stellto fest: Gegen dret beschuldigte Unteroffiziera muhte die
eingeleitete foörmliche Untersuchung niedergeschlagen werden, weil
die Voraussetzung für die Verurteilung, nämlich die Mindew
jährigketit der Mädchen fehlte. Drei Kriegsgerichte sprachen
die mit der Affäre in Verbindung gebrachten Versonen dea
Offizierstandes von jeder Schulb frei. Der fruhere Kom⸗
mandant von BSelgoland beantragte sofort nach dem Bekannt⸗
werden der Geruchte eine Untersuchung bet der Staatsanwalt⸗
schaft, die eine vollständige Entlastung herbeistührte. (Tel.)
Zur Reform bes furistischen Stubiums. In ber Budget⸗
kommission des Abgeordnetenhauses erklärte der Ju⸗
stizminister, die Verlautbarung der Presse über
die Reform des furistischen Studiums und Examens seien größ—⸗
tenteils u nrichttig. Eine Entscheidung sei noch nicht ge—
troffen. Jetzt set eine Kommission eingesetzt aus Mitgliedern
des Kultus⸗ und Justizministeriums. Aenderungen des Stu—
deums und Vrüfungen seien ins Auge gefaßt. Es frage
isch, ob dies allein durch die Verwaltungsvorschriften, oder auch
durch die Gesetzgebung ins Werk zu setzen sei. Ueber die Ziele
iei ziemlich die gleiche Ansicht, nicht über die Wege.
Zuwachsfleuer und Vereranenbezüge. Die Darstellung eini⸗
ger Zeitungen, nach der die Reichsfinanzverwaltung sich neuer⸗
dings in der Lage sehe, eine erböhte Beteranenfür—
sorge unabhängig von der Erledigung des Zu⸗
wachssteuergesetzes eintreten zu lassen, wird
amtlicherseits als irrtäümlich bezeichnet. Der Staats—
selretär des Reichsschatzamtes äußerte sich dahin, daß es gesetzes—
technisch unangängig sei, die in den Etat gehörige Regelung
der Veteranenbezüge in das Zuwachssteuergesetz selbst aufzuneh⸗
men. An der Notwendigkeit, den Mehrbedarf für die ver⸗
besserten Bezüge der Beteranen ebenso wie für die Heeres—⸗
voriage aus den Erträgnissen der Zuwachssteuer zu decken, habe
sich nichts geändert, da bei Aufrechterhaltung des Gleich—
gewichts im Etat 1911 und für die solgenden Jahre eine an—
derweitige Decdung nicht beschafft werden kann.
Ein neuer püpstlicher Angriff gegen die Rechte des Staates
ist nach römischen Meldungen erfolgt: Die Acta sedis apos to-
licae veröffentlichen ein Schreiben des Papstes an
Kardinal Fischer als Antwort auf die Beschlüsse der
letzten Bischofskonferenz in Fulda. Der Papst spricht darin seine
Freude aus über die Beilegung der Zwistigkeiten der beiden
Richtungen in den cristlichen Gewerkschaften und über die
ihnen gegebene feste Marschroute. Das Kommuniongesetz sollte
nicht nur ein päpstlicher Befehl, sondern ein Ausfluß des Evan—
geliums sein. Die Bischöfe duürften stch bei der Diszipli—
nierung unbotmähiger Pfarrer nicht durch Räücksicht auf
die weltlichen Behörden beeinflussen lassen.
Den Theologieprofessoren an den staatlichen Uni—
versitäten sei zwar der Antimodernisteneid erlassen,
er, der Papst, erwarte aber von ihnen vor allen anderen
einen spontanen Eid. Sonst sei ihre Lehre nicht gerade
verdammenswert, aber es zeige sich, daß sie Kirchengegnern
folgen, die behaupten, dieser Eid sei gegen die menschliche
Würde und Freiheit der Wissenschaft.
