Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Ausland unabhängig zu machen, wofür eine wesentliche Vor— 
Dussetung die Schaffung guter Verkehrsmittel sei. Die von 
seinem Voꝛgänger begonnene Eisenbahnpolitik werde energisch 
Ffortgesührt werden, und zur Ergänzung habe er ein ausführ— 
liches Programm zur Hebung der Wirtschaft in den afrtika— 
nischen Kolonien aufgestellt.. 
Die neueste Handelsstatistik gebe ein günstiges Bild. 
Im Jahre 1910 habe der gesamte Kolonialhan⸗— 
del gegen das Jahr 1909 um 54 Millionen zu— 
genommen, der Gesamthandelmit den Kolonien 
fomit insgesamt 232 Millionen Mark betragen. 
In Prozenten sei der Gesamthandel der Kolo— 
nien um 31,4 Prozent gestiegen. Die Gesamtausfuhr 
der Rohprodukte sei allgemein im Steigen begriffen. Von 
1906 bis 1910 ist die Kautschukausfuhr von 1630 auf 29006 
gestiegen. Ter Anbau von Baumwolle werde durch Versuchs⸗ 
stationen gefördert. Oelfrüchte seien 1900 für 175 Mill. M 
nach Deutschland eingeführt worden. Steigend sei auch die 
Ausfuhr von Sisalhanf, Kalao (3880 t im Jahre 1910 gegen 
1400 1 1906). Kaffee und Tabak. Es sei nur eine Frage von 
Zeit und Kapital, daß auch ein Teil des Bedarfs von 
Schafwolle aus den Kolonien gedeckt werden könne. Die 
Diamantenförderung in Südwestaftika sei von ausschlaggebender 
Bedeutung für die Balanzierung des dortigen Haushaltsetats 
und führe entsprechend geleiteten Abbaugesellschaften außerdem 
noch beträchtliche Gewinne zu. Die Erträge der Kupferminen 
im Norden des Schitzgebietes würden wohl imstande sein, einen 
Wandel in der Abhängigkeit von Amerika herbeizuführen. 
Schließlich wies Staatssekretär von Lindequist auf die 
Ausbeutung der reichen Phosphatläger in der Südsee hin. 
Die Kolonialverwaltung werde alle Unternehmungen fördern, 
die aus den Kolonien Nutzen brächten. Monopolartige 
Rechte wärden bei einem derartigen Entwick— 
lunasstadium der Kolonien im allgemeinen 
nicht mehr verliehen werden. Nachdem der Staats⸗ 
seltetär die Erschienenen zur Mitarbeit aufgefordert hatte, trat 
die Versammlung in die Tagesocrdnung ein, deren erster Punkt 
die Frage der Kreditorganisation der deutschen 
Schutzgebiete mit besonderer Berüchsichtigung von Südwest⸗ 
aftika betrifft. Ueber die Beratungen, die zunächst vertrau— 
lichen Charakter tragen, wird nach Abschluß ein zusammenhän⸗ 
gender Ueberblick veröffentlicht werden. 
Die „Patriziersöhne“ im Krieg. 
