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Ausgabe 4.
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Cagesbericht.
Lübeck, 26. Sept
Der Raubmörder Peters geständig.
Anser eKorrespondent meldet uns unter Schönberg—
5 September: Der Raubmörder Peters hat heute vor
hem hiesigen Richter, dem Geh. Justizrat Horn, ein volles
Geständnis abgelegt. Nach seiner Angabe hat er am 7. Sept.
vemerkt, daß aus seinem Pflückrevier Seerosen entwendet sind.
Sein Verdacht ist sofort auf Rettschlag gefallen, er ist zu
bdemselben gegangen und hat dort gegen 10 Uhr vormittags
noch einige Seerosen vorgefunden. Als er seinen Gefährten
wegen des Diebstahls zur Rede gestellt habe, ist dieser mit
einer Flasche auf ihn losgegangen. Er hat sie ihm entrissen
und nun hat Rettschlag ein Messer gezogen. Jetzt ist er von
Wut übermannt worden und hat zuerst mit der Flasche und
dann mit dem beim Tatort aufgefundenen Knüttel auf seinen
Gegner losgeschlagen, bis dieser zu Boden gestürzt ist. Er
hat ihm dann den Leibriemen durchschnitten, wobei ihm das
Band des Geldbeutels zwischen die Finger gekommen ist. Er
hat den Beutel mit etwa 13 MInhalt an sich genommen
und sich darauf vom Tatort entfernt.
Der angelündigte Ausnahmetarif für frische Seefische ufw.
tritt bereits am 25. Sept. in Kraft. Vom gleichen Zeitpunkte
an bis 31. Dez. 1812 werden für Sendungen frischer See—
fische (ausgenommen frische, grüne Heringe) und frischer See—
muscheln (ausgenommen Austern) in Wagenladungen an Ge—
meindebehörden und gemeinnützige Organisationen, die diese
in Ausübung gemeinnütziger Tätigleit, sowie für Sendungen
in Wagenladungen an gewerbliche Unternehmer, die diese an
eigene Angestellte zu oder unter Selbstkosten zum Selbst⸗
verbrauch abgeben, de Frachtsätze des neuen Ausnahmetarifs
and die des bestehenden Ausnahmetarifs Seite 18 des Staats⸗
bahngütertar'fs noch um 20 Proz. ermäßigt. Sz is
Der Gustav⸗Adolf⸗Verein überwies, wie aus Frankfurt
i1. M. gemeldet wird, de großße Liebesgabe von
22000 Muäder Gemeinde Xions in Posen. Banjaluka in
Bosnien erhielt 9000 M, Donaueschingen 7000 M. Als Ort
der nächsten Hauptversammlung wurde Posen gewählt.
D Lübeck-Travemünder Lawn⸗Tennis⸗Verein. Unter reger
Beteiligung des Publikums fanden am vergangenen Sonntag
auf den Spielplätzen vor dem Burgtor die Schlußkämpfe des
diesjährigen Herbstturniers statt. Dank der umsichtigen Lei—
hung des bewährten Herrn W. Bett, dem als Assistent der
Trainer des Vereins, Herr Fiedler, zur Seite stand, ist es
gelungen — trotz der kurzen Tage und teilweiser Ungunst
der Witterung — alle Konkurrenzen zur Entscheidung zu
bringen, mit einziger Ausnahme des Herren-Doppelspiels, das
erst am Sonntag, dem 8. Okt., zur endgültigen Erledigung
kommen wird. Der Ausfall des Herbstturniers hat den Be⸗
weis geliefert, daß die erheblichen Aufwendungen, die der
Verein in diesem Jahre durch Engagement eines Trainers
usw. für die Hebung der Spielfertigkeit seiner Mitglieder
gemacht hat, keine vergeblichen gewesen sind, denn diesmal
haben unsere Lübecker Spieler nicht nur ehrenvoll gegen—
über den auswärtigen Damen und Herren bestehen können,
sondern es ist ihnen sogar gelungen, eine größere Zahl
der wertvollen Preise für sich zu erobern. Das Resultat der
einzelnen Konkurrenzen ist: 1. Herren-Einzelspiel mit
Vorgabe A. 1. Preis: R. Samson, Hamburg, 2. Preis: A.