Zu den neuen Arbeitsdispositionen des Reichstags wird
aus parlamentarischen Kreisen geschrieben: Die vom Senioren—
tonvent beschlossene Arbeitseinteilung ist durch die langwierige
Verhandlung beim Wertzuwachssteuergesetz über den Haufen
geworfen worden. Die Dispositionen lassen sich infolgedessen
nicht mehr einhalten. Es wird nun gewünscht, nach der Er
ledigung der ersten Beratung des elsaß-lothringischen Ver
fassungsentwurfs möglichst bald mit der zweiten Etatsberatung
zu beginnen, um die rechtzeitige Verabschiedung des Etats
möglich zu machen. Dann müßte allerdings die zweite Be—
ratung der Strafprozehordrung hinter die Etats-⸗
beratungen gesetzt werden. Urspruünglich sollte die
Strafproreßordnung vom 28. Jamar bis zum
10. Februar beraten werden und am 13. Februar die zweite
Etatsberatung beginnen. Die 3. Lesung des Wertzuwachssteuer⸗
gesetzes kann vorläufig nicht vorgenommen werden, da die
Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Lesung infolge der
vielen Abänderungsanträge gröhßere Schwierigkeiten machen wird.
China.
Der Newyork SHerald meldet aus Peking: Es scheint
erwiesen zu sein, daß die Verbreitung der Vest durch
chinesische Jäger erfolgt ist. Die eingeborene Bevölkerung
zeigt sich sehr gleichgültig. Die europäischen Aerzte haben
die größten Schwierigkeiten für ihre Unterkunft und die Aus,
übung i hrer Tätigkeit. Aus dem Innern laufen entmutigende
Nachrichten ein. Die Seuche breitet sich immer
weiter aus. In Charbin zählte man in der letzten Woche
30 Tote, in Fudsiadjan 2776 Tote. Der internationale
Gerichtshof von Tientlin hat seine Sitzungen
unterbrochen. Die Richter sind vor der Pest geflohen.
Zahlreiche europäische Persönlichkeiten, die nicht an Peking
gebunden sind, verlassen die Stadt. Der deutsche Kron⸗
prinz, der nach Peking gehen wollte, hat seine Reise—
dispositionengeändert und wird nur Schanghai
inen Besuch abstatte
Neueste Nachrichten und Telegramme.
W. Potsdam, 26. Jan. Heute vormittag nahm der Kai⸗
ser die Rekrutenbesichtigung des 1. Garde-
regiments zu Fuh im historischen Exzerzierhause im Lust⸗
garten vor. Mit dem Kaiser waren die Prinzen Eitel Fried⸗
rich, August Wilhelm, Joachim und Ostkar erschienen. Es
wurden die Leib⸗, die 3, 5. und 11 Kompagnie besichtigt,
worauf der Kaiser den Militärattachs v. Bienerth zur Ueber⸗
reichung der Rangliste empfing. Später frühstückte der Kaiser
mit den Offizieren des 1. Garderegiments im Regimentshause
und begab sich im Automobil nach Berlin zurüch.
M Berlin, 26. Jan. Die Nordd. Allg. 3ig. meldet:
Unter Beteiligung hervorragender Vertreter von Industrie,
Handel und Schiffahrt fand in diesen Tagen im Auswärtigen
Amt eine Besprechung über das Koönsulatswelen des
Reiches statt. Man befand sich in Uebereinstimmung dar—⸗
über, daß bei der steigenden Bedeutung des deutschen Welt—
handels eine Ergänzung der konsularischen Ausbildung nach der
praktisch wirtschaftlichen Seite angezeigt ist. Die Mitwirkung
von Industrie, Handel und Schiffahrt wurde bereitwilligst in
Aussicht gestellt. Es ist hiernach zu hoffen, daß die schwie—
rige Frage durch Zusammenwirken der amtlichen und nichtamt⸗
lichen Stellen einer befriedigenden Lösung näher gebracht wird.
Der dem Reichstag vorliegende Etatsentwurf enthält die Neu—⸗
orderung far eine erweiterte wirtschaftliche Ausbildung der
Anwaͤrter des höheren Konsulatsdienstes
Vr Bernn, 26. Jan. Der Reichsanzeiger meldet: Dem
ee atngen Wren 21. Januar ein neuer Nie⸗
derrassfungsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und
er swenerischen Eidgenoenschaft vom 18. Rovember 1800
sowie ejn weiterer Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und
der schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend Regelung der
Rechtsverhaältnisse der beiderseltigen Staatsangehörigen im Ge
biete des anderen vertragsschließenden Teiles vom 31. Okt.
1910 zur Beschluhßfassung zu.