Auf dem sozialdemokratischen Parteitag in Jena wurde 
unter den vielen Räubergeschichten auch eine aufgetischt, die 
nicht unwidersprochen bleiben darf, weil sie ganz besonders 
geeignet ist, ein falsches Licht auf die Opferfähigkeit und die 
Leistungen der führenden Klassen im Kriege zu werfen. „Bei 
einem Weltkrieg“, sagte einer der sozialdemokratischen Redner, 
„tragen nicht die Söhne der Vanzerplattenfabrikanten, nicht 
die Edelsten und Besten der Nation ihre Knochen zum Markt, 
sondern eure Söhne, eure Väter werden als Kanonenfutter 
niedergeschossen.“ Der Schwäbische Merkur weist an der Hand 
des jedermann zugänglichen kriegsstatistischen Materials nach, 
daß genau das Umgekehrte der Fall ist. Die Patriziersöhne 
sind es, die in erster Linie ihre Knochen zu Markte tragen 
und als Kanonenfutter niedergeschossen werden. So ist es, 
und so muß es auch sein. Denn Adel, Patriziat, höhere 
Bildung und ausgezeichnete Stellung im Leben vervflichten 
verpflichten natürlich besonders, wenn das Vaterland in Ge— 
fahr ist. Die Unwaäahrheit der sozialdemokratischen Behauptung 
soll mit einigen Zahlen belegt werden: Die kriegsstarke 
Kompagnie rückt mit 250 Mann und 5 Offizieren aus. Auf 
50 Mann kommt 1Offizier. Bei den Verlusten müßte also 
dasselle Verhälinis obwalten. Die Verlustziffern des Feld— 
zuges 1870,71 ergaben aber, daß bereits bei 17 toten und 
verwundeten Mannschaften 1 Offizier fällt. Das „Patriziat“ 
erleidet also den dreifachen Verlust wie das „Volk“. Daraus 
ist dem letzteren kein Vorwurf zu machen. Es muß so sein 
und soll so sein. Nur darf man die Tatsachen nicht um— 
drehen. Bei Gravelotte fielen beim Sturm der Garde auf 
St. Privat die „Edelsten“ reihenweise an der Spitze ihrer 
Grengadiere in viel stärkerem Verhältnis als diese. Bei Mars— 
la-Tour verlor das 16. Regiment seine sämtlichen Offiziere. 
Ein Drittel war tot, zwei Drittel waren verwundet. Das 
3000 Mann starke Regiment hätte im gleichen Verhältnis 
ebenfalls vollständig vernichtet sein müssen. War das der 
Fall? Das Regiment verlor an Toten und Verwundeten 
—X 
„Es ist nicht unmöglich!“ sagte Waldemar Quint und 
schlug ein. „Leb wohl!“ ꝛ8 
Dann schritt er in sein Laboratorium zurück, fegte die 
Glasscherben zusammen und bereitete ein neues Experiment vor. 
ZweitesKapitel. 
Als Manuel in Funchal ankam, ssiand er vor einem frischen 
Grabe. Sein Vater war bei dem Versuch, einen Volksauflauf 
vor dem Krankenhause zu unterdrücken, vom Pferde gestürzt 
und war mitten in der Vollkraft seiner Johre aus dem 
Leben geschieden. 
An dem Aufruhr trug der Leiter des Kranlenhauses 
Doltor Serrote, die Schuld, der einen Hafenarbeiter Miguel, 
der Große genannt, wegen Choleraverdacht isoliert hatte. Seine 
Henoĩsen fürchteten, durch die Quarantäne um ihren Verdienst 
gebracht zu werden, stürmten das Gebäude, zerschlugen Türen 
und Fenster und befreiten den vermeintlichen Kranken, der 
die Folgen seines Mostrausches längst überwunden hatte. 
Als Anstifter des Aufruhrs wurde er am nächsten Tage 
auf sechs Monate ins Gefängnis gesteckt und schwur Doktor 
Setrote grimmige Rache. 
Aleixo Rochalves aber wurde dadurch nicht wieder lebendig. 
Mitlen im schwersten Ringen gegen das reiche englische Haus 
Oliver Splendy Sohn war er abberufen worden. 
Durch die Gründung großer Sanatorien für Lungenkranke, 
wobei er sich auf deutsches Kapital gestützt hatte, war er zu 
Oliver Splendy, der bis dahin die Insel unumschränkt beherrcht 
hatte, in eine Kampfstellung geraten. 
Auf der einen Seite standen der alte Herr Splendyy, ein 
Gentleman, der aber in Geschäftssachen keinerlei Skrupel kannte, 
Aund sein Neffe John, den er sich aus Manchester hatte kommen 
lassen, und der alle Vorzüge und Fehler eines Stockengländers 
än sich vereinigte. Ihm wollte der alte Herr die Firma und 
seine einzige Tochter Marion vererben. 
