Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

auf erhebliche Zweifel stoßen. Jedenfalls genügt 
die einfache Behauptung dieser Auffassung der Arbeitszentrale 
keineswegs. es müßte auch der Beweis dafür erbracht werden. 
Denn in den eingehenden Beratungen, die gerade über diesen 
Punkt stattgefunden haben, hat sihh stets herausgestellt, daß 
dieser Weg zu einer Vertenerung der Versiche— 
rung führen würde. Die Unbkosten der deutschen Lebens⸗ 
verficherungs⸗ Unternehmungen belaufen sich nach zuverlässigem 
sta tistischen Material auf 165 v. H. das bedeutet 8,80 M 
auf eine Police. Diese hohen Unkosten erklären sich durch 
die kostspieligen Organisationen, die der scharfe Wettbewerb 
der Gesellschaften untereinander nötig macht. Zum Vergleich 
sei angeführt. daß sich die Aufwendungen der Invalidenvev- 
sicherung pro Jahr und Kopf auf rund 1Mubelaufen. Für 
die Hinterbliebenenversicherung sind die Unkosten auf den Kopf 
der Versicherten auf 1,74 Merrechnet worden. Dies be—⸗ 
deutet bei dem angenommenen Umfang der Versicherung mit 
1,8 Millionen versicherungspflichtigen Angestellten ei ne Er— 
sparnis von fast 13 Milliornen Mark. Fäür die 
Ancessellten spricht auch gegen eine Uebertragung der Ver— 
sicherung auf private Unternehmungen der Umstand, daß ihnen 
und den Arbeitgebern eine Mitwirkuns bei der Ber— 
waltung und Rechtsprechung und vor allem bei 
Bewilligung der Versicherungsleistungen nicht 
zustehen würde. Da nun die Feststellung der Berufs— 
unfähigkeit sehr leicht zu Streitigkeiten Anlaß geben kann. 
ist es bei weitem vorzuziehen, wenn die Ansprüche durch die 
Versicherten und deren Arbeitgeber selbst geprüft und ent 
schieden werden. Schließlich würden die privaten Unter— 
nehmungen zweifellos wohl auch nach der Art der Risilen eine 
Prämien-Abstufung einführen, die kinderreichen 
Familienvätern oder Personen in gefahrvollen Berufen uner⸗ 
schwingliche Beiträge auferlegen müßten. Wollten aber die 
privaten Unternehmungen durch Zusammenschluß zu einer gemein⸗ 
samen Anstalt alle Risiken gleichmäßig und ohne Auswahl 
übernehmen, so würde dadurch eine Anstalt entstehen. die vor 
der stagatlichen iedenfalls keine Vorzüoe hätte“ 
Die deutschen Kriegsschiffe in Ostasien. 
Tas dem Befehl des Vizeadmirals v. Krosigk unterstellte 
Kreuzergeschwader in Ostasien hat jetzt seine auf nahezu drei 
Monate ausgedehnte Uebungsreise beendet. Das Flaggschiff des 
Geschwaders, der große Kreuzer; Scharnhorst“, ist mit den dret 
übrigen Schiffen desselben, den kleinen Kreuzern „Leipzig“, 
„Emden“ und „Nürnberg“ am 15. September nach Tsingtau zu⸗ 
rüdgelchrt, um bis auf weiteres dort zu verbleiben. Die jetzt 
beendete Reise, die sich bis nach Sibirien ausdehnte, war eine 
der größten und interessantesten, die jemals das Geschwader zu⸗ 
rüclgelegt hat. Hierüber wird aus Kiel geschrieben: 
Es wurden eine ganze Reihe von Häfen angelaufen, in denen 
die deutsche Flagge seit Jahren nicht gezeigt worden ist. Nach— 
dem der frühere Geschwaderchef am 21. Januar d. J. plötzich 
gestorben war, trat der zu seinem Nachfolger ernannte Kontre— 
admiral v. Krosigk die Ausreise an, übernahm am 25. März den 
Befehl über das Geschwader und jehke seine Flagge auf SMS 
„Schatnhorst“. Nachdem Ende Mai Besatzungswechsel ftattge⸗ 
funden hatte, hielten die Schiffe zur Cinübung der neuen Mann— 
schafsten zunächst Einzelübungen ab und traten am 5. Juli von 
Tsingtau aus die große Sommerreise an, an der sich die grober 
Kreuzer „Scharnhorst“ und Gneisenau“, sowie die kleiner 
Kreuzer „Nürnberg“ und „Emden“ beteiligten. Die Torpedo— 
boote „Taku“ und „S 90“ schlossen sich dem Geschwader an. 
