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Beilagen: Vaterstädtische Blätter. & Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed 1614. Jebrgang Nachrichten für das Herzogtum Lauenburg, die
hzeiblait: Gesetz und verordnungeblatt Bttdt rre gürstentümer Rahzeburg, Lübeck und das angren⸗
———————,,,,——— — ———— zende medlenburgische und holsteinische Geblet.
Druck und Verlag: Gebrüder Borchers FE.m. b. H. in GJ. — Geichãttsntelle Abrek brus AKomi — 2 a6. Fernsrecer o ⁊ —*
GEGGroße Ausgabe) Donnerstag, den 5. Oktober 1911. Abend⸗Blatt Ur. 505.
Ausgoabe
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Erstes Blatt. Rierzu ⸗. Blaft.
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Amfang der heut — ummer 6 Seiten. 35
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oerMicher Teil. ⸗
die Nationalliberalen vor dem Wahl⸗
kampf.
Von Ernst Bassermann, M. d. R.
Nur wenige Wochen trennen uns noch von den Neu—⸗
wahlen; im Oktober tritt der Reichstag zu seiner letzten
Tagung zusammen. Die Regierung hofft, daß das sterbende
Parlament noch eine Reihe wichtiger Gesetze verabschieden
vird. Eine höchst sonderbare Lage. Die Abgeordnetek,“
m Begriffe, ihre Koffer zu packen, um in die Wahlkreise
u fahren, sei es, um dort Kandidatenreden zu halten, sei
s, um unterstützend für andere einzugreifen, sollen bis
zicht zum Wahltermin in Berlin festgehalten werden. Ich
slaube, die Regierung wird, wie schon so manches Mal,
ich auch hier irren und Enttäuschungen erleben. Manches
Hesetz wird unerledigt bleiben und den neuen Reichs—
ag beschäftigen, was an sich ja auch kein Unglück ist. Hat
doch schon manche Hoffnung sich als eitel erwiesen.
Man war in den leitenden Kreisen der Ansicht, daß
die Zeit versöhnend auf die bürgerlichen Parteien wirken
und die Erörterungen über die unglückliche Reichsfinanzreform
ausscheiden werde. Das Gegenteil ist eingetreten. Die
Reichsfinanzreform wird nach wie vor in jeder Volksver—
jammlung traktiert, und wie dies jedem erfahrenen Po—
litiker von vornherein klar war: je länger die Wahlen
hinausgeschoben werden, um so härter geraten die Organi—
ationen der bürgerlichen Parteien in den Wahlkreisen an—
rinander. Dafür sorgen die geschulten Organe der kämpfen—
den Parteien. Es wäre wohl gut, nun bald ein Ende zu
nachen und das Volk entscheiden zu lassen. Oder glaubt
nan durch ein Telephonverteuerungsgesetz oder durch eine
Strafprozeßordnungsreform, die die Rechte der Angeklagten
einschränkt, in diesen Wochen entscheiden zu können und der
Sozialdemokratie Abbruch zu tun?
Die Frage der Strafprozehordnungsreform kann nur in
Verbindung mit der Reform des Strafgesetzbuchs gelöst wer—⸗
den und dann großzügiger als dies heute versucht wird.
Was an Zeit noch übrig bleibt, müßte der Privat—
zeamtenversicherung gehören. Das ist ein Gesetz,
ruf das viele Tausende seit Jahren warten. Wird die
Berabschiedung dadurch, daß andere Gesetze, wie beispielsweise
»ie Strafprozeßordnung sich hindernd in den Vordergrund
ellen, unmöglich, dann muß mit einem weiteren Anwachsen
er sozialdemokratischen Stimmen und Zuzug aus PVrivat—
beamtenkreisen gerechnet werden. Für die Kommissions-—
ßeratungendes Privatbeamtengesetzes muß vor
ablem die nötige Zeit geschaffen werden.
Die schwere Mißstimmung, die unter dem neuen Kurse von
dag zu Tag wächst, macht die Berechnung für die Wahlen
iußerst unsicher. Die Düsseldorfer Wahl zeigt, wie die sozial—
»emokratischen Wahlziffern anschwellen: das sind die Mit—
äufer, welche die kluge Politik des Fürsten Bülow den
ozialdemokratischen Fahnen untren machte, und die heute zu
hnen zurückkehren und der Sozialdemokratie den Sieg bringen.
dein Wunder, wenn der sozialdemokratische Wahlaufruf von
en glänzenden Aussichten der Sozialdemokratie spricht. Der
zeue Kurs hat nun einmal kein Glück. Lebensmittelteuerung
ind Ratlosigkeit in bezug auf die Erleichterung der Lage
erbessern die Aussichten der Soziademokratie. Dazu treten
rancherlei Verstimmungen in den besten national gesinnten
treisen. Schon die letzte Militärvorlage hat nicht nur in der
lrmee, sondern auch im Volke nicht befriedigt.
