gehend in Vernachlässigung geraten zu sein, denn es iit g cich
der Vorta Nigra in Trier etwas in den Boden gerutscht.
Natürlich ist vom rheinischen Sandstein hier keine Rede.
man nimmt, was man findet, und das ist Lehm, den man
zu Ziegeln brennt, di eman dann zu Kunstzwecken allerdings
mit einer verschiedenfarbizen Glafur umcibt. Auch heute über⸗
spannt Lübed seinen Bocen nicht: das stattliche Postgebãude.
das hergestellte Burgtor mit den Anbauten hoben den Zieselstil
lünstlerisch verwertet, und nur das alte Rat!kaus erinneit in
Säulen, Mosaik und Schnitzerelen an die a'ten internationalen
Sandelsverbindungen der Stadt. Uberaus eigenartig mutet
dies Holstentor an mit seinen drei Stodwerlen. eins nach oben
immer niedriger als das andere, auf dem massigen Unterbau
mit dem gewölbten Durchlaßtor, vor alem aber mit den
zwei Zipfeltürmen in seiner bunten Glasur.
Wir schreiten die Stadt hinan. Sie trägt ein vorwiegend
mittelalterliches Gepräge; die herrschende Note ist der Giebel⸗
bau. Man weiß, daß diese Giebel früher zu Speichern benutzt
wurden; was sollen sie heute noch? Nun ja, mehr als
Mansardenstuben und Wäschespeicher, die noch dazu sich der
Giebelform notgedrungen anpassen müssen, lassen sich daraus
nicht machen, und trotzdem bleibt noch genug toter Raum übrig.
Aber der Lübeder hat nun einmal ein Herz für seine Ver—
gangenheit, und die Stadtvertretung hat sogar, wenn ein
charakteristisches altes Haus umgebaut werden soll und die
Gelder durchaus nicht langen, eine offene Hand und stiftet
Bauhilfen, dem netten Altertum zuliebe. Doch wird dabei
die stlavische Nachahmung des alten Bauwerks gern vermieden:
der Phönix setzt einige neue farbenprächtige Federn an. Das
springt recht in die Augen, wenn man die alten nieder⸗
gerissenen Häuser mit den Neubauten vergleicht, wie bei der
Erneslinenschule, die den alten Bau in freier künstlerischer Nach—
bildung zeigt, wie beim Marienwerkhaus, bei der Löwen—
Apotheke. Man hat das Gefühl, als ob bei der Umwand—
lung der Zopf beseitigt und doch die früheren freundlich
ernsten Gesichtszüge beibehalten worden wären.
Auch solch ein Rathaus findet man in der Welt nicht
wieder, und es ist zu verstehen, wenn Kaiser Wilhelm II. beim
Verlassen der im ersten Stock über den zierlichen Arkaden
gelegenen Kriegsstube ausrief: „Ja, meine Herren! so was
kann ich Ihnen in meinem Echloß zu Berlin nicht zeigen.“
Wohin man sieht, ein Kunstwerk neben dem andern an Holz⸗
schnitzerei, an eingelegter Arbeit, ein kostbarer Sandsteinkamin,
den ein Marmorreließ „Salomos Urteil“ krönt, an den
Wänden Bildnisse der Senatoren, das ganze zusammenwirkend
zu einem Raum von gediegener Pracht und Vornehmheit, durch
dessen Herstellung sich Tönnies Evers der Jüngere verewigt
hat. Welch ein Unterschied dennoch zwischen diesem Saal
und den Prunksälen in den Schlössern Bayerns und zu
Versailles! Es ist, als ob aus jedem Stück Fleiß und Arbeit
spräche, als ob emsiger Bürgersinn dies geschaffen hätte, fremd
und abhold jedem romantischen Schwärmen, jedem schwelge⸗
rischen Machtgefühl. Die übrigen Säle sind immerhin stattlich
genug, daß die Lübecker Stadtbehörde, der Senat und die
Bürgerschaft, sich's wohl darin sein lassen können und dabei
stets an ihrer Vaterstadt verflossene Herrlichkeit zu kräftiger
Anfeuerung erinnert werden. Besonders fallen dem Beschauer
im Audienzsaal die allegorischen Gemälde Stephan Torellis, so—
wie im Treppenhaus die neuen, auf Lübecks Geschichte bezüg⸗
lichen, wie Fresken wirkenden Gemälde Max Kochs auf.
