Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

verlangt. für andere Kulte aber grundsätzlich ablehnt, her— 
vorgerufen, sodann aber durch das Bestehen einer kon— 
fessionellen politischen Partei, deren Existenz von der Kampfes⸗ 
stimmung abhängig ist und sie daher mit allen Mitteln 
unterhält. Gegenüber dem Streben des Gegners, den natür—⸗ 
lichen und nützlichen Geisteskampf der Konfessionen mit den 
Machtmitteln des Ultramontanismus zu entscheiden, bedarf 
es des Zusammenschlusses auf evangelischer Seite, und es 
muß vor allem gefordert werden, daß 1. die Kirchenbe⸗ 
hörden aller Instanzen in ihren Verfügungen und Erlassen 
sich jeder kränkenden Bezeichnung der anderen Religions— 
gemeinschaften, ihrer Stifter und großen Männer und ihrer 
Einrichtungen enthalten, ohne daß die Berufung auf das 
Gewohnheitsrecht des bekannten schmähenden Kurialstils irgend⸗ 
eine Ausnahme und Entschuldigung abgeben könnte. 2. Die 
Ausmerzung von Schmähworten aus Lehrbüchern der Gegen— 
wart und Katechismen, die der gegenwärtigen Generation 
dienen. 3. Der Verzicht darauf, sich die Rechtsparität in 
einem modernen Staat mit Gewalt abringen zu lassen; 
reie Religionsübung für jedes Bekenntnis, das mit einem 
Kulturstaat überhaupt vereinbar ist. Der Verzicht, solche 
Staatsgesetze zu schelten oder für nichtig zu erklären. 4. Die 
Unterlassung von Wiedertaufen der zu einer anderen christ⸗ 
ichen Kirche Uebertretenden. 5. Der Verzicht auf Pro—⸗ 
elytenmacherei durch gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Druck 
in Kranken und Sterbenden in den Anstalten der eigenen 
Konfession; Aufhebung aller Kowertitenstiftungen. 6. Die 
viderstandslose Gewährung des ehrlichen Begräbnisses in 
der Reihe auch auf konfessionellen Kirchhöfen nach Maß— 
zabe der Staatsgesetze. Wenn diese Vorbedingungen eines 
vahren konfessionellen Friedens auch von unseren katho— 
tischen Mitbürgern erfüllt werden, dann wird vielleicht auf 
die ausdrückliche Anerkennung der evangelischen Kirche als 
einer berechtigten Erscheinungsform des Christentums nicht 
so entscheidendes Gewicht gelegt zu werden brauchen. Was 
uns selber angeht, so erkennen wir die formulierten Be— 
dingungen natürlich freudig an und versprechen, an ihre 
Erfüllung alle Kräfte zu setzen, namentlich aber unablässig 
dahin zu wirken, daß Kränkungen der religiösen Gefühle 
anserer katholischen Mitbürger unterbleiben und als Vor— 
toß gegen die evangelischen Christen- und Bürgerpflicht 
zeahndet werden. Wir gehen noch einen Schritt weiter 
kraft der Freiheit und Weitherzigkeit, die uns unser evan— 
zelisches Bekenntnis gibt. 1. Wir erkennen die katholische 
Kirche gern und freudig als eine berechtigte Erscheinungs— 
form des Christentums an. 2. Wir sind bereit, unsere 
'atholischen Mitbürger auch in ihren kirchlichen Angelegen- 
heiten zu fördern, ihnen beim Bau ihrer Gotteshäuser zu 
helfen, wo sie aus eigener Kraft dazu nicht imstande 
ind — sofern wir auf Gegenseitigkeit rechnen 
nnen. 3. Weir verzichten darauf; in den Wettkampf zwischen 
den christlichen Kirchen mit weltlich-politischen Zwangs⸗ und 
Machtmitteln einzugreifen. Das alles tun wir in der Hoff— 
nung und Geweßheit, in unserem evangelischen Christenglauben 
zwar den besseren Weg zum ewigen Heil zu haben, aber 
eingedenk des Bibelwortes: In unseres Vaters Hause sind 
diele Wohnungen. Wir tun es in dem Bewußtsein, daß auf 
»em Boden der Reformation der Gedanke der freien Duld— 
amleit entstanden ist. Wir haben an der Lösung unserer Auf— 
gabe gearbeitet in dem Bewußtsein, daß unser Vaterland 
ernstesten Zeiten entgegengeht, so schweren, wie wir sie seit 
einem Jahrhundert nicht haben durchkosten müssen. Wir können 
die Verantwortung nicht tragen,; wenn unser Voll, durch reli— 
ziösen Hader geschwächt, den kommenden Stürmen nicht ge⸗ 
wachsen bleibt. Wir rufen und wir sehnen uns nach wahrem 
—V 
zabe an die eigene Kirche und der nicht unvereinbar ist mit 
dem Ehrgefühl der anderen. Mit heiligem Ernst und in herz⸗ 
icher Bruderliebe bieten wir ehrlich die Hand zum Frieden. 
