ander. Herr Crozier wird seinen desinnungsverwandten
Kollegen sehr ungern scheiden sehen. Man darf annehmen,
daß auf seinen Rat und auf seine Bitte die französische Presse
bom Quai d'Orsay aus die Weisung erhielt, von der
Angelegenheit des Sir Fairfax Cartwriaht so wenig Notiz
vie möglich zu nehmen. Aber hier heißt es offenbar:
Zu spät, du rettest den Freund nicht mehr! ....
Inland und Ausland.
Deutsches Reich.
d. Eine konservative Interpellation. Wie wir von unter⸗
richteten parlamentarischen Kreisen bören, beabsichtigen die
Konservativen alsbald nach dem Wiederzusammentritt
des Reichsktages eine Interpellation an die ver—
hündeten Regierungen zu richten, wie sie der Ausbeu⸗—⸗
zeungderherrschenden Teuerungdurchdiesozial—
demokratische Agitation unter Bezugnahme auf die
Wiener Krawalle entgegenzutreten gedenken. So oder ähn—⸗
ich wird die Interpellation aussehen, die dem Reichskanzler
Gelegenheit geben soll, sich über eventuelle Maßregeln gegen
die sozialdemokratische Agitation zu verbreiten.
Einführung von argentinischem Gefrierfleisch? Die Mel—⸗
dung, daß die Reichsregierung beim eidgenössischen Bundesrat
am Auskunft über die Erfahrungen mit dem zur Einführung
in die Schweiz zugelassenen argentinischen Gefrierfleisch ge—
beten hat, ist, wie von offiziöser Seite mitgeteilt wird, zu—⸗
treffend. Dieselbe Anfrage ist auch an die österreichische und
die italienische Regierung gerichtet worden, sobald in diesen
beiden Ländern Erfahrungen mit der Zulassung von Gefrier⸗
fleisch vorlagen. Aber man soll aus diesen Anfragen keine
Schlüfsse ziehen dürfen. Derartige Anfragen seien stets üblich
gewesen. J
Ein Spiegelbild des Zentrums. Im Verlag der Buchhand-
lung der Nationalliberalen Partei G. m. b. HS. Gerlin W. 9,
Schellingstrate 9)9 ist soeben erschienen: „Ein Spiegelbild
des Zentrums.“ Materialiensammlung aus vier Jahrzehnten.
Für alle nationalen Deutschen zusammengestellt von Ger—
nanikus. Aus dem Inhalt sei nachstehendes angegeben:
Kapitel 1: Aus älterer und jüngster Zeit. Kapitel 2: Die
Abhängigkeit des Zentrums vom Papst. Die polnischen An—
prüche der Romkirche. Anerkennung der weltlichen Macht—
ansprüche des Papsttums durch das Zentrum. Unterwerfung
des Zentrums unter die vatikanischen Machtansprüche. Die
Katholikentage. Kapitel 3: Das Zentrum eine nationale
Partei? Zentrum und Armee. Zentrum und Flotte. Die
tolonialfreundliche Haltung des Zentrums. Zentrum, Monarchie
isw. Kapitel 4: Die Freunde des Zentrums. Jesuiten.
Polentum. Sozialdemokratie. Kapitel 5: Katholische Zen—
crrumsbeurteilung und klerikale Protestantenbeschimpfungen.
Schlußwort. Das Buch hat 141 Seiten und kostet 2 M.
Nationalliberale und Zentrum. Die Meldung, daß zwischen
dem Zentrum und den Nationalliberalen für die Reichstags—
vahlen im Januar ein Abkommen über die Wahlkreise
n Düsseldorf, Bochum und Gelsenkirchen getroffen
vorden sei, nach dem die Nationalliberalen in Düsseldorf für
das Zentrum und dieses in Bochum für die Nationalliberalen
eintreten werden, wird von unterrichteter Stelle als uUnzu—
treffend bezeichnet. Der Umstand, daß die Nationallibe—
ralen keine Wahlparole für die Stichwahl in Düsseldorf aus—
zjeben, wird damit begründet, daß die Vartei in Düssel—
»orf keine eigene Organisation habe und daß die dortige
iberale Vereinigung ebenso wenig wie ihre Führer in Ver—
bindung mit der nationalliberalen Partei steht.
