Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

um Schweden sich viel zu bekümmern, haf die Welt sich av— 
gewöhnt, seit mit der halbzufällizen Berufung des französischen 
Advokatensohnes zum Gründer einer neuen Dynastie das Zeit— 
alter der Revolutionen dort geschlossen zu sein scheint und 
der für Bernadottes Hilfskorps nicht sonderlich ruhmvolle 
Kanonendonner von Leipzig die Sterbestunde der einst von 
Eustav Adolf geschaffenen nordischen Großmacht einläutete. 
Es ist übrigens gar keine Frage, daß die Auseinander— 
zerrung von allgemeinen Wahlen nicht ohne Einfluß auf ihren 
Ausfall sein kann. Die später zur Urne Kommenden richten 
sich nach den früher Wählenden: sei es, um auf die siegende 
Seite zu treten, sei es, wie vielfach in England, weil mancher 
in Umkehrung des Schillerwortes dadurch Verstand zeigen will, 
dahß er sich den Wenigeren anschließt. 
Dieses Mal haben die schwedischen Wahlen indes wirklich 
einige Bedeutung gehabt. Nur ein einziges Mal, seitdem die 
Verfassung des 22. Juni 1866 gilt, war dies der Fall ge— 
wesen, als nämlich im Jahre 1887 die im Einne der bäuerlich- 
deme kratischen Partei ausgefallene Kammer-Erneuerung den 
Uebergang auch dieses bis dahin noch freihändle— 
rischen Landes zum Schutzzollsystem herbeigeführt 
hatte, Die letzte Gesetzgebungsperiode hat belanntlich diese 
Nichtung verstärkt und die Zollmauern des standinavischen 
Landes dermaßen erhöht, daß auch das deutsche Reich 
in der neuen Auflage seines Handelsvertrages 
mit Schweden den Rückschlag zu fühlen bekam. 
Nun war ja freilich keine Ausficht, das Geschehene un— 
geschehen zu machen, auch nicht, wenn über Nacht 230 Frei— 
händler in das neue Haus e'nzogen. Moderne Handels- und 
Wirtschaftspolitik bedarf langfrästiger Zeiträume. Es wäre 
Unsinn, ihre Richtlinien von Zufallsmehrheiten des Wahl— 
glückes abhängig zu machen. Was die diesjährigen Wahlen 
bedeutsam macht, ist, daß sie zum erstenmal nach dem abl— 
gemeinen Wahlrechte und unter Anwendung des Pro— 
portionalsystems vollzogen worden sind, Allerdings 
handelt es sich nicht um jenen in Belgien und Finnland 
geltenden „Proporz“, der die Stimmen durch das ganze 
Land durchzählt. Damit wären ja auch die Uebelstände der 
berschiedenen Wahltermine zugleich beseitigt gewesen. Aber 
bekanntlich hat das belgisch-finnische System auch den Nach— 
leil der von Periode zu Periode wachsenden Gleichgültigkeit, 
a schließlich geradezu Langeweile der Wählermassen, wenn 
Tausende von Stimmen erforderlich sind, um der aufsteigenden 
Partei einen einzigen neuen Parlamentssitz zu verschaffen; 
während bei den Beézirkswahlen unter Umständen ein einziger 
die Mehrheit verschieben kann. Für Schwedens machtvolle 
Agrarier war es vollends ausgeschlossen, zu einer Berechnungs⸗ 
weise überzugehen, die gar bricht das seit 17 Jahren festge— 
stellte Verhältnis von 80 städtischen und 150 ländlichen Man— 
daten erschüttern konnte. 