Aber Marion haßte das Engländertum und stand als 
Tochter der Insel auf Seiten Aleixo Rochalves, wollte von 
einet Verbindung mit John nichts wissen und machte aus 
ihrer Bewunderung, mit der sie zu Aleixo Rochalves als 
zu einem Beglücker ihres Heimes emvorschaute, durchaus kein 
Hehl. J 
Der plötzliche Tod Aleixos kraf sie so hart, daß sie sich 
m ihr Zimmer verschlok und sich nicht sehen liei 
1100 Mann, also etwa ein Drittel sernes Bestandes. Außer— 
dem fielen 600 Mann unverwundet in Gefangenschaft. Ein 
iemlich einzig dastehender Fall. Ist das ein Vorwurf für 
das brave Regiment? Keineswegs. Es beweist nur, daß 
die Mannschaften, sobald die Führer — die „Edelsten“ und 
die „Panzerplattenfabrikantensöhne“ — gefallen sind, direk— 
tionslos werden und dem Feind anheimfallen. Und das ist 
züben so wie drüben, bei allen Völkern gleichmäßig. Wer 
zie Feldzüge 1866 und 1870/71 mitgemacht hat, weiß, daß 
Truppen ohne Offiziere nur zu leicht geneigt sind, sich so 
sort zu ergeben. Das ist ein ganz bekannter Vorgang 
Deshalb aber auch keine Verdrehungen, Entstellungen und 
dügen. Das „Patriziat“ ist in erster Linie Kanonenfutter. 
Seine Söhne müssen vorangehen beim Sturm und müssen sich 
bloßstellen, wenn der „gemeine Mann“ Deckung suchen darf 
und sucht. Das weiß dieser auch sehr wohl, und er schätzt 
und liebt deshalb seinen Offizier, der für ihn im Krieg und 
Frieden mit hingebender Pflichttreue sorgt und vor dem 
Feind in erster Linie seine Knochen zum Markt trägt. 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich. 
Die deutschefranzösischen Verhandlungen. Die gestern in 
Paris im Ministerium des Aeußeren begonnene Prüfung der 
letzten deutschen Vorschläge zum marokkanischen Abkommen 
dürfte heute dort ihre Fortsetzung finden. Der Minister⸗ 
dräsident möchte die Angelegenheit nicht vorzeitig an den 
Ministerrat gelangen lassen, um improcisierte Mei ungsäuße— 
rungen dieses oder jenes Ministers zu vermeiden. Caiklaux 
will in die Diskussion über diese nur von Fachmännern mit 
ooller Sicherheit zu beherrschende Frage nicht neue Momente 
tragen lassen. 
d. Der angebliche Masai⸗Einfall in Deutsch⸗Ostafrika. Seit 
einiger Zeit wird in der Presse die Nachricht von einem Ein⸗ 
fall britischer Masai in das Gebiet ihrer deutschen, 
am Kilimandscharo sitzenden Stammesçenossen verbreitet. Wenn 
dem wirklich so war, dann hätte sich da aus für den Norden 
unserer ostafrikanischen Kolonie cine nicht unbedenkliche Kala— 
mität entwickeln können, denn die Masai sind kriegsgeübte 
kräftige Leute, übrigens auch ethnologisch außerordentlich inter— 
essant. Wie wir erfahren, hat indessen der Gouverneur von 
Ostafrika aus Daressalam jetzt telegrapihert, daß es sich um 
leere Gerüchte handelt, wie sie unter den Eingeborenen tag 
täglich und oft sehr phantastisch aufgeputzt umlaufen. Zur 
Beunruhigung ist also in keiner Weise Anlaß. 
Ein Vorwärts-Redakteur wegen Beleidigung verurteilt. Aus 
Berlin wird uns geschrieben: Vor dem Schöffengericht wurde 
gestern die Privatklage des zweiten Hauptgeschäftsführers 
des z, Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie“, Dr. 
Ludwig-Berlin, gegen den verantwortlichen Rädaltcur des 
Vorwärts, Richard Barth, verhandelt. Der Vorwärts hatte 
in einem Artikel das Ludwigsche Werk,Kommunalpoli— 
tik und Sozialdemokratie“ cin „reichsverbändlerisches 
Schwindelmachwerk“ genannt und den Verfasser aufs gröb 
lichste beleidigt. Dr. Ludwig strengte gegen den Vorwärts 
Privatklage an, in deren Verlauf u. a. ein umfangreicher 
Beweisantrag über die sozialdemokratische Mißwirtschaft in 
»er Mülhauser Stadtverwaltung angetreten wurde. Den 
Kläger vertrat Justizrat Stolte, den Beklagten Rechtsanwal'! 