Hansabund und Neichssstagskandidaten. Der geschäftsfüh—
rende Ausschuß der Stuttgarter Ortsgruppe des
sßansabundes hat vorgestern unter dem Vorsitz des
Fabrikanten Albert Hirth, Vizepräsidenten des Hansa—
»undes. folgende Resolution beschlossen: „Die Ortsgruppe
Stuttgart des Hansabundes spricht ihre freudige Genug-—
tuung darüber aus, daß bei der Reichstagsersatz-
vahl in Düsseldorf ein Kandidat, der dem Hansa—
bund als Mitglied angehört, genau auf seine wirk—
riche Stellung zu unseren wirtschaftlichen Forderungen ge—
»rüft wurde, und als er der Präfung nicht standhielt,
ruch nicht unterstützt wurde. Auch für die allge—
neinen Reichstagswahlen erwartet die Ortsgruppe
Stuttgart, daß vom Hansabund nur solche Kan—
didaten unterstützt werden, die dem Hansabund angehören
„ud in ihrer qanzen Versöünlichkeit eiine Gemäher dafür
„Ach, dreimal selig, wer das vermöchte! ..“
Nachdem sie sich hastig angekleidet hatte, huschte sie die
Treppe hinab und verließ das Haus.
Es war noch sehr früh, kaum 5 Uhr. Doch war auf dem
Wirtschaftshof, den sie überquerte, um im Kuhsiall ein Glas
Milch zu trinken, längst alles lebendig und in vollster Tä—
igkeit. Neugierig folgten ihr die Blicke von Knechten und
Hiägden. Ihrem den nordischen Tellen und kraftvollen Typus
zjewohnten Auge war die Erscheinung Josas stets von neuem
ein Gegenstand besonderen Interesses.
Unbekümmert, ahnungslos, wie die die Aufmerksamkeit der
Leute erregte, eilte das schöne Mädchen leicht gesenkten Hauptes
über den weiten Hofraumm.
Schnell ließ sie das geräuschvosle Treiben hinter sich und
tieg über einen schmalen, taufeuchten Wiesenpfad hinab, über
die Düne hin, zwischen wehendem Strandhafer und bescheiden
zlühenden Sternblümchen hindurch. Tann stand sie an dem
infachen. in das Wasser hinausgebauten Landungssteg.
Spiegelglatt lag das Meer.
Rosige Wölkchen segelten am blaßblauen Himmel, einen
reizvollen Widerschein in den kleinen Wellchen hervorzaubernd.
zie unaufhörlich, fast lautlos, auf den weißen Ufersand liefen.
Drüben einige Fischerbarken. Malerisch standen die braunen
Segel in der unbewegten Luft.
Fern am Horizont verkündeten langsam dahinschwebende,
schwärzliche Rauchfahnen, daß mächtige Seeschiffe dort ihres
Weges gezogen, auf Jahre von der heimischen Küste schei⸗
Aend, vielleicht auf Nimmerwiederkehr. Das stand in Gottes
dand.
ZJosa verharrte, die Wellen fast ihren Fuß umspülend,
mit gefalteten Händen, regungslos.
Angesichts dieser Ruhe, dieses Friedens, dieser Unendlich
leit, wollte die Brust sich ihr dehnen, wollte ihr Freude
und Leid der Menschenseele nichtig und klein erscheinen ... und
doch, troß aller drängenden Abwehr fühlte sie: ihr Leid
xar riesengroß. In diesen schlaflosen Nächten. die der Wieder⸗
begegnung mit ihrem Reisegefährten gefolgt waren, hatte
ie es mit nüchterner Klarheit erkannt. Sie waren voneinan⸗
der geschieden auf Nimmerwiedersehen. im Zorn.
zieten, daß ste die vom Hansabund aufgestellten Forderungen
ür Gewerbe, Handel und Industrie im Parlament unent—
vegt svertreten.“ EVV ——
—EX
chrift von Seinrich Claß erscheint soeben im Verlag von
J. F. Lehmann, München, in 6. Auflage. (51. 60. Tau⸗
send. Die neue Auflage ist mit einem 10 Seiten langen
Nachtrag versehen.
