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Amisblatt der freien und hansestadt Lübed 146. Jahrgan Nadyichten sur das herzogtum xauenburg. di
Beiblatt: Gesetz· und Verordnungsblatt te 6 hrs — gürstentũmer Ratzeburg, Lübed und das angren
— —— ———— ende medlenburgische und holsteinische Gebiet.
Drue und Verlas Sebruder Borcders S. mb. 5. im Lübec. — Geschaftssttelle Adrekß baus IStdenattr. a6. Fernipreger sodo v. 00oi.
Ausgabe
—Große Ausgabe) Sonnabend, den 25. September 1911.
Erstes Blatt. Rierꝛru Blatt.
—ES —MÆMW——
Amfang der he⸗— Zeiten.
Nichtamtlicher Teil.
Die italienischen Tripolisbestrebungen.
Lübed, 23. Sept.
Nun, da der Marokkohandel zwischen Deutschland und
Frankreich vor dem Abschluß steht und Frankreich ohne Zweifel
has Sultanat so oder so seinem nordafrikanischen Kolonialreich
eingliedern wird, mögen auch die Italiener nicht mehr länger un⸗
dätig zusehen. Schon als Frankreich sich Tunis einverleibte, wollten
lie aus der Haut fahren. Sie taten es damals aber nicht, sondern
gingen zunächst einmal in den Dreibund hinein. Daß sie
als Mittelmeermacht in Afrika gar nirgends etwas zu sagen
hatten, wurmte sie indessen mehr und mehr. Und so stürzten
sie fich in das abessinische Abenteuer, mit dem bekannten
kläglichen Erfolg. Sie konnten sich beglückwünschen, daß ihnen
aach der Schlacht bei Adua vom Negus Menelik chre wenig
»edeutende Kolonie Erythräa am Roten Meer nicht sortgenom⸗—
nen wurde.
Seither ist nun öhr Dichten und Trachten auf den Besitz
„on Tripolis gerichtet. Dies Tripolis ist aber einstweilen
noch ein Bestandteil des türkischen Reiches. Italien müßte
also mit dem unterdessen erwachten und erstarkten türkischen
Nationalgefühl rechnen, wenn es wirklich die Hand auf eine
ürkische Provinz legen wollte. Weiter aber: es würde die
·chwere Verantwortung für d'e Aufrollung der gesamten tür—
ischen Frage vor Europa tragen, wenn es jetzt seinen
Ehrgeiz nicht zu zügeln vermag. Denn es ist anzunehmen,
dah auch andere, die bei einer Vergewaltigung der Türkei
etwas gewinnen könnten, sosott ihre Auspüche aum'lden würden,
wenn Italien sich einer türlischen Prorinz bemächtigt. Debei
bleibt natürlich die Frage offen, ob es gegen die Türken
mehr Erfolge erzielen wird, als damals gegen Abessinien.
Doch die Verantwortung wird nicht allein auf Italien lasten.
Es muß als ganz ausgeschlossen gelten, daß die ita—
lienische Regierung rein auf eigene Faust vor—
deht. Ohne das Einverständnis Englands oder auch vielleicht
Rußlands kann Italien nicht wagen, so verhängnisvolle
Vahnen zu wandeln. Deutsch'and, das nicht Mit'elmeermacht
st, hätte gegen eine Erwe't rung des Ellenbogenraums dort
sür Italien an sich zwar nichts einzuwenden. Es ist aber
auch mit der Türkei befreundet und es muß wünschen, daß
deren Rechte nicht um eines Phantoms dis Ehrgeizes willen
gekränkt werden. Zudem hat Italien sich um Deutschland bisher
in keiner Weise die Verdienste erworben, als daß wir uns nun
um seinetwillen mit der Türkei überwerfen möchten
Geharnischte Sprache der italienischen Prjsfe.
W. Rom. 22. Sept. Zu den Abwehrmahnahmen der
Türkei bemerkt die regierungsfreundliche Vita; die Türken
nöchten daran denken, daß die Italiener keine Albanesen seien,
»al, wenn Italien Tripolis besetzen wolle, es keiner der vom
Bosporus zur Instrukt'on von Eingebornen entsandten Tech—
tiker und keine der alten türkischen Barka'sen verhindern würden.
die Abberufung des türkischen Botschafters in Rom sei eine
twas späte diplomatische Revanche. Uebrigens habe Kiazim—
Pascha nichts getan, um seiner Regierung Provozierungen der
Italiener in Tripolis zu widerraten. Wenn man in Konstan⸗
tinopel eine Abenteuerpolitik vorzöges würde das am wenigsten
Italien zu bereuen haben. Die Jungtürken wüßten, daß
Italien ein gefechtsbere ites Heer und eine
zbensolche Flotte sowie Millionen im Staatsschatz habe,
um sden angedrohten Boykott italienischer
Waren aewaltsam brechen zu können.
der Zeitpunkt der Neuawhlen zum Reichstag.