Gleichzeitig unternahmen die beiden dem Geschwader unterstellten 
Kanonenboote „Ikltis“ und „Jaguar“ Kreuzfahrten nach den 
großen chinesischen Flüssen, während Tiger“ in Tsingtau zu— 
rüdblieb. Die Reise des Geschwaders ging zunächst nach Japan, 
wohin sich auch KanonenbootLuchs“ wendete. Es wurden 
hier die Häfen Migadzu, Thuruga und Halodate aufgesucht. 
„Jaguar“ traf am 16. Juli in Nanking, „Vaterland“ in 
Tschangscha, „Otter“ in Sowtschontze ein. „Emden“ sollte zu⸗ 
nächst Kok aufsuchen und in Yokohama sich dem Geschwader an⸗ 
schließen; der Kreuzer wurde indessen während eines Taifuns 
von einem japanischen Tampfer beschädigt und mußte zur Aus— 
besferung des Schadens nach Tsingtau zurücklehren. Ebenso tra 
„Gneisenau“ am 13. August wieder in Tsingtau ein. Inzwischen 
hatte das Geschwader Ende Juli die japanischen Gewäsfer ver 
lassen und wandte sich nach der Insel Sachalin und Sibirien 
Es besuchte Korsakowsk und die Castriesbucht auf Sachalin, 
die Batraconta, die Wladimirbucht und Wladiwostok. wo 
„Emden“ Anfang August wieder zum Geschwader stieß. Von 
doit aus wandte sich das Geschwader nach Tschifu, besuchte am 
3. September Port Arthur und trat über Weihaiwei und Schan⸗ 
heitman die ücroife nach Tsinatau an 
z 
lleueite VRachrichten und Telegramme. 
Die Düsseldorfer Nationalliberalen verkündigen Stimm⸗ 
enthaltung. 
W. Düfseldorf, 22. Sept. Für die Reichsta gsstich⸗ 
wahl haben die Nationalliberalen Stimmenthaltung ver⸗ 
kändigt, um für die nächstjährigen Reichstaaswahlen freie 
Hand zu haben. IJ 
Die Notstandsmaßnahmen der Regierung. 
W. Berlin, 22. Sept. Eine offiziöse Korrespondenz be⸗ 
richtet im Anschluß an die Meldung, wonach die Reichsregierung 
in Bern um Auskunft über die Erfahrungen ersucht habe, die 
die Schweiz mit argentinischem Gefrierfleisch gemacht 
hat, daß eine ebensolche Anfrage auch an die italienische und 
österreichische Regierung gerichtet wurde. Dann heißt es wörtlich 
in der offiziösen Korrespondenz weiter: „Die Reichsregierung 
erachtet es auch, unabhängig von den Ereignissen, die die hei— 
mische Lebensmittelversorgung ungünstig beeinflussen, stets für 
ihre Pflicht, sich uber alle Erfahrungen, die in anderen Staaten 
auf dem Gebiete der Volksernährung gemacht werden, dauernd 
auf dem Laufenden zu halten. Aus solchen Anfragen Schlüsse 
auf etwaige geplante Maßnahmen zu ziehen, ist aus diesem 
Grunde nicht angängig.“ Dagegen teilt die Eisenbahndirektion 
Berlin mit, daß mit Gültigkeit vom 25. Sept. ein neuer er— 
mäßigter Ausnahmetarif für den Bexaug frischer See— 
fische in Kraft treten solle. 
