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Ausgabe
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Erstes Blatt. hierzu z2. .. Blatt,
sowie „Vaterstädtische Blättet“ Nr. 39.
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Umfang der heutigen NummSeiten.
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zum Kampf um die deutsche Konsular—
gerichtsbarbeit in Marokko.
O Lübeck 24. September.
Als einen ganz wesentlichen Differenzpunkt der deutsch—
französischen Verhandlungen bezeihhnen die Pariser Blätter fort—
gesetzt das deutsche Verlangennach Bestehenbleiben
»er Konsulargerichtsbarkeit und damit des Systems
ver Schutzbefohlenen. Es ist dies eine Einrichtung, wie wir
Deutsche sie in einer ganzen Anzahl nichtchristlicher Länder
auf Grund völkerrechtlicher Verträge besitzen, und der im
wesentlichen wohl eine mehr wirtschaftliche als politische
Bedeutung zugesprochen werden muß. Das gilt vor allem
für Aegypten, Siam, China, Türkei und Persien, aber nicht
n gleichem Maße für Marokko, wo wir sie seit der Madrider
Konvention von 1880 ausüben.
Ganz allgemein handelt es sich bei der deutschen Konsular—⸗
zerichtsbarkeit, die in einem Reichsgesetz vom 7. April 1900
erst neu geregelt worden ist, um folgende Einrichtung: Der
eutschen Konsulargerichtsbarkeit sind alle in den Konsular⸗
Furisdiktionsbezirken wohnenden oder sich aufhaltenden Raeichs-
angehößrigen und die Ausländer, soweit sie dem deutschen
Schutze unterstellt sind (Schutzgenossen), unterworfen. Alle
Streitigkeiten und alle Prozesse, welche sich in diesen Ländern
unter Deutschen entspinnen, werden durch die Konsuln und
unter Umständen in letzter Instanz durch das deutsche Reichs—
gericht nach den Gesetzen ihrer Heimat untersucht und ent—⸗
schieden. Hat ein Deutscher eine Klage gegen einen Landes—
angehörigen, so entscheidet — meistens unter Mitwirkung des
Konsuls — die betreffende Landesbehörde. Hat dagegen ein
Landesangehörigereine Klage oder Beschwerde
gegen einen Deutschen, so entscheidet der deutsche
Konsul und unter Umständen in letzter Instanz das deutsche
Reichsgericht nach den deutschen Gesetzen.
Für die besondere Beurteilung der strittigen Frage der Kon⸗
fulargerichtsbarkeit in Marokto ist es natürlich von größter
Wichtigkeit. einen charakteristischen Einblik in die dortigen
eigenartigen Verhältnisse zu gewinnen, um zu zeigen, was sie als
Bürgschaft für unsere Handelsinterejssen bedeutet. Sie wird von
2 — — 2
Theater, Kunst und Wissenschaft. *
„Eheferien“, Lustspiel von P. Fr. Evers und, Otto
Metterhausen. Uraufsührung am Schweriner Hofth!ater.
Erinnert ihr noch die Zeitungsnotiz von dem Bischof Bathnel
Green in London, die kürzlich durch die Blätter ging? „Der
englische Bischof hat, wie so mancher andere, über die moderne
Ehe nachgedacht und herausgefunden, daß sie von einem Ideale
ost weit genug entfernt ist. Er hat sich aber auch Mühe ge—
geben, ein Mittel zu ihrer Verbesserung herauszu inden, das
ebenso eigenartig wie interessant ist. Nach seiner Ansicht
sollten sich Mann und Weib jährlich für wenigstens 4 Wochen
ktrennen, das heißt, d'ie Frau soll fernab von der Arbeit für
Kinder und Haus die Ferien verleben, während welcher Zeit
der Ehemann gezwungen ist, die Sorge sür den ganzen Haus—
stand, Kinder, Dienstboten, Wäsche, und was sonst noch damit
permacht ist, allein zu übernehmen. Dann hat er Gelegenheit,
die ganze Schwere der hausssfraulichen Pfilichten am eigenen
Leibe zu erfahren. Er wird ohne Zweifel au einer
gerechternn Bewertung der Tätigkeit seiner Gattin
gelangen und wird sie bei ihrer Heimkehr mit neu
erwachtet Freude und Liebe umschließen.“ — Erinnert Ihr
diesen Artikel noch? Aus ihm haben Paul Friedrich
Evers und Otto Metterhausen ihr „deutsches Lust—
spiel“ entnommen, das vorgestern abend am Schweriner
boftheater aus der Taufe gehoben wurde. Diese „Ehe—⸗
ferien“ sind es wert, daß man auch anderwärts davon er—
zählt. Das „deutsche Lustspiel“ ist keine Prätention. Es ist
allen Ernstes — das allein ist schon bemerkenswert — der
VBersuch gemacht worden, ohne Pfeffer und Salz und noch
schärfere Würzen ein Stück zu schreiben, das nicht nur unter—
hält und belustigt, sondern auch etwas zurückläßt beim Hörer,
von dem er noch zehrt, wenn er im Drang des Lebens an
alles andere eher denkt, als an Ferien und Feiern. Einige
von den Schätzen, die das deutsche Familienleben auch unter
»er härtesten Kruste birgt, sollten zutage gefördert werden,
daß man sie mit Händen greifen könnte. Mit vier prächtigen
Typen aus einem kleinstädtischen Frauenrechtsverein, die die
Lheferien-Idee praktisch erproben, ist durch das Gegenspiel
der zurückbleibenden Ehemänner eine Folie geschaffen, aus
»er sich Szenen von unmittelbar wirkender Durchschlagskraft
erausschälen. Dabei sind Maß und Ordnung im Aufbau
ind Ausdruck, bei aller Komik und drastischen Eindringlichkeit
Sonntag, den 24. September 1911.