Lebhafter anhaltender Beifall.) 
Es protestierte sodann im Auftrage des Zentralvorstandes 
»er frühere Vorsetze de Exellenz v. Lessel-Koburg in längeren 
Aussührungen gegen den Mainzer Katholikentag. Es wurde 
einstimmig eine Resolution angenommen, in der der Evange— 
tische Bund gegen de Borromäus-Enzyklika als eine 
riedenstörende Herausforderung entschieden Einspruch er— 
jebt und den festen Zusammenschluh aller Protestanten fordert. 
Am Nachmittage zogen die Festteilnehmer gemeinsam mit 
der evangelischen Dortmunder Bürgerschaft in einem langen 
Festzuge zu dem größten Versammlungslokal der Stadt, 
rem FJredenbaum. An dem Zuae beteiligten sich etwa 15 000 
Sie legte die Fingerspitzen hnein, und selig schloß er die 
Augen. 8ze 
„Jetzt bin ich glücklich!“ flüsterte er und hielt sie fest. 
Ein überaus wohltuendes, linderndes Gefühl floß von dieser 
weichen, warmen Hand durch seinen ganzen Körper. Die fie— 
veinden Wangen verblaßten allmählich, die Atemzüge ver— 
angsamten und vertieften sich, Uund Marions Hand wurde 
wieder frei. — 
„Er schläft!“ sagte sie leise und erhob sich 
Auch Waldemar Quint stand quf. Lautlos verließen sie 
usammen das Zimmer. Am dritten Abend darauf saßen 
Marion und Waldemar Quint auf der Terrasse der Quinta 
Splendy. Langsam entglommen die Sterne. Kühl wehte es 
om Meere herauf. —W 
Marion schauderte unwillkürlich zusammen 
„Mer. Quint, Sie haben mich schon eine halbe Stunde 
ang ununterbrochen angeschwiegen!“ 
„Ich habe die Kunst, Phrasen zu drehen, nicht gelernt.“ 
Marion ärgerte sich darüber, daß er nicht wie die anderen 
anbetend zu ihren Füßen lag, und war doch stolz darüber, 
dah dieser rätselhafte Mensch, dessen Kraft sie wie etwas 
Körperliches fühlte, jetzt mehr als jiemals ihre Gesellschaft 
juchte. 
„Was machen Ihre Pläne?“ sragte sie, um das Schweigen 
zu hrechen. 7 5 
„Die alten sind tot.“ 
‚Und die neuen?“ 
„Es ist ein Chaos in mir!“ sagte er dumpf. 
