben mit den bisher bereitgestellten
Lrzffen uu lösen sind. Sollten die Eingeborenen in Verhin—
»ung mit den türkischen aktiven Truppen und der inzwischen
rganisierten Miliz zu äußerstem Widerstande entschlossen sein
ind die nötige Munition zur Verfüyung haben, so stehen den
ztalienern noch heftige Kämpfe brror, für die sie bedeutend
ärkere Truppen werden verfügbar machen müssen. d.
Neueste Nachrichten und Telegramme.
Tagung des Bundesratsausschusses für auswärtige
Angelegenheiten.
W. Berlin, 10. Ott. Der banerische Ministerpräsident ist
ils Vorsitzender des Bundeßsratsausschusses für aus—
värtige Angelegenheiten, der zu einer Sitzung nach
Perlin einberufen ist, heute nach der Reichshauptstadt abgereist.
Ddem Ausschuß wird jedenfalls auch das deutsch- französische
MNorokko-Abkommen vorgelegt werden. Der bayerische Minister⸗
Räsident wird auch mit dem Reichckanzler über die im bayerischen
Abgeordnetenhause bevorstehende Marokko-Interpellation kon—
ferieren.
Die Schiffahrtsabgaben.
W. Berlin, 10. Okt. Tie Schiffahrtskommission des
keichstages nahm heute die Beratungen wieder auf und begann
n zweiter Lesung mit Artikel 2, Aufbringung und Verwendung
»er Mittel. Der Minister der öffentlichen Arbeiten v. Breiten—
ach leitete die Verhandlungen mit einem längeren Exposé über
ie Stellung der Regierung zu den bisherigen Beschlüssen der
dommission ein. Die Regierung sei bereit, den Anträgen aus
rster Lesung und den zu Artikel 1 und 2 in zweiter Lesung
jestellten Auträgen Folge zu geben. Das Gesetz habe für sie
amit jedes finanzielle Interesse verloren, es sei nichts weiter
ils ein Verkehrsmeliorationsgesetz. Der Minister warf einen
ßlidd guf die ungeahnte Verkehrsentwicklung auf den Eisenbahnen
ind Wasserstrahen und betonte die Notwendigkeit von Ver—
esserungen der Schiffahrtswege. Er bat die Kommission, die
Iabeiten so zu beschleunigen, daß das Gesetz noch in der laufenden
Session verabschiedet werden könne.
W. Berlin, 10. Okt. Der Staatssekretär des Reichsamts
des Innern, Dr. Delbrück, erklärte in der Reichstagskom—
nission zur Vorberatung bies Gesetzentwurfs über die Schiff—
ahrtsabgaben, daß die Reichsrezierung großen Wert auf
eine baldige Verabschiedung des Gesetzent-
wurfs lege.
Majchinistenstreil im holländischen Fischereigewerbe.
W. Vmuiden, 10. Ott. Das Maschinenpersonal des Dampf⸗
ischereibetriebes ist in den Ausstand getreten. Vierzig Fische—
reidampfer, die zur Abfahrt bereit waren, sind aufgehalten
—D
Inteil jedes Dockarbeiters gleichkommt. Wenn die Forderung
nicht zugestanden wird, wird das Maschinenpersonal den Dienst
an Bord nicht übernehmen und die Abfahrt der Fischereidampfer
st somit unmöglich.
AUnruhen in China.
W. Sankau, 10. Okt. (Meld. d. Petersb. Telegr⸗Ag.) In
iner auf einem russischen Besitztum entdeckten Bombenwerkstatt
kinesischer Revolutionäre wurde auch eine Karte über einen ge—
planten Ueberfall auf die Stadt Utschanfu gefunden.
Seit dem Beginn der Unruhen in Szetchuan und der Provinz
dupeh sind gegen dreihundert Mann desertiert. Es sind Maßz—
nahmen gegen eine Beeinflussung der Militärs durch die Re—
volutionäre ergriffen worden.