Bruns, Hamburg (durch Los entschieden). 2. Damen-Ein⸗
zelspiel mit Vorgabe. 1. Preis: Frau K. Severin,
Lübeck. 2. Preis: Frl. M. Kulenkamp, Lübeck (erstere siegte
632, 2:26, 6:3). 3. Herren-Doppelspiel mit Vor—
gabe (unentschieden). Die Sieger der 2. Runde: Dr. Cohn
und Dr. Behn, Hamburg, oder O. Vermehren und Schwerdt⸗
jeger, Lübeck, konkurrieren am 8. Okt. mit W. Vermehren
und E. Schmidt, Lübeck, um den 1. Preis. 4. Herren⸗
kinzelspiel mit Vorgabe R. 1. Preis: M. Strabt
ZB8ü
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Lübeck, 26. September.
Stadt: Theater.
„Königskinder“. R
Oper in drei Aufzügen von Engelbert Humperdinck.
Was man seit dem Erscheinen der ersten Märchen-Oper
aon Sumperdincks Hänsel und Gretel“ annahm, daß nun
der Weg gefunden sei zu einer ganz neuen kompositorischen
Art des Schaffens, der natürlich am besten von dem Kom—
oonisten selbst weiter betreten werden würde, hat sich nicht
in dem erhofften Sinne erfüllt. Um es gleich zu sagen:
Hänsel und Gretel“ ist der bei weitem volkstümlichere
Reiz beigegeben, und wenn auch der Meister der thematischen
Arbeit alle ihm zu Gebote stehenden Mittel benutzt hat, die
„Königskinder“ zu einer Oper zu verherrlichen, so ist es
vielleicht eben gerade dadurch zu viel des Guten geworden
Der große Orchestersatz vor Beginn der Oper, „Der RKönigs
sohn“ benannt, zeigt schon eine geniale, feinsinnige Bearbeitung
der später auftretenden Motive, ebenso wie die Einleitung zum
zweiten Akt in leuchtenden Farben das Hellafest schildert.
Die Einführung zum dritten Alte: „Verdorben — Gestorben“
findet ganz den wehmütigen Ausdruck für diese Worte und
leitet später hinüber zu dem Lied des Spielmanns. Diese
drei Vorspiele sind Perlen Humperdinchscher Kunst. Nun aber
erscheint das ein fache Märchen vor uns mit seinem großen
musikalischen Ausputz, mit der kunstvollen thematischen Durch-
führung der kleinsten und allerkleinsten Motive, von denen
nmicht allzu viele vorhanden sind und die allzu oft wieder⸗
kehren. Die sofort in's Ohr fallende Melodie (wie beiHänsel
und Gretel“) fehlt; es gesellt sich ein Ueberfluß an zartester
Poesie hinzu, zwei Faktoren, wodurch die Oper ihrer „volls⸗
künlichen? Wirkung entkleidet wird. Wir würden immer noch
der früheren Bearbeitung als Melodram den Vorzug geben:
das ESchoͤnste in der Oper ist denn auch dem Melodram ent⸗
montinen. Eine Fülle von lompositorischer Arbeit iteckt in
*
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Abend⸗Blatt UAr. 488.
Dienstag, den 26. September 1911.
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Lübeck, 2. Preis: G. Thielen, Lübeck (ersterer siegte 6323, 7: 5).
sß. Serren- und Damen-Doppelspiel mit Vor—
gabe. 1. Preis: Frl. M. Kulenkamp, A. Stooss, Lübeck,
2. Preis: Irl. E. Honher, W. Harkensee, Lübed (erstere siegten
6:2, 6:20). J
ihm erheblich verletzt, so daß er durch die Sanitätskolonne nach dem
Krankenhause gebracht werden mußte. — Wieder ein Selbst⸗
nord im D⸗Zug. Als man den von Frankfurt a. M. ange⸗
ommenen D-Zug 71 auf dem Rangierbahnbofe in Langenfeide
sevidierte, fand man in einem Abort eines Wagens 2. Klasse die
Leiche eines Mannes mit einer Schußwunde in der rechten Schläfe.