Einen außerordentlichen Umschwung haben die dies maligen 
Wahlen allerdings gebracht und damit zugleich den Bewtis für 
die Notwendigkeit gesiefert, das frühere beschränkte Wahl— 
recht im Sinne der Gerechtigkeit auf alle Staatsangehörigen 
männlichen Geschlechts auszudehnen. Die Frauen sind näm— 
lich, im Gegensatz zu Finnland, ausgeschlossen 
ebblieben. Das beste Geschäft haben natürlich die So— 
zialdemokraten gemacht. Die Linke hat etwas verloren. Für 
die Konservativen aber ist infolge ihrer Verluste alle Hoff— 
nung geschwunden, sich in ihrer alten Machtfülle zu be 
haupten. Damit ist aber auch dem bisherigen Ministerium 
Lindeman sein ohnehin unsicherer parlamentarischer Boden 
vollends entzogen. Die Frage eines liberal-sozialdemokra⸗ 
tischen Koalitionskabinetts war nahegerückt. Indessen hat eĩn 
rechtzeitiger, taktisch kluger Verzicht der Roten sie vorlkäufig 
wieder hinausgeschoben. Herr Staaff wird die Neubildung 
aus den liberalen Reihen übernehmen und wahrscheinlich 
werden sich einige gemäßigt Konservative hinzugesellen. Um 
über deren wirkliche ,„Mäßigung“ sich zu vergewissern, for⸗ 
dern die Sozialisten, dan die Ministerliste ihrem Parteiplacet 
unterbreitet werden soll. , 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich. 
Ankauf eines neuen Parseval für das Heer. Wie der Inf. 
mitgeteilt wird, ist für unser Heer der Ankauf eines neuen 
Parseval beschlossen worden, so daß unsere Luftschifflotte in 
der nächsten Zeit um drei Luftschiffe bereichert wird, nämlich 
—— — 
Schrank zu. „Hoffentlich fällt er mit seinem Ballon ins Meer. 
Dann sind wir ihn los!“ 
Waldemar Quint aber fuhr am nächsten Morgen über 
Lnssabon nach Paris und ließ vierzehn Tage später die Ladung 
eines Treimastschoners auf der grohen Deserta löschen. Dann 
hing er seinen Frach an den Nagel und zog sich die bsaue 
Arbeitsbluse über. 
Bald erhob sich neben dem Laboratorium eine Ballonhalle 
aus Stahlbalken und Wellblechplatten. Es waren nur vier 
Hände, die sie bauten, aber sie waren geschickt und wußten 
zu greifen. Miguel leistete mehr als drei Männer. Unab— 
lässig schleppte er die schweren Teile des Eisenhauses auf 
seinem breiten Rücken heran und hielt sie so lange in ihrer 
Lage, bis sie Waldemar Quint, sein Herr, festgenietet hatte 
Unermüdlich arbeiteten die beiden von Sonnenaufgang bis 
Sonnenuntergang. Kaum gönnten sie sich Zeit zum Essen. 
In Funchal ließ sich Waldemar Quint überhaupt nicht mehr 
sehen. Am Abend setzte er sich vor seine Pläne und Zeichnungen. 
Als die Ballonhalle fertig war, legten sie eine glatte, ge— 
neigte Bahn zum Strande an. Felsstücke wurden weggesprengt, 
Spalten ausgefüllt und zwei Schienen gelegt, auf denen das 
Luftfahrzeug mit leichter Mühe vom Meer in die Halle ge⸗ 
zogen werden konnte. Während Miguel noch daran arbeitete, 
baute Waldemar in der Halle den Ballon. Er hing die 
Gondel. die wie eine Barkasse geformt und mit einer Schiffs- 
schraube ausgerüstet war, an ein wagerechtes Kreuz von Alu⸗ 
miniumstangen, die der Ballonhülle Festigkeit und Elastizi— 
tät gaben. Vorn und hinten und rechts und links ragte dieses 
Gesiänge aus der gestredten, oben und unten linsenartig 
zusommengedrüchten Gestalt der dreifachen, sorgfältig impräg⸗ 
nierten Hülle. 
Miguel aber staunte das Wunderwerk, das unter seinen 
Händen wuchs, wortlos an und wachte über den Schlaf seines 
Herrn. ohne dak der es wußte. 
(Fortsetzung frigt.) 
Theater, Kunst und Wissenschaft. 
Die Kurfürstenoper in Verlin. Der Bau der Kurfürstenoper 
fijt bereits sowert vorgeschritten, dafj mit der Innenaus— 
schmückung begonnen werden konnte. Das Haus, das 1150 Sit 
um den neuen Zeppelin, um den Neubau des Militlärluft— 
schiffes vom M-Typ, das beim Kaisermansöver verunglückt 
it und jetzt wiederhergestellt wird, sowie um das Parseval— 
ruftschiff, das sich bereits nach genauen Angaben der Heeres— 
zerwaltung im Bau befindet. Es sollen auch in diesem 
Jahre noch Ankäufe von Flugzeugen für die Heeresver 
waltung gemacht werden. Augenblicklich ist ein Flugzeug für 
den Ankauf in Aussicht genommen. 
d. Der Zusammentritt des Bundestatis. Der Bundesrat 
tkritt heute zum ersten Male nach den Sommerferien wieder 
zusammen, um zunächst, wie alljährlich beim Beginne einer 
neuen Session des Bundesrats seine Ausschüsse neu zu wählen. 