Der Staatsanzeiger meldet Baurat Jacobi⸗Somburs
vor der Sohe wurde zum Dtrektor des Saalburamuseums
ernannt.
Berkin, 268. Jan. Oberbargermeister Kirschner—
von dem es hieß. daß er von seinem Amt zurücktreten werde,
verbleibt in seiner Stellung.
W. Samburg. 26. Jan. Da nach neueren amtlichen Mit⸗
eilungen die CholeraErkrankungen in Rußland bedeutend zu—⸗
udgegangen sind, haben der Minister der geistlichen, Medizinal⸗7
ind Unterrichtsangelegenheiten und der Minister des Innern die
herren Regierungspräsidenten unter dem 23. d. M. ermächtigt
den bei den an der Grenze belegenen Auswanderer-Kon
roilstationen eingeführten Bade. und Desinfektionszwang filt
uus Rußland kommende Reisende wieder aufzuheben.
Bremerhaven, 26. Jan. Die Kommission türkischer Offi—
iere, die mehrere Dampfer des Norddeutschen Lloyds besichtigte,
ist hier wieder eingetrofsfen. Der Kaufvertrad zwischen
vem Lloyd und der Tarkeiist jetzt abgeschlossen
vorden. Die Türkei hat die Dampfer „Oldenburg“ und
„Darmstadt“ far Truppentransporte angekauft. Die Dampfer
erhalten auf Kosten der Türkei einen entsprechenden Umbau
und werden Anfang nächster Woche mit der Kommission die
Reise nach Konstantinopel antreten.
Wt. Düssfeldors. 20. Jan. Im Wettibewerb für das Bis⸗
marncd-Nationaldenkmal am Rhein fand heute die
Pretsverteilung statt. Den ersten Preis erhielt Her—
nann Hahn-Muünchen, einen zweiten Franz Brantzky⸗Köln, einen
weiten Alfred Fischer und W. Kniebe⸗-Dusseldorf, einen
ritten Bernhard Bleeter und Otto Orlando Kurz⸗Wunchen
owis einen weiteren dritten Richard Riemerschied-Munchen.
Wt. Budapest. 26. Jan. Bei dem anlählich der Gier⸗
zurtstagsfeter des Deutschen Kaisers veranstalte—
en Festmahl in der hiesigen deutschen Kolonie brachte der
eutsche Generalkonsul Brockdorff-Rantzau einen Trinkspruch auf
tatser Franz Josef aus, in dem er ausführte: Wir alle waren
zeugen der Verehrung, Liebe und Dankbarkeit, die dem Mon
archen anläkßlich seines 80. Geburtstages dargebracht wurden
ks war ein reich verdienter Dankeslohn für diesen Heros
reuester und vornehmster Pflichterfüllung. Seine Leistunger
ür seine Völker und seine welthistorische Bedeutung für dit
ckntwickelung der monarchischen Idee werden in der Geschichte
dereinst volle Würdigung erfahren. Die mit Begeisterung
aufgenommene Rede schloh mit einem Hoch auf den väterlichen
Freund und treuen Bundesgenossen des deutschen Kaisers.
W. Budapest, 26. Jan. Die Polizei verhaftete den
in Varna gebürtigen Mediziner Peter Serafinow, der im Rufe
e»ines gefährlichen Anarchisten steht. Bei der Leibes—
intersuchung wurde ein Empfehlungsschreiben der Kroujevazer
erbischen revolutionären Partei vorgefunden, in dem Sera—
now als begeisterter Terrorist und Anarchist den sämtlichen
Anarchisten der Welt empfohlen wird. Serafinow ist aus
Moskau, wo er wegen terroristischer Umtriebe zum Tode ver—
irteilt wurde, nach Budapest geflüchtet und verkehrte mit den
hier wohnenden Serben, Bulgaren und Russen. Bei seiner
Berhaftung gestand er, der Mostauer terroristischen Partei
anzugehören.
Wit. Paris, 26. Jan. Der Senat trat in die Debatte
iber den 1898 von der Kammer angenommenen Vorschlag betr
Neuregelung der französischen Zeit, um sie mit
zem in Europa herrschenden Zeitsystem in Einklang zu bringen.