—
Oefterreich⸗ Ungarn. V
Gehaltsaufbesserung der österreichischen Staaisbeamten. Wie
die Neue Freie Presse erfährt, beschäftigt sich die Regie—
rung mit der Abfassung eines Gesetzes, das einen nicht
inbeträchtlichen Teil der Forderungen der Staats—
eamten zu erfüllen geeignet ist. Diese Gesetzesvorlage
vird im Laufe des Oktober seitens der Regierung beim
Barlament eingebracht werden. Gleichzeitig wird eine Vorlage
»orgelegt. die die Defunasfrage für das Gesek redgesa tall.
*
Tagesbericht.
Lübed, 23. September.
Neuordnung des Armenwesens.
In seinem Antrage vom 10. Oktober 1910 beabsichtigt
ver Senat zur Mitgenehmigung der Bürgerschaft zu stellen,
dah die Allgemeine Armenanstalt aufgehoben werde, dem Ent—
wurf einer neuen Armenordnung für die Stadtgemeinde Lübecdh
owie dem Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Reichs—
zesetz über den Unterstützungswohnsitz die Zustimmung erteilt
verde, daß die Stadtgemeinde Lübeck das Vermögen der All—⸗
jemeinen Armenanstalt übernehme, dah von diesem Vermögen
ein Betrag von 400000 Mufür Wohltätigkeitspflege, sowie
eine Reihe von Legaten im Gesamtbetrage von zurzeit.
211239,92 Menebst etwaigem Kapitalzuwachs der Armenbehörde
nit der Makßgabe zur Verwaltung überwiesen werde, daß bei
der Verwaltung die Vorschriften über die Belegung von
Mündelgeldern zu beobachten sind. da die Verwaltung des
ibrigen Vermögens der Allgemeinen Armenanstalt dem Fi—
anzdepartement übertragen werde, und dah die Handwerks—
jesellenspeisung fortan von der Armenbehörde aus dem ihr über—
wiesenen Fonds geleistet werde.
Der Bürgerausschußß hat die Sena!svorlage zur Prüfung
an eine Kommission verwiesen, deren Bericht di ser Tage der
Deffentlichkeit üergeben worden ist. Sie empfiehlt d'ie un—⸗
eränderte Annahme der Senatsanträge betr. die Aufhebung
er Allgemeinen Armenanstalt, die Verweisung des Vermögens
erselben an die Stadtgemeinde Lübeck, die Uebertragung der
ßerwaltung des übrigen Vermögens der Allgemeinen Armen-
nstalt an das Finanzdepartement und die Handwerksgesellen—
pessung aus dem Fonds der Armenbehörde. Hirsichtlich des
ür Wohltätigkeitspflege abzusetzenden Betrages schlägt die
dommission vor, diesen Betrag von 00000 Mauf 500000
Mark zu erhöhen und führt zur Begründung ihres
Antrages aus, die 400 000 Mumöchten zurzeit noch aus
reichen; aber man müsse mit dem Wachstum der Stadi
echnen, sowie berücksichtigen, daß die Verwendung der Er—
rägnisse der Legatengelder im allgemeinen festgelegt sei, es
um mindesten zweifelhaft erscheine;, da der Armenbehörde
ünftig häufiger Legate zugewiesen würden, sowie endlich.