sachverständigster französischer Hand in folgendem Auszug aus
einem; mordafrikanischen Kongreßbericht vom Jahre 1908 ge—
geben, wo der Redner seinerzeit in Paris ausführte:
„Die landwirtschaftliche und überhaupt geschäftliche Teil—
haberschaft ist ein ausgezeichnetes Mittel, um die Erzeugung
Marokkos zu fördern. Sie gibt dem Eingeborenen Aktions⸗
mittel an die Hand, die er sonst oft nicht hätte, und eine
Sicherheit, die der politische Zustand des Landes zu allen
zeiten noch sehr heikel gemacht hat. Sie gewährt dem Euro—⸗
zäer größere Sicherheiten in Hinsicht seines Ein—
uhr⸗ wie seines Ausfuhrhandels, Kurz, der
ßeschäftsteilhaber ist für den Europäer sein
erster Lieferant für die Ausfuhr und sein bester
däufer für die Einfuhr. Er ist außerdem, wenn er
nit seinem Schutzherrn in guten Beziehungen steht, für diesen
in vortrefflicher Agent seines krmmerziellen Einflusses. Er
ührt ihm Kunden zu und oft neue und qgute Geschäfts-
eilhaber.“
Wir erkennen daraus, wie notwendig die Franzosen selbst
»ie Ausnutzung der marokkanischen Teilhaber und damit deren
S„tellung unter den Schutz der europäischen Mächte erachten. Und
ieses System der Schutzbefohlenen wollen sie jetzt für Teutschland
ind auch für die übrigen Schutzmächte abgeschafft wissen und
inzig und allein französische Richter sprechen lassen, sobald
ich Rechtsstreitigkeiten in Lande erheben. In Marokko
ind aber die deutschen Kaufleute einmütig der Ansicht, daß
»s ganz unmöglich ist, noch auf irgend eine gedeihliche Ent—
bicklung des Handels zu rechnen, wenn dieses System der
-chntzbefohlenen abgeschafft würde, und zwar sind sie der
Inschauung, daß es dabei hauptsächlich darauf ankommt, die
torm des kleineren Schutzes. das heißt den Stand
»er Mochalaten, un bedbingtaufrechtzuerhalten. Wie
beit das bis jetzt von französischer Seite zugestanden ist, das
ermögen wir jetzt noch nicht zu sagen.