Neben dem Toten lag eine Browning.Pistole, in der sich noch
mehrere Patronen befanden. Aus Papieren, die man bei dem
Toten fand, geht hervor, daß es sich um einen gewissen P. Kaiser
aus Brieg in der Schweiz handelt. Die Leiche wurde nach der
Leichenhalle geschafft.
Neumünster. 26 Sepyt. Ein Eisenbabnunfall er—
eignete sich auf der in Arbeit genommenen Eisenbahnstrede Kiel⸗
Segeberg. Dort wurde der hiesige Steinsetzer Detlef Maler von
einem Arbeitszug überfahren. Dabei ist dem Verunglückten ein
r abgequetscht. Maler fand Aufnahme im Oldesloer Kranken⸗
ause.
Großherzogtum Oldenburg, Fürstentum Lübeckt.
Gleschendorf, 26. Sept. Gartenbau-Aus⸗
stellumge Sonntag wurde hierfelbst die erste Landes⸗Aus⸗
stellung des Verbandes der Gartenbauvereine für das Fürsten—
tum Lübeck eröffnet. Die Ausstellung bot in ihrem Arrangement
ꝛin hübsches Bild und zeigte die Leistungen im Gartenbau in
inserem Fürstentum selbst in einem weniger günstigen wie dem
iesjährigen Sommer in bestem Lichte. Hübsch ausgestellt
hatten namentlich die Gartenbauvereine von Gleschendorf, Süsel,
Pansdorf und Schwartau. Besonders in Obst war die Aus⸗
tellung reich beschickt. Dem Verbandsvorstand gebührt uneinge⸗
chränktes Lob für die aufgewandte Mühe und die hübsche
Anordnung. Der Besuch der Ausstellung war schon Sonntag
ehr zahlreich, u. a. wurde sie auch vom Reg.Präsidenten
Dr. Meyer und vom Generalsekretär Dr. Reeder in Augenschein
genommen, die ihrer Anerkennung über das Gesehene Ausdrucd
zaben. Montag abend fsand der Schluß der Ausstellung statt.
Erste Preise erhielten auf Obst: Paasch-Aeverdiek,
lodt⸗Schürsdorf, Büll-Karp, Offen-Eckelsdarf, Speetzen und
Wulf⸗Gleschendorf, Jensen-Röbel, Schlichting-Süsel, Lunau⸗Haff—
rug. Scholmann-Gleschendorf, Diekmann-Bujendorf, Kröger—
Zuhlbusch, Ove-Pansdorf, Jarchow-Bujendorf, Burmeister⸗
S„chwartau, Dr. Gildemeister-Gleschendorf. Ehrenpreise:
Thiel⸗Schwartau, Klüver⸗Gleschendorf, Kröger-Kuhlbusch, West—
»hal⸗Süsel. Auf Gemüse: Kartoffeln: SieckEckelsdorf,
Michelsen-Gleschendorf, Schuldt-Gleschendorf. Erbsen: Sieck
Eckelsdorf, Wulf-Gleschendorf. Gurken: SieckEckelsdorf, Möller—
ßleschendorf. Kopfkohl: Kohlsaat-Luschendorfer Hof, Offen—
kckelsdorf. Blätterkohl: Kohlsaat-Luschendorfer Hof, Offen⸗—
Eckelsdorf. Kohlrabi: Offen-Eckelsdorf. Große Bohnen: Sieck—⸗
Echelsdorf. Blumenkohl: Offen-Eckelsdorf. Speiserüben:
Kohlsaat⸗Luschendorfer Hof. Rote Beten: Witt-Gleschendorf.