ah, wenn der Wohltätigkeitsfonds erst einmal auf 400 000 M
estgelegt sei, späterhin eine Erhöhung aus Staatsmitteln
chwerlich erfolgen werde. Bezüglich der Vergrößerung und
Verwaltung des Wohltätigkeitssonds empfiehlt die Kommission,
zem 8 21 des Gesetzentwurfes einer Armenordnung für die
Stadtgemeinde Lübeck folgenden Zusatz zu geben: z.Der Wohl
ätigkeitsfonds besteht aus dem durch Rat- und Bürger—
chluij vom ... hierfür ausgesetzten Betrag von
00 000 M. Er wird — ro behältlich der Ueberweisung weiterer
Mittel — insbesondere durch Zuwendungen von Tod:swegen
ind unter Lebenden vermehrt. Zuwendungen zugunsten der
Allgemeinen Armenanstalt oder der Armenbehörde sallen, so—
fern sich nicht aus den Zuwendungen etwas anderes ergibt, dem
WVohltätigkeitsfonds zu. Die Verwaltung des Wohl—
rätigkeitsfonds erfolgt durch eine aus fünf Mit—
pliedern der Armenbehörde bestehende Kom—
mission. Sie vesteht aus einem Senatsmitgliede als Vor—
itzenden und vier bürgerlichen Mitgliedern. Das Senatsmit—
zlied wird vom Senate ernannt. Die bürgerlichen Mitglieder
werden von der Armenbehörde erwählt und zwar, sofern nich!
e'ne Ersatzwahl stattfindet. für vier Jahre. Alle zwei Jahre
Ach. daß sie den Augenblich zuzückrufen könnte, ein liebes
Wort ihm zu geben. 3D
„Was du im Augenblich ausgeschlagen, bringt keine Ewig⸗
leit zurüch!“ ete.
Es war eine triumphierende, bämische Stimme, die ihr
diese Worte wieder und wieder uraunte.
Nein, und sie wollte ihn auch nicht zurüch! Denn ganz
jenau so, um kein Jota anders, würde sie wieder handeln,
obgleich sie nun wußte, daß sie ihrer Seele Seligkeit mit
einem freundlichen Worte hätte erkaufen können.
Gewaltsam machte sie sich endlich frei von dem Banne,
der schmerzhaft ihr ganzes Sein umfing. Mit lässigen Hän—
den kettete sie das Boot los, und als sie auf dem schmalen
Bänkchen saß und mit langsamen Ruderschlägen sacht hinaus—
dlitt, kam es nun doch wie ein tiefer, wohliger Friede
über sie. *
Verloren haftete ihr Blid auf dem lieblichen Uferbilde.
Fruchtbare, bebaute Felder zeugten vom Fleiß mensch—
icher Hände. Etwas seitab breitete sich der Ueberrest einet
dunklen Kiefernwaldung aus. Gelb flammte davor wirres,
aͤppiges Ginstergebüsch, ein fast aufdringlicher Fleck in der zart⸗
farbigen, mattgetönten Morgenstimmung.
Mit durstigen Zügen sog Josa die kräftige, salzhaltige
Luft ein. —
(Forkfsetzung folgt.)
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Vübech, 28. September.
Stadt⸗Theater.
„Taunhäuser“.
Oper von Wagner.