Wt. Berlin, 22. Sept. Die Nordd. Allg. Ztg. veröffent⸗ 
licht zu den geplanten Tarifermäßigungen auf den preußisch— 
hessischen Staatsbahnen, die am 16. September beschlofssen wur— 
den, die endgültigen gütertarifischen Maßnah— 
men. Betroffen werden hiervon Futtergerste, Mais zu Futter⸗ 
und Brennereizwecken, Futter- und Streumittel, Kartoffeln, Ge— 
muse, Hülsenfrüchte, Düngemittel, Seefische. Futtergerste und 
Ma's werden bis zum 30. Juni 1912 nach dem Spezialtarif 3 
verfrachtet, so daß fuür ausländische Futtergerste der Zoll von 
13 Mfür die Tonne durch die Frachtersparnis fast aufgeboben 
vird. Eine Ladung von Thorn nach Berlin kostet anstatt 158 
Mark künftig 96 M. Andere Futtermittel erfahren fünfpro— 
entige Ermäßigung nach den Sätzen des Spezialtarifes 3 und 
des Rohstofftarifes, so daß die Fracht für 10 Tonnen Kleis 
don Thorn nach Berlin statt 34 42 Mibeträgt. Die gleiche Er— 
näßigung krifft Stückgutsendungen. Der Futtermitteltarif iss 
zerart verallgemeinert. daß Futter an jedermann anstatt nur 
an Landwirte und Viehzüchter gesandt werden kann. Frische 
dartoffeln in Ladungen kragen den halben Frachtsatz, für 
Ztückgut wird das halbe wirkliche Gewicht gerechnet. 10 Tonnen 
dortoffeln kosten demnach von Posen nach Frankfurt a. M 
instatt 138 Jünftig 60 Miund bei der Entfernung Deutsch-⸗Eylau 
Dortnrund entfallen nur 42 Pfennige Fracht auf den Zentner. 
ßemüse geht vom Spezialtarif 3 auf die halben Sätze ves 
Rohstofftarifes, so daß 10 Tonnen Grünkohl ufw. von Satz 
bergen bis Berlin 49 M, früher 111 MuFracht tragen. Erbsen, 
Bohnen und Linsen werden vom Spezialtarif 1 in den Rohstoff⸗ 
tarif gesetzt, so daß z. B. für 10 Tomen von Salzbergen bis 
Berlin anstatt 224 Me98 MiFracht zu zahlen sind. Bei Stück 
nutsendungen entfallen auf Gemüse und die genannten Hüllsen⸗ 
rüchte die Sätze für das halbe wirkliche Gewicht, auf das Pfund 
twa O,6 bis 0.7 Pfg. Nach den großen Ermäßigungen dauern⸗ 
er Art für frische Seefische beträgt die Fracht Geestemünde nach 
Berlin für 10 Tonnen 145 Mugegen 231 Mefrüher, wozu noch 
veitere, den Gemeindebehörden und wohltätigen Organisationen 
ewährte Bergünstigungen von 20 Prozent kommen. Diese Er— 
näßigung wird den wohltätigen Unternehmungen in Höhe von 
5 Prozent auch auf die anderen Mittel gewährt. Die Fracht 
ätze für Düngemittel des Spezialtarifes 3 werden auf die halben 
Sätze herabgesetzt. Bei der Durchführung der Ermäßigungen 
echnet man mit einer erhöhten Warenzufuhr, was eine weitere 
Lerbilligung im Gefolge haben muß. Die Getreideexporttarife 
verden nicht aufgehoben. Die beiden bestehenden Ausnahme⸗ 
arife 1. für die Ausfuhr von Getreide und Mühlenfabrikaten, 
2. für Getreide auf den ost- und westpreußischen Stationen sind 
»hne gröhßere Bedeutung. 35 
Wt. Karlsruhe, 22. Sept. Die Karlsruher Zeitung mel⸗ 
»et: Die Generaldirektion der badischen Staatsbahn ist ermäch— 
igt worden, sich dem von der preußisch-hessischen Staatseisen- 
»ahnverwaltung mit Rüchksicht auf die wirtschaftliche Lage ge— 
roffenen Tarifmakßnahmen mit sofortiger Wirkung an—⸗ 
uschließen. 
Zur neuen Spionageaffäre. 
W. Berlin, 22. Sept. Auf Anfragen an unterrichteter 
Stelle wird uns bestätigt, daß die Entlassung der beiden 
n Emden wegen Spionageverdachts verhafteten englischen 
Offiziere verfügt ist. Als unzutreffend wird uns die 
durch die Presse verbreitete Nachricht bezeichnet, wonach deutsche 
Torpedoboote die den beiden Offizieren gehörige Jacht be— 
vacht oder festgehalten hätten. 
Der spanische Grneralftreit gescheitert. 