„Sie machen Ausflüchte, Mer. Quint! Nun gut!“ lachte sie 
zezwungen auf. „Ich sehe also von meiner eigenen An— 
ziehungskraft ab. Aber sagen Sie. was macht Ihr Ballon?“ 
„Er taugt nichts!““ 
„Ist das Ihr Ernst? Sie haben damit jeden Rekord 
zeichiagen.“ 
.Was will das sagen? Er ist trotzdem verfehlt.“ 
„Sie werden ihn verbessern!“ 
„Er ist an der Grenze der Verbesserungsmöglichkeit ange— 
an Tie Jochnif führt auf ein Tor zꝛu. dak man mit keinem 
»en evangelischen Arbeitervereinen,; den Gewerlschaften, ven 
nappschaften, den evangelischen Jünglings- und Männerver— 
inen angehörende Teilnehmer, die sich unter dem Vorantritt 
pieler Musik- und Bläserchöre, sowie 228 Bannern und Fahnen 
durch die Straßen der Stadt bewegten. Der Zug endete am 
Fredenbaum, wo in dem dortigen Saal und einem etwa 6000 
bersonen fassenden Zelt gleschzeitis zwei Volksversammlungen 
tattfanden. Eine dritte Versammlung mußte für etwa 2000 
Bersonen, die keinen Platz gefunden hatten, improvisiert werden. 
In diesen Versammlungen wurde das Thema Deutscheevange⸗ 
ische Wacht im Vaterlande, in Oesterreich, in din Ostmarken 
von Pfarrer Niemöller EElberfeld), Justizrat Elze (Ha'!le a. S.), 
bfarrer Aßmann (Bromberg), Pfarrer Monski (Krems 
u. Donau) und Pfarrer Mahnert (Marburg a. Drau) behandelt. 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich. 
Die Bundesratsbevollmächtigten Elsaß-Lothringens. Der 
Keichsanz. veröffentlicht jetzt die Ernennung des Staatssekre— 
ärs in Elsaß-Lothringen, Frhr. Zorn v. Bulach, der 
Interstaatssekretäre Dr. Petri und Koehler au Bevoll— 
aächtigten zum Bundesrat. 
Der Verein für Sozialpolitik hat am Montag in Nürn— 
zerg seine diesjährige Hauptversammlung eröffnet. Prof. 
I). v. Schmoller leitete die Verhandlungen mit einer 
rogrammatischen Rede ein, in der er kurz die Ziele und 
»ie Tätigkeit des Vereins darlegte. Bei der Bureauwahl 
vurden zum ersten Vorsitzenden Staatsminister Frhr. von 
Berlepsch, als stellvertretender Vorsitzender Wirkl. Geh. Justiz— 
cat Dr. v. Giercke-Berlin, Oberbürgermeister Ritter Dr. 
. Schuh-⸗Nürnberg und Prof. Dr. v. Rathgen-Hamburg 
zjewählt. Das Referat über den ersten Gegenstand der Tages— 
rdnung „Probleme der Gemeindebesteuerung“ 
hielt Prof. Dr. Lotz-München. Er empfahl im wesentlichen 
»as Miquelsche Kommunalsteuergesetz auch als Muster für 
Süddeutschland. Korreferent war Stadtrat Dr. Boldt-Dort— 
mund. Die Diskussion nahm die ganze Sitzung in Anspruch. 
Die Nationalliberalen in der Rheinpfalz. Die Münch 
N. Nachr. bestreiten die Nachricht, daß die National— 
iberalen nach dem Scheitern der Verhandlungen mit der 
Freisfinnigen Volkspartei nunmehr die Absicht hätten, mit 
»em Bunde der Landwirte und mit dem Zentrum ein 
Abkommen zu treffen. 
d. Ablehr vom Frauenradikalismus. Aus Hamburg kommt 
ierraschende Kunde. Dort hat der Verband für Frauen 
timmrecht, die radikalste Gruppe unter den deutschen 
„ürgerlichen Frauenverbänden, eine bemerkenswerte Schwen 
ung zur Mäßigung und Besonnenheit vollzogen. 
kr hat nämlich die weithin bekannten radikalen Führerinnen 
FFrl. Dr. Anita Augspurg und Frel. Gustava Hey— 
nann, die beiden seitherigen Verbandsvorsitzenden, nich 
viedergewählt und an ihre Stelle die viel besonneneren 
damen Frau Marie Stritt aus Dresden und Frau 
dindemann aus Stuttgart gewählt, denen noch weitere 
Lertreterinnen einer nüchternen, mit Realitäten rechnenden 
Frauenbewegung als Vorstandskolleginnen zur Seite gesetzt 
vorden sind. Damit ist zunächst nur ein taktischer, wenn 
ruch sehr wichtiger Grundsatz zum Austrag gebracht wor 
»en: die Streitfrage, ob der Verband als solcher odern 
b nur seine einzelnen Mitglieder Parteianschluß suchen 
ollen, ist im Sinn der parteipolitischen Freiheit entschieden 
vorden. Hätten die Gesinnungsgenossinnen von Frl. Dr. 