ßetnemann. Gestern wurde das UArteil verkündet, das den Vor— 
värts⸗Redakteur wegen Beleidigung zu drei Wochen Ge— 
fängnis und in die Kosten des Verfahrens verurteilt und 
dem Privatkläger Dr. Ludwig die Publikationsbefugnis im Vor— 
wärts, in der Deutschen Zeitung und im Berliner Lokalanzeiger 
uuspricht. 
Ein dänischer Admiral über die deutsche Flotte. Angesichts 
der vorgestrigen Rede des englischen Marineministers über die 
Notwendigkeit weiterer Flottenverstärkungen ist eine Unter— 
haltung eines Elberfelder Journalisten, des dortigen Chef— 
tedakteurs Tolker mit einem dänischen Admiral gelegentlich der 
Studienfahrt der nordeuropäischen Presse nicht ohne Interesse 
Jener Admiral, der 1864 gegen Preußen gefochten hat, auto 
isierte Tölke ausdrücklich, seine Meinung dain bekanntzu 
sebhen, da die deutsche Seemacht das höchste Lob verdiene 
die deutsche Flotte sei die beste der Welt. Keine andere 
Marine verfüge über ein so exalt ausgebildetes Offizierkorps 
Durch die Schaffune des Nordostseekanals sei iedes deuticht 
Als sie auch am dritten Sonntage nicht beim Frübstüchk 
erschien, wurde der alte Herr unruhig. 
„CECs muß etwas geschehen, John. Du mubt sie auf— 
fuchen, sie zur Vernunst bringen! Tu kannst das besser 
als ich!“ I 63 
„Ich will mein Mödglichstes tun,“ sagate John lleinlaut 
und ging hinaus. 
(Fortsetzung foigt.) 
Theater. Kunst und Wissenschaft. 
Lũͤheck, 29. Sept. 
Stadt⸗Theater. 
„Cavalleria rusticana von P. Mascagni 
und „Der Bazazzo“ von Leoncavallo. 
Als die „Cavalleria“ zum ersten Male ihren Triumphzug 
iber die Bühnen antrat, ging ein Staunen durch die Reihen 
z»er Musiker, sogar der Altmeister Karl Reinecke äußerte sich 
ins gegenüber, daß in Mascagni vielleicht ein zweiter Verdi 
astehen würde. Sehr bald aber sollte sich diese Bewunderung 
tegen und nur die Gunst des Publikums ist dem musikalisch doch 
lecht brutalen Werke, an dem der Text das beste ist, unentweg 
erhalten geblieben. Die Eigenart Mascagnis wie Leoncavallo⸗ 
ist am markantesten in „Cavalleria“ und „Bajazzo“ ausgeprägt 
es sind vielleicht später feiner geartete Kompositionen ihrerseite 
entstanden, doch nicht so bühnenwirksam. Die tragische Note 
die beiden Werken zu eigen ist, läßt dieselben fast immer im 
Berein zu Worte kommen, zumal die Komponisten dem Jung 
talienertum angehören. Die gestrige Wiedergabe des Mascag— 
uschen Werkes hinterließ nicht gerade einen besonders günstigen 
kindrud. In erster Reihe hertschte zwischen Orchester und Bühne 
jar zu wenig Einverständnis; dem musikalischen Leiter, Herrn 
Dr. Hartzem, der hier zum ersten Male dirigierte, werden 
die Verhältnisse noch neu gewesen sein; vielleicht waren auch zu 
wenig Proben vorangegangen. Die Santuzza der Frau Kruse⸗ 
Tiburtius war von tüchtigem gesanglichen Studium getragen, 
venn es uns auch erschien, als ob die Höhe gestern nicht mit 
zer Leichtigkeit genommen worden wäre, wie wir es sonst bei 
der Künstlerin gewohnt sind. Das Spiel bedarf für diese Partie 
noch ganz bedeutender Vertiefung, besonders das Auge müßte 
die seelishen Vorgänge der leidenschaftdurchbebten Bäuerin mehr 
wüdersviegeln. Ein weiterer Nachteil für diꝛe Vartie der San 
4 
— 
Kriegsschiff so viel wert wie zwei englische. Auch in anderen 
politischen dänischen Kreisen wurde der deutschen Seemacht 
böchstes Lob gezgollt. 