Von jetzt ab wird Elsahß-Lothringen in den Ausschüssen nicht 
nur mitberaten, sondern auch mite itscheiden. Auf der ersten 
Tagesordnung des Bundesrats steht eine Reihe von Entwürfen 
zu Verordnungen, von Verwaltungssachen und Eingaben, dar—⸗ 
unter auch Eingaben gegen die Lebensmittelteuerung 
Die letzteren werden in der üblichen Weise zunächst dem 
Reichskanzler überwiesen werden, der zunächst über das Weitere 
zefinden soll. Den Antrag der preußzischen Regie— 
rung auf Betriebsvergünstigungen für die 
randwirtschaftlichen Brennereien aus Anlaß der 
zeste henden Futternot wird der Bundesrat sofort beraten 
ezw. zur Vorberatung an den zuständigen Ausschuß verwe'sen. 
Dder Antrag bezweckt in der Hauptsache, einen Teil der bisher 
ür Brennereizwecke bestimmten Kartoffeln für Speise- und 
Futterzwecke freijumachen. Im 8 10 des Branntweinsteuer⸗ 
zesetzes vom 165. Juli 1909 wird der Bundesrat ausdrücklich 
rmächtigte im Falle von Mißernten Ausnahmen zu gestatten 
don der Vorschrift, dahn in den Brennereien die zur Ver— 
arbeitung kommenden Rohstoffe an Kartoffeln und Getreide 
(mit Ausnahme von Roggen, Weszen, Buchweizen, Hafer und 
Gerste) von den Eigentümern oder Behtzern der Brennerei 
elbst gewonnen sein müssen — wenn die Brennerelen der so— 
genannten Liebesgabe nicht verlustig gehen sollen. Ob diese 
und andere Maßregeln, die in dem preußischen Antrag vor— 
geschlagen werden, viel nützen werden, muß jedoch abgewartet 
werden. Wenn auch die Tagesordnung nichts vom Ein— 
fuhrscheinwesen enthält, so rechnet man doch in Bundes— 
ratskreisen mit der Möglichleit, dah Herr Wermuth gliich 
die erste Sitzung benutzen wird, um eine Aussprache unter den 
Bevollmächtigten über diese Frage herbeizuführen. 
ä α — 
Desterreich⸗ Ungarnnnn. 
Neue Sieuern in Oesterreich. Dem heute wieder zusammen⸗ 
lretenden Reichsrat werden mehrere Steuervorlagen unter— 
hreitet werden, deren Ertrag zum Teil zur Erhöhung der 
Beamtengehälter dienen soll. Die Vorlagen be— 
ziehen sich nur auf die direkten Steuern, während 
eine Erhöhung der indirekten Steuern vorläufig nicht in 
Aussicht genommen ist. In erster Linie steht die Er— 
zöhung für mittlere und größere Einkommen, die etwa 
16 Millionen Kronen bringen soll. Die übrigen Steuer— 
vorlagen beziehen sich auf die Dividendenzusatzsteuer, Tan⸗ 
tiemensteuer und Automobilsteuer, deren Ertrag zur Erhaltung 
der Straßen bestimmt ist, und eine Erhöhung der Tota— 
lisatorgebühren. 
Türkeĩ. 
Drer englische Boischafter beim Großwesir. Der Daily 
Mail wird über Saloniki gemeldet, daß der Großwesir 
Said Pascha mit dem englischen Botschafter eine 
Unterredung hatte, die drei Stunden währte. Von deren 
Ergebnis sei Sir Gerard Lowther hochbefrie— 
digt gewesen. In Aegypten weiß man noch nichts 
dvondemitalienisch-türkischen Krieg; offiziell wenig— 
tens nicht. Um zu verhindern, daß der italienische diplo— 
matische Vertreter in Aegypten abreisen muß, was nicht ge— 
wünscht wird, hat die türkische Regierung es unterlassen, 
Aegypten offiziell den Kriegszustand mitzuteilen. 