Wt. Haukau, 10. Olt. Im Zusammenhang mit der Entdeckung
einer Bombenfabrik auf einer russischen Besitzung sind zwei Personen
verhaftet worden. Das Wirtschaftsgebäude war mit Anlagen für die
Herstellung von Nitroglycerin und Dynamit versehen. Eine aufge—
undene Landkarte zeigte, daß ein Angrifs auf Wuchang beabsichtigt
war. 28 Revolutionäre sind gestern in einem chinesischen Gasthause
in Wuchang verhaftet worden; vier sind vor dem Yamen des Vize⸗
königs enthauptet worden.
Persische Wirren.
W. Taebris, 10. Okt. (Meld. d. Petersb Telegr⸗Ag.) Der
tcehlshaber einer Abteiling von Anhängern des früheren Schahs,
Raschid Nisam, schlug die Regierungstruppen in Tasudsha in
die Flucht. Der Kommandeur der letzteren wurde verwundet.
In Salmas wohin Raschid marschiert ist, herrscht groke Nieder⸗
geschlagenheit.
Zuwifchenfülle im Metternich⸗Prozeß.
W. Berlin, 10. Okt. Zu Beginn der heutigen Sitzung
yes Metternich⸗ Prozesses sagte der als Zeuge geladene Unter—
uchungsrichter aus, eine Anweisung des Justizministers, die
Boruntersuchung nicht zu schließen, sei niemals ergangen. So—
ann wurde abermals der Zeuge Pauli vernommen, dessen
kigenschaft als Generalmajor der Staatsanwalt bezweifelte.
der Zeuge gab an, preußischer Major a. D. zu sein, in China
ind Honduras sei er Generalmajor geworden. Er bestritt,
Drden gegen Bezahlung vermittelt zu haben. Es bestehe
iber kein Gesetz, welches verbicte, Titel oder Orden aus
zreundschaft zu besorgen. Im Laufe der Verhandlung warf
»er Zeuge der Staatsanwaltschaft Unwahrheit und Lüge vor,
veswegen der Staatsanwalt 5 Tage Haft oder 50 MuGeld—
trafe beantragte. Das Geriht verurteilte den Zeugen zu
4 Stunden später abzubäüßender Kaft. Graf v. Metternich wurde
u 48 Stunden Haft bei Wasser und Brot unter Entziehung des
barmen Essens verurteilt, welhe Strafe nach Beendigung der
Kerhandlungen abzubüßen ist. Graf v. Metternich hatte die
Innrorteilichkeit des Richterstandes angezweifelt.
W. Berlin, 10. Okt. Der aus Mainz telegraphisch her—
zestellte Oberleutnant v. Fetter sagt nach Vorhaltung seiner
rüheren Aussage, er hatte niemals die ernste Absicht, Dolly
Pinkus zu heiraten, er habe sie auch in Gesellschaften und
iuf anderen Vergnügungen geschnitten, was durch Zeugen be—
tätigt werden könne. Von der Familie Wertheim habe er
Darlehen in Raten bekommen. Nach ungefähr Jahresfrist
rhielt er einen Brief von Frau Wertheim, in dem ihm anheim—
sestellt wurde, mit der Rückzahlung zu beginnen. Ueber den
aufmännischen Unterricht im Hause Werlheim sagte Fetter,
aß er den Unterricht ohne Ursache unterbrochen habe, was ihm
belgenommen worden sei. Daß Fetter keine Absichten ge—
abt, hat er auch seinem Reginmentskommandeur vor seiner
Versetzung gesagt. Die Geschenke, die er bekommen, wurden im
sovember 1909 eingestellt. Außerdem habe er sich mit Frau
Pinkus geduzt. In Briefen sei er von ihr mit Kosenamen
»elegt worden, die er nicht erwidert habe. Bei seinem Auf—
thalt in Frankfurt a. M. sei er von Wertheim einige Male
ufalehbhoniert worden
W. Rominten, 10. Okt. Der Kaiser, die Kaiserin und
Brinzessin Viktoria Luise sind heute früh im Sonderzug von
ßroß Rominten nach Königsberg abgefahren. Zur Verabschie—
ung war Landrat yv. Gehren-Goldap erschienen.