Ein Rathaus hat auch stets einen Ratskeller. Das
Weinmonopol der Stadt ist zwar geschwunden, die Gänge
vom Sitzungssaal und von der Marienkirche in das Wein—
herren⸗- oder Brautgemach werden nicht mehr begangen. Hier
nämlich wurden von den beiden Weinherren die Weine aus—
probiert, hier schüttelten Ratsherren städtische Sorgen ab, hier
tranken die drüben in der Marienkirche soeben Vermählten
das erste Glas Hochzeitswein. Doch läßt sich's auch jetzt
noch trefflich hier schmausen, und der Jecher fühlt sich be—
ruhigt, wenn er erfährt, daß die Wappen der Hansestädte an
den Wänden, die früher durch die salpetrige Ausschwitzung der
Steine verblaßten, jetzt infolge der Einfügung von Glas—
platten dem Salpeter Trotz bieten.
Auch nur aus bescheidenen Baclsteinen aufgetürmt ist dicht
daneben der Riesenbau der Marienkirche; aber welche
erlesenen Altertumsschätze sind hier beieinander und erzählen
uns von dem unauslöschlichen religiöosen Sinn, der die Men—⸗
schen einte, die Künstler zu kühnen Erzeugnissen begeisterte,
legen Kunde ab von dem Gleichmacher Tod. Da zieht sich
gerade in einer Sakristei ein Totentanz die Wände hin, der
aus dem Jahre 1463 stammt und 1701 erneuert worden ist:
sprache einer wohltiingenden Stimme auf dus angenehmite aus,
während sein Spiel das leidenschaftliche Feuer des durch die
Zaubermacht der Liebe zu äußerstem Wagemute entflammten
Jünglings uns zu lebensvoller Wirklichkeit brachte. Auch sein
nandersgearteter Freund Naukleros fand in Herrn Hoss eine
lebendige Wiedergabe, wenn es mir auch schien, als habe der
Darsteller das humoristische Element in dem Charakter ein
wenig zu sehr unterstrichen und vor allem auch ein wenig
zu äußerlich marklieren wollen — ich denke dabei
besonders an sein fast trippelndes Umherlaufen. Auch
MNaukleros spricht ebenso wie die anderen in Versen. Herr
Soss ließ die Verse jedoch im Gegensatz zu den übrigen
Darstellern nur verhältnismäßig wenig zur Geltung kommen.
Sollte er etwa gemeint haben, daß die humoristische
Art des Naukleros dies nicht vertrüge? Der Dichter,
der die Verse doch schrieb, war jedenfalls nicht dieser Ansicht.
Den Oberpriester gab Herr Brunow — eine Rolle, die der
lonoren Kraft dieses bewährten Künstlers besonders gut liegt
so erzielte er darin denn auch die erfreulichste Wirkung.
Auch als Spielleiter bewährte sich Herr Brunow aufs neue,
doch hätte das „Volk“ bei dem Tempelfest wohl
etwas zahlreicher sein können. Die Szenerien waren bis auf
Ddie unmöglichen Statuen des Eros und Hymenäos wirkungs—
woll. So konnte die neue Direktion und mit ihr die Dar—
steller auch mit dieser dritten Schauspielaufführung wohl
zufrieden sein, wie dies der lebhafte, immer von neuem
gespendete Beifall des Publikums ihnen bezeugte. Nur eine
Frage an die Spielleitungen möge mir gestattet sein. Soll
wirklich, wie es nach den drei ersten Aufführungen fast
scheinen möchte, für den Beginn der Vorstellungen das
Diodemisme Viertel gelten? Dann möge man wenigstens auf
Dem Theaterzettel auch na ch gutem akademischen Brauche
ein „e. t.“ nach der Stundenangabe anfügen, damit die
Puünktlichen unter dem⸗ Publikum avertiert sind und sich nicht
unnütz beeilen. Momos.