lugspurg und Frl. Hemnann, also Frau Cauer, Frau 
zZreitscheidt u. a. gesiegt, so wäre der Anschluß der deut— 
chen Stimmrechtsbewegung an die am weitesten linksstehende 
ßruppe der bürgerlichen Parteien, an die „Barth-Demo— 
ratie“, nur noch eine Frage kurzer Zeit, ihr gänzliches 
zinübergleiten zur Sozialdemokratie vielleicht schon bald zu 
rwarten gewesen. 
Die nationalliberale Parteileitung Oldenburgs ist an die 
Volkspartei mit dem Ersuchen herangetreten, ihr mitzu— 
eilen, wie sie sich zu einem Zusammengehen aller Bür— 
jerlichen gegen die Sozialdemokratie bei der Nach— 
vahl stelle. Die Volkspartei hat darauf, der Weserztg. zu⸗ 
olge, für die Nachwahlen eine ablehnende Antwort erteilt, 
ugleich aber durchblicken lassen, daß sie für später die 
fkinigung aller wirklich liberalen Elemente nach 
— anr hoarüßen wüöürde 
Schlüssel öffnen kann. Ich werde nach Deutschland zurüch 
tehren und eine Seifenfabrik gruͤnden.“ 
„Sie tragen eine Maske, Mr. Quint! Mich täuschen Sie 
uicht. Haben Sie mir nichts anzuvertrauen?“. 
„Nein!“ sagte er scharf, setzte dann aber etwas gemäßigter 
hinzu: „Noch nicht!“ 
„Nun gut,“ lächelte Marion, „ich werde warten!“ 
Acht Tage später saßen sie wieder zusammen. Es war am 
sachmittag. Rotes Sonnengold tropfte durch die Lücken der 
Baumkronen. * 
„Stehen Sie noch immer vor dem Tor?“ sragte Marion. 
Noch immer!“ 
„Warum versuchen Sie nicht, sich einen Schlüssel zu 
chmieden?“ 
„Es müßte ein goldener sein!“ 
„Ich verstehe,“ sagte sie und nicte langsam. „Der alte 
Herr macht Ihnen Schwierigkeiten.“ 
(Fortsetzung folat.) 
Cheater, Kunst und Wissenschaft. 
Lübed. 10. Oklt 
Stadt⸗Theater. 
„Meyers“, 
Schwank in 3 Akten von Fritz Friesmann-Frederich. 
Der erste Akt dieses Schwankes ist der Beginn eines guten 
dustspiels, erst mit dem zweiten setzt eigentlich der Schwank 
in. Die verschiedenen Abstufungen, oder sagen wir: Akklimati— 
ationsgrade dieser Berliner Semitenfamilie sind wundervoll 
Jezeichnet. Von Jaques Meyer an, der in Heiligendamm als 
Mr. Wellington ein Tennisturnier gewinnt über seine Cousine 
ind deren Bruder, den Einjährigen, und den Herrn Geheimrat 
zis zu Moritz und Rosalie ist jede Gestalt ein kulturhistorisches 
Tokument. Und der Dialog dieses ersten Aktes, die knappe 
ẽxrosition, das motivierte Auftreten der handelnden Personen, 
Ules berechtigt zu den höchsten Erwartungen. Vom z3weiten 
Aufzug an macht sich Friedmann die Sache wesentlich leichter. 