W. Berlin, 10. Okt. Die Nordd. Allg. Ztg. höre: &
Ausschuß des Bundesrates für die auswärtigen An
jelegenheiten wird morgen versammelt, um, wie in den letzte
Jahren vor dem Zusammentritt des Reichstages, Mitteilunge
des Reichskanzlers entgegenzunehmen.
Wie die Nordd. Allg. Ztg. ferner hört, hat der Gesandt—
n Tanger, Frhr. v. Seckendorff einen kurzen Erholungs
urlaub. nach Deutschland angetreten. Seine Vertretung ha
Legationsrat v. Rotenhan übernommen. «
Dem Vernehmen der Nordd. Allg. Ztg. nach ist als Nach—
folger des für München bestimmten Wirklichen Geheimen Rates
3. Treutler auf den Gesandtenposten in Kristiania, der
zisherige Botschaftsrat in Wien, Graf v. Oberndorff in Aus—
sicht genommen.
Die Nordd. Allg. Ztg. berichtet: Die deutsche Körtof—
felerntee wird günstiger als bisher angenommen. Bei einem
Ergebnis von 73 pZBt. einer Mittelernte schwanken die Preise
ür weiße Eßkartoffeln in Preußen gegenwärtig zwischen 2,50
ind 3,80 Mupro Zentner. Die kleinen Handelspreise dind
allerdings gestiegen. Das Pfund kostete im September durch
schnittlich 5.3 Pfennig, im Westen sogar bis zu 7 Pfennig.
Wt. Brüssel, 10. Okt. Bei seiner Anwesenheit in Aachen am
18. Oktober wird der Deutsche Kaiser im Namen des Köniqs
von Belgien von einer Deputation begrüßt werden.
W. Montreal, 10. Okt. Sir Fred Borden hat das Ka—
hinett gebildet. Monk, bisheriger Führer der konser—
»ativen französischen Kanadier im Unterhause, der das Flotten—
zesetz von Laurier aufs heftigste bekämpfte, übernahm das
Bortefeuille der öffentlichen Arbeiten.
Wi. Mersina, 10. Okt. Der Buchhalter Oberland der
Firma Philipp Holzmann K Co., der Anfang Oktober wegen
Berwundung eines türkischen Beamten verhaftet worden war,
sst auf die energische Vorstellung der deutschen Behörden heut
reigelassen worden. —
W. Wien, 10. Okt. Hofschauspieler Hartmann ist in ver—⸗
gongener Nacht einem Schlaganfall erlegen.
W. Petersburg, 10. Okt. Im Finnischen Meerbusen, auf
dem Ladogasee und auf der Newa herrscht seit gestern starker
Sturm. Viele Havarien haben sich ereignet.
Wt. Denver (Colorado), 10. Okt. Meldungen aus Südost-—
Tolorado und dem Nordosten New-Mexikows besagen, daß
dort weite Strecken überschwemmt seien. Viele Personen sollen
umgekommen sein. Die entstandenen Verluste werden sich auf
iünf Millionen Dollars belaufen. Die Lage sei ernst, da
28 an Lebensmitteln mangele.
heer und Flotte.
W. Berlin, 10. Okt. Kapitän z. S. Graf v. Platen-Haller—
mund, Kommandant von S. M. S. „Hohenzollern“, ist be—
hufs Uebertritts in den Hofdienst unter Verleihung des Cha⸗
ralters eines Kontreadmirals zur Tisposition gestellt. — Kapitän
s6. S. Karpf ist zum Kommandanten pon S. M. S. „Hohen⸗
zollern“ ernannt.
Vermischtes.
Das Ende des Toreros. Spanien ist in Trauer. Es hak
»einen seiner Lieblinge auf tragische Weise verloren. Der
Torero Manuel Serrera, überall im Lande bekannt unter
dem Namen „Minuto Chico“, ist ein Opfer seines ge—
ahrvollen Berufes geworden. „Minuto Chico“ — „Chico“
»edeutet im Spanischen „der Kleine“ — hieß er als Neffe des
ingleich berühmteren Toreros Enrique Bargas Minuto, und
jegen den Willen seiner, dem achtbaren Bürgerstande ange—
jörenden Eltern, und auch gegen den Rat seines Onkels war
er seiner unbezwingbaren Leidenschaft für den Stierkampf ge—
'olgt. Erst 27 Jahre alt, hatte er es noch nicht zum
Matador“ gebracht, sondern mußte sich mit dem beschei—
eneren Range eines „Novillero“ begnügen, das heißt, er
urfte nur mit jungen Stieren lämpfen, die freilich oft viel
»ösartiger und unberechenbarer sind, als die älteren Tiere.