Nene Bühnenrere. Das Herrenrecht“, ein nees
Schauspiel von Leo Lenz, wurde von Geheimrat Bachur für
hie Vereiniaten Bambutger Theater zur U:aufführung ange⸗
»oran der Vapst, dann Kaiser, Kaiserin, am Schluß das
Kind. Fast erdrückend wirken die hohen Pfeiler und Ge—
oölbe, verwirrend die Anzahl der Gemälde und Skulpturen.
deerer war es freilich im Dom des Nachmittags, wo die
Zerbstsonne hereinschien, die gleiche, die einst diese Gewölbe.
ziese Uhr, auch diese Sarkophage hatte erbauen sehen. Und
vie zu dem einsamen Menschlein da drinnen die Vergangen—
zeit so vernehmlich sprach und ihm das Urgesetz aufging
»om Werden und Vergehen und vom Vervollkommnungs—
range in der Natur, da klopfte ihm wohl der Puls. Und
nit dem aufgeregten Pulsschlag verband sich, als Rhythmus
einer Gedanken, das ewig gleichmäßige Ticktack der großen
rirchenuhr.
Das Haus der Schiffergesellschaft muß man ge—
fkehen habden, wenn man Lübed besucht. Den ganzen Raum
ersüllt derbes Mobiliar, we aus Scisfsplanken hergestellt,
von der Dicke betab hängen Scheffsmodelle, naive bil lische
Gemälde bedecken dze Wäünde, die Wappen alter Handelb;sfädte
aus der Hansezeit hänçen an den Pfeilern: man fühlt fast
das Bedürfnis, Schifferstiefel anzuziehen und sich cin wenig
einzuteeren. Früher Versammlungshaus der Schiffer, dient
das Haus jetzt einem Wirtschaftsbetricbh. Doch sei dam verab—
eichten Kaffee nachgerühmt, daß er nicht nach Teer, sondern
ehr ordentlich nach gründlich gebrannten guten Bohnen
chmeckte.
An der Jakobikirche mit ihren vier Kugeln am Turm, in
den der Blit eingeschlagen hat, vorüber, gelangt man ins Hei⸗—
igegeist-Hofspital; auch ein Stück Allertum, wie es nur
rübeck eigentümlich ist. Das ursprünglide Krankenhaus ist
etzt in eine Altersversorgungsstätie umgewandelt worden. Hier
ühren 150 hocbejohrte Damen und Herren ein stillvergnügtes
Dasein. Im Gefängnis wird ija Einzelhaft als schrecklich
mpfunden, hier nicht. Unter der etwa drei Stockwerke hohen
Halle steht unten auf dem Boden ein Kabüschen neben dem
andern, und in i dem hockt ein menschliches Wesen. Früher
vohnten beide Geschlechter durcheinander, aber es stellte sich
zeraus, dan der süßeste der Triebe selbst vor dem hohen Alter
nicht Respekt empfand, und es gab Romane. Jeder ißt, trrinkt,
chläft füt sich, und vor allem die Leute, für die dieVürger'
der Stadt hier sorgen, fühlen sich glückich.
Allmählich begreift man Lübecks Eigenart; und gçanz und
jar, in einheitlich wirkendem a nziehenden Bi de, wird sie eirem
lar, wenn man das Burgtor durchschritten hat und auf der
Zurgtorbrück? Posto faße, wo als Gegenwart das Hafe büd, als
Vergangenheit das Burgtor sebst ineinandergreifen. Dies
8urgtor, das sich aus Schutt und Verfall zu eindrucksvoller
kigenart erhoben hat, überall an alte Zeiten gemahnend und
doch deren Verschnörkelung und Steifheit vermeidend. Wie
n den Häusern an der Jakobikirche, so erfaßt auch den Be⸗—
chauer hier ein Sich-⸗Verwundern, wieso die anstohenden
Zäuser sich im Baustil so sehr dem hohen Nachbar angepaßt
haben. Man wird die Einheikbchseit begreifen, wenn man
zrfährt, dah es in der städtischen Bauordnung einen „ästhe—
cischen“ Paragraphen gibt, der alle Neubauten an architekto—
zisch wichtigen Stadtpunkten eiser Kunstkommission ur Prü—
fung unterstellt. Daher der Stl!