W. Madrid, 22. Sept. Der für gestern angekündigte spa— 
rische Generalstreik ist infolge der Energie der Regierung, die 
sur Verhaftung der Arbeiterführer schritt, wie der Abneigung 
der organisierten Arbeiterschaft gegen die anarchistischen Ruhe— 
törer gescheitert. Selbst in der Hauptstadt des Landes ist es 
rur zu kleinen Teilausständen gekommen. 
WM. Madrid, 22. Sept. Alle Zeitungen sind heute morgen 
erschienen. Der Ausstand dauert noch in Giijon, in den Kohlen 
ninen von Pueblo Nuevo del Terrible an. Einige Zusammen 
löße haben stattgefunden, mehrere Personen wurden verwundet 
der allgemeine Arbeiterverband verkündete gestern abend den 
Zchluß des Streiks. 
Mt. Barcelona, 22. Sept. Infolge der Hetzarbeit einiger 
funger Agitatoren aus Barcelona ist in Mataro der General⸗— 
1usstand erklärt worden. Es sind Truppen dorthin unter 
wegs. Heute mittag bot die Stadt den gewöhnlichen Anblick 
Vom Eifenbahnerstreik in Irland. 
W. London, 22. Sept. Der Aufforderung zum Gesamtaus— 
tand entsprechend, ist die Hälfte der Arbeiter der Great Northern 
Fompany in Dublin in den Ausstand getreten. Die Berichte 
ius den fünf anderen Hauptverkehrspunkten zeigen jedoch keine 
lenderung. Die Züge Dublin—Belfast verkehren in gewöhn 
icher Weise. Die Gesellschaft fand Signalwächter und Weichen—⸗ 
teller, die den Dienst an Stelle der Ausständigen versehen. 
Wit. London, 22. Sept. Die Lage in Queenstown gestaltet 
ich außerordentlich ernst. Die Stadt wird allmählich von Dublin 
ind London abgeschnitten. 200 Reisende, die heute morgen 
mit den Dampfern „Cedrict und „Arabic“ von Newyork und 
Boston ankamen, konnten die Stadt nicht verlassen. Die Brief⸗ 
»ost muß den Umweg zu Wasser über Liverpool machen. Heute 
verden die Züge Queenstown weder verlassen noch dort ein⸗ 
treffen. 
Die Einberufung des französischen Parlaments. 
W. Paris, 22. Sept. In parlamentarischen Kreisen läuft 
das Gerücht um, das Parlament werde am 24. Okt. einberufen. 
Der Figaro Leilt mit, dah dieser Termin bei vielen Mitglie— 
dern des Senats und der Kammer leine große Zustimmung 
ftindet; man würde es in diesen Kreisen lieber sehen, daß der 
Varlamentsbeginn auf den 6. November verschoben werde. 
Zum Kampf gegen die amerikanischen Trusts. 
W. Newyork, 22. Sept. Soweit hier bekannt ist, richtet 
siich die Aufmerksamkeit des Justizdepartements hauptsächlich 
ruf den Stahltrust. Die Unterfuchung ist, wie man glaubt, 
rioch nicht so weit gediehen, daß man sagen könnte, die Regie— 
rung sei bereit, den Prozeß auf Auflösung zu eröffnen. An⸗ 
zesichts der Haltung der Regierung gegenüber der Harvester 
Company nimmt man an, daß die Regierung dem Stahltrust 
Helegenheit geben will, einige Einrichtungen zu ändern, wo— 
zegen die Regierung Einwendungen macht. 
Die Wahlergebnisse in Kanada. 
W. Otiawa, 22. Sept. Der Führer der Opposition, Bor⸗ 
den, wurde in Halifax gewählt. Acht Minister unterlagen. Man 
aimmt an, daß die konservative Majorität sich auf 4a6 Mandate 
heziffern und damit die arößkte seit 1878 sein werde. 
Eisenbahnunglüdk. 