Ausweifung der Italiener aus der Türlei. Die Türkei rich— 
tete eine Zirkularnote an alle diplomatischen Vertretungen, 
daß Waren italienischer Herkunft konfisziert 
verden. Die Beschlagnahme begann bereits auf dem Kon—⸗ 
tantinopeler Zollamt. Die Agence Ottomane glaubt zu 
vissen, daß Maßnahmen für die Ausweisung aller 
Italiener unmittelbar bevorstehen. Trotz dieser offiziösen 
Meldung erscheint es zweifelhaft, ob die Ausweisung gene— 
raliter durchführbar ist. Doch dürfte die Ausweisung von 
Fall zu Fall eventuell mit Motivierung besonders bei ver—⸗ 
dächtigen Personen, kaum ein Hindernis finden. 
plätze faht, ist mit allen Errungen; chaften moderner Technik 
ausgestattet, vor allem hat man aber Bedacht auf eine gute 
Dptik genommen und in dieser Beziehung ein außerordent⸗ 
liich günstiges Resultat erreicht. Bei Besichtizung des Baues 
fonnte man sich überzeugen; daß die Sitzanlagen so vortril⸗ 
haft angeordnet sind, da man von jedem Platze des Hauses 
»zie ganze Bühne übersehen kann. Es ist dies eine Errungen— 
chaft, die nur wenige Bühnen aufzuweisen haben. Mit 
zroßer Sorgfalt und besonderer Rücksicht auf die Klangwir⸗ 
ung ist man beim Bau des Orchesterraumes vorgegangen, der 
100 Musiker beherbergen kann und mit Resonanzwänden aus 
iner besonderen Hotzart versehen ist. Der Zuschauerraum, 
der außer dem Parkett zwei vollständige und einen halben 
»ritten Rang enthält, wird in Weih. Rot und Gold ausge— 
sührt. Die Bühne, die gegenwärtig noch ein Gewirr nackter 
Fisenkonstruktionen ist, wird in der Lage sein, erstaunliche 
Verwandlungs-⸗ und Beleuchtungseffelkte hervorbringen zu 
können. Außer bei Zimmerdekorationen wird es keine Soffitten 
nehr geben. Von einer Beleuchtungsbrücke, die quer über 
das Bühnen-Proszenium führt, werden auf einem Rundhori⸗ 
ont die herrlichsten Beleuchtungseffekte erzielt werden. Auch 
die Garderoben der Künstler sind mit allem Komfort und 
elephonischer Verbindung nach der Bühne ausgestattet. Der 
Zuschauerraum ist mit breiten Wandelgängen umgeben, an 
»enen sich im Parkett und in jedem Range ein Foyer sowie 
ein Büfettraum befinden. Ein besonderes Treppenhaus führt 
ur Hofloge. Daß die denlbar größten Vorkehrungen für die 
Feversicherheit getroffen sind, ist selbst erständlich, dazu gehört 
auch die schnelle Entleerung des Hauses bei Feuersgefahr 
Neues Theater in Newyork. Der Bürgermeister von New 
york, Gaynor, hat an der fseierlichen Einweihung des „David 
Keßler⸗Second Avenue⸗Theatre“, des neuen Theaters im New⸗ 
yjorker Ghetto, teilgenommen, die vor kurzem stattgefunden hat. 
Das neue Bühnenhaus, das 800 000 Doll. gekostet hat, soll dem 
iddischen Drama eine künstlerische Heimstätte gewähren. Der 
Direktor ist David Keßler, den man den „Henry Irving des 
Ghetto“ nennt. 
tk. Ein neues Buch von Heinrich Mann. In 8 Tagen er⸗ 
scheint im Inselverlag in Leipzig eine Novellensammlung 
von unserem Lübecker Landsmann Seinrich 
Tagesbericht. 
Lübeck, 5. Oktober. 