Auf der anderen Seite: der Hafen, das Wahrzeichen
»er Neuzeit, in we'chem sich s.it Vo lendung des Elbe-Trave—⸗
Kanals 1900 frisch erwachtes Leben entwicket, das dem Handel
Zübecks einen neuen Aufschwung verliehen hat. Zurüd durch
„je Stadt, vorbei an den zwei stattlichen Löwen am BHotel
Stadt Hamburg gelangen wir zu der Stesle, wo der Kanal
inter der Wakenitz, die durchaus ein höheres Flußbett be—
insprucht, hergeführt worden ist, und schreiten wieder zu den
Anlagen empor, von wo aus wör das malerische Gesamtbild
er eigenartig anz'ehenden Stesadt mit aihren spitzen Dächern,;
rohen Türmen, ihrer ausgesprochen nordländischen Bauart in
ins aufnehmen. Nur kann man in Zweifel sein, ob dies Bild
icht noch schöner ist, wenn eine leichte Schneedecke Wege und
Straßen bedeckt. Se bstverständlich darf man nicht in Lübeck
zjewesen sein ohne ein ha bes Dutzend Spickaale und eine tüch-
ige Schachtel Marzipan mit nach Hause zu bringen.
Wiederaufnahme des Frachtgut⸗Verkehrs auf der Elbe.
Aus Prag wird gemeldet: Die Elbschiffahrt ist versuchsweise
m Frachtgutverkehr nach Magdeburg — Hamburg in be—
chränktem Umfange wieder aufgenommen worden. Garantie
ür Einhaltung normaler Transvportfristen wird indes nicht
ibernommen.
Gegen die Verteuerung des Pilsener Bieres. Der ge⸗
schättsführende Ausschuß des Deutschen Gastwirts⸗Verbandes
— —— e—reeeeeeeeeerüeelrferfuef efefgeeeöefnereeeeeeeeee 2 2 2 —
Finakter des Schweizer Dichters J. V. Widmann, den das
dofburgtheater in Wien zur Uraufführung erworben hat.
sSerbert CEulenbergs Tragödie „Simson“ wurde soeben
vom Stutltzarter Hoftheater zur gle'chzeitigen Uraufführung
mit dem Stadttheater in Düsseldorf angenommen. Die Ur—
aufführung findet am 25. Nov. statt.
Ur⸗ und Erstaufführungen. Die ungekürzte Auf—
führung von Kleists Trauerspiel .Die Familie
S5chroffenstein“ als Anfang des Klesst-Zyksus im Köonigl.
Hoftheater, suür München übrigens eine Erstauf ührung, war,
dank Dr. Kiliañns äußerst geschickter Inszenierung und der vor—
züglichen Darstellung, von unerwartet guter Wirkung.
Mendelssohns Oratorum , Elias“ wird in einem englischen
Brovinzialtheater in der kommenden Woche als Oper zur
lraufführung gelangen. Der Musifer Charles Manners wird
dann voraussichtlich mit seiner Truppe nach London über—
jiedeln und dort die Aufsührungen fortsetzen.
Die Lutherfesisniele zu Worms finden jetzt unter Mitwirkung
bon 250 Bürgern und Bürgerinnen statt. Am Sonntag kam
Dtto Devrients „Luther“ erstmalig zut Aufführung. Die
tommen. — „Der Kopf des Crassus“ he'nt ein neuer
Titelrolle spielte Calm-Dessau charakteristisch; die Regie, der
iamentlich die bewegteren Szenen trefflich gelangen, lag in
den Händen von Oberregisseur Dalmonico. Es werden
noch fünf Wiederholungen stattfinden.