Selbe Wurzeln: FranckGleschendorf. Petersilienwurzeln: Offen—⸗
Sckelsdorf. Porree: Franck-Gleschendorf. Zwiebeln und Cha—⸗
otten: Sieck-Eckelsdorf. Rettig: Eröter-Süsel. Tomaten:
Kohlsaat-Luschendorfer Hof. Küchenkräuter: Siedc-Eckelsdorf.
hrenpreise auf Kartoffeln, Bohnen und Gurken: Siec⸗
kckelsdorff. Auf Schnittblumen: Sied-Eckelsdorf, Mar—
veg⸗Gleschendorf, Junge-Havekost. Auf Topfgewächse:
doffmann-Bhf. Gleschendorf, Pomp, Dr. Gildemeister, Witt,
Jaacks, Junge, sämtlich Gleschendorf. Auf Bindereien:
Muhs, Franck, Michelsen, Klüver, Schuldt, sämtl. Gleschen—
dorf. Preise auf Vereinskollektionen: Süsel 1. Pr
uind Staatsdiplom, Gleschendorf (1902) 1. Pr. und Staats-
diplom, Schwartau 1. Pr. Pansdorf 2. Pr. Gleschendorf
Uandw. Gartenbauverei) 2. Pr. Ehrenvolle An—
erkennungen: Luschendorfer Konservenfabrik, Frau Henny
Rogall⸗Schwartau.
Großherzogtümer Medlenburg
Schwerin, 26. Sept. Die Superintendentur—
prüfung, die Sonnabend hier beendet wurde, bestanden u. w.
Marie Steinkopf, Neustadt, Elisabeth Wie dow, Greves—
mühlen, und Käthe Witte. Plau.
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09 Schlutub, 26. Sept. Der Schluküper Turnoer⸗
ein feierte Sonntag sein Stiftungsfest. Die Wettfämpfe be
gannen um 7 Uhr nach voraufgegangenem Morgenwecruf
urchs Dorf. Sowohl die Männer- als auch die Jugendab
eilung fochten einen Fünfkampf aus; bestehend aus Barren
Pflicht- und Kürübung), Kugesstohzen, Hochsprung, Dreisprung
ind 100,m-Lauf, daran schloh sich eine Freiüubung. Gegen
Ne Uhr traten die erste und zweite Fußballmannschaft zu
inem Uebungswettspiele an. Nach dem Empfang der aus
värtigen befreundeten Vereine Schwartau, Travemünde
Schönberg gings geschlossen zum Turnplatz, wo sich bald ein
eges turnerisches Leben entwickelte. Den Freiübungen der
Schlutuper schloß sich das allgemeine Riegenturnen an, zu
iesem stellte Schwartau eine Reckriege, die Ausgezeäichnetes
eistete. und Travemünde eine Sprungriege, während der
sanvertreter, Herr Gerden, die Alt⸗Herrn⸗Riege ans Pserd
ührte. Beim Musterriegenturnen gingen die Schwartauer zum
Zarren, die Schlutuper zum Pferd. Das Resultat beim Faust
»allwettkampf war: Schwartau-Schlutup: 64: 60, Travemünde
5chlutup 38: 64. Inzwischen war der Turnverein Gut Heil“,
rübeck. auf dem Sportplatz eingetroffen. Beim Stafetten⸗
auf siegte Schwartau mit einem merklichen Vorsprung. Be
der nun folgenden Preisverteilung ergab sich folgendes Re
ultat: Männerabteiung: H. Göllner (86 Punkte), H. Imholz
68), G. Steffen (64), H. Steffen (63) und P. Drews (62)
Jugendabteilung: H. Drews (07), W. Krakow (72), W.
Brämer (62), H. Schröder (57), F. Beck (54). Nach erfolgker
Preisverteilung zogen alle Turner, mit den Siegern an der
Spitze, durchs Dorf. Ein gemütliches Kränzchen bi dete den
Schlu des Feste«s
Schleswig⸗Solstein.