Damit wäre aber bisher nur die rein wirtschaftliche Seite
eleuchtet worden. Ueber die u. E. sehr viel wichtigere politische
FfFrage äußerte sich die Magdeburgische Zeitung sehr zutreffend
n ihrer gestrigen Morgen-Nummer, wenn sie ausführte:
„„Man erkennt aus dem Verlangen Frankreichs nach Auf—
jebung der Konsulargerichtsbarkeit, daß es sich um den hetz⸗
en Fußbreit allgemeiner politischer Unabhän—
dwigkeit in Marokko für uns und für Marokko
elbst handelt. Wir genießen dieses Recht in hohem
Miahße noch heute in Aegypten, in einem Lande, welches sich
unter der englischen Herrschaft eines geordneten Zustandes
exfreut, und wir haben bislang glücklicherweise allen Versuchen
Englands, uns zur Aufgabe zu bewegen, widerstanden. Selbst
Frankreich hat in dem Vertrage mit England von 1004, durch
den es gegen Verzicht auf Aegypten sich die jetzt verteidigten
st nie die Grenze der Bornehmheit überschritten. Ein warm
ruellender, echt deutscher Humor eint sich mit gemütvoll
nniger Schlichtheit zu einem Vilde von blühender Lebenslust
und volkstümlich gesunder Kraft. Die Sprache gibt sich in
jewähltem Fluß und die Gedanken sind schon um ihrer selbst
villen breiter Achtung wert. Man wird es darnach verständ—
ich finden, wenn das Stück vorgestern abend vor ausver—
auftent Hause eine außergewöhnlich warme Aufnahme fand,
»eren Wurzeln fern ab vom Lokalpatriotismus liegen. Aller—⸗
inas war auch die Aufführung an sich ganz danach an⸗
etan, eitel Freude zu wecken. Unter der aufmerksamen Regie
es Herrn Stoppel hatten sich die besten Kräfte des be—
dährten Schauspiel-Ensembles zusamnengefunden, und sie
rachten die „Eheferien“ mit blendendem Geschick in den
vbafen des Erfolges — Frau Arendt vornehmlich, und neben
hr die Damen Petermann, Burg und Knopp und
die Herren Ries, Boger, Halden, Albert und
Rudolph, denen die übrigen Herren nicht nachstanden.
—
Mottls Nachfolger. München; 22. Sept. Das Ent—⸗
lassungsgesude Bruno Waltker s, der den Posten Felix Mottls
ibernehmen sollte, ist von Direftor Gregor abschlägig be—
chieden worden, so dah jetzt nur noch Mikorey und Bal—⸗
ing für die Stelle in Betracht kommen. Als weiterer Be⸗
verber, der einige Aussichten hat, kommt Kapelemeister Lose we
n Frage.
Künstlernachrichten. Der Kammerlängerin Ernestine
Smchumann-Heink wurde dom Großherzog von Hessen die
oldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. — Die
Bossische Zeitung dementiert die Nachricht von der bevorstehenden
zerheiratung Giampietros mit Fritzi Massary. Der Künst⸗
er teilt dem Blatt mit, er denke nicht daran, sich scheiden zu
afsen. — Dr. Walter Friedemann, unter Direktor Franz
sßottscheid einen Winter als Dramaturg am alten
2ũ beder Stadttheater tätig, wurde, wie der B. B.C. er—
ährt, von Dr. Rainer Simons al— Regisseur für die Wiener
Bolksoper verpflichtet. Dr. Friedemann, der in gleicher Stel—
ung mehrere Jahre lang am Berliner Kleinen Theater tätig
var, gehörte zuletzt dem Wiener Deutschen Volkstheater als
Kegisseur an.
Spielzeitbeginn der deutschen Bühnen. Das Essener
Ztadttheater eröffnete die neue Spielzeit, die letzte unter der
Orektion Hartmanns, der nach Charloltenburg geht, mit einer
Morgen⸗Blatt Nr. 484.
—
Antechte auf Marokko zusprechen lich, soweit belannt, diesen
Ausnahmezustand sür seine Staatsangehörigen aufrecht er⸗
halten.
Es hat also trotz allem den vollständigen Uebergang
des Nillandes an England nochnicht anerkannt.
Erreicht jetzt die Republik von uns in Marokko diesen
Verzicht, so haben wir damit de facto zugegeben, daß
Marokko ein Land europäischen Gesetzes, mithin
»in Teil Frankreichs ist. Es ist kaum anzunehmen, daß
nan die dort lebenden deutschen Staatsangehörigen den marokka—
ischen Gerichten ausliefern wird; es könnte also nur ange—
sommen werden, daß sie einem von den Franzosen konstru—
erten Rechtsstande unterstellt werden; damit wäre nicht nur
ein Protektorat Frankreichz, sondern sogar eine französische Ko—
lonie oder Provinz anerkannt.“
Aus diesen Ausführungen dürfte ersichtlich geworden sein,
daß Deutschland sich mit Recht dem französischen Ansinnen
widersetzt. Was wir KEngland gegenüber behauptet haben,
das werden wir diesmal hoffentlich Frankreich auch nicht ge⸗—
väten. Würden wir in diesem Punkte nachgeben, so behielte
die Magdeburgische Zeitung allerdings vollständig recht, denn
dann hätten wir tatsächlich den letzten Fußbreit politischer Un—
ibhängigkeit in Marokko eingebüßt und unsere dortigen wirt—
chaftlichen Interessen gleichzeitig schwer gefährdet.
Die Tripolisfrage.