Aller Wahrscheinlichkeit nach finden die Neuwahlen zum
Reichstage. so schreibt man der N. G. C. aus parlamentarischen
Kreisen, zwischen dem 12. und 16. Januar statt, also
uicht, wie man bisher annahm, erst Ende Januar. Der späte
Zeitpunkt hätte zur Folge gehabt, daß der neue Reichstag
erst Ende Februar in Tätigkeit getreten und ganz außer—
tande gewesen wäre, selbst bis Pfingsten auch nur den Etat
at erledigen. Wird Mitte Januar gewählt, so werden die
Stichwahlen schon Ende Januar beendet sein, so daß der
teichstag Anfang Februar zu arbeiten beginnen kann. Auch
»ann wird er sehr fleißig sein müssen, um den umfangreichen
Stat — der nicht nur flir neugewählte Abgeordnete ein Buch
nit sieben Siegeln ist — in angemessener Zeit zu verab—
chieden. — Der Präsident des Reichstages, Graf
Schwerin-Loewitz, hat übrigens auf telegraphische An—
rage bestätigt, daß er, ohne bestimmtes sagen zu können,
ziese Zeitbestimmung der Neuwahlen für „ungefähr zu⸗
treffend“ halfe.
— 5* — F—
Ein Sieg oer britischen Reichsidee.
Ob in Kanada ein liberales oder konservaliodes Kabinett
am Ruder ist, kümmert uns in Deutschland im gewöhnlichen
Lerlauf der Dinge wenig. Daß aber eben die langjährige
iberale Regierung Sir Wilfrid Lauriers durch einen
länzenden Wahlsieg der Konservativen gestürzt worden ist,
»at weltpolitische Bedeutung. Bei diesen Wahlen
zämlich wurde um nichts anderes als um die britische Reichs—
dee gefochten. Auf der letzten Kolonialkonferenz in London;
wenige Monate ist es her, da behandelte Sir Wilfrid diese
Idee noch recht herablassend, höflich zwar aber kühl. Er hatte
ja furz vorher mit den Vereiniaten Stoaten einen Verfrac
Der Liebe Goͤtterstrahl.
Roman von Marga Ranyle.
Nachdruch verboten
erleben wollen. Und furchtbar und schön und schauerli,
mit Treuschwur und Mondschein, viel erhabener, als sie nur in
ihrer Einfalt geahnt hatte.
— „Wir müssen ins Haus, Nini, sonst werden wir noch ver—
miht,“ mahnte der kleine Husar sich selbst zur Ordnung.—
„Leb wohl, Nini!“
Zaudernd stand er vor ihr. In heißem Verlangen hingen
eine braunen Augen an ihrem reizenden Antlitz, das wie in
inbewußter Erwartung ihm zugekehrt war.
„Süße Nini,“ murmelte er noch einmal.
Sein Widerstand zerrann. Langsam zog er sie zu sich
jeran, ganz dicht, und preßte schnell seine Lippen auf ihren
roten Kindermund.
Dann war der Traum dieser Sommernacht vorbei. *
XIII.
Es war nicht mehr gemütlich qduf Eggelow. Ein Druck
lastete auf allen Gemütern. So leicht auch die ganze Familie
das Leben nahm, nun war doch ein etwas da, über das hin—
vegzukommen wohl einiger Zeit bedurfte.
Niemand hatte ja geglaubt, daß Irma Ernst machen
önne. Sorglos bedachte keiner das „Morgen“.
Nun war es zur Tatsache geworden. Irma hatte ihre
Papiere eingefordert.
Der arme, schwache Baron Eggelow, den die Geldnot im
Augenblidd mehr denn je drückte, da die Flut der Rechnungen
ür die opulente Hochzeit kein Ende nahm, viel zu abhängig
‚on seiner Mutter, viel zu sehr in der Furcht vor ihr lebend,
zatte nicht gewagt, ihr entschieden zu widersprechen, geschweige
denn ihren Wünschen oder Befehlen Widerstand entqegen⸗
usetzen.