Der Schreiber dieses hat im Reichstage den Bedenken Aus—
zruch gegeben, und aus vielen Zuschriften geht hervor, wie
r gerade in Armeekreisen auf volles Verständnis für seine
Zorgen traf. Das Tempo unserer Flottenrüstung verlangsamt
ich kraft Gesetzes, obwohl — Großadmiral v. Köster hat erst
ieser Tage darauf hingewiesen — der Mangel an Kreuzern un—⸗
estreitbar ist. Dazu treten die schweren Sorgen um die Ost—
narkenpolitik, mancherlei Anzeichen, daß der bisherige Kurs
exlassen werden soll und die oft gescheiterte Versöhnungs⸗
olitik zum Nachteil des Deutschtums von neuem eingeleitet
oird. Die Lage der auswärtigen Politik, das Ende un—
eres schneidigen Auftretens in Agadir erfüllt viele
Batrioten mit tiefer Trauer und der Krieg um Tripolis,
delcher die Wertlosigkeit unseres Bündnisses mit
Ztalien beweist, das — im Cinverständnis mit Frankreich
ind England — zum Erstaunen unserer Diplomaten unter
hwerster Verletzung deutscher Interessen in tiefem Frieden
ber die uns verbündete Türkei herfällt, gefährdet den
Dreibund und bedeutet, was schlimmer ist, zugleich das
cnde unseres Einflusses in der Türkei..
Freilich, es ist vielfach nicht beliebt, wenn man offen
iber diese unerfreulichen Resultate unserer auswärtigen Politik
pricht, aber die Parteien dürfen sich die freimütige Kritik
sicht verschränken lassen. Ich denke, die konservative Partei
n England scheut sich nicht, die innere und äußere Politik
ines liberalen Kabinetts mit der Offenheit zu kritisieren, die
en Engländer ziert. Für die nationalliberale Partei wäre
s geradezu selbstmörderisch, wenn sie einer rückhaltlosen
zeurteilung der gegenwärtigen auswärtigen Politik entsagen
»ollte: Sie würde sich dadurch die besten Elemente im
igenen Lager entfremden. Möge man sich darüber keiner
äuschung hingeben: mit wachsender Sorge verfolgt man
in Lande die auswärtige Politik der Wilhelmstraße
— α.
Die nationalliberale Partei ist weder radikal, noch gouver—
nemental, sie ist eine Partei der mittleren Linie, die sich
veder an agitatorischen Schlagworten berauscht, noch schwäch—
icher Anlehnung an ein vergängliches System bedarf, son⸗
ern ausschließlich sich durch ihre nationalen und liberalen
Inschauungen leiten läßt. Eine Verwirrung ohnegleichen hat
„ie Ablehnung der Erbschaftssteuer im Lande angerichtet.
Das Volk wird in den Wahlen zum Gerichtstag rufen.
Möge es ein gerechtes Urteil fällen. Wenn der Liberalis—
nus gestärkt aus der Urne hervorgeht, werden bessere Zeiten
ür das Vaterland anbrechen. Die nationalliberale Partei
vird ihre Schuldigkeit tun.
— — —
Die deutsche Vermittlerrolle.
Der Messagero kann sich beruhigen. Dieses italienische
Blatt erklärt nach einer kurzen Drahtmeldung, die uns vor—⸗
iegt, unter Erwähnung des deutschen Botschafters von Mar—⸗
chall, es habe kein Diplomat das Recht, in Konstantinopel
»estimmte Vorschläge zur Herbeiführung des Friedens zu
nachen. Frhr. von Marschall hat natürlich fertige Frie—
„ensvorschläge nicht unterbreitet und nicht unterbreiten
önnen. Geradezu unsinnig ist, was von einem Pariser Blatt
»emselben deutschen Botschafter nachgesagt wird: er habe
em Großwesir die Geneigtheit Italiens ausgedrückt, der
rürkei einen jährlichen Tribut für Tripolis zu entrichten.
leberhaupt sind die zahlreichen Nachrichten von Friedens—
»ermittelungsversuchen, ebenso wie die Nachrichten vom Kriegs—
chauplatz mit Vorsicht aufzunehmen. Eine Vermittelungs—
ätigkeit Aaufzudrängen, wäre unter Umständen ein sehr
indankbares Unterfangen, und ein solches, das dem erstrebten
Friedenszwecke nicht dient. d.