Die französische Zeit würde so mit der englischen überein—
timmen. Kommission und Regierung beantragten die Dring—
lichkeit, die aber abgelehnt wurde. Nachdem noch ein Regie—
rungskommissar auf den Nutzen der Aenderung für das inter—
nationale Reisepublikum hingewiesen hatte, wurde der ein—
zige Paragraph des Antrages, der die französische Zeit neu
regelt, in erster Abstimmung angenommen
Deutscher Reichstag.
W. Berlin, 26. Januar.
Am Bundesratstisch: Delbrück, v. Lisco, Zorn v. Bulach
Der. Mandel und viele Kommissare, später der Reichskanzler
Auf der Tagesordnung steht die 1.Beratung desGesetzes über die
Verfassung Glsaß-Lothringens und die Wahlen zur
Zweiten Kammer des Landtages für Elsaß-Lothringen.
Staatssekretär Delbrück: Der jetzt bestehende Rechtszu—
tand in Essaß⸗Lothringen hat sich allmählich herausgebildet, abe
mmmer nur provisorischen Charakter gehabt; der Wunsch, de—
dortigen Bevölkerung und der Regierung dieses Provisorium end
ich durch ein Definitum zu ersetzen, ist begreiflich. Es entstand
eine ganze Spezialliteratur. Trotzdem kann ich heute noch nich;
agen, was die Mehrheit des Volkes will. Es handelt sich um
wichtige staatsrechtliche Fragen, da das Reichsland gemeinsamer
Besitz aller Bundesstaaten ist. Bismarck hat die Lage des Reichs
landes als abnorm bezeichnet. Die staatsrechtliche Lage schien
ihm sehr schwierig. Es gab für ihn zwei Wege, einmal die Ein—
derleibung in den einen oder mehrere Bundesstaaten, wollt«
man letzteres, so käme dafür nur Preußen in Betracht. Bis—
nard glaubt aber, daß die Elsaß⸗-Lothringer eher Deutsche als
Breußen sein würden, andererseits könne nur die Selbstverwal—⸗
ung für das Reichsland in Frage kommen. Fürst Bismarck wollte
die Entwidelung der Dinge abwarten und es sragt sich, ob
e Elsaß⸗Lothringer jetzt mündig geworden sind, um voll in die
keihe der Einzelstaaten des Reiches aufgenommen zu werden
Der Staatssekretär gibt sodann einen Ueberblick über die Ge—
chichte und Entwickelung Elsaß⸗Lothringens in den letzten 200
Jahren und betont dabei, daß im Jahre 4870 77 40 der Ein
vohner Angehörige der deutschen Sprache waren. Nach ihrer
illgemeinen Herkunft feien die Elsaß-Lothringer überwiegend
Ddeutsche. Wenn man die Reden, die vor 20 und 30 Jahren
jon elsaß⸗lothringischen Abgeordneten im Reichstage gehalter
ourden, mit denen vergleicht, die in den letzten Jahren und
Monaten gehalten wurden, so muß man sagen, daß an die Stelle
des Protestes ein Zustand getreten ist, der sich auf den Boden de⸗
aistorischen Verhältnisses stellt. Der Staatssekretär geht so⸗
dann auf die Einzelfragen ein und sagt dann bezüglich der Wahl⸗
cechtsfrage, die Einführung eines nach Bildung, Besitz usw. ab
gestuften Wahlrechts in Elsaß-Lothringen, wie es schon lange
verlangt wurde, Jei sowohl auf Grund der historischen Entwicke⸗
iung als mit Ruchssicht auf die Gestaltung der Gesetzgebung nicht
angebracht. Die Altersstimmen, die der Entwurf vorsieht, sollen
auch dazu dienen, den Einfluß der jugendlichen Elemente, die
auch bei den letzten Unruhen die Hauptrolle gespielt hätten, zu
beschränken. Die Konstrultion eines Oberhauses beruhe erstens
auf der Notwendigkeit, die Wirkung des allgemeinen Wahlrechte⸗?