So waren denn die Dokumente wirklich ohne ein Wort
der Liebe an die erstgeborene Tochter gesandt worden. Und
die Großmutter hatte mit fester Hand hinter den Namen ihrer
iltesten Enkelin im Stammbuch geschrieben:
„Aus dem Gedächtnis getilgt.“
Ingeborg allein befand sich in offener Rebellion.
Sie äußerte zu Josa, obgleich — bder weil — sie wußte,
»alj die Grofmutter es hören müsse:
„Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn ich Irma auf
Eümelecshof besuchen werde. Mit meinem „Schwager“ Er—
1. Fortsetzung.)
Der Wagen rollte als zweiter vor das Herrenhaus.
Breesa hatte es in weiser Vorsicht so e'nzurichten gewußt,
bdaß die Gräfin und Lucinde zunächst dem Xagenschlag saben,
also zuerst das Break verlassen mußten. Dann führte er ein
kleines Lamento auf, er hinge irgendwo mit dem Sporn
fest, die Damen möchten sich doch aber ja nicht aufhalten,
dielleicht habe Fräulein Nini die riesengroße Güte, ihm etwas
Hehilflich zu sein. Geschickt versperrte er die Wagentür, rumorte
mit der Hand an seinem Fuß herum, und die junge Frau
zing auch richtig mit der jüngsten Eggelow ins Haus.
Nun sprang er leichtfüßig herab und hob Ninis zierliche
Gestalt herunter. Eine Sekunde lang hielt er sie zärtlich in
einen Armen. Dam zog er sie ungestüm einige Schritte in
den Garten hinein. 1J
„Also morgen,“ sagte er, heiser vor Aufregung, „morgen
cchlägt die Abschiedsstunde, und meine Ehre verbietet es mir,
wieder zurückzukehren, bevor ich nicht vor Ihren Vater hin—
tteten und Sie zur Frau erbitten kann. Denn ich bin nichts
und habe nichts und kann ja so nicht daran denken, zu hei—
laten ... ach, Nini!!“ Glühend süßte er ihre Hand. „Aber
meine Eltern — vielleicht können sie später doch einmal
etwas tun ... Nini ... willst du mir treu bleiben?“
„Ja,“ hauchte sie, am ganzen Leibe zitternd.
So schwöre es mir — beim Licht des Mondes!“
„Ich schwöre es!“ schluchzte sie pathetisch.
„Sieh, wir sind ja beide noch so jung, du siebzehn und
sch einundzwanzig, da haben wir noch furchtbar viel Leben
oor uns. Auf so ein paar kurze Jahre kann es doch gar
nicht ankommen. Und bis zum Rittmeister werden wir ja
nicht zu warten brauchen, bis dahin beerben wir sicher noch
rgend, jemand. So was wie eine Erbtante hat doch schließlich
eder! 8R
Andächtig und von gleichem Mute beseelt, lauschte Nini
einen naiven Worten.
Dies war nun also ibr Roman, den sie durchaus batte
Abend⸗Blatt Kr. 483.
— —
aufgesetzt. der Kanada wirtschaftlich zum mindesten außerhalb
des britischen Reichsverbandes gestellt hätte, und der später oder
früher auch die politische Loslösung dieser großen Siedlungs⸗
Vlonie vom Mutterlande bewirkt hätte. Er glaubte die Mehr⸗
jeit der Kanadier hinter sich zu haben. Aber er hat sich, wie!
etzt ersichtlich wird, schwer getäuscht. Aus dem Vertrag mit
Amerika wird nun vor der Hand wenigstens, nichts werden.
Der Präsident Taft ist, wie schon berichtet wird, darüber sehr
bekümmert. ebenso wie Sir Wilfrid selbst. Jubeln dagegen
verden die Imperialisten Chamberlainscher Observanz in den
pereiniglten Königreichen. Denn ihre Idee hat sich, obwohl
yon den Liberalen totgesagt, doch noch als sehr lebenskräftig
rwiesen. Sie werden darauf weiter zu bauen suchen und
neue Hoffnung schöpfen. J.
Sir Fairfar Cartwrights Glück und Ende.
Man schreibt der N. G. C. aus Wien: Was kürz⸗
ich vorausgesagt wurde, scheint sich zu erfüllen: die
diplomatische Laufbahn des britischen Botschafters am Wiener
Zofe Sir Fairfax Cartwright neigt sich ihrem Ende zu.