Freilich sind die nun eingeführten Personen derb, aber durch 
veg ftreffend gezeichnmet, bis quf die gebpren⸗e m d. Küche. deren 
Die Neuoronung der preufzischen Staatssteuern. Die Nort 
deutsche Allgemeine Zeitung teilt mit: In der Tagespresl 
ist die Nachricht verbreitet, der Entwurf betreffend ein 
organische Neuordnung der indirekten Staatssteuern in 
Preußen werde dem Landtage nicht in der nächsten Session 
zugehen. Die Nachricht ist unzutreffend. Es wird vielmehn 
eine entsprechende Gesetzesvorlage, wie die im Gesetz, betr 
Bereitstellung der Mittel zu den Diensteinkommenverbesse 
tungen vom 26. Mai 1909 vorgesehen ist, in der kommenden 
Session dem Landtage eingebracht werden. 
Die neuen Hundertmartscheine und Fünfundzwanzigpfennig⸗ 
ttücke. Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin haben 
beschlossen, für möglichst baldige Wiedereinziehung der neuen 
sundertmarkscheine einzutreten, da sie sich als unzweckmäßig 
erwiesen hätten. Wegen der Fuünfundzwanzigpfennigstücke 
ttellten die Aeltesten fest, daß in Groß-Berlin an sich durch— 
aus ein Bedürfnis nach dem neuen Geldstücee bestehe, 
daß aber die Form der Münze als uUungeeignet bezeichne 
werden müsse 
Rußland. 
Der russische Eisenbahnetat. Der Etat der Eisenbahnver— 
waltung für 1812 veranschlagt die Einnahmen auf 638,8 
Millionen oder gegen das laufende Jahr 32,8 Millionen 
kubel mehr, und die Ausgaben auf 529,6, gegen das 
laufende Jahr 15 Millionen mehr. Die außerordentlichen 
Ausgaben des Wegebauministeriums im Jahre 1912 wer— 
den auf 115,9 Millionen geschätzt, darunter befinden sich 
21,4 Millionen für den zweigleisigen Ausbau 
»er sibirischen Bahn und 63,5 Millionen für der 
Weiterbau der Amurbahn. 
Russische Getreidedurchfuuhr durch die Dardanellen und der 
Krieg. Nachdem die türkische Regierung sich auf die Vor— 
tellungen der neutralen Mächte hin genötigt gesehen hat, 
das Verbot des Kohlenentnehmens in den türkischen Häfen 
für neutrale Handelsschiffe aufzuheben, ist, wie berichtet wor 
den ist. die russische Regierung wiederholt mit Nach— 
druck bei der Pforte vorstellig geworden, um das 
Verbot der Getreidedurchfuhr durch die Darda— 
nellen, durch das besonders die russische Schiff- 
fahrt hart getroffen wird, rückgängig zu machen. 
Wie das Wiener k. k. Telegr.Korr.Bureau erfährt, sind 
die Schritte des russischen Bevollmächtigten bei der türki— 
schen Regierung insofern nicht ganz ohne Erfolg geblieben, 
ils die Pforte nicht mehr vollständig ablehnend einer Auf— 
hebung dieser Verfügung gegenübersteht, sondern genecigt ist, 
das Verbot, daß mit Weizen beladene Frachtdampfer die 
Meerengen passieren, aufzuheben. 
Japca. 
Große Flotienrüstungen. Das Marineministerium beablich 
tigt, in der nächsten Session vom Parlameit eisen aufer— 
»rdentlichen Kredit von 400 Millionen Jem zur 
Bergröherung des Flottenbestandes sür sisben Jahre zu rer— 
langen. Die Meldung wird von der Presse l bhast besprochen. 
* 
Tagesbericht. 
Lübeck, 10. Oktober. 
*Titelverleihsung. Dem seit 32 Jahren beim hiesigen Post— 
imt beschäftigten Postsekretir Schmidt wurde aus Anlaß 
es Scheidens aus dem Dienste der Titel Oberpostselretär 
nerliehen. 