Wt. Eßlingen, 22. Sept. Auf dem Bahnhofe fuhr heute 
nittag ein nach Möhringen fahrender Güterzug infolge falscher 
Weichenstellung auf einen stillstehenden Güterzug mit voller 
Wucht auf, trotzdem der Lokomotivführer Gegendampf gab. 
die Lokomotive wurde teilweise, die Güterwagen des stehenden 
zuges vollständig zertrümmert. Der verheiratete Lokomotiv— 
ührer Elser aus Neuhausen und der ledige Heizer Gorkus aus 
Kannstatt wurden verbrannt unter den brennenden Trüm— 
nern hervorgezogen. Der Bahnhofsvorsteher Lenz erlitt bei 
en Hilfeleistungen Brandwunden an beiden Armen. Der Ver— 
ehr bleiht aufrechterhalten. Eine Untersuchung ist eingeleitet 
Unwetter am Vesuvb. 
W. Rom, 22. Sept. Schwere Gewitterregen haben vom 
Vesup gewaltige Aschenmassen heruntergespült und viele Gär— 
ken bei Resing damit überschüttet. Die Straßen von Resina 
sind unter dem Schlamm verschwunden. Viele Bewohner flohen, 
nehrere Säuser stürzten ein; 6 Personen fanden den Tod. 
Der Bahnverkehr nach Neapel ist unterbrochen. 
W. Neapel. 22. Sept. Ein Sturm verursachte gestern ins— 
besondere in Resina und Torre del Greco mehrfachen Schaden. 
Die Eisenbahn wurde in einer Entfernung von mehreren Kilo— 
metern vom Bahnhof Torre del Greco beschädigt und der 
zZugverkehr dadurch unterbrochen. 
W. Rom. 22. Sept. Eine Sonderausgabe des Gior— 
nale d' Italia meldet: In den Gemeinden in der Nähe des 
Vefuvs, wo das Unwetter wütete, sollen etwa 20 Personen 
imgekommen sein. Viele Familien sind durch Wasser und 
Schlamm in den Häusern eingeschlossen. Zwei Familien aus 
Torre del Greco sollen verschwunden und die Felder ernstlich 
beschädigt sein. Eine Rettungsabteilung ist von Neapel nach 
der Unglücksstätte abgegangen. 
Wit. Neapel, 22. Sept. Ueber die Folgen des gestrigen 
Unwetters wird aus Torre el Greco gemeldet: Die Straßen 
ind unpafssierbar. Mehrere HSäuser sind eingestürzt, die Wasser— 
eitung unterbrochen und die Erdgefchosse zahkreicher Häuser 
iberschwemmt. Auch aus San Giovanni a Teduccio, Portici 
uind besonders aus Resina werden ähnliche schwere Unwetter— 
chäden berichtet. Der Schlamm erreicht beinahe die Höhe der 
Straßenlaternen. Die Orte sind vom Verkehr abgeschnitten, die 
Hßas⸗ und Wasserleitungen zerstört. 
W. Berslin, 22. Sept. Wie die Nordd. Allg. Itg. er— 
ährt, sind die Attachéss Prinz zu Oettingen-Wallerstein, bisher 
bei der Botschaft in Petersburg, und Riedesel Freiherr zu Eisen⸗ 
hach, bisher bei der Botschaft in London, zwecks einer weiteren 
Ausbildung in das Auswärtige Amt einberufen worden. Zu 
zleichem Zwecke ist die Versetzung des Attachess von Tiedemann 
hon der Gesandtschaft im Saaa nach der Botschaft in London 
erfolgt. 
Wie. Berlin, 22. Sept. Edison ist heute nachmittag 
hier eingetroffen und im Hotel Adlon abgestiegen. 
Wit. Verden, 22. Sept. In der Privatklage des 
jrüheren Reichstagsabgeordneten, jetzigen Lotteriekollekteurs 
Held⸗Berlin gegen den Amtsgerichtsrat Dr. Herz-Hamburg, 
der in einer politischen Versammlung in Verden am 7. April 
»en Privatkläger beleidigt haben soll, wurde der Angeklagte 
derz zu 200 MuGeldstrafe verurteilt. In der Widerklage Herz“ 
zegen Held wegen Beleidigung in einem Brief wurde der Privat⸗ 
tläger zu 250 MuGeldstrafe verurteilt. 
W. Wien, 22. Sevyt. Die Blätter melden, der bei den 
Ausschreitungen am Sonntag verwundete Werkzeugschlosser 
Franz Joachimsthaler ist seiner schweren Unterleibsverletzung 
erlegen. 
Wt. Wien, 22. Sepk. Die von Sachverständigen festgestellte 
söhe des durch die Kundgebungen s am Sonntag ange— 
richteten Schadens ist im Bezirke Ottakring 100 000, im Bezirke 
nnere Stadt 40 000, im achten Bezirke 40 000 Kronen. 
W. Toulon, 22. Sept. Von den auf dem Panzerkreuzer 
„Gloire“ Verletzten ist wieder einer gestorben. Die Ge— 
samtzahl der Umgekommenen beträgt neun. F 
W. Brest, 22. Sept. Der Kalsierer der hiesigen sogia- 
listisch⸗revolutionären Arbeitsbörse, Go urmelin, wurde auf 
frischer Tat ertappt, wie er auf Telegraphenstangen kletterte 
und die Drähte abschnitt; er wurde verhaftet. Die Ver— 
haftung rief unter der hiesigen Arbeiterschaft große Er— 
regung hervor. J 
Wt. Brest,. 22. Sept. Das Linienschiff „„ran Bart“ 
ist in Gegenwart des Marineministers heute nachmittag glück⸗ 
lich vom Stapel gelaufen. 
W. London, 22. Sept. Dem Reuterschen Bureau wird 
aus Tschungking meldet: 16500 Mann qhhinesöischen 
Truppen sind von Tibet in TIschengtu einge⸗ 
roffen. Die Stadttore wurden ihnen geöffnet; die telegta⸗ 
ohische Berbindung ist wiederhergestellt. 
Wt. Newnork,. 22. Sept. Nach einem Telegramm der 
„Sun“ aus Kuba besteht vort die Absicht, eine Anleihe von 
100 Millionen Dollars aufzunehmen behufs Rückkaufs der jetzt 
in Umlaufe befindlichen Anleihe im Gesamtbetrage von 97 
Millionen Dollars. Die Anleihe dürfte wahrscheinlich non der 
Firma Spener Brothers finanziert werden. 
Wet. Mainz, 22. Sept. In dem Prozesse der Politzeiassi- 
tentin Schapiro und des Beigeordneten Bernundi gegen den 
Redakteur des Mainzer Neuesten Anzeigers wurde heute abend 
Uhr die Verhandlung abgebrochen. Das Urteil wird in acht 
Tagen gefällt. — 
WMWit. Mannheim, 22. Sept. Die Mutter des Milio— 
rendefraudanten Setzler, die 56iährige Lehrers— 
vitwe Marie Hetzler hat sich heute mittag aus ihrer im zweiten 
Stockwerk gelegenen Wohnung auf die Strake gestürzt und 
var sofort tot. 
Wien, 22. Sept. Die Wiener Bierbrauereien lassen vom 
1. Oktober ab eine allgemeine Erhöhung der Bierpreise 
uim zwei bis drei Mark pro Hektoliter eintreten. 
W. Burlarest. 22. Sept. Seit dem 17. Sept. ist in 
Rumänien kein neuer Cholerafall vorgekommen. 
Sendisfjord EIsland), 22. Sept. Am Sonnabend scheiterte 
hier ein Motorboot, vier Mann der Besatzung ertran— 
ken. Ein anderes Motorboot mit vier Mann und ein Ruder— 
boot mit drei Mann werden vermikt. Mon befürchtet, daß 
die Boote perunglücdt sind. 
Erdbeben. Wie die Newyorker Sun Seldet, zerstörte 
ein Erdbeben den Ort Taroiarillo in Costarica, 
Miehrere Personen sind umgekommen. 
Gläcklich gerettet. Aus Buenos Aires wird ge— 
neldet: Drei Seeleute des schiffbrüchige Hamburger 
Biermasters „Thekla“, die sich in einem Indianerboot 
gerettet hatten und tagelang als verschollen galten, wurden 
von einem Segelschiff aufgenommen. 
Die Pest. In Smyrna ist ein Pestfall vorgekommen 
In Aidin sollen sich zwei Veitfälle ereignet haben. 
heer und Flotte. 
Ablösungstransport für Marokto. Zur Reise nach Marokko 
berlassen am 11. Oktober mit dem Dampfer „Bürgermeister“ 
10 See- und Decoffiziere und 116 Mann die Heimat. Sie sind 
am 23. Oktober in Las Palmas und werden dort an Bord des 
Kanonenbootes „Eber“ eingeschifft. Die abgelösten Mannschaf⸗ 
ten kehren am 31. Oktober in die Heimat zurüd
	        
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