Zur Lage der lubeckischen Silfslehrer schreibt die Päda— 
Jogische Zeitung vom 5. d. M. u. a. folgendes: „Eine 
Frage ist es vor allem, die schnellster Erledigung bedarf 
Die gesetzliche Begrenzung der Silfslehrertätigkeit auf ein 
öestimmtes Zeitmaß. Die feste Anstellung erfolgt hier nicht, 
wie es in anderen Bundesstaaten die Regel ist, nach einer 
bestimmten Reihe von Jahren, sondern sie kann (nach einer 
Wahl durch die Oberschulbehörde) nur dann eintreten, wenn 
neue feste Stellen erforderlich sind. Die Zahl der festen 
Stellen ergibt sich auf Grund einer Bestimmung des Anter⸗ 
richtsgesetzes: An einer achtklassigen Volksschule unterrichten 
rußer dem Bauptlehrer 5 festangestellte Lehrer und außerdem 
dilfslehrer in erforderliche Zahl; für je 2 weitere, die 
stormalzahl übersteigenden Klassen ist eine neue festange⸗ 
tellte Lehrkraft nötig. Schon daraus geht hervor, daß die 
Zahl der Silfslehrer unverhältnismähig hoch sein muß (auf 
etwa 225 festangestellte Volksschullehrer an den lübeckischen 
Schulen überhaupt kommen rund 100 Silfslehrer; noch un— 
zünstiger ist das Verhältnis der Hilfslehrerinnen zu den 
estangestellten Lehrerinnen). Die feste Anstellung kann nach 
der obigen Bestimmung ein Hilfslehrer nur dann erwarten, 
venn entweder nieue Schulen oder an einer vorhandenen 
S„chule neue Klassen eingerichtet werden, abgesehen von den 
zisher noch seltenen Fällen, wo infolge Pensionierung oder 
Todes ein Ersatz nötig ist. Dadurch wird es erklärlich, daß 
n günstigen Fällen Svilfslehrer schon 8 Jahre oder sogar 
223 oder 2 Jahre nach dem Seminarabgang fest angestellt 
worden sind, während andere 5 und mehr Jahre auf 
feste Anstellung gewartet haben. Nachdem man jetzt dazu 
äbergegangen ist, die Schulsysteme zu vergrößern und die 
Klassenfrequenzen zu erhöhen, ist eine Stauung eingetreten. 
Augenblicklich sind mehrere Kollegen vorhanden, die 7 Jahre 
eit dem Seminarabgang als Hilfslehrer tätig gewesen sind. 
Schon seit mehreren Jahrzehnten hat der Lehrerverein ver— 
jucht, eine gesetzliche Begrenzung der Hilfslehrerzeit, etwa nach 
dem Muster Preußens, herbeizuführen, bisher aber stets ohne 
Erfolg. Seit einiger Zeit — die Initiative dürfte der Schul— 
cat Prof. Dr. Wychgram ergriffen haben — ist aber 
auch die Oberschulbehörde zu der Erkenntnis gekommen, 
daß sowohl im Interesse der Hilfslehrer, wie vor allem 
auch im Interesse der Schule, die infolge der gesetzlich 
notwendigen Versetzungen von Lehrern leiden muß, eine 
Aenderung nötig ist. In welchem Sinne die Begrenzung 
der Silfslehrerzeit gesetzlich festgelegt werden wird, ist noch 
ungewiß. Sachlich begründet ist allein die feste Anstellung 
sofort nach dem Bestehen der zweiten Prüfung. Ob dies 
Ziel zu erreichen ist, erscheint freilich zweifelhaft. Nach den 
Mitteilungen, die bisher in der Oeffentlichkeit ge— 
macht sind, müssen wir annehmen, daß der Zeit— 
punkt der Anstellung weiter hinausgeschoben wird. 