ESchweden. 
Die Sozialdemokratie und das neue Kablnett. Wie aus 
Stockholm gemeldet wird, nähern sich die Wahlen zur Iwraiten 
Kammer des Reichstages, die zum ersten Male nach dem 
Proportionalsystem auf der Grundlage des allgemeinen Wahl— 
rechtes stattfanden, ihrem Abschluh. Die Sozialdemo— 
kraten erklären, daß sie nicht in das neue Kabinett 
eintreten wobllen; sie verlangen aber, dah man ihnen 
Gelegenheit gibt, die Ministerliste zu billigen, damit nicht 
allzu ausgeprägte Mitglieder der Rechten in das Kabinett 
aufgenommen werden. 
Italien. 
Geheimvertrag zweschen Griechenkand und Itali,n? Kon⸗ 
stantinopel, 28. Sept. In gut unterrichteten Kreisen spricht 
man davon, da,ß ein Geheimvertrag zwischen Italien und 
Griechenland bestehe, dah im Falle der Besetzung von Tripolis 
Griechenland von der Bedrängnis der Türkei Vorteil haben 
und Kreta annektieren solle. Wie die Agence Ottomane 
meldet, beschloß das Exekutivkomitee in Kreta, im Falle der 
Abreise der türkischen Flotte nach Tripolis Kretas Unab— 
hängigkeit zu erklären. 
Rußland. 
Der Marineetat. Der in der Reichsduma eingebrachte Ma— 
rineetat für 1912 weist 164 216 157 Rubel Ausgaben auf, d. h. 
56 959 557 Rubel mehr als der diesjährige. Die Mehraus⸗ 
gabe ist hauptsächlich hervorgerufen durch die Vermehrung 
der Kosten für den Schiffbau um 28,3 Mill. und die Schiffs— 
ausrüstung um 18,3 Mill. Für den Bau von Linienschiffen 
der baltischen Flotte sind 29 Millionen, für den Bau dreier 
Linienschiffe, von neun Torpedobooten und sechs Unterseebooten 
der Schwarze-Meer-Flotte 23,9 Millionen Rubel vorgesehen. 
— Das Marineministerium hat enen Gesetzentwurf über ein 
fünfiähriges Bauprogramm für die babtische Flotte aus— 
gearbeitet. Der Entwurf wird dem Ministerrat unterbretet 
werden. Die K'eslegung der Dreadnoughts für die Schwarze 
Meer⸗Flotte ist endgültig auf Ende Oktober festgesetzt worden 
Cagesbericht. 
Lübeck, 29. September. 
X In dem Jagdrevier „Priwan“ ist die Ausübung der Jagd 
durch Senatsbeschluh anstatt vom 1. Oktober erst vom 1. Nob. 
ab gestattet. (S. amtlh. Teil.) 
* Herr Stadtgürtner Barth ist, dem Vernehmen nach, zum 
Gartenbaudirektor in Charlottenburg erwählt worden. 
gk- Handwerker, schreibt Rechnungen aus! Die Gewerbe— 
kammer als gesetzliche Vertretung des Handwerkerstandes 
weist wiederholt nachdrücklicht auf die Mißstände im Zah— 
kungsverkehr hin, und richtet daher an die Handwerker 
das dringende Ersuchen, bei der Ablieferung von Waren 
»der beendeter Leistung von Aufträgen sogleich die Rech— 
nung beizufügen oder dieselbe mindestens einmal im Monat 
auszuschreiben, keinesfalls aber mit der Zusendung der Rech— 
fung länger als ein Vierteljahr zu warten, eventuell bei 
Zahlung innerhalb gewisser Zeit einen entsprechenden Skonto 
u gewähren. Ein Vierteljahr ist wieder abgelaufen, ein 
ieues beginnt. also Handwerker, schreibt Rechnungen aus! 