Altona, 26. Sept. Nachbewilligung. Der Magi—
hrat beantragt zu den 25000 M, die für die Kosten des Kaiser⸗
besuchs bereits bewilligt sind, die Nachbewilligung von 17 500 M
aus dem Dispositionsfonds. — Einweihung derstädtischen
Badeanstalt. Sonntag wurde die beim Haupibahnhof mi
einem Kostenaufwande von eineinviertel Millionen Mark neuerbaute
tädtische Badeanstalt im Beisein der städtischen und staatlichen Be
jörden und eines sehr zahlreichen Publikums mit einem vom
Altonager Schwimmverein von 1910 veranstalieten Nationalen
Propaganda⸗Schwimmfest eröffnet. Die Eröffnungsrede hielt Ober⸗
»ürgermeister Schnadenburg. — Eingroßartiges Millionen
»roijekt befindel sich gegenwärtig in der Bearbeitung und soll
Hereits 1912 realisiert werden. Der Altonger Spar⸗ und Bauberein
jat sich teils durch Ankauf, teils durch Austausch mit der Stadt in
den Besitz eines zwischen Kreuzweg, Schützenstraße und Hohenzollern⸗
ring belegenen umfangreiden Areals gesetzt, auf welchen Wohnhäuser
rrichtet werden sollen. die insgesamt rund 353 Mill. M. kosten
verden. Nach den bereits fertiggestellten Plänen soll auf dem be—
zeichneten Terrain ein ganz neuer Stadtteil entstehen, der von zahl
reichen Straßen durchschnitten wird. Außerdem ist die Anlage von
Vor⸗ und Hintergärten, eines Schmuck- und eines Lawn⸗Tennis
platzes in Aussicht genommen. Die Stadtverwaltung bringt dem
Proijelt, mit welchem ein hervorragendes Stück Kulturarbeit geleiste
vird, das lebhasteste Interesse entgegen. Es unterliegt keinem
3weifel, daß die Realisierung dieses Projelts auch die Eröffnung
»es Bahnhofs Kreuzweg als Personenbahnhof zur Folge haben wird
SelUbstmord. Als Sonnabend abend der fahrplanmäßige Personen
zug der Altonger⸗Kaltenkirchener Eisenbahn um 8 Uhr 45 Min. die
Strecke Bönninasstedt⸗Schnelsen passierte, warf sich plötzlich der
vohnungslose Schlachter und Rentenempfänger Reinhold Meisnet
or den Zug. Der Lokomotivführer, der den Vorfall bemerkt hatte
ersuchte den Zug slofort zum Halten zu bringen; dies gelang ibm
eider bei der kurzen Entfernung nicht mehr rechtzeitig. Meisner
de r*8estoßen und über beide Reine gefahren Dicte —rden
dem Werk und ein ausßerordentlicher Fleiß ist seitens
anseres Kapellmeisters Herrn Karl Pfeiffer und
inseres verdienstvollen Oberregisseurs Herrn Hermann Beyer
ingewandt werden, um die in musilalischer Hinsicht so schwere
Dper gut zur Geltung zu bringen. Hauptbedingung ist schon
„ah salle Mitwirkenden gut musikalisch veranlagt sind; die
Silben müssen genau auf die Taktteile passen, was bei dem Vor—⸗
‚ondensein so vieler weiher Notenköpfe und Harmonien nicht
eicht möglich sein würde. (Gleich bier sei es gesagt: im „Rosen⸗
avalier“ ist dieser Umstand noch viel schlimmer.) Die Bertreter
»er Königskinder, Herr Willy Kollwitz und Frli. TDilln
Jansen, wurden diesen Anforderungen voll gerecht. Für Herrn
dollwitz liegt die Partie zu Anfang etwas tief, doch im
weiten Akt kam die hübsche, sympathische Stimme so recht zur
ßeltung. Der echt lyrische Klang der Stimme wird mancher
einer Partien zu großem Vorteil gereichen. Frl. Tilly Jansen
berraschte uns in mancher Hinsicht: Die junge Sängerin halt—
in feines musikalisches Ohr, eine schöne, volle ,Höhe“, die
jesternn des öfteren zur Geltung kam, und ein beachtenswertes
Spieltalent. Bei all' den Vorzügen aber hat das Ganze
twas Aeußerliches, man erwärmt sich nicht; Spiel wie Gesang
assen kalt. Der dunkel timbrierten Stimme haftet ein wenig
stafales an, das sich für die poesieumflossene Gänsemagd
zicht gut eignet. Toch die Sängerin ist noch so sehr jung
ind eben vom Konservatorium entlessen; die Praxis wird hier
chon ausgleichen. Der stetige Begleiter der Königskinder, der
Z„pielmann. war durch Herrn Axel Holmquist vertreten.