Wahlen und Umschwung in Schweden.
MAuslandsbrief unseres Korrespondenten.)
Stockholm, 3. Oktober.
Am letzten Septembertage sind die Wahlen zur Zweiten
Fammer des schwedischen Reichstages zu Ende gegangen. Mi⸗
»er englischen teilt die schwedische Wahlordnung von alter—
jer den Uebelstand, daß die Wahlgänge der einzelnen Kreis
iber ganze Wochen hin verzettelt sind. Das Interesse ar
zen Einzel-Ergebnissen mag dadurch vielleicht verstärkt werden,
veil die Oeffentlichkeit Muße gewinnt, sich mit ihnen zu be—
chaͤftigen. Aber der Gesamteindrudk verpufft doch einigermaßen,
umal für die Schwedens innerer Entwicklung Fernstehenden.
ẽnglische Wahlnachrichten werden ja bis in die letzten Tage
sinein mit Spannung verfolgt. Ist es doch auch für die
nichtenglische Welt aus zahlreichen Gründen durchaus nicht gleich⸗
zültig. ob dort die Tories oder die Whias regieren! Jedoch
X4
Der herr der Luft.
Englands Feind.
Roman von Ewald Gerhard Seeliger.
16. Fortsetzung.) Machdruch verboten.)
Die Nachricht von dem Selbstmord Fritz Cortmanns siderte
a die Presse. In einigen Londoner Zeitungen erschien ein
drtilel mit der Ueberschrift: „Die Mörder Madeiras“.
„Dieser anonyme Schurke!“ rief der alte Herr Splendy
und fuhrt wie ein Tobsüchtiger um den Schreibtisch herum.
„So kann es nicht weiter gehen! Sie weisen mit Fingern
muf uns! Es muß etwas geschehen! Wir werden eine Million
russchteiben! Wir werden ihnen beweisen, daß wir keine
Mörder sind! Ich werfe eine Million in die Luft! Tut
as ein Mörder? Ich werde ihnen eine größere Sensation an
»en Kopf werfsen, als sämtliche Mordtaten zusammengenommen.
Ich werde eine Million ausschreiben! Im Ernst!“
„Wofür?“ fragte Manuel gespannt.
„Für eine Wettfahrt!“ rief freudig der alte Herr, dem
soeben etwas eingefallen war. Für ein Wettfliegen mit dem
Luftballon. Das ist zeitgemäß. Sie werden nur noch in die
Luft starren. Bedingung: Ueberfahrt mit dem Ballon. Wer
ankommt, hat eine Million gewonnen. Wir werden sie aus⸗
chteiben, auf der Stelle! Doch wir werden nicht nötig haben,
ie zu bezahlen.“
Am nächsten Morgen überraschten die Morgenblätter die
zuten Funchaler mit dem Millionenpreis. „Die Mörder Ma—
eitas“ wurden sofort vergessen, man stritt sich heftig über
die Möglichkeit eines solchen Unternehmens, wies mit ge—
tredten Fingern in die blaue Atmosphäre hinein und schaute
iach dem ersten Wagehals aus, der sich von der Million ver—
oden ließß. Auf ein halbes Jahr hatte Oliver Splendy
ür die geistigen Bedürfnisse der Kleinstadt gesorgt. Denn
7. hatte wohlweislich einen Termin gefettt. Was heute noch
nmöglich schien, konnte in ein paar Jahren durch das rabide
zortschreiten der modernen Technik möglich gemacht worden.
— tei Tage später sprach niemand mehr von den „Mördern
“deiras“
zut Begrüßung zu nehmen, hielt er Oliver Splendy ein Zei—
tlungsblatt unter die Nase.
„Haben Sie dieses Preisausschreiben erlassen ?“ fragte er kurz.
Der alte Herr nickte stolz.
„Dann werden Sie die Güte haben, mir sofort eine An—
reisung über diese Summe auszufüllen.“
Oliver Splendy prallte entsetzt zurück. „Sind Sie —
„Vollständig klar!“ schnitt hm Waldemar Quint das Wort
WB. „Wollen Sie schreiben?“
„Nein!“ rief Oliver Splendy, der unterdessen seine Fassung
vieder errungen hatte.