In der Arena von Alicante war es, wo er, vor Tausenden
»on Zuschauern, den Todesstoß erhielt. Eigentlich wäre die
solle, dem Stier kunstgerecht den Garaus zu bereiten, dem
Torero Esparteret, einem Meister in seinem Fach, bestimmt
jewesen. Aber Esparteret verlor die Nerven und rief Minuto
u seiner Hilfe herbei. Minuto Chico hatte kaum sein rotes
kduch vor den Augen des Stieres geschwenkt, als dieser
ich mit einem furchtbaren Satz auf ihn stürzte und ihn schwer
im linken Schenkel mit einem seiner Hörner verletzte. Das
ßublikum sprang mit einem vielstimmigen Schrei des Ent—
ehens von den Stühlen. Aber Minuto Chico besaß noch so—
ziel Kraft und Energie, zu lächeln, und durch eine Hand—
sewegung anzudeuten, daß ihm nichts Schlimmes zugestoßen
ei. Dabei schoß jedoch ein dicker Blutstrom aus seinem
zchenkel in den Sand der Arena. Er wurde in die Unsall—
tation, die sich in jedem spanischen Stierkämpferzirkus be—
indet, getragen, und die Aerzte stellten sest, daß das Horn
5 cm tief in seinen Körper eingedrungen war und die
zchlagader glatt durchgerissen hatte. Bevor es gelungen
oar, die Wunde zu unterbinden, hatte Minuto Chico sich
zuchstäblich verblutet. Er starb, nachdem er noch an seine
fltern und seine Braut ein Telegramm, das sie über seinen
zustand beruhigen sollte, geschickt hatte. Inzwischen hatte sich
eie Nachricht von der schweren Verletzung des populären
Toreros in der ganzen Stadt verbreitet. Alle seine Berufs
jenossen eilten an sein Lager, und als er die Augen für
inmer geschlossen hatte, zogen 4000 Zigarettenarbeiterinnen
»on Alicante trauernd und betend an seinem Todesbette
»orüber. Also geschehen zu Spanien im elften Jahre de—s
20. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung und Kultur.
Vom Hochzeitsschmaus in den Tod. Der Husschmied Rou—
ault in Trevon bei Dinan (Efranzösisches Derartement Côtes
du Nord) hatte ein siceb ehnjähriges Mädchen seiner Bekannt—
chaft geheiratet. D'e standesamtliche und die Kirchenfeier
baren vorüber, auch den Hochzestsschmaus hatte man hinter sich,
ind die Stunde, wo der Schmied seine junge Frau heimführen
vollte, nahte heran. Doch die Schwiegermutter w''dersetzte
ich dem. Sie machte geltend, daß der junge Ehemann nach
Landesbrauch erst 20 Stunden nach der Hochzeit ein Anrecht
ruuf seine Frau habe, weshalb ihre Tochter vorläufig noch
inter ihrer Obhut bleiben müsse. Das ärgerte den Hufschmied
ermaßen, daß er seiner Schwiegermutter grob entgegnete: „Nun
jut.e wenn Du mir Deine Tochter ietzt nicht geben willst, so
annst Du sier überhaupt behalten, nachher will ich sie nicht
nehr.“ Sprachs und ging allein nach Hause. Man hatte diese
Porte a lgemein für eine leere Drohung gehalten; als die
Braut aber Tags darauf an die Tür des Hauses klopfte, das
—DDDVV
nand dam, um ihr die Tür zu öffnen. Als man die Tür ge—
vrengt hatte, sand man den armen Hufschmied in seinem
ochzeitskämmerlein er hängt als Leiche vor