er kann die Eigenschaft der Schweden, musikalisch begabt zu
ein, in reichem Mahe für sich in Anspruch zu nehmen, auch
t der Sänger offensichtlich bestrebt, seine Befangenheit zu
berwinden. Das Organ ist sehr weich und voll und sind
air überzeugt, daß es noch viel mehr herzugeben imstande
t, als es heute noch geschieht. Daß dem Sänger die deutsche
vrrache (beim Gesang in erhöhtem Mahße) schwer fällt
t begreiflich. Hier muß noch viel Flestn verwandt werden
esonders in der Wiedergabe verschärfter Konsonanten. Frl
Annune Arkabdii hatte als Hexe ein schweres und nicht be
—
neidenswertes Debüt. Ueber die Stimme läßt sich hier wenig
oder gar nichts sagen, zumal die Wiedergabe der Rolle
einen keifenden Ton verlangt; die Sängerin war jedoch musi—
lalisjch sehr sicher studiert. Ueber den Charakter der Stimme
ähßt sich noch nicht urteilen; vestern klang das Organ sehr
zell: wir werden die Dame als Fides hören. Holzhacker und
Besenbinder, durch Herrn v. Schendk und Herrn Schorn ver—
reten, waren gesanglich wie schauspielerisch perfekt. In den
fpisoden des zweiten Alktes fielen uns Frl. Reisse als
Wirtstochter und Herr Fabian als Wirt auf. Letztterer
cheint über viel Spieltalent und Mimik zu verfügen. Wenig
jenügend war das kleine Töchterchtn des Besenbinders. Das
Kind hat keine Stimme und bewegte sich ziemlich theatralisch.
Und doch wie rührend kann das lleine Intermezzo wirken!
Wir hörten es von einem viel lleineren, doch hochbegabten
Kinde, der jetzt berühmten und, wenn wir nicht irren, von
Wien nach Mannheim berufenen, auf das vorteilhafteste be—
lannten Schauspielerin Marianne Rupp. Noch heute ist uns
der damalige Eindruch uwergeßlich.
Das Orchester löste seine schwere Aufgabe unter der fünstle⸗
ischen Führung unseres trefflichen Kapellmeisters Herrn
karl Pfeiffer sicher im Sinne des Komponisten, wenn
uns auch manchmal die Geigen etwas schwach erschienen. Unser
begabter Spielleiter, Herr Her mann Beyer, hatte die
kleinsten Dinge bedacht und alles war bestrebt, sich seinem
Willen unterzuordnen, sogar — das Geflügel. Stimmungs—
voll erschien der Hellawald im Frühling und Winter; nur beim
dellafest (zweiter Akt) war eine drangvoll fürchterliche Enge“.
Allen ist zu danken für den warmen Fleiß, welcher der wohl⸗
zelungenen Aufführung vorangegangen war. Mit den Dar—
stellern mußten am Schluß der Vorstellung auch Herr Kapell—
meister Pfeiffer und Herr Oberregisseur Beyer vor dem Vor—
hanga erscheinen und den wohlverdienten Dank entgegennehmen.
—r M. Stiehl.