Kle'ne M'itte lungen. Die näch e Ausst-lblungder Ber—
tiner Sezession, eine Ausstellung aus dem Gebieie der
zeichnenden Künste unter gleichzeitiger besonderser Be—
rücksichtigung der Plastik, wird am 4. Nov. eröffnet werden. —
Bei dem von der Altiengesellschaft Leonhard Tietz in Köln
wusgeschriebenen Wettbewerb zur Erlangung vo: Entwürfen
ür e'n Bauprojekt im Werie von 15 Mill. Mhat der Düssel—
dorfer Architekt Professor Wilhe'm Kreis den ersten Prris
m Werte von 10000 Meäerhalten. Auch der zweite Preis von
7000 M) wurde ihm zugesprochen. Den dritten Preis von 5000
Mark erhielt Architet Baldauf-München und den vierten
m Werte von 4000 MeHerr Jacobs-Bremen. Im ganzen
waren 161 Entwürfe eingegangen
erlätüzt Berliner Blättern zufolge, wie wir schon kurz tele—
rraphisch berichtet haben, folgende Bekanntmachung: „Mit
zeutigem Tage soll Zeitungsnachrichten zufolge der Bezugs⸗
reis der Pilsener Biere um 23 Muverteuert werden. Wir
fordern alle unsere Kollegen auf, die Preizerhöhung strikt
abzulehnen oder den Bezug des Bieres einzustellen, da diese
Preiserhöhung nur eine neue Sondersteuer bedeutet und vom
Publikum nicht getragen werden wird. Wir ersuchen des—⸗
halb, auch sofort das Publikum durch Anschlag auf diese
VBerteuerung aufmerksam zu machen, damit schon die Forde—
uung nach „Echt Pilsener“ unterbleibt, zumal unsere deut—⸗
schen Biere, und besonders die nach Pissener Art gebrauten,
hinreichend Ersatz bieten und vollständig gleichwertig dastehen.
Unsere Vereinsvorsitzenden wollen hiervon sämtlichen Kollegen
ichleunigst Kenntnis geben. Berlin, 21. September 1911. Der
Beschäftsführende Ausschuß: A. Ringel. A. Kuhn.“
S Zwangsverkãnfe. Im Termin vor dem Amtsgerichte am
23. Sept. 1911 wurde zugeschlagen: das Grundstück Hansa—
traße Nr. 29 der offenen Handelsgesellschaft J. J. Struve
‚zu Lübeck für das am 22. Sept. abgegebene Gebot von
25 000 M.
M Eine gemeinschaftliche Uebung hielten Sonntag nachmittag
nuf der Sedanwiese und in dem nahen Gehölz bei Ratzeburg
die vereinigten Kriegervereins-Sanitätskolonnen: Lübeck, Ratze⸗
zurg, Mölln und Tüschenbeck ab. Hunderte von Zuschauern
varen bei dem schönen Wetter hinausgewandert und folgten
nit großem Interesse den einzelnen Vorführungen. Die ge—
tellten Aufgaben wurden musterhaft ausgeführt, so daß den
Kolonnen von allen Seiten die garößte Anerkennung zuteil
vurde.
V Die Gartenbauausstellung in der Stadthalle hatte sich
am Sonntag eines ganz außerordentlich starken Besuches zu
freuen, ein Zeichen, daß dem Garlenbau ein außerordentliches
Interesse entgegengebracht wird. Es dürfte dieses nicht zuletzt
zurch die Anlage von Gartenkolonien in den Vorstädten her—
»ortgerufen sein. Die Veranstalter der Ausstellung —*— in
seder Richtung mit dem Erfolg derselben zufrieden sein
können.
V Ehedrama. Der Schauplatz einer rohen Szene war am
Sonntag der Vereinigungsgang in der Rosenstraße. Dort
wohnt in dem Häuschen Nr. 6 eine von ihrem wegen Trunk—
ucht entmündigten und der Armenanstalt überwiesenen Mann
etrennt lebende Frau Grandt. Ber Mann war nun Sonntag
sus der Armenanstalt entlaufen und hatte seine Frau auf—
Jesucht, um sie zu bewegen, wieder mit ihm zusammen zu leben
ind ihm nach Ahrensbök zu folgen, wo er angeblich Arbeit
»ekommen habe. Die Frau lehnte das aber ab, da sie
hrten Mann als einen Menschen kennt, welcher der Arbeit
gern aus dem Wege geht, den Schnaps über alles liebt und
hei jeder Gelegenheit Gewalttätigieiten begeht. Da infolge—
dessen alles Zureden von seiten des Mannes nichts nützte,
sorderte dieser schließlich 1.60 Mevon seiner Frau. Sie ver—
weigerte aber diese Forderung, worauf Grandt, den übrigens
auch die Eifersucht etwas plagen soll. ein Küchenmesser ergriff
und damit seiner Frau mehrere Stiche, u. a. am Rücken und an
Kopf, versetzte. Danach scheint Grandt einen Selbstmordversuch
zemacht zu haben, indem er sich eine Verletzung am Halse bei—
zrachte. Indessen sind erfreulicherweise die Verletzungen der
Frau nicht lebensgefährlich, auch dieienige des Mannes ist
nicht von Bedeutung. Grandt wurde von mehreren, von den
Nochbarn herbeigerufenen Schutzleulen verhaftet. Er ist schon
recht oft bestraft.