Dem ersten Auftreten unserer jugendlichedramatischen Sän⸗
jserin Frl. Hedwig Weingarten beizuwohnen, galt uns
ils Pflicht, trotzdem wir erst kürzlich über die Aufführung des
Tannhäuser“ referierten. In Frl. Weingarten scheint die
direltion eine tüchtige Kraft zefunden zu haben; vor allen
dingen bringt die Sängerin gleich etwas mit. das wir nicht
allzu oft an unserer Bühne zu verzeichnen haben — Routine
scheiden zwei Mitglieder aus. Wiederwahl ist zulässig. Di—
nach dem Ablauf der ersten zwei Jahre ausscheidenden Mit
glieder werden durch das Los bestimmt. Zuwendungen aus
dem Wohltätigkeitsfonds gelten nicht als öffentliche
Armenunterstützung. Der Kommission l'egt auck
die Verwaltung der bisher von der Allgemeinen
Armenanstalt verwalteten Vermächtnisse ob. Die
Kommission ist der Aufsicht der Armenbehörde unterstellt.“
Weiter heißt es im Bericht der Bürgerausschuß⸗Kommission:
„Da durch die neue Armenordrung die Frauen in aus—
gedehntem Maße zur Mitarbeit in der Armenpflege
hberangezogen werden sollen, hielt die Kommission es
ruch für berechtigt, ihnen Sitze in der Armenbehörde einzu—
räumen. Sie hielt aber mit diesem Vorschlage zurück, weil
ꝛr eine Aenderung der Verfasfung erforderlich machen würde.“
Des weiteren empfiehlt die Kommission für die offene
Armenpflege freie Arztwahl nach dem Muster der
Ortskrankenkasse sowie eine klarere Unterscheidung zwischen mittel⸗
barer und unmittelbarer Unterstützung. Zu den Bestimmungen
des Entwurfes einer neuen Armenordnung, welche die gesetz⸗
liche Vormundschaft und Pflegschaft über die der Abteilung füt
Kinderpflege überwiesenen Minderijährigen betreffen, spricht die
Kommission ihr Bedanern durüber aus, daß es nicht
möglich gewesen ist, das in Vorbereitung befindliche Gesetz,
bett. Ginführungeiner Berufsvormundschaft, gleich
mit in den Kreis der Beratungen zu ziehen. Die Kommission
hat die zahlreichen Erörterungen in Wort und Schrift über die
Berufsvormundschaft, welche die letzte Zeit gebracht hat, mit
großem Interesse verfolgt und ist einmütig zu der Ueberzeugung
gelangt. daß man sich der Einführung einer Berufsvormund—
schaft nicht wird entziehen können. Sie hält es aber für not—
wendig, daß die Berufsvormundschaft gleichzeitig mit der Armen—
ordnung in Kraft tritt, da andernfalls manche Bestimmungen
der Armenordnung schon bald wieder abgeändert werden müßten.
Aus diesem Grunde empfiehlt die Kommission, die Bestimmun⸗
gen über die gesetzliche Vormundschaft und Pflegschaft über
die der Abteilung für Kinderpflege überwiesenen Minderjährigen
aus dem Gesetzentwurf zu streichen. .
Endlich hebt die Kommissior hervor, daß ihr bei einer Be—
sichtigung des Armenhauses deutlich der Mangel eines Asyls
für Obdachlose klar geworden sei und sie beantragt deswegen,
der Bürgerausschuß wolle an den Senat das Ersuchen richten,
in Erwägung zu ziehen, in welcher Weise eine bessere Unter—
bringung der Obdachlosen bewirkt werden könne.
Serbstanfang. Mit dem 24. September tritt die Sonne
n das Zeichen der Wage, und damit beginnt kalend:rmäßig
»er Herbst. Oft freilich kehrt sich der Herbst durchaus nicht au
diese astronomische Festlegung seines Kommens, sondern e scheitt
das eine Mal früher mit Fauchen und Heulen, das andere Mal
bleibt er noch wochenlang aus und scheint das Kommen über—
haupt vergessen zu wollen. Manche Etymologen haben versucht,
seinen Namen von „herb“ herzuleiten. S'e befinden sich je—
doch damit im Irrtum. Es ist ja ersichtlich, daß dieses Wort
aum als Epitheton des Herbstes gelten kann und höchstens
auf gewisse, jtzt gewonnene Wei sorten, keinewe:s aber all—
gemein zutreffen mag. In Wahrheit hängt der Name zu
ammen mit dem angelsäckssschen „Hearfesr“ und dem althoch
deutschen „Herpist“ und bedeutet so viel wie Erntezeit. Es isls
klar, daß die Bezeichnung als Erntezeit in nordischen Ländern
die nächstliegende war und sich am leichtesten für diese Jahres—
zeit erhalten konnte. Allerdings berufen sich die Vertreter
der ersten Ansicht darauf, dan unser „herb“ zusammenhängt
mit dem mittelhochdeutschen harb“, was so viel als „böse“
bezeichnet, und folgern hieraus, dan mit dem Worte „Herbsi“
die böse, d. h. dunkle Zeit des Jahres bezeichnet werder
sollte. Abgesehen davon, dah das Beiwort „harb“ in der Be—
deutung des Bösen eher auf den Winter zutrifft, läßt sich auch
der Begriff des Dunklen nicht ohne weiteres mit — harb“
identifizieren. Wir dürften daher die richtige etymologische Er—
tlärung in unseren oben geebenen Ausführusigen zu erbliden
haben.