„Sie werden doch schreiben!“ hächelte Waldemar Quint
ühl und setzte sich ihm gegenüber. „Sie haben sich wohl noch
nicht klar gemacht, daß Sie kun müssen, was ich will!“
„Waldemar!“ rief Manuel und kam aus seiner Reserve
eraus, „du bist wohl des Teufels!“
„Durchaus nicht! Setzen wir also den Fall, ich durchschnitte
eine gewisse Leitung an einem gewissen Tische! Was würden
Sie tun. meine Herren? Wem wollten Sie die Reparatur
invertrauen?“
„Wir würden ohne die Maichine spielen!“ erwiderte
Manuel schnell. —
„Dann wird die Bank verlieren!“ sagte Waldemar Quint.
„Wir werden das Zero wieder herstellen,“ ließ sich Oliver
Splendy vernehmen, in dessen gewaltigem Schädel es mächtig
cbeitete.
„Sie haben Mut!“ lächelte Waldemar Quint. „„Mehr
Mut, als ich mir träumen ließ. Setzen wir aber den Fall, ich
vürde die Erfindung meiner lenibaren Roulette veröõffent⸗
ichen und dabei den Ort angeben, wo man sie im schönsten
Zetrieb besichtigen lann?“
„Sie sind ein Erpresser!“ schnaubte der alte Herr.
„Nicht ganz! Ich brauche das Geld nicht für mich, son—
detn für meine Pläne.“
„Du bist undankbar!“ rief Manuel erbittert. „Ich habe
nir gegeben, so viel in meinen Kräften stand.“
„Teshalb wende ich mich diesmal an den alten Herrn!
Sie werden schreiben, Mister Splendy. Ohne mich könnten
Sie heute keine Millionenpreise stijten!“
Dliver Splendy faßte den Federhalter.
„Wie viel?“ fragte er verzweifelt.
„Fünfzigtausend Pfund!“
„Wohin?“
„Auf Paris!“
Manuel stand am Fenster, starrte aufs Meer und seine
zand zitteree.
„Bitte!“ sagte Oliver Splendy und reichte Waldemar Quint
das Blatt hinüber.
Sie haben die Unterschrift vergessen!“ mahnte Waldemar
Quint und gab ihm das Blatt wieder zurüch.
Der alte Herr hieb wütend sjeinen Namenszug mit dem
Riesenschwung darunter, der in allen Bankhäusern der alten
uind neuen Welt Geltung hatte, und Waldemar Quint stedte
die Anweisung sorgfältig ein.
„So!“ sagte er, „das ware erledigt. Jetzt werde ich Ihnen
noch eine kleine Ueberraschung bereiten
Oliver Splendy zucte nerbös zufammen.
„Beruhigen Sie sich!“ lächelte Waldemar Quint. „Ich
will Sie nur darüber aufklären, datz Sie mir mit dieser
Summe kein Geschenk gemacht haben. Im Gegenteil. Ich
werde den Preis gewinnen. Ich verdflichte mich dazu! Aubtzer
nit kommt kein anderer in Frage. Ich werde mit diesem Geld
meinen Ballon bauen und vünktlich in sechs Monaten hier
vor der Quinta Vigia eintreffen.“
„Wollen Sie mir das schriftiich geben?“ fuhr Oliver
Splendy empor.
„Mit Vergnügen!“ sagte Waldemar Quint und setzte seinen
Namen unter ein paar Zeilen, die der alte Herr eilig hinge—
vorfen hatte. Damit hatte er sich zur Rückzahlung der
Summe verpflichtet, falls er die Bedingungen des Preis—
ausschreibens nicht erfüllen würde.
Der alte Herr barg das Papier im Kassenschrank und
atmete wieder auf. Wenigstens etwas hatte er gerettet!
„Ich habe mich in ihm getäuscht!“ sagte Manuel bitter,
als Waldemar Quint fort war. „Er ist ein Schurke!“
Oliver Splendy raäusperte sich laut: „Er hat alle Trümpfe
in der Hand. Hättest du es nicht ebenso gemacht ?“
„Ich?“ rief Manuel und wies diese Zumutung weit von
ich. „Niemals!“
„Aber ich!“ sagte der alte Herr und warf wütend der
»“J meldete sich Waldemar Quint. Ohne sich die Zeit