abzuschwachen. das erfabrunasgemäß die groben Erwerbszweiae
wie Handel. Industrie und Handwerk nicht zu Worte komm
lasse, auherdem aber auf der Notwendigkeit, die bisher
Bundesrat geübte üUberwachende Tätigkeit zu ersetzen. Der de
sekretär besprach sodann die Stellung des kaiserlichen dan
halters und die Frase der Vertretung Ehsaß-Lothringen,
Bundesrat und betonte dabei, es sei undenkbar, daß der kaiser
liche Statthalter die Vertreter ElsaßeLothringens im Bundern
anders instruiere als die preußischen Vertreter instruiert würden
Jede andere Gestaltung der Vertretung im Bundesrat würd.
aber das Stimmenverhältnis im Bundesrat zuungunsten —XR
beeinflussen. Im übrigen sei das Gefühl der unlösbaren 30
ammengehörigkeit, das die Voraussetzung für die Stellung ein
Bundesstaats sei, gerade in den Kreisen, die die Autonomie a,
lautesten fordern, noch nicht im nötigen Maße vorhanden. Id
hoffe, daß die Vorlage Annahme findet im Interesse der polit
schen und wirtschaftlichen Entwickelung des Reiches und des Reichs.
landes. GBeifall.)
Abg. von der Scheer (Zentr.): Die Ausführungen de—
Staatssekretärs stehen in wohltönendem Gegensatz zu den bie
jerigen amtlichen Verlautbarungen. Hoffentlich findet der Vor
chlagd er Einverleibung in Preußen hier kein Echo in der Forn
von positiven Anträgen. Wir sind stets auf unsere elsässische
kigenarten wie die Angehörigen der anderen Bundesstaaten au—
die ihrigen bedacht. Dieser Patriotismus sollte anerkannt wer—
den. Für die Ausschreitungen französischeinteressierter Kreise sind
wir nicht verantwortlich zu machen. Ihre Mitwirkung verbittep
wir uns. (Bravo.) Die reichsländische Bevölkerung hat ge
hofft, dls vollberechtigter Bundesstaat vom Reich endlich auf
genommen zu werden. Die Hoffnung wird leider nicht erfülll
Die Ritterlichkeit des Kaisers gegen Elsaß-Lothringen erkenne—
vir gern an, aber wir wollen an der Spitze eines eigenen Bundes
laates auch einen eigenen Landesherrn; die Republik scheidet au
iaheliegenden Gründen aus. Wir wollen auch eine Stimm—
im Bundesrat haben, um nicht Deutsche minderen Rechts zu
bleiben. Mit dem Wahlrecht sind wir nicht einverstanden, außet
dem ist die neue Wahlkreisginteilung für uns unannehmbat—
kbenso ein anderes, wie die Konstituierung eines laiserlichen
Rates als Verwaltungsgericht. Wir wollen mitarbeiten. Wan
ie Regierung guten Willen hat, werden wir die Schwierigkeiten
in gemeinsamer Arbeit überwinden iönnen. (Bravo in der Mitte.
Abg. Emmel (Soz.): Wan sollte lieber eine Verständigung
über Elsaß-Lothringen nach Frankreich suchen. Damit wäre aud
diese Frage erledigt. Die Vorlage bringt lediglich hinsichtlich
des Wahlrechts eine kleine Verbesserung, die aber keinesfall—
ausreichend ist. Wir verlangen vor allen Dingen Gleichberechti—
gung mit den übrigen Bundesstaaten und Schutz gegen das gan
zu einnehmende Wesen Preußens. Wir beantragen die Ueber—
weisung an eine Kommission von 28 Miigliedern, in der del
Vorlage die Giftzähne ausgezogen werden können. (Bravo!
bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Bassermann (natlib.: Die Vorlage hat keineswegs
große Befriedigung hervorgerusen, gleichwohl erkennen wir in
dieser Vorlage eine brauchbare Grundlage für die Weiterbildung
der elsässischen Verfassung und für die gute Ausgestaltung
des dortigen Wahlrechts an. Wir werden uns in der Kom—
nission bemühen, zu einem befriedigenden Abschluß zu kommen.