*Betriebsergebnisse der deutschen Krematorien. Eine sehr
bedeutende Zunahme zeigen die Ziffern der in den deutschen Kre—
matorien vorgenommenen Einäscherungen im Monat August. Sie
beliefen sich auf 665s gegen 486 im August des vergangenen
Jahres, ein Mehr von 160 gleich nahezu 35 v. H. Die höchsten
Zahlen wiesen Leipzig mit 81, Bremen mit 62, Gotha mit 55
und Hamburg mit 53 Einäscherungen auf. Ihnen solgen Chem—
nitz und Koburg mit je 40, Dresden und Mainz mit je 37, Stutt⸗
onrt mit 35 Jena mit 33, Usm mit 27. ZRittau mit 24. Zwickau
XCXD
Der hell gefärbte VLon gibt sich mühelos und frei, das Organ
ist kräftig, kragfähig und in guter Schule gewesen, waß am
deutlichsften dadurch bemerkbar wird. daß die Stimme jeder In—
tention der Künstlerin gehorcht und fähig ist, vom Forte un—
mittelbar zu einem klangschönen Piano überzugehen. Diese Vor—
züge, verbunden mit einer hübschen Bühnenerscheinung, dürften
ein Vorteil für unsere Bühne sein. Nur eins hätten wir aus—
zusetzen, FDas sich in dem Gesange des Frl. Weingarten
ziemlich oft bemerkbar macht: ein falsches Portamento. Zu
den Textworten „Dich teure Halle“ und „Aus dir entfloh der
Friede“ hörten wir beispielsweise in den beiden Tönen, die aus
„Halle“ und „Frieden fallen, eine ganze Skala von Tönen.
Das ist eine Gesangsunart. Ein richtig angebrachtes Porta—
mento liebt besonders der Italiener; wir Norddeutsche sind über
haupt nicht sehr empfänglich dafür. An der Rhythmik im Ge—
iange fehlte es noch etwas, wie uns auch das Wersehen in
Zwiegesang mit Tannhäuser (zweiter Akt) etwas unbegreiflich
erschien. Mit der Auffassung der Elisabeth konnten wir
uns nicht solidarisch erklären. Die offene Darlegung der seeli—
schen Vorgänge war zu klar; eine Fürstin muß sich zu beherrschen
wissen, hier, im besonderen Falle, den im Saal versammelten
vielen Edlen und Rittern gegenüber. Turch ein solches Unter⸗
lafsen verlieren die Worte im Finale „Was hör' ich Elisabeth—
die keusche Jungfrau, für den Sünder“ ihre Kraft, da jeder
das Interesse längst bemerkt haben muß. Auch die Hallenarie
schien uns zu siegesbewuhßt angefalt; freilich hat Wagner die—
elbe schwungvoll komponiert, wird dieses aber zu sehr betont,
o leidet der Charakter der Elisabeth, die nur zaghaft, mit der
sündigen Liebe im Herzen, den Wortburgsaal wieder betritt.
Hierin war für uns der Hamburger Gast. Frau Winternitz,
fast vorbildlich. Rühmend erwähnen müssen wir noch den Träger
der Partie des Landgrafen, Herrn Fabian, der mit großem
Fleiß bemüht gewesen war, die unbequeme Höhe mit den
tieferen Registern an Kraft auszugleichen, wodurch ein sehr
zũustiges Resultat erzielt wurde; auch Herr Holmquiss
(Wolfram) hatte gesanglich die Befangenheit so ziemlich ab—
gestreift, so daß seine schönen Stimmittel weit besser zur Geltung
kamen. Da wir das Theater nach dem zweiten Alt verließen
so entzieht sich das „Gebet“ unserer Beurteilung.
M. Stiehl.
J