J Straflammer III. Sitzung vom 23. Sept. Wegen
jefährlicher Körperverletzung hat sich der Heizer
Axel Ni. aus Tammerfors zu verantworten. In der Nacht zum
22. Aug. zwischen 12 und 1 Uhr traf der Arbeiter Joachim Wi.
hierselbst an der Ede der Untertrave und Engelsgrube mit zwei
finnischen Matrosen, nümlich dem Angeklagten und einem Schiffs⸗
immermann, zusammen. Wi., der angetrunken war, wurde von
»en beiden geschüttelt, dann aber wieder losgelassen. Während
Wi. nun die Engelsgrube hinaufging. um sich nach seiner Woh—
rung zu begeben, lief sdier Angellagte ihm nach und stieß ihm
ohne jeden Grund sein Taschenmesser in die rechte Brustseite,
so daß Wi. infolge der Verletzung in das Krankenhaus auf-
zenommen werden mußte. Der Angeklagte ist geständig. Er
vird zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr verurteilt, quch wird
mf Einziehung des zur Tat benutzten Messers erkaunt. — Wegen
chweren Diebstahls steht der Monteur Georg D. unter
Anklage. Er soll im Laufe dieses Jehres fortgesetzt im hiesigen
utomaten-Restaurant Gelder, die der Automaten-Restaurant—
Heselischast gehörten, aus den Automaten weggenommen haben
ind soll dabei die verschiedenen Automaten mittels falscher
zchlüssel Ooder anderer zur ordnungsmähigen Oeffnung nicht be—
timmter Werkzeuge geöffnet haben. Zu oft wiederholten Malen
st beobachtet, daß bei der Entnahme des Geldes aus den ver—
chiedenen Kassen der Inhalt der Kassen mit dem durch die Zähler
ingezeigten Sollbestande neht Übereinstimmten. Eine ganze
Reihe von Umständen lenkten den Verdacht der Täterschaft auf
»en Angeklagten und er soll auch, als ein Angestellter des
Vestaurants ihn wegen der Diebstähle zur Rede stellte, diesem
‚egenüber ein Geständnis abgelegt haben. Heute bestreitet der
Ingeklagte entschieden, jemals einen Diebstahl begangen zu
jaben. Durch die Beweisaufnahme wird festgestellt. daß die
Zähler an den. Automaten oft unzuverlässig funktionieren, so
daßz sie einen unbedingt zuverlässigen Anzeiger für den Bestand
der Kasse nicht geben. Mangels hinreichenden Beweises wird
der Angeklagte freigesprochen.
VeLeichenfund. Bei der Mühlentorbrücke wurde heute vor
mittag die Leiche eines etwa 60jährigen Mannes gefunden.
Der Verstorbene, der fast regelmäßig jeden Morgen auf den
WBällen spazieren ging, ist wahricheinlich freiwillig aus dem
ꝛeben geschieden. Am Kanalufer fand man, anscheinend ab—
ichtlich dort niedergelegt, Mütze und Stoch des Toten. Der
Trauring des Ertrunkenen zeigt die Buchstaben W. M. und
die Jahreszahl 1870. Der Name des Toten konnte noch
nicht festgestellt werden.
o- Koks gestohlen. Von einem Kohlenlagerplatz an der
Wallstraße sind in letzter Nacht 10 bis 14 Säcke Koks
gestohlen. Spuren lassen darauf schließen, daß die Täter
sich zum Fortschaffen des Koks eines Kahnes bedient haben
Travemünder Seewasserwärme.
23. Sept. mittags 1522 Grad Cels., abends 15 Grad Cels.
24. Sept. morgens 15 Grad Cels. — Süd-Wind.
2Nusse, 28. Sept. Nachdem die Maul- und
Klauenseuche hier schon so gut wie erloschen war, ist
sie aufs neue unter dem Rindviehbestande des Halbhufners
C. Kruse ausgebrochen. Bei den Schweinen des Hufners
Brügamann wurde die Schweineseuche festagestellt.