Wertvolle Schenkung an das Museum. Ende Augqust 
tarb in Berlin im Alter von 83 Jahren Gustav Pauli, 
iin Sohn des ehemaligen hanseatischen Oberappellationsge— 
ichtsrats Wilhelm Pauli in Lübeck und Bruder des Bürger— 
neisters Dr. Pauli in Bremen. Der Verstorbene hat mehr 
uls 40 Jahre seines Lebens auf Reisen zugebracht, die 
hn in fast alle Länder der Erde führten und ihm eine 
außerordentlich wertvolle Sammlung naturhistorischer, ethno— 
zraphischer und Kunst-Gegenstände verschafften. Die letzten 
Jahre seines Lebens verbrachte Pauli, ganz für sich allein 
ebend, in Berlin. Mit welcher Liebe er aber noch immer 
in seiner Vaterstadt Lübeck hing, das hat er in jseinem 
Testamente zum Ausdruck gebracht, indem er seine so über— 
aus wertvollen Sammlungen dem hiesigen Museum ver— 
nachte. 
X 168 Gewerbeanmeldungen wurden im 3. Vierteliah— 
deim Polizeiamt gemacht, 77 von hiesigen Staatsange— 
hörigen und 91 von Nicht-Staatsangehörigen. Die Anmel— 
zungen verteilen sich auf 76 Gewerbe, davon entfallen 
uuf Kaufleute 17 4uf Schänkmirte 16 und auf Händler 8. 
gexö 
Name schon düstere Vorahnungen lommender Kalauer erweckt. 
Uber auch hier darf man die überaus geschichte Mache bewun— 
»ern. Der Autor sorgt bis zum Schluß dafür, daß das 
Interesse niemals erlahmt, wenn auch die Vorgänge manchmal 
twas grotesk werden. Es ist begreiflich, daß Friedmann dem 
khevalier, dieser köstlichen Gestalt, einen hübschen Abgang 
schaffen wollte, daß er aber darum einen ganzen Zweidecker 
n Bewegung setzte nebst Führer und ehemaliger Nackttänzerin, 
var nicht unbedingt nötig. „Meyers“ als Ganzes betrachtet, 
tellt sich jedenfalls als ein ungewöhnlich amüsantes und 
»rachtvoll bühnenwirksames Werk dar, das bei guter Dar— 
tellung eine Bereicherung des Repertoires bedeutet. 
Die gestrige Vorstellung konnte man wirklich mit unge— 
rübtem Vergnügen genießen. Das Zusammenspiel war durchweg 
risch und flott, und jede, auch die kieinste Rolle, hatte einen 
Vertreter gefunden, der etwas aus ihr zu machen wußte, 
»hne Vordringlichkeit. Das ist natürlich zum Teil das Ver— 
ienst des Verfassers, der z. B. auch die beiden Diener mit 
Ziebe gezeichnet hat. Er fand cber auch bei deren Dar— 
tellern volles Verständnis. Den Moritz Meyer, das Familien— 
Nied, das in Sprache und Gebärden die Art seiner Väter am 
venigsten verleugnet und doch schließlich am ersten den Ahnen— 
tolz der geborenen v. d. Küche überwindet, und ihre Abneigung 
gegen alles, was Meyer heißt, spielte Ernst Albert schla— 
gend komisch, wenn auch mit starkem Auftrag. Troßdem 
gelang es ihm überzeugend, mit breiter Bonhomie die ernsten 
und schätzenswerten Seiten der Persönlichkeit herauszustellen und 
einen Sieg durchaus natürlich ericheinen zu lassen. Albert 
icherte allen Pointen in famoser Manier die zündende Wirkung. 
Rudolf Schürer gab den Neffen Jaques gewandt, liebens— 
vürdig, mit einigen geschickt verwandten kleinen Nuancen, die 
in das Volk erinnerten, dem der Adoptivsohn des Chevalier 
ibttünnig geworden. Eine feine lleine Charakterstudie war der 
ßeheimtat Meyer in Nowacks Darstellung. Die zweite große 
haratterkomische Rolle des Stücks: den mit Wein und Zigarren 
jandelnden Chevalier de la Roche verkörperte Willy Schweis— 
4uth mit vornehmer Komik. Er schuf diese Ge'talt, die der 
Karikatur so leicht verfällt, erschütternd lebenswahr und dabei 
inwiderstehlich drollig und liebenswürdig auch in der größten 
Verkommenheit. Mie hei den Worten: „IIch bin eine tragi—
	        
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