Italien mobilisiert weiter. e
Tie Lage in der tripolitanischen Frage ist nach einer römi—
chen Taahtmeldung folgende: Die öffentliche Meinung fordert
zie Regierung und das Volk auf, sich den Einfluk über Tri—
polis zu sichern. Gegen eine militärische Aktion sträuben sich
ie Radikalen, die im Secolo ihren Wortführer habest, und
die norditalienischen Sozialisten. Tafür sind aber die süd-
ichen Sozialisten. Die Frage soll auf einer besonderen So—
ialistenversammlung heute in Bologna entschieden werden. Die
zffiziöse Presse läßt klar durchblichen, da die Regierung eine ent—
chiedene Richtung einzuschlagen habe. Sie greift die Türket
regen der letzten Zwischenfälle ichhaft an. Es werden zwei
Irmeekorps auf Kriegsfuß geseßt. Tie Mobilisation der Flotte
jeht rasch vor sich. Eine Verstärkung der türkischen Besatzung
on Tripolis soll verhindert werden. Man sagt, daß die
Mächte gegen Italiens Vorgehen opponiert haben oder oppo—
ieren wollen. Auch verbreitet man die Meldung, Italien sei
ereit, wenn däe Türkei den Frieden wolle, für Tripolis eine
üntschädigung zu zahlen. Eine Wendung im italienisch-tür ki⸗
chen Konflikt wird nicht vor der Ankunft des neuen italieni⸗
chen Botschafters Garrini in Konllantinopel zu erwarten sein.
Gartini hat seinen Antritt auf den 3. Oktober festgesetzt.
—
sur guten Aufführung von Schönherrs „Glaube und
ßeimat“. Das Schauspielensemble hat in seinen Hauptfächern
Veränderungen erfahren. Die Oper brachte als erste Vorstel⸗
ung Bizets „Carmen“, mit der sich der neuverpflichtete erste
Japellmeister Herr IJgnatß Waghalter (bisher an der Komischen
IPper in Berlin) einführte. — In den drei Wochen der neuen
zpielzeit hat das Nürnberger Stadttheater bereits drei
deuheiten herausgebracht, ohne daß eine davon das Publikum
onderlich erwärmt hätte. Immerhin interessierten noch Schillers
Turandot“ durch die Inszenierung und Schnitzlers „Ana—
o l“ durch den stellenweise recht graziösen Dialog. Fast einem
durchfall aber kam die Aufnahme von Hartlebens „Er ziehung
ur Ehe“ gleich. Ein besseres Los wird voraussfichtlich einem
ngelündigten Schiller-Zyklus beschieden sein; billige
dlassiker-Vorstellungen sind dort in der Regel beliebt, und zwar
icht bloß bei der Schuljugend. — Die neue Spielzeit des EI⸗
jerfelder Stadttheaters, Direktion Gerla ch, wurde in üb—
icher Weise durch eine Volksvorstellung eröffnet, nachdem sich
in einem voraufgegangenen, Buaten Abend“, zu dem die Abon⸗
nenten geladen waren, eine siattliche Reihe neuer Kräfte recht
»erteilhaft eingeführt hatte. In Grillparzers „Des Meeres,
eind der Liebe Wellen“ verkörperte Frl. Ehren in vortreff⸗
icher Weise die Hero. Der erste Opernabend brachte eine⸗ ver⸗
jeißungsvolle Aufführung der Carmen“, Frl. Callwey,
benfalls eine neue Kraft, wußte ihre Rolle durchaus lebens⸗
vahr zu gestalten. Voll stimmlichen Wohllaut führte Herr
Armster die Partie des Escamillo durch; mit Lob zu nennen'
st ferner der Don Joss Herrn Balders. Auch das Orchestera
st ferner der Don Joseé Herrn Baiders. Auch des Orchesters,
das unter Herrn Pitteroffs Leitung spielte, si mat Aner⸗
ennung gedacht. Die Schauspiesneuheit Taif un“ fand b.
ufriedenstellender Aufführung geteilte Aufnahme.
Eine Gedägtnisfeler für Gustar Mahler veranstaltet die Ge⸗
ellschaft der Musikfreunde unter der Leitung von Oskar Fried
im 25. Sept. in der Philharmonie in Berlin mit dem Vhil«-
‚armonischen Orchester. An der Ausführung des Schlußschores
»er zweiten Sinfonie des verstorbenen Komponisten —*
ich außer dem Neuen Chorverein und dem Bachverein noch der
Sinfonische Chor. Die Soli liegen in den Händen der Damem?
Frieda Hempel und Hertka Dehmlow. Prof. Johannes Mes
chaert wird durch die Wiedergabe der Kindertoten⸗
iederr die Mahler seinerzit felbst als vorbildlich bezeichnet
hat, zur Ehrung des Dahingegangenen beitragen.