Diese Handhabung wird von einsichtigen Bestellern und Ab— 
nehmern um so weniger als eine Unbequemlichkeit oder 
Mahnung aufgefaßt werden, als sie geeignet erscheint, Strei— 
tigkeiten über den Preis, über Abzüge usw. tunlichst aus— 
zuschließen. Aber auch die Konsumenten natürlich müssen 
die Rechnungen sogleich nach Empfang begleichen. Denn die 
Fewerbetreibenden können nur dann konkurrenzfähig und 
wirtschaftlich selbständig bleiben, wenn sie ihrerseits imstande 
sind, ihre Rohmaterialien und Arbeitslöhne prompt zu be— 
zahlen. Werden durch dieses Verfahren die Mißstände im 
Zahlungsverkehr, die langen Kreditfristen auch nicht gleich 
gehoben, so werden doch Handwerker und Kunden allmäh— 
lich an eine ordnungsmäßige Zahlungsweise gewöhnt. Und 
has wäre der Weg zur Besserung! 
S Zwangsverläusfe. Im Termin vor dem Amtsgerichte am 
29. September 1911 wurde zugeschlagen das Gru d tück 
Attendornstrahe Nr. 37 der Ehefrau des Agenten 
Christophh Wlese, Maria, geb. Oldenburg, zu Lübed für das 
am 22. September 1911 abegebene Gebot von 10650 M 
uve 
tuzza ist der helle Stimmkiang der Frau Kruse. Wir erinnern 
an Frl. Kahler, die uns erzittern machte. Für den Turiddu 
sahen wir wieder einen Hamburger Gast auf unserer Bühne 
und zwar keinen geringeren als Herrn Kammersänger Penna— 
rini, der seine Aufgabe natürlich mit felsenfester Sicherheit 
und ausgezeichnetem gesanglichen Können löste. Eigentlich war er 
es, der das Ganze zusammenhielt. Ein klein wenig leich 
lebiger könnte für uns der Turiddu gezeichnet sein; die Stimme 
ist etwas zu kraftvoll. Gar so unbedeutend, wie Frl. Arkadij 
die Lucia zeichnete, ist diese Partie denn doch nicht. Die Sän— 
gerin war noch ziemlich unsicher und schien sich wenig über die 
Bühnenvorgänge zu erregen, die doch ihren Sohn zum Mittel— 
punfkt haben. Altcharakter spürte man auch gestern nicht in 
der Stimme. Alfio (Herr Holiaquist) und Lola Erl. 
Jansen) verkörperten gestern ein rechtes Anfängertum., worunter 
der tradische Konflifkt sesr zu leiden hatte 
Mit ganz anderem Elan setzte der „Baijazzo“ ein: Herr 
Kapellmeister Pfeiffer führte schwungvoll und sicher 
die Batuta, und unser vortrefflicher Bariton Herr Arnold 
Langefeld brachte seinen rühmlichst bekannten Prolog zu 
klangschöner, durchdachter Wirkung, wofür ihm reicher Applaus 
zuteil wurde. Auch im ferneren Verlauf der Oper gab sich 
zerr Langefeld, wie immer, als vornehm denkender 
Zänger. Nedda, Frl. Tilly Jansen, gesanglich sehr 
icher, hatte die kokette „Straßendirne“ im Spiel lange 
nicht genug erschöpft. Hier fehlte nahezu alles; selbst das 
„Lied an die Vögel“ muß mit einer gewissen Koketterie vor— 
getragen werden. Herr Holmauist, der stimmlich Schönes 
jab, war als Silvio von unglaublicher Nüchternheit. Herr 
Dberregisseur Beyer wird noch viele Mühe haben, um 
iesen beiden stimmbegabten und musikalischen Menschen auch 
den nötigen Bühnenreiz abzugewinnen, ohne den nun ein— 
nal für das Theaterpublikum nicht viel zu machen ist. 
der Beppo des Herrn Schorn war gewandt und, wie 
wir es schoön bei diesem verwendbaren Sänger gewohnt 
sind, musikalisch sicher und leichtflüssig. Zu guter Letzt Herr 
Richard Pistori als Canio. Der Sänger war in glän— 
zender stimmlicher Verfassung, sein Spiel naturwahr und 
ergreisend. Um die beiden gewaltigen Heldentenöre, die 
am gestrigen Abend rivalisierten, sind Hamburg und Lübeck 
zu beneiden! Freuen wir uns, daß wir Herrn Pistor
	        
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