Die Oberschulbehörde wünscht die feste Anstellung 
ovier Jahre nach dem Seminarabgang. Zu rechnen 
ist aber damit, daß der Senat aus finanziellen Gründen einen 
noch ungünstigeren Antrag bringen wird. Der Zeitpunkt der 
festen Anstellung ist aber von der größten Bedeutung, weil nach 
ihm der Bezug der Alterszulagen sowohl wie die Höhe der Pen— 
sion berechnet wird. Bei den Beratungen über den neuen Be— 
soldungsetat spielte die Begrenzung der Hilfslehrerzeit eine sehr 
wesentliche Rolle. Die Heraufsetzung der Steigezeit bis zur Er— 
eichung des Höchstgehalts wurde ausdrücklich mit dem Muster 
Preubens begründet. Von seiten der Lehrer wurde damals darauf 
hingewiesen, dah die Konsequenz aus der Uebernahme der Steige— 
zeit von Preußen die Uebernahme der preußischen Bestimmungen 
über die feste Anstellung sein müsse. Die 27jährige Steigezeit 
ist beschlossen worden, — ob die seste Anstellung wie in Preußen 
zeregelt werden wird, ist unentschieden geblieben. — Außer der 
gesetzlichen Begrenzung der Hilfslehrerzeit ist in nächster Zeit 
ine Erhöhung der Hilfslehrergehälter notwendig. Die Hilfs— 
ehrer erhalten zurzeit 1100 1500 M. Der Höchstsatz von 
1500 Metritt zu einer Zeit ein, wo in Preußen schon das volle 
ßrundgehalt gezahlt wird. Als cusreichend für einen jungen 
dehrer, der im 22. Lebensiahr ins Amt tritt (der Abgang vom 
Seminar kann in Lübed frühestens mit vollendetem 21. Lebens- 
ahr erfolgen), wird man dieses Gehalt nicht ansehen können. 
kiner Erhöhung der Hilfslehrergehälter wird man sich um so 
weniger entziehen können, nachdem kürzlich die Bezüge der Bu⸗ 
reauhilfsarbeiter eine wesentliche Aufbesserung erfahren 
haben. Ein Bureaugehilfe, also ein junger Mann, der vielleicht 
— — — —— 
Mannd die den Titel der ersten Rolle „Die Rückkehr vom 
Hades“ trägt. 
Bismarck-Nationaldenkmal und deutscher Bismard-Bund. 
Vom 6. bis 8. Oktober hält der deutsche Bismarckbbund in 
Goslar, in dem er im Jahre 1901 gegründet wurde, 
jeinen zehnten Bundestag ab. Da der Bund mit seiner 
bekannten Erklärung gegen das Urteil des Preisgerichts für 
das Bismarck Nationaldenkmal und die Monatsschrift Bismarck⸗ 
Bund (Frankfurt a. M.) im Vordergrund des allgemeinen 
Kampfes gegen das Urteil stehen, wird wohl allgemeines 
Interesse hervorrufen, daß der Schriftleiter der Monats— 
schrift BismarchBund, der sowohl dem engeren Ausschuß als 
auch dem erweiterten Kunstausschuß für das Bismarck- National— 
denkmal angehört, auf dem Bundestag einen Vortrag hält 
über: „Der Wettbewerb um das Bismarck-Nationaldenkmal“. 
An der sich anschliehenden freien Aussprache können sich auch 
Bismarckverehrer beteiligen, die dem Bunde nicht angehören. 
Für die Klärung der allgemein interessierenden großen na— 
tionalen Frage würde es sehr vorteilhaft sein, wenn an 
dieser Tagung recht viele beteiligte Künstler teilnehmen 
würden, ob ihre Entwürfe preisgekrönt wurden oder nicht. 
Anmeldungen zum Bundestag nimmt Senator Otto Albert 
in Goslar; der Vorsitzende des Festausschusses. entgegen, 
während Anträge für die Verhandlungen an den Vorsitzenden 
des Bundes Wilh. Weule in Goslar zu richten sind. 
Von Vertretern des Oesterreichischen Theaterdirektoren⸗ 
verbandes, des Oesterreichischen Bühnenvereins, und des Oester⸗ 
reichischen Musikerverbandes wurde beschlossen, in ein Gegen— 
seitigleitsverhältnis zu treten. Man bildete ein Komitee als 
„Theaterzentralkommission“ und wählte zu dessen Präsidenten 
die Herren Direktor Cavar (Direktorenverband), Professor Stoll 
(Bühnenverein) und Präsident Frank (Musikerverband). Die 
Kommission hat die Aufgabe, solche Theaterfragen, die sowohl 
das Interesse der Unternehmer wie das der Angestellten be— 
treffen, in Erörterung zu ziehen. um ein gemeinsames Vorgehen 
anzubahnen. 
Von einem Zenfurverbot wurde die Direktion des Friedrich- 
Wilhelmstädtischen Schauspielhauses in Berlin getroffen. Es 
handelt sich um das kürzlich angekündigte Schauspiel „Die sich 
irren“ von Henri Wenden.
	        
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