Selbst wenn die Nachricht, daß Sir Fairfax bereits am An—⸗
ang des nächsten Monats von seinem Posten scheiden werde,
ich nicht bewahrheiten sollte, so ist doch der Augenblick nicht
nehr fern, wo er im Dunkel des Privatlebens verschwinden
vird. Daß man ihn nicht gleich fallen ließ, hat mehrere
Hründe gehabt. Zunächst ist die brüske Abberufung eines
Botschafters etwas ganz ungewöhnliches, den internationalen
hebräuchen der Diplomatie widersprechendes. Und dann stand
Sir Fairfax, wenigstens bisher, nicht nur beim Londoner
Hof in Erinnerung an das Vertrauen, das König Eduard VII.
ihm schenkte, in hoher Gunst, — auch sein Verhältnis zu
em Grafen Aehrenthal war ein sehr freundschaftliches, weit
reundschaftlicher, als im allgemeinen die Beziehungen zwischen
inem Minister des Auswärtigen und fremden Diplomaten zu
ein pflegen. Graf Aehrenthal trug diese Freundschaft sogar
twas geflissentlich zur Schau, um dadurch zu kennzeichnen,
yaß die Spannung, die ihn und den Vorgänger Sir Fairfax
Cartwrights, den jetzigen britischen Botschafter in Berlin
Sir Edward Goschen, trennte, nicht auf politischen, sondern
auf anderen Ursachen beruht hatte. Unterdessen wird wohl
aber auch der Leiter der auswärtigen Politik ODesterreich-
Ingarns gewahr geworden sein, daß Sir Fairfax nicht der
ichtige Mann für seinen Platz ist. Daß die französische
Presse den Cartwright-Zwischenfall entweder vollkommen tot—
jeschwiegen oder als eine ganz nebensächliche, schnell zu allge—
neiner Befriedigung erledigte Bagatelle behandelt hat, führt
nan in Wiener politischen Kreisen auf die enge Freundschaft
urück, die den Vertreter Großbritanniens am Hofe des
daisers Franz Josef J. mit dem der französischen Republik,
derrn Crozier, verband. Der britische und der französische
Botschafter standen in ungefrühtem Einvernehmen mitein—
iclder —“ ein tiemer Seitenblich nach der alten Baronin be—
ehrte sie, daß dieses furchtbare Wort seine Wirkung nicht ver⸗
ehlte — „werde ich mich vorzüglich vertragen. Er ist tat—
ächlich ein famoses Biest. Zu nett, ich werde öfters in
»er nächsten Zeit diesen kleinen Nusflug unternehmen, denn
ver weiß, wie lange ich es noch so bequem. wie von hier
aus, haben werde!“ V
Diese Auffassung ließ die ganze Angelegenheit schnell wieder
in rosigem Licht betrachten, und ihr blieb vollauf Muße und
Seelenruhe, um ihr Interesse auch noch anderen Dingen zu—
uwenden. J
Tas Zusammentreffen mit Janotha beschäftigte sie mehr,
vAs Josa lieb war.
Sie sparte keine Lobeserhebung und keine — Fragen,
und es bedurfte Josas ganzer Selbstbeherrschung, um nicht
n bittere Tränen auszubrechen mit der flehentlichen Bitte:
„Nur daran nicht rühren! Es zerreißt mir das Herz.“
Mit allen Fibern ersehnte sie das Ende ihres Aufent-
altes auf Eggelow.
Sie mußte ja eimal verstreichen, diese so kurze Spanne
Zeit, deren Minuten sich zu Ewigkeiten zu dehnen schienen —
zu Ewigkeiten, erfüllt von Qual.
Schlaflos, unter Gedanken, von denen es kein Entrinnen
ab, verbrachte sie die Nächte. Und dann trieb es sie, schlaff
ind müde an Leib und Seele, hinaus in den strahlenden
dommermorgen.
Gab sie doch ein wenig Ruhe, die allbarmherzige Natur,
auchte sie, angetan mit ihrem verführerischen Gewande. doch
uch über alles Menschenleid einen rosigen Schimmer ... einen
voffnungsschimmer. Und danach guriff das gequälte Mädchen
jestig mit bebenden Händen um sich, sobald das Tunfel
und die lautlose Stille der Nacht sich um sie legte, von neuem
n ihren ganzen Jammer zu versenken.
So tauchte denn endlich zum letzten Male die Sonne vor
hren Augen aus der wie mit Rosen überschütteten Meeresfläche.
Mit einem Seufzer der Erlösung erhob sich Josa von
hrem Lager. Ein einziges Mal noch wollte sie all die
zchönheit schauen, ihren Gram hinaustragen in die herrliche
Hottesnatur, ihn abzutun. versuchen, hinter sich lassen, für
lle Zeit.