TDie Unzufriedenheit kommt zum Teil daher, daß man nicht
rechtzeitig mit den Reformen vorgegangen ist. Es rächt sich
eimmer, wenn das nicht geschieht. (Sehr richtig!! Wir be—
iahen die Notwendigkeit der Vorlage und bleiben bei un—
seren früheren Vorschlägen, zu denen das Voltsparlament nd
die Stimme im Bundesrat gehört. Seit 1877 hat Elsaß—
Lothringen einen Landtag. Es handelt sich also nur um
oie Reform des Wahlrechts. Das in der Vorlage vorge—
schlagene Wahlsystem muß mit Rüchssicht auf die Verhältnisse im
Reichslande akzeptiert wertden. Die Einwirkung der Reichs—
zesetzgebung muß für eventuelle kritische Zeiten vorbehalten
werden. Bedenklich erscheinen manche Kautelen, z. B. hezüglich
der Dauer des Wohnsitzes und des Pluralwahlrechts nach Al⸗
ersstufen, wofür die Proportionalwahl eintreten könnte. Auch
zie Erste Kammer ist berechtigt, nur die einzelnen Gewerbe
ind Industrien zur Geltung zu bringen. Die Ausschaltung
oes Reichstages und des Bundesrates sind gewiß weitgehende
tonzessionen. (Sehr richtig.) Wir sind gegen einen lebens
änglichen Statthalter. Elsässische Bundesratsstimmen in Lan—
des⸗und wirtschaftlichen Fragen könnten wohl zugestanden wer⸗
den. Ein liberales Wahlrecht kann die jetzige dünne Ober-
schicht durchbrechen und in Elsaß⸗-Lothringen einen näheren Awe
schluß an Deutschland herbeiführen. Geifall.
Abg. Naumann (Vpt.): Formell sind wir wohl zuständig
für die Schaffung einer elsässisch-lothringischen Verfassung,
nicht aber sachlich. Bei der medlenburgischen Verfassungs⸗
frage beobachtet der Bundesrat größte Zurückhaltung. Wes-
halb will man hier in diese gottgewollten Zustände eingreifen?
Der von Bismard angestrebte elsässische Partikularismus ver—
langt heute als Konsequenz die Autonomie. Vielleicht kann man
Elsaß⸗Lothringen noch unabhängiger von Berlin machen, als
die Vorlage das vorsieht. Die Lebenslänglichkeit des Statt⸗
haliers, verbunden mit Bundesratsstimmen, kann darauf hin⸗
wirken. Es ist sehr erfreulich, daß wir mit der Vorlage
ein besseres Wahlrecht für Elsaß-Lothringen erhalten sollen
als uns der Reichskanzler für Preuhen zugesagt hatte. (Bravo!
links.)
Abg. v. Dirdsen (Rpt.): Wir sind mit der Kommissions
heratung einverstanden. Wirtschaftlich ist das Land vorge—
schritten, aber politisch ist es in kleinlicher Kleinstaaterei ge⸗
blieben. Deshalb hat auch die Aufhebung des Diktatur—
paragraphen politisch eigentlich geschadet. (Sehr richtig!) Für
uns ist eine Vorlage ohne Erste Kammer unannehmbar. Wir
wollen ganze Arbeit machen und dem Reichsland eine brauch⸗
bare Verfassung geben. (Bravol) Dafür verlangen wir von
der Regierung eine kräftige Hand bei der Ausübung der Ge⸗
walt. Ein lebenslänglicher Statthalter ist, wie andererseits
die republikanische Staatsform, für uns unannehmbar. Bei
dieser Materie sollen Parteiunterschiede ganz ausscheiden. Wir
wollen bei dieser Vorlage nicht allein denken: Was nutzt fit
Eisah⸗Lothringen?, sondern: Was frommt dem Reiche? Dies
muß unsere Richtschnur sein. CLebhaftes Bravo!)
Hierauf wird die Weiterberatung auf Sonnabend 11 Ub
vertagt.
Heer und Slotte.
— —— — ——
»WM. Berkin, 26. Jan. „Bremen“ ist am 25. Jan. in
Valparaiso eingetroffen. „Luchs“ ist am 25. Jan. von Hang—
kong nach Schanghai in See gegangen. Das Flußkanonenboot
„Vaterland“ ist am 26. Jan. von Tschingkiang am Panatse
nach Hankau abgegangen. Die 11. Halbflottille ist am
24. Januar in Kiel, die 12. Halbflottille am 258. Jau.
Apentade eingetroffen. „Sperber“ ist am 25. Jan. von Dares
jalam in See gegangen, am 26. Jan. in Tanga eingetroffen
und avaeht vpon dort am 